RS Vfgh 2008/6/9 B860/07, G191/07

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Veröffentlicht am 09.06.2008
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Index

41 Innere Angelegenheiten
41/02 Staatsbürgerschaft, Paß- und Melderecht, Fremdenrecht

Norm

B-VG Art83 Abs2
AsylG 1997 §10 Abs2
Flüchtlingskonvention Genfer, BGBl 55/1955 Art12
IPR-G §9 Abs3, §16 Abs2
EheG §15, §17

Leitsatz

Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richterdurch Zurückweisung des Asylerstreckungsantrags einer mit einemrussischen Asylwerber kirchlich verheirateten russischenStaatsangehörigen infolge Beurteilung der Gültigkeit der im Auslandgeschlossenen Ehe ausschließlich nach österreichischem Recht;Außerachtlassung von Bestimmungen des IPR-Gesetzes hinsichtlich desmaßgeblichen Personalstatuts; Genfer Flüchtlingskonvention mangelszuerkannter Flüchtlingseigenschaft nicht anwendbar

Rechtssatz

Die belangte Behörde erwähnt §16 Abs2 IPR-G, der die Form der im Ausland geschlossenen Ehen regelt, nicht einmal. Diese Bestimmung verweist auf das Personalstatut, jedoch ist jenes maßgebend, das im Zeitpunkt des Aktes bestand, der als Eheschließung zur Beurteilung ansteht. Es kommt also nicht darauf an, wie das Personalstatut zu einem späteren Zeitpunkt zu beurteilen ist. Andernfalls käme man zu dem abstrusen Ergebnis, dass eine einmal gültig geschlossene Ehe nachträglich durch Änderung der Staatsbürgerschaft, des Wohnsitzes oder des Aufenthaltsortes ungültig würde.

Außerachtlassung auch des in §16 Abs2 leg cit geregelten "favor matrimonii", wonach eine Eheschließung auch dann gültig ist, wenn die Formvorschriften am Ort der Eheschließung eingehalten wurden.

Verfehlte Anwendung der Sonderbestimmungen für Flüchtlinge (§9 Abs3 IPR-G und Art12 Abs1 Genfer Flüchtlingskonvention).

Der Beschwerdeführerin wurde keine Flüchtlingseigenschaft zuerkannt.

Die Rechtsansicht des UBAS, dass bei Asylwerbern gemäß §9 Abs3 IPR-G und Art12 Abs1 Genfer Flüchtlingskonvention die Eheschließung nur dann gültig sei, wenn sie nach den Formvorschriften des österreichischen Ehegesetzes binnen eines Jahres nach der Einreise erfolge und die Rechtslage zum Zeitpunkt der Eheschließung im Ausland unbeachtlich sei, würde zu dem Ergebnis führen, dass jeder Asylwerber, der um Asylerstreckung ansucht, nochmals vor dem österreichischen Standesbeamten die Ehe schließen müsste.

Zurückweisung des unter einem gestellten Gesetzesprüfungsantrags hinsichtlich §10 AsylG 1997 infolge zumutbaren Umwegs.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Asylrecht, Zivilrecht, Eherecht, Anwendbarkeit eines Gesetzes

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2008:B860.2007

Zuletzt aktualisiert am

18.08.2010
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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