RS Vfgh 2008/10/7 B972/08

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Veröffentlicht am 07.10.2008
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Index

10 Verfassungsrecht
10/11 Vereins- und Versammlungsrecht

Norm

StGG Art12 / Versammlungsrecht
EMRK Art11
VersammlungsG §2, §6

Leitsatz

Keine Verletzung der Versammlungsfreiheit durch Untersagung einer uagegen Militarismus gerichteten Kundgebung am Nationalfeiertag 2007 amHeldenplatz in Wien; vertretbare Annahme einer Sicherheitsgefährdungdurch Konfrontationen mit Besuchern der gleichzeitig stattfindendenLeistungsschau des Bundesheeres

Rechtssatz

Keine Berechtigung der Behörde zur Modifizierung bzw Änderung einer Versammlungsanzeige, keine Änderung des Versammlungsortes durch die Veranstalter.

Prognoseentscheidung hinsichtlich der potentiellen Gefährdung öffentlicher Interessen immer nur im zeitlichen Nahebereich zum geplanten Kundgebungstermin, Anzeige der Versammlung über ein Jahr vorher daher unbeachtlich.

Erforderlichkeit einer Auseinandersetzung der Behörde mit den dem konkreten Versammlungsort inhärenten Sicherheitsrisiken, bloß allgemeine Befürchtungen hingegen kein Rechtfertigungsgrund für eine Untersagung.

Ausschließliche Eignung des Heldenplatzes aufgrund Lage und Größe für die Leistungsschau des Bundesheeres am Nationalfeiertag. Daher ist es nachvollziehbar, dass dem Militärkommando Wien die Bewilligung dergestalt erteilt wurde, den Heldenplatz anlässlich dieser Veranstaltung am Nationalfeiertag zur Gänze zu benützen.

Mit Blick auf die gänzliche Inanspruchnahme des Platzes durch die Repräsentationsveranstaltung des Bundesheeres und die zu erwartende hohe Besucherzahl, gelangte die Behörde zur Auffassung, dass die Interessen des beschwerdeführenden Vereins an der Abhaltung der Versammlung gegenüber den öffentlichen Interessen an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und des öffentlichen Wohles in den Hintergrund zu treten hatten.

Der Annahme der Behörde, es sei aufgrund derselben Zeit und desselben Ortes der vom beschwerdeführenden Verein geplanten Versammlung in Zusammenhalt mit deren Thema sowie der in der Versammlungsanzeige angeführten Hilfsmittel zur Erreichung des Versammlungszwecks nicht auszuschließen gewesen, dass eine Konfrontation zwischen den Besuchern der Leistungsschau und der vom Verein angezeigten Versammlung dergestalt hätte entstehen können, dass die Sicherheit der Anwesenden - insbesondere aufgrund der zu erwartenden Personenanzahl auf dem Heldenplatz - nicht hätte gewährleistet werden können, ist nicht entgegenzutreten. Die befürchtete Gefährdung wäre anders auch nicht zu vermeiden gewesen, da der beschwerdeführende Verein - ungeachtet der Möglichkeit, die Kundgebung in unmittelbarer Nähe zum Heldenplatz abzuhalten oder auf einen Teil des Heldenplatzes zu beschränken - weder der von der Behörde vorgeschlagenen Änderung des Versammlungsortes zugestimmt noch eine Präzisierung des geplanten Versammlungsortes vorgenommen hat.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Versammlungsrecht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2008:B972.2008

Zuletzt aktualisiert am

19.08.2010
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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