Index
L4 Innere VerwaltungNorm
B-VG Art18 Abs2Leitsatz
Gesetzwidrigkeit einer über das landesgesetzliche Bettelverbothinausgehenden ortspolizeilichen Verordnung der StadtgemeindeFürstenfeld betreffend ein Verbot passiven Bettelns mangelsVorliegens eines örtlichen Missstandes; Zulässigkeit desIndividualantragsRechtssatz
Zulässigkeit des Individualantrags eines der ungarisch sprechenden Minderheit in der Südost-Slowakei angehörigen Roms auf Aufhebung der BettelV der Stadtgemeinde Fürstenfeld vom 04.10.06 zur Gänze.
Die angefochtene Verordnung verbietet das nicht aufdringliche (passive) Betteln unter Androhung einer Geldstrafe; dieses Verbot trifft den Antragsteller, der bisher ungehindert der Betteltätigkeit in Fürstenfeld nachgegangen ist und dieses - bislang nicht verbotene - Verhalten seinem Vorbringen nach fortsetzen möchte, unmittelbar und aktuell in seiner Rechtssphäre.
Kein zumutbarer Umweg. Provozierung eines verwaltungsbehördlichen Strafverfahrens nicht zumutbar. Untrennbarer Zusammenhang der Bestimmungen des §2 und §3 BettelV mit der in §1 leg cit enthaltenen Verbotsnorm.
Aufhebung der Verordnung vom 04.10.06 des Gemeinderates der Stadtgemeinde Fürstenfeld gem §41 Stmk GdO 1967, mit der Maßnahmen gegen unerwünschte Formen des passiven Bettelns im Stadtgebiet von Fürstenfeld erlassen werden.
Der Landesgesetzgeber hat mit §3a Stmk Landes-SicherheitsG bereits jene Erscheinungsformen der Bettelei verboten, die seiner Auffassung nach im Allgemeinen als unerwünscht erachtet werden (alle Formen des aufdringlichen Bettelns und das Betteln von Minderjährigen).
Ein den §3a Stmk Landes-SicherheitsG ergänzendes, weitergehendes Verbot der Stadtgemeinde Fürstenfeld wäre verfassungsrechtlich nur dann als zulässig anzusehen, wenn das Verbot zur Abwehr eines spezifisch das örtliche Gemeinschaftsleben der Stadtgemeinde Fürstenfeld störenden Missstandes notwendig ist, der durch das Gesetz nicht oder nicht hinreichend bekämpft wird. Dass ein in der Stadtgemeinde Fürstenfeld wurzelnder und konkret in dieser Gemeinde auftretender Missstand vorläge, ist jedoch weder aus den Erwägungen zur Erlassung der angefochtenen Verordnung noch aus dem Verordnungsakt, aber auch nicht aus dem im aufsichtsbehördlichen Verfahren durchgeführten Schriftwechsel dargetan.
Die generelle Aussage, nicht aggressive Formen des Bettelns hätten in Fürstenfeld einen das örtliche Gemeinschaftsleben störenden Missstand zur Folge, ist für sich alleine nicht geeignet, den Nachweis über das Vorliegen konkreter Umstände zu führen, welche die Schlussfolgerung zulassen, es liege ein gemeindespezifischer Missstand iSd verfassungsrechtlichen Anforderungen vor (zur Funktion ortspolizeilicher Verordnungen als subsidiäre spezifische Missstandsabwehr s VfSlg 15364/1998).
Schlagworte
Gemeinderecht, Wirkungsbereich eigener, Sicherheitspolizei örtliche,Verordnung ortspolizeiliche, Polizei, Verwaltungsstrafrecht,Bettelverbot, VfGH / Individualantrag, VfGH / PrüfungsumfangEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2007:V41.2007Zuletzt aktualisiert am
30.01.2009