RS Vfgh 2007/12/13 G16/07

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 13.12.2007
beobachten
merken

Index

21 Handels- und Wertpapierrecht
21/06 Wertpapierrecht

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
TelekommunikationsG §101, §104 Abs3
WertpapieraufsichtsG §12 Abs3, §27 Abs2

Leitsatz

Keine sachliche Rechtfertigung der niedrigeren Höchststrafe beiÜbertretung des Verbots von an Verbraucher gerichteter Telefonwerbungfür Finanzprodukte im Wertpapieraufsichtsgesetz als Spezialregelungin Hinblick auf die generelle Regelung für unerbetene Anrufe imTelekommunikationsgesetz und die korrespondierende Strafbestimmung

Rechtssatz

Feststellung der Verfassungswidrigkeit der Folge "Anrufe," in §12 Abs3 WertpapieraufsichtsG, BGBl 753/1996 idF BGBl I 97/2001.

Spezialtatbestand in §12 Abs3 leg cit für an Verbraucher gerichtete Telefonwerbung für Finanzprodukte gegenüber dem umfassenden Verbot unerbetener Anrufe in §101 TelekommunikationsG 1997; Anwendbarkeit des §101 leg cit für nicht in den Anwendungsbereich des §12 Abs3 WertpapieraufsichtsG fallende Anrufe.

Es stehen einander nicht zwei Ordnungssysteme gegenüber, die jeweils innerhalb ihres Systems unterschiedliche in sich geschlossene Strafbestimmungen aufweisen und bei denen es dem Gesetzgeber frei steht, auch unterschiedliche Strafdrohungen vorzusehen, etwa weil er die Art der Werbung oder die Bedeutung des Verbraucherschutzes verschieden bewertet. Dies läge tatsächlich in seinem rechtspolitischen Ermessen. Vielmehr verbietet er in zwei unterschiedlichen Gesetzen die Telefonwerbung auch für Finanzprodukte, unterscheidet aber hinsichtlich der Sanktionen, ob der Telefonteilnehmer (Adressat der Werbung) Verbraucher oder Unternehmer ist, und sieht für jene Fälle, bei denen in die Interessenssphäre von Verbrauchern eingegriffen wird, eine niedrigere Höchststrafe vor.

Für diese Differenzierung ist keine sachliche Rechtfertigung zu erkennen. Vielmehr dürfte sie bloß auf den Mangel der Koordination zwischen Ministerien bei der Vorbereitung der Gesetze zurückzuführen sein.

Bei der Zumessung einer Strafe ist der Strafrahmen von besonderer Bedeutung, da er die Einschätzung des Gesetzgebers über die Verwerflichkeit einer Tat ausdrückt. Daher wird die Behörde bei einem vergleichbaren Verhalten und Grad des Verschuldens die Strafe je nach dem ihr für einen bestimmten Tatbestand zur Verfügung stehenden Strafrahmen unterschiedlich zumessen. Auch kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Strafrahmen selbst bei Wiederholungstätern nicht ausgeschöpft wird.

Außer-Kraft-Treten der angefochtenen Fassung des §12 Abs3 WertpapieraufsichtsG mit BGBl I 62/2004 (Inkrafttreten der Neufassung am 01.10.04).

Entscheidungstexte

Schlagworte

Bankwesen, Wertpapierrecht, Fernmelderecht, Werbung, Strafe,Strafbemessung, lex specialis

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2007:G16.2007

Zuletzt aktualisiert am

30.01.2009
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten