TE Vfgh Erkenntnis 2006/3/10 B1258/04

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Veröffentlicht am 10.03.2006
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Index

L8 Boden- und Verkehrsrecht
L8000 Raumordnung

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Verordnung
Flächenwidmungsplan 1988 der Gemeinde Berndorf vom 14.10.88 und 09.11.88
Flächenwidmungsplan 2001 der Gemeinde Berndorf vom 03.11.99 und 14.12.00
Sbg RaumOG 1998 §17a Abs2, §45 Abs12

Leitsatz

Keine Gesetzwidrigkeit einer Flächenwidmungsplanänderung hinsichtlich der Rückwidmung von Grundstücken von "Bauland" in "Grünland - ländliches Gebiet"; Anpassungserfordernis des Flächenwidmungsplanes im Hinblick auf den bestehenden Baulandüberhang gegeben; ausreichende Grundlagenforschung bzw Berücksichtigung der Interessen des Grundeigentümers; kein Widerspruch zum Gleichheitssatz und zu den Bestimmungen des Salzburger Raumordnungsgesetzes 1998

Spruch

Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen und dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung darüber abgetreten, ob der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in einem sonstigen Recht verletzt worden ist.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Mit Schreiben vom 12. November 1997 beantragte der Beschwerdeführer bei der Gemeinde Berndorf (Salzburg), eine Teilfläche des Grundstücks 1329, KG Berndorf, im Gesamtausmaß von 2076 m² zum Bauplatz zu erklären. Die Gemeinde Berndorf übermittelte diesen Antrag am 15. Dezember 1999 zuständigkeitshalber an die Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung vom 17. November 2003 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Bauplatzerklärung gemäß §14 Abs1 lita Bebauungsgrundlagengesetz iVm der Bau-Delegierungsverordnung wegen Widerspruchs zum Flächenwidmungsplan abgewiesen. In der Begründung führte die Behörde aus, die Grundstücksfläche sei im neuen Flächenwidmungsplan der Gemeinde Berndorf in "Grünland - ländliches Gebiet" zurückgewidmet worden. Die dagegen erhobene Berufung wies die Salzburger Landesregierung mit Bescheid vom 19. August 2004 als unbegründet ab. Das Grundstück 1329 weise nach dem geltenden Flächenwidmungsplan die Widmung "Grünland - ländliches Gebiet" auf, welche der Erteilung der Bauplatzerklärung entgegenstehe.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der substantiiert nur die Verletzung in (verfassungsgesetzlich gewährleisteten) Rechten wegen der Anwendung einer generellen rechtswidrigen Norm behauptet wird.

Sowohl der Flächenwidmungsplan 1988 als auch der Flächenwidmungsplan 2001 der Gemeinde Berndorf seien gesetzwidrig:

Der von der Gemeindevertretung der Gemeinde Berndorf am 14. Oktober 1988 und 9. November 1988 beschlossene und von der Aufsichtsbehörde am 22. November 1988 genehmigte Flächenwidmungsplan 1988, durch den die Grundstücke 1329 und 1352 mit der Kennzeichnung "Aufschließungsgebiet" ausgewiesen werden, sei deshalb gesetzwidrig gewesen, weil bereits im Jahr 1987 die Voraussetzungen für die Kennzeichnung als "Aufschließungsgebiet" nicht mehr vorgelegen wären.

Der von der Gemeindevertretung der Gemeinde Berndorf am 3. November 1999 und 14. Dezember 2000 beschlossene und von der Aufsichtsbehörde am 5. Februar 2001 genehmigte Flächenwidmungsplan 2001, durch den die Grundstücke 1329 und 1352 - abgesehen von einem 750 m² umfassenden Teil - als "Grünland - ländliches Gebiet" ausgewiesen werden, sei deshalb gesetzwidrig, weil die Gemeinde Berndorf nachweislich seit 2. November 1987 und 18. November 1997 davon in Kenntnis gewesen sei, dass der Beschwerdeführer für die beiden Grundparzellen sowohl um Bauplatzerklärung als auch um Freigabe aus dem Aufschließungsgebiet angesucht habe.

