RS Vfgh 2008/10/10 G257/07

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Veröffentlicht am 10.10.2008
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Index

82 Gesundheitsrecht
82/03 Ärzte, sonstiges Sanitätspersonal

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art140 Abs1 / Individualantrag
StGG Art6 Abs1 / Erwerbsausübung
Medizinischer Masseur- und HeilmasseurG - MMHmG §5, §14, §45
VfGG §62 Abs1

Leitsatz

Teilweise Zulässigkeit des Individualantrags eines Heilmasseurs aufAufhebung von Regelungen über die Berufsausübung von Heilmasseurenbzw medizinischen Masseuren; keine Verletzung derErwerbsausübungsfreiheit durch Beschränkungen der Berufsausübung alsmedizinischer Masseur auf Dienstverhältnisse zu bestimmtenEinrichtungen, Ärzten und Physiotherapeuten unter deren Aufsicht undAnleitung; öffentliches Interesse am Schutz der Gesundheit; sachlicheRechtfertigung weitergehender Beschränkungen der Berufsausübungmedizinischer Masseure angesichts des geringeren Ausbildungsstands imVergleich zu Heilmasseuren

Rechtssatz

Zurückweisung des Individualantrags eines Heilmasseurs auf Aufhebung des §45 MMHmG betr die Berufsausübung als Heilmasseur mangels Legitimation.

Der Antragsteller leitet seine unmittelbare Betroffenheit hinsichtlich des §45 MMHmG ganz undifferenziert daraus ab, dass diese Norm es Heilmasseuren verbiete, in Dienstverhältnissen zu anderen Heilmasseuren tätig zu sein. Der Antragsteller legt aber nicht dar, inwiefern er von dieser Norm aktuell betroffen ist, zumal er weder behauptet, selbst in ein Dienstverhältnis zu einem anderen Heilmasseur treten zu wollen, noch aktuell die Beschäftigung eines anderen Heilmasseurs als Dienstnehmer zu beabsichtigen.

Keine ausreichende Darlegung der Bedenken im Einzelnen.

Zulässigkeit hingegen des Individualantrags auf Aufhebung des §14 MMHmG betr die Berufsausübung als medizinischer Masseur.

Hinsichtlich der Regelung des §14 MMHmG hat der Antragsteller eine unmittelbare und aktuelle Betroffenheit insoweit dargetan, als er ausführt, dass er als Heilmasseur medizinische Masseure zwar ausbilden, nicht aber nach beendeter Ausbildung weiterbeschäftigen darf, und auf einen konkreten Fall des erzwungenen Endes einer solchen Beschäftigung verweist.

Die Bedenken richten sich zulässigerweise gegen die gesamte Norm; abschließende Aufzählung in §14 MMHmG, bei welchen Dienstgebern eine unselbständige Beschäftigung als medizinischer Masseur zulässig ist, wozu nicht die Heilmasseure zählen.

Keine Kompetenz einer Behörde zur Entscheidung über die Zulässigkeit der unselbständigen Beschäftigung eines medizinischen Masseurs vorgesehen, Provozierung eines gerichtlichen oder verwaltungsbehördlichen Strafverfahrens nicht zumutbar.

Keine Verletzung der Erwerbsausübungsfreiheit durch §14 MMHmG.

Der Schutz der Gesundheit von Patienten bei der Durchführung therapeutischer Anwendungen, wie sie auch von medizinischen Masseuren vorgenommen werden dürfen (vgl §5 MMHmG), liegt im öffentlichen Interesse. Eine gesetzlich angeordnete ärztliche oder zumindest physiotherapeutische Aufsicht über die Tätigkeit eines medizinischen Masseurs ist zweifellos geeignet, diesem Schutz zu dienen. Der Umstand, dass diese unmittelbare Aufsicht für die praktische Ausbildungsphase insoweit mediatisiert werden darf, als diese bei einem freiberuflichen Heilmasseur, dann aber ebenfalls nur "[n]ach Prüfung durch die medizinisch-wissenschaftliche Leitung" und "mit Zustimmung der medizinisch-wissenschaftlichen Leitung" einer in §14 MMHmG genannten Einrichtung erfolgen darf, ändert nichts an der Zulässigkeit des Ziels und der Geeignetheit der Mittel und liegt - vor dem Hintergrund denkbarer Zwecke einer praktischen Ausbildung - im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers.

Wenn Heilmasseure, die einen höheren Ausbildungsstand aufweisen als medizinische Masseure, diese Tätigkeit freiberuflich aufgrund ärztlicher Anordnung ausüben dürfen und dabei nur einer entsprechenden unverzüglichen Informationspflicht "über nicht dem Therapieverlauf entsprechende sowie für die weitere Behandlung bedeutsame gesundheitliche Auffälligkeiten" (vgl §33 MMHmG) gegenüber dem anordnenden Arzt unterliegen, ist es nicht unsachlich, wenn der Gesetzgeber bei einem geringeren Ausbildungsstand, wie jenem der medizinischen Masseure, nicht nur das Erfordernis einer ärztlichen Anordnung, sondern auch der Anleitung und Aufsicht eines Arztes oder eines Angehörigen des physiotherapeutischen Dienstes, wie sie implizit nicht nur durch §14 MMHmG, sondern explizit vor allem durch §5 Abs1 leg cit angeordnet wird, für notwendig erachtet hat.

Aber auch der Ausschluss einer unselbständigen Beschäftigung eines medizinischen Masseurs bei einem Heilmasseur fügt sich dabei widerspruchsfrei in das Gesamtsystem, wenn der nicht freiberuflich auszuübende Beruf des medizinischen Masseurs nur in einem Beschäftigungsverhältnis zu solchen Einrichtungen zulässig ist, welche die nach Auffassung des Gesetzgebers erforderliche Aufsicht sicherzustellen vermögen.

Aufgrund der Zulässigkeit des Eingriffs in die Erwerbsfreiheit ist es auch ausgeschlossen, dass die angegriffene Norm mit dem Gleichheitssatz in Widerspruch stünde.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Gesundheitswesen, Heilmasseure, Erwerbsausübungsfreiheit, VfGH /Individualantrag, VfGH / Bedenken, VfGH / Prüfungsumfang

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2008:G257.2007

Zuletzt aktualisiert am

19.08.2010
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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