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41 Innere AngelegenheitenNorm
BVG-Rassendiskriminierung ArtI Abs1Leitsatz
Verletzung im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinanderdurch die neuerliche Abweisung des Antrags eines islamischenReligionslehrers auf Verleihung der österreichischenStaatsbürgerschaft und Erstreckung der Verleihung auf seine Ehefrauund die drei minderjährigen Kinder wegen "erheblicherIntegrationsdefizite" des Antragstellers nach Aufhebung des erstenBescheides durch den Verfassungsgerichtshof; neuerliche Unterlassungeiner Gesamtbetrachtung über das Ausmaß der Integration desAntragstellers durch alleiniges Abstellen auf das Verhalten beimHändereichen bei der Beurteilung der persönlichen Integration;objektive WillkürRechtssatz
Ersatzbescheid nach E v 13.10.06, B329/06.
Der Gesetzgeber hat die Grundkonzeption des StbG 1985 durch die - von der Behörde zutreffend angewendete - Staatsbürgerschaftsrechts-Novelle 2005, BGBl I 37/2006, nicht verändert.
Die "bewusste Missachtung gesellschaftspolitischer Grundprinzipien des ... beherbergenden Gastlandes" manifestiert sich nach Auffassung der Behörde darin, dass es der Erstbeschwerdeführer - der dieser Behauptung allerdings entgegentritt - ablehnt, "die europäische Sitte des Händeschüttelns Frauen gegenüber zu pflegen".
Die belangte Behörde misst dem Begrüßungsritual des Händereichens im Zusammenhang mit dem auslegungsbedürftigen Begriff "persönliche Integration" in §12 Z1 litb StbG 1985 sichtlich entscheidungswesentliches Gewicht bei.
Die Behörde hat sich jedoch, soweit sie auf die behauptete "Missachtung gesellschaftspolitischer Grundprinzipien" abstellt, mit dem Vorbringen des Erstbeschwerdeführers, wonach er Frauen keineswegs als untergeordnet oder minderwertig ansieht, überhaupt nicht auseinandergesetzt. Zudem übersieht sie, dass die Entscheidung darüber, ob man zum Gruß die Hand reicht, bei einer "Orientierung am gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Leben in Österreich sowie an den Grundwerten eines europäischen demokratischen Staates und seiner Gesellschaft" stets dem Einzelnen überlassen bleibt.
Der vom Staatsbürgerschaftsgesetzgeber geforderten und sich in den Regelungen des §11 und §12 StbG 1985 widerspiegelnden Verpflichtung, eine Gesamtbetrachtung über das Ausmaß der Integration vorzunehmen, ist die belangte Behörde erneut nicht nachgekommen.
Schlagworte
Staatsbürgerschaftsrecht, Bescheidbegründung, Ermessen,Interessenabwägung, Ersatzbescheid, NovellierungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2007:B863.2007Zuletzt aktualisiert am
30.01.2009