3. Die Gemeinde Berndorf legte die bezughabenden Verordnungsakten vor. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor, erstattete jedoch innerhalb eingeräumter Frist keine Gegenschrift.

4. Aus den vorgelegten Verordnungsakten ergibt sich hinsichtlich des Zustandekommens des Flächenwidmungsplans 1988 bzw. 2001 folgendes Verwaltungsgeschehen:

Der Flächenwidmungsplan 1978 wies eine Teilfläche des Grundstücks 1329 als "Bauland - erweitertes Wohngebiet" und den überwiegenden Teil des Grundstücks 1329 sowie das Grundstück 1352 als "Bauland - erweitertes Wohngebiet mit der Kennzeichnung Aufschließungsgebiet" aus.

Am 17. Juni 1987 beschloss die Gemeindevertretung der Gemeinde Berndorf im Zuge einer generellen Überarbeitung des Flächenwidmungsplans eine Bausperre für die Dauer eines Jahres; mit Beschluss vom 16. Juni 1988 wurde diese Frist bis 17. Dezember 1988 verlängert.

Mit Schreiben vom 2. November 1987 beantragte der Beschwerdeführer die Freigabe der Aufschließungsgebiete; dieses Ansuchen wurde als "Anregung" in die Beratungen zur generellen Überarbeitung des Flächenwidmungsplans einbezogen.

Der zur öffentlichen Einsicht aufgelegte Entwurf des Flächenwidmungsplans hat für die Grundstücke 1329 und 1352 eine Rückwidmung in "Grünland" vorgesehen. Seine dagegen erhobenen Einwendungen vom 16. September 1988 hat der Beschwerdeführer mit bestehenden Veräußerungsabsichten begründet.

Dazu hat der Ortsplaner in seiner planungsfachlichen Auseinandersetzung zunächst festgehalten, dass die Grundstücke nach dem räumlichen Entwicklungskonzept zwar als "Bereich für Siedlungserweiterung" festgelegt wären, derzeit aber keine Verkehrserschließung vorhanden sei, weshalb er folgende Empfehlung abgab: "Vorerst Ausweisung als Grünland, da in diesem Gebiet noch Gespräche mit den Grundbesitzern hinsichtlich Grundtausch geführt werden müssen, da eine sinnvolle Aufschließung bei der derzeitigen Konfiguration der Grundstücke nicht möglich ist".

Am 14. Oktober 1988 und 9. November 1988 hat die Gemeindevertretung der Gemeinde Berndorf den Flächenwidmungsplan 1988 beschlossen, mit dem ua. eine Teilfläche des Grundstücks 1329 als "Bauland - Dorfgebiet" sowie "Bauland - erweitertes Wohngebiet mit der Kennzeichnung Aufschließungsgebiet" und der überwiegende Teil des Grundstücks 1329 sowie das Grundstück 1352 als "Bauland - reines Wohngebiet mit der Kennzeichnung Aufschließungsgebiet" gewidmet wird. Der Flächenwidmungsplan 1988 wurde mit Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 22. November 1988 aufsichtsbehördlich genehmigt und vom 6. Dezember 1988 bis 27. Dezember 1988 durch Anschlag an der Amtstafel kundgemacht.

Mit Kundmachung vom 21. Oktober 1997 leitete die Gemeinde Berndorf neuerlich ein Verfahren zur generellen Überarbeitung des Flächenwidmungsplans ein; in der Sitzung vom 15. November 1997 hat die Gemeindevertretung der Gemeinde Berndorf beschlossen, alle nach Einleitung des Verfahrens einlangenden Ansuchen um Bauplatzbewilligung und um Freigabe von Grundstücken aus dem Aufschließungsgebiet in die Beratungen zur Erstellung des neuen Flächenwidmungsplans einzubeziehen.

