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L6 Land- und ForstwirtschaftNorm
B-VG Art15 Abs9Leitsatz
Verfassungswidriger Eingriff ins Eigentumsrecht der Jagdgenossendurch eine Regelung im Niederösterreichischen Jagdgesetz betreffendden Verfall nicht behobener Anteile am Jagdpachtschilling zugunstender Gemeindekassa; keine Notwendigkeit eines solchen Eingriffs imHinblick auf das Gebot des allgemeinen BestenRechtssatz
Zulässigkeit des Gerichtsantrags auf Aufhebung des §37 Abs5 zweiter Satz Nö JagdG 1974; Norm hinreichend genau bezeichnet durch wörtliche Wiedergabe und Hinweis auf LGBl 6500-0 "idgF"; unveränderte Geltung dieser Bestimmung seit der Stammfassung.
Aufhebung des zweiten Satzes in §37 Abs5 Nö JagdG 1974, LGBl 6500-0.
Durch den in §37 Abs5 zweiter Satz Nö JagdG 1974 angeordneten Verfall der Anteilsbeträge, die binnen einer kalendermäßig näher bestimmten Frist von vier Wochen nicht behoben werden, "zugunsten der Gemeindekassa" kommt es zu einem Wechsel in der Rechtsträgerschaft hinsichtlich dieses Anspruches vom Grundeigentümer auf die Gemeinde. Ein solcher Rechtsübergang stellt - vergleichbar einer (Legal-)Zession - einen enteignungsgleichen Eigentumseingriff iSd Art5 StGG dar, weil dadurch ein vermögenswertes Privatrecht unmittelbar kraft Gesetzes dem Eigentümer zwangsweise entzogen und auf eine öffentliche Körperschaft übertragen wird (vgl zB VfSlg 9911/1983, 17071/2003).
Der Gesetzgeber hält seit über hundert Jahren ungeachtet der Entwicklung des Wirtschaftslebens, im Besonderen auch der mittlerweile zu beobachtenden allgemeinen Gebräuchlichkeit von Banküberweisungen, daran fest, eine Geldschuld abweichend von der Zweifelsregel des §905 Abs2 ABGB weiterhin als Holschuld zu normieren. Erst dies führt aber zu den von der Landesregierung ins Treffen geführten Verwaltungsproblemen (zB bei geringfügigen Beträgen); könnte aber bereits deren Entstehung unschwer auf andere Weise und ohne Eingriff in das Eigentum der Jagdgenossen vermieden werden, so kann zu deren nachträglicher Vermeidung ein so weitgehender Eigentumseingriff, wie die hier vorgesehene Verfallsregelung, schon mangels Notwendigkeit nicht gerechtfertigt werden.
Es stünde dem Gesetzgeber aber durchaus frei, für Geldbeträge gesetzlich bestimmter geringer Höhe, bei denen der Gesetzgeber mit Recht davon ausgehen darf, dass die Buchungskosten den Anspruch nahezu erreichen oder gar übersteigen würden, vorzusehen, dass diese nicht ausgezahlt bzw zur Deckung der mit der Verwaltung und Verpachtung eines Genossenschaftsjagdgebietes anfallenden Kosten eingezogen werden.
Kein Eingehen auf die kompetenzrechtlichen Bedenken betreffend die behauptete Überschreitung der Adhäsionskompetenz des Art15 Abs9 B-VG.
Kein Kostenzuspruch; Aufwandersatz bei auf Antrag eines Gerichtes eingeleiteten Normenprüfungsverfahren im VfGG nicht vorgesehen.
Es obliegt daher dem antragstellenden Gericht, - nach den für sein Verfahren geltenden Vorschriften - über einen allfälligen Kostenersatzanspruch der Parteien des Ausgangsrechtsstreits zu befinden (zB VfSlg 7380/1974, 8572/1979, 8871/1980 uva).
Schlagworte
Jagdrecht, Eigentumseingriff, Enteignung, Kompetenz Bund - LänderJagdwesen, Kompetenz Bund - Länder Zivilrechtswesen,Adhäsionskompetenz, Annexmaterie, VfGH / Kosten, VfGH /Formerfordernisse, VfGH / Prüfungsgegenstand, VfGH / AntragEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2007:G216.2006Zuletzt aktualisiert am
30.01.2009