RS Vfgh 2007/12/6 B639/07

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Veröffentlicht am 06.12.2007
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Index

63 Allgemeines Dienst- und Besoldungsrecht
63/02 Gehaltsgesetz 1956

Norm

EMRK Art6 Abs1 / civil rights
EMRK Art6 Abs1 / Tribunal
GehG 1956 §15 Abs1, Abs2, §16a, §40a Abs3

Leitsatz

Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durchdie Verneinung der weiteren Gebührlichkeit von Nebengebühren(Pauschalvergütung für verlängerten Dienstplan, Zulage fürexekutivdienstliche Tätigkeiten) für eine Beamtin im rechtskundigenDienst einer Bundespolizeidirektion aufgrund der Einstellung ihrerweiteren Verwendung im Journaldienst sowie des Widerrufs derErmächtigung zur Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt;Anwendbarkeit der Garantien des Artikel 6 der EuropäischenMenschenrechtskonvention im vorliegenden Fall, keine Verletzungdieser Garantien

Rechtssatz

Zur Anwendbarkeit der Garantien des Art6 Abs1 EMRK auf dienstrechtliche Angelegenheiten:

Der Verfassungsgerichtshof geht angesichts der neuesten Rechtsprechung des EGMR - E v 19.04.07, Fall Eskelinen ua gegen Finnland, Beschwerde Nr 63235/00 - davon aus, dass dieser seine bisherige, iW mit dem Urteil im Fall Pellegrin gegen Frankreich vom 08.12.99 eingeleitete Rechtsprechung - der der Verfassungsgerichtshof mit seinem Erkenntnis VfSlg 17644/2005 ausdrücklich folgte und die der EGMR noch kurz vor seiner Entscheidung im Fall Eskelinen ua in seinem Österreich betreffenden Urteil vom 09.11.06 im Fall Stojakovic vertrat - nicht mehr aufrecht hält.

Der Verfassungsgerichtshof sieht sich - ungeachtet möglicher gewichtiger Einwände gegen diese neue Rechtsauffassung des EGMR, wie sie etwa im gemeinsamen Sondervotum der Richter Costa, Wildhaber, Türmen, Borrego Borrego und Jociene ihren Ausdruck gefunden haben - gehalten, dem EGMR in dessen nunmehr geänderter Beurteilung des Anwendungsbereiches des Art6 Abs1 EMRK in Bezug auf dienstrechtliche Streitigkeiten öffentlich Bediensteter zu folgen. Soweit derartige Streitigkeiten durch die innerstaatliche Rechtsordnung geregelte, subjektive Rechte oder Pflichten des jeweils betroffenen Bediensteten zum Gegenstand haben, findet Art6 EMRK Anwendung.

Im vorliegenden Fall liegt es auf der Hand, dass die Beschwerdeführerin - in den Worten des Urteiles des EGMR im Fall Eskelinen ua gesprochen - insofern "access to a court under national law" hatte, als die bescheidförmige Entscheidung der in letzter Instanz zuständigen Dienstbehörde über die Gebührlichkeit bestimmter gesetzlich geregelter Nebengebühren (neben der Möglichkeit, den Verfassungsgerichtshof anzurufen) der nachprüfenden Kontrolle des Verwaltungsgerichtshofes unterliegt. Schon deshalb ist Art6 EMRK auf den vorliegenden Fall anzuwenden.

Nachprüfende Kontrolle letztinstanzlicher dienstbehördlicher Bescheide durch den Verwaltungsgerichtshof ausreichend im Sinne des Erfordernisses der Entscheidung durch ein unparteiisches und unabhängiges, auf Gesetz beruhendes Gericht.

Kein Entzug des gesetzlichen Richters, keine Willkür.

Vertretbare Annahme des Wegfalls der Ermächtigung zur Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Dienstrecht, Bezüge, Nebengebühren, civil rights

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2007:B639.2007

Zuletzt aktualisiert am

30.01.2009
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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