Mit bei der Gemeinde Berndorf am 18. November 1997 eingelangten Schreiben vom 12. November 1997 beantragte der Beschwerdeführer die Freigabe der Aufschließungsgebiete bzw. die Erteilung der Bauplatzerklärung für eine Teilfläche des Grundstücks 1329, KG Berndorf, im Gesamtausmaß von 2076 m². In seiner planungsfachlichen Auseinandersetzung hat der Ortsplaner wegen der nicht ausschließlich durch einen Bebauungsplan lösbaren Erschließungsprobleme empfohlen, von einer Freigabe und Erlassung eines Bebauungsplans abzusehen. In weiterer Folge wurde der Antrag auf Erteilung der Bauplatzerklärung am 15. Dezember 1999 an die zuständige Behörde (Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung) weitergeleitet.

Der zur öffentlichen Einsicht aufgelegte Entwurf des Flächenwidmungsplans hat für die Grundstücke 1329 und 1352 eine Rückwidmung in "Grünland - ländliches Gebiet" vorgesehen; der Beschwerdeführer hat dagegen keine ausdrücklichen Einwendungen erhoben.

Die Gemeindevertretung der Gemeinde Berndorf hat in der Sitzung am 3. November 1999 den überarbeiteten Flächenwidmungsplan beraten und dazu ua. festgehalten: Die Baulandbilanz ergebe ein unverbautes Bauland von 9,23 Hektar, wobei dies einen Baulandüberhang von 2,03 Hektar bedeute. Es seien jedoch in den Flächenwidmungsplan keine Grundstücke aufgenommen worden, welche für den Verkauf bestimmt seien. Die ausgewiesenen Flächen bestehen ausschließlich aus Eigenbedarfsflächen, dem Baulandsicherungsmodell und Flächen, welche als Bauland erworben wurden und daher eine Entschädigungspflicht im Falle der Rückwidmung auslösen würden.

Am 21. Februar 2000 hat der Beschwerdeführer der Gemeinde Berndorf den Entwurf eines Bebauungsplans für den Bereich der Grundstücke 1329 und 1352 übermittelt. Die Gemeindevertretung der Gemeinde Berndorf hat in der Sitzung vom 28. März 2000 die Erstellung bzw. Verordnung des beantragten Bebauungsplans einstimmig abgelehnt; gleichzeitig wurde über die Freigabe der Aufschließungsgebiete negativ entschieden, weil die Aufschließungserfordernisse nicht vorgelegen sind.

Mit Schreiben vom 7. April 2000 hat der Beschwerdeführer bei der Gemeinde Berndorf einen Eigenbedarf betreffend das Grundstück 1352 zur Errichtung von Wohnbauten geltend gemacht. Dazu hat der Ortsplaner in seiner planungsfachlichen Auseinandersetzung festgehalten, dass trotz dieser späten Reaktion - nach Beschluss des Flächenwidmungsplans am 3. November 1999 - der allgemeinen Vorgangsweise entsprechend eine Parzelle für den Eigenbedarf der Tochter als Bauland ausgewiesen werden soll.

Die Gemeindevertretung der Gemeinde Berndorf hat in der Sitzung am 31. Mai 2000 die erforderlichen Anpassungen des Flächenwidmungsplans beraten und dazu ua. festgehalten, dass im Bereich der Pöschlgrundstücke ein Grundstück im Ausmaß von 750 m² als Bauland gewidmet werden soll, "da der Eigenbedarf für 1 Person glaubhaft nachgewiesen werden konnte". Eine neuerlich durchgeführte Berechnung der Baulandbilanz "ergibt einen Baulandbedarf von 7,9 Hektar". Letztlich empfiehlt der Ortsplaner die "Beschlussfassung des Flächenwidmungsplanes mit den erläuterten Abänderungen".

