RS Vfgh 2008/3/6 B2400/07 - B2418/07 ua

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 06.03.2008
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Index

41 Innere Angelegenheiten
41/02 Staatsbürgerschaft, Paß- und Melderecht, Fremdenrecht

Norm

EMRK Art3
EMRK Art8
AsylG 2005 §5
Dublin II-VO des Rates vom 18.02.03, EG 343/2003 Art3 Abs2, Art10
Richtlinie 2003/9/EG zur Festlegung von Mindestnormen für die Aufnahme von Asylbewerbern in den Mitgliedstaaten (Aufnahmerichtlinie) Art15

Leitsatz

Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durchZurückweisung eines Asylantrags und Abschiebung des psychisch krankenrussischen Asylwerbers nach Polen angesichts der gemäß derAufnahmerichtlinie zu gewährleistenden medizinischen Versorgung imZielstaat

Rechtssatz

Aus den (im Erkenntnis zitierten) Entscheidungen des EGMR ergibt sich, dass im Allgemeinen kein Fremder ein Recht hat, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet oder selbstmordgefährdet ist. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich, solange es grundsätzlich Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat bzw in einem bestimmten Teil des Zielstaates gibt. Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände führt die Abschiebung zu einer Verletzung in Art3 EMRK. Solche liegen etwa vor, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt würde, unter qualvollen Umständen zu sterben.

Verpflichtung der Mitgliedstaaten gem Art15 der Aufnahmerichtlinie, Asylwerbern die erforderliche medizinische Versorgung zu gewährleisten; dennoch könnte der Transport vorübergehend oder dauernd eine Verletzung des Art3 EMRK darstellen, etwa bei fortgeschrittener Schwangerschaft oder der Erforderlichkeit eines ununterbrochenen stationären Aufenthalts.

Der Behörde kann - unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EGMR - nicht entgegengetreten werden, wenn sie trotz einer diagnostizierten posttraumatischen Belastungsstörung kein Hindernis für eine Verbringung des Beschwerdeführers nach Polen sieht. Keine Verletzung des Art3 EMRK.

Der Behörde kann weiters nicht entgegengetreten werden, wenn sie davon ausgeht, dass die Ausweisung (des Beschwerdeführers gemeinsam mit seiner Ehefrau und dem am 28.08.07 geborenen Kind - Ablehnung von deren Beschwerden mit B v 06.03.08, B2418,2419/07) schon wegen der kurzen Aufenthaltsdauer auch Art8 EMRK nicht verletzt.

Entscheidungstexte

  • B 2400/07
    Entscheidungstext VfGH Erkenntnis 06.03.2008 B 2400/07
    JFT_09919694_07B02418 TE VfGH Beschluß 2008/03/06 B 2418/07 ua

Schlagworte

Asylrecht, Refoulement-Verbot, Privat- und Familienleben, EU-RechtRichtlinie

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2008:B2400.2007

Zuletzt aktualisiert am

18.08.2010
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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