Index
L0 Verfassungs- und OrganisationsrechtNorm
B-VG Art1Leitsatz
Aufhebung einer Änderung des Kärntner Parteienförderungsgesetzesbetreffend den Ausschluss von Kleinparteien im Landtag von derLandesförderung während der laufenden Gesetzgebungsperiode;unsachliche Benachteiligung einer infolge Spaltung nur mit einemMandatar vertretenen ParteiRechtssatz
Der Gesetzgeber hat die Chancengleichheit politischer Parteien auch hinsichtlich der staatlichen Parteienfinanzierung zu wahren (VfSlg 14803/1997). Das Gebot der Chancengleichheit ist Ausfluss des Demokratieprinzips des B-VG (Art1 B-VG) und des Pluralitätsgebots des Parteiengesetzes (vgl §1 ParteienG 1975: Bekenntnis zur Vielfalt politischer Parteien).
Der Grundsatz der Freiheit der Wahl kann auch dadurch beeinträchtigt werden, dass seitens der öffentlichen Hand wirtschaftliche Mittel in der Weise eingesetzt werden, dass eine oder einzelne wahlwerbende Parteien gegenüber den anderen durch die öffentliche Hand bei der Wahlwerbung wirtschaftlich begünstigt werden (VfSlg 4527/1963).
Die Grundsätze, wonach politische Parteien gegenüber anderen politischen Parteien - (ua) bei der Gewährung finanzieller Mittel der öffentlichen Hand - nicht unsachlich benachteiligt oder begünstigt werden dürfen, beziehen ihren Gehalt aus dem Umstand, dass die Vergabe finanzieller Unterstützungen der öffentlichen Hand an politische Parteien eine wesentliche Voraussetzung für die mit dem Verfassungsgrundsatz der Freiheit der Wahl - nicht bloß theoretisch verheißene, sondern auch - faktisch ermöglichte Chancengleichheit dieser Parteien ist.
Dies gilt aber auch für die Tätigkeit von Parteien in allgemeinen Vertretungskörpern.
Aufhebung der Worte "mit mindestens zwei Mitgliedern" in §1 Krnt ParteienförderungsG idF LGBl 57/2005 sowie der Wendung "1 und" in ArtIII Abs1 lita dieser Novelle (Anordnung eines rückwirkenden Inkrafttretens).
Die Förderungsmittel des Krnt ParteienförderungsG gebühren den im Landtag vertretenen Parteien - unabhängig von einem allfälligen Anspruch auf Klubfinanzierung - zur Erfüllung ihrer Aufgaben, im Besonderen für die Mitwirkung an der demokratischen Willensbildung und für ihre Mitwirkung an der politischen Bildung und der Öffentlichkeitsarbeit und zur Bedeckung des hierfür erforderlichen personellen und sachlichen Aufwandes (vgl §1 leg cit). Ein derartiger Aufwand liegt auch dann - weiterhin - vor, wenn die Partei - wie in der vorliegenden Konstellation - (wenngleich nach einer Abspaltung der übrigen) nur mit einem Mandatar im Landtag vertreten ist, sodass auch Änderungen im Hinblick auf die Anspruchsberechtigung einer solchen Partei an den zuvor genannten Kriterien zu messen sind.
Eine unsachliche Benachteiligung von im Landtag vertretenen Parteien liegt jedenfalls dann vor, wenn - wie hier - die "Spielregeln" für diese während einer laufenden Gesetzgebungsperiode mit Wirkung noch für diese Periode dergestalt geändert werden, dass deren verbleibenden Abgeordneten wegen einer Spaltung ihrer politischen Gruppierung wirtschaftliche Subsidien der öffentlichen Hand entzogen und damit Planungen im Rahmen der zu fördernden politischen Arbeit zunichte oder unmöglich gemacht werden bzw diese Arbeit in nicht unbeträchtlicher Weise zumindest erschwert oder behindert wird.
Kein Eingehen auf die Frage der Rückwirkung der Gesetzesänderung bei diesem Ergebnis.
Der Verfassungsgerichtshof erachtet eine Aufhebung unter Fristsetzung nicht für notwendig, da im gegebenen Zusammenhang in Anbetracht des Wegfalls nur der in Prüfung gezogenen Wortfolgen und von deren schmalen Anwendungsbereich keine umfangreichen legistischen Maßnahmen erforderlich scheinen.
Anlassfall B1550/06, Quasianlassfall B1414/08, beide E v 09.10.08, Aufhebung der angefochtenen Bescheide betr Versagung einer Landesförderung an die Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ).
Schlagworte
Partei politische, Parteienförderung, Landtag, Grundprinzipien derVerfassung, demokratisches Grundprinzip, Wahlen, Wahlrecht freies,VfGH / FristsetzungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2008:G255.2007Zuletzt aktualisiert am
19.08.2010