Am 3. November 1999 und 14. Dezember 2000 beschloss die Gemeindevertretung der Gemeinde Berndorf den Flächenwidmungsplan 2001, mit dem ua. das Grundstück 1329 als "Grünland - ländliches Gebiet" und das Grundstück 1352 zu einem 750 m² umfassenden Teil als "Bauland - erweitertes Wohngebiet" und im Übrigen als "Grünland - ländliches Gebiet" gewidmet wird. Der Flächenwidmungsplan 2001 wurde mit Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 5. Februar 2001 aufsichtsbehördlich genehmigt und vom 9. Februar 2001 bis 26. Februar 2001 durch Anschlag an der Amtstafel kundgemacht.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. Hinsichtlich der geltend gemachten Rechtswidrigkeit des Flächenwidmungsplans 1988:

Der von der Gemeindevertretung der Gemeinde Berndorf am 14. Oktober 1988 und 9. November 1988 beschlossene und am 22. November 1988 von der Salzburger Landesregierung aufsichtsbehördlich genehmigte Flächenwidmungsplan 1988, mit dem ua. eine Teilfläche des Grundstücks 1329 als "Bauland - Dorfgebiet" sowie "Bauland - erweitertes Wohngebiet mit der Kennzeichnung Aufschließungsgebiet" und der überwiegende Teil des Grundstücks 1329 sowie das Grundstück 1352 als "Bauland - reines Wohngebiet mit der Kennzeichnung Aufschließungsgebiet" gewidmet wird, ist im Beschwerdeverfahren nicht präjudiziell (zur Präjudizialität genereller Rechtsvorschriften vgl. VfSlg. 14.078/1995 und die dort zitierte Vorjudikatur).

2. Hinsichtlich der geltend gemachten Rechtswidrigkeit des Flächenwidmungsplans 2001:

2.1. Der Verfassungsgerichtshof geht in ständiger Rechtsprechung zu Flächenwidmungsplanänderungen, insbesondere zur Rückwidmung bisher als Bauland gewidmeter Grundflächen in Grünland, davon aus, dass diese nur zulässig sind, wenn "eine wesentliche, eine Umwidmung rechtfertigende Änderung der Planungsgrundlagen" vorliegt (VfSlg. 13.282/1992 zum niederösterreichischen Raumplanungsrecht unter Berufung auf VfSlg. 9361/1982 und VfSlg. 11.374/1987 zum burgenländischen Raumplanungsrecht).

In VfSlg. 11.914/1988 (zum Vorarlberger Raumplanungsrecht) hielt es der Verfassungsgerichtshof für zulässig, "Bauerwartungsland" in "Freifläche-Landwirtschaftsgebiet" rückzuwidmen, wenn "die (notwendige) Erschließung des relevanten ... Gebietes vor allem wegen der unverhältnismäßig hohen Kosten für die Errichtung eines Abwasserkanals und infolge der unzulänglichen Verkehrsverbindungen unangebracht wäre".

Zur Notwendigkeit einer Reduzierung des Baulandes sprach der Verfassungsgerichtshof (in den zum Tiroler Raumordnungsrecht ergangenen Erkenntnissen VfSlg. 9975/1984 und 10.277/1984) aus, dass diese Notwendigkeit "es allein (noch) nicht rechtfertigt, ein beliebiges Grundstück ... in Freiland zu widmen". Der Gerichtshof hat vielmehr darauf hingewiesen, dass die bisherige Widmungsart und Nutzung zu den bei der Bestandsaufnahme bedeutsamen Gegebenheiten gehören und entsprechend zu berücksichtigen sind.

Aus dem Gleichheitssatz wurde schließlich in VfSlg. 13.282/1992 (unter Verweis auf zahlreiche Vorerkenntnisse) abgeleitet, dass "die Auswahl der für eine Rückwidmung in