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41 Innere AngelegenheitenNorm
B-VG Art83 Abs2Leitsatz
Keine Bedenken gegen die in der Geschäftsverteilung desAsylgerichtshofes geregelte Aufteilung von Rechtssachen innerhalb derKammer S auf Einzelrichter; keine Verletzung im Recht auf einVerfahren vor dem gesetzlichen Richter durch Missachtung desGrundsatzes der festen Geschäftsverteilung; Verletzung im Recht nachArt3 EMRK durch Zurückweisung eines Antrags einesschwarzafrikanischen Studenten auf internationalen Schutz wegenDrittstaatsicherheit mangels Berücksichtigung der faktischenSituation im Drittstaat (hier: Russische Föderation); Mitgliedschaftzur Genfer Flüchtlingskonvention bzw Vorhandensein eines Asylgesetzesnicht ausreichendRechtssatz
Die Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes (AsylGH) enthält hinreichend bestimmte Regeln, die eine dem Grundsatz der festen Geschäftsverteilung entsprechende Zuteilung ermöglichen.
Da die Rechtssache als Sonderverfahren (Rechtssachen betr die Unzuständigkeit Österreichs; §4, §5 AsylG) zu behandeln war, wurde die Rechtssache zu Recht der Kammer S zugewiesen.
Innerhalb der Kammer S erfolgt die Aufteilung auf die einzelnen Richter nach der Belastung (§17 Abs5 der Geschäftsverteilung), wobei die beim UBAS anhängig gewesenen Rechtssachen im Wege der elektronischen Verfahrensadministration zugeteilt werden.
Der Verfassungsgerichtshof hegt keine Bedenken dagegen, dass die Verteilung gemäß §17 Abs5 der Geschäftsverteilung nach der Belastung der Richter des AsylGH erfolgt. Auch dieses System gewährleistet, dass bereits im Zeitpunkt der Einbringung der Beschwerde feststeht, dass diese demjenigen Mitglied der Kammer S des AsylGH mit dem niedrigsten Zuteilungsstand - bei gleichem Zuteilungsstand nach der Reihenfolge, die in §4 der Geschäftsverteilung festgelegt ist - zugeteilt wird. Damit sind verpönte Einflussnahmen ausgeschlossen.
Jeweils aktueller Zuteilungsstand objektives und nachprüfbares Kriterium, korrekte Zuteilung daher an Einzelrichterin.
Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht, nicht der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen zu werden nach Art3 EMRK, durch Zurückweisung eines Antrags eines schwarzafrikanischen Studenten auf internationalen Schutz wegen Drittstaatssicherheit (§4 AsylG 2005) infolge grober Verfahrensfehler.
Bei der Beurteilung der Drittstaatssicherheit kommt es nicht allein auf die formalen Kriterien der Mitgliedschaft zur Genfer Flüchtlingskonvention, der Abgabe einer Erklärung nach Art52 EMRK und das Vorhandensein eines Asylgesetzes an, sondern es ist darauf abzustellen, ob der Schutz auch tatsächlich gewährt wird.
Begründung der Drittstaatssicherheit durch den AsylGH damit, dass die Russische Föderation ein Mitgliedstaat der Genfer Flüchtlingskonvention sowie der EMRK ist und ein Verfahren zur Einräumung der Rechtsstellung eines Flüchtlings besteht. Darüber hinaus bloße Behauptung, es gebe in der Russischen Föderation keine systematischen, notorischen Verletzungen fundamentaler Menschenrechte und dieser Staat sei ein Rechtsstaat.
Der AsylGH geht weder auf das konkrete und durch umfangreiche Dokumentationen belegte Vorbringen ein, mit dem eine Widerlegung der Drittstaatssicherheit versucht wird, noch untersucht er, ob die Grundsätze der EMRK nicht bloß "am Papier" bestehen, sondern auch tatsächlich umgesetzt wurden. Länderberichte und Amtswissen über die Situation in der Russischen Föderation bleiben unberücksichtigt. Der AsylGH vertritt ganz offensichtlich die Ansicht, dass die Prüfung der faktischen Situation und das Vorbringen des Beschwerdeführers auf Grund der Gesetzeslage in der Russischen Föderation irrelevant sind.
Schlagworte
Asylgerichtshof, Behördenzusammensetzung, Asylrecht,Behördenzuständigkeit, Zuständigkeit, DrittstaatsicherheitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2008:U5.2008Zuletzt aktualisiert am
19.08.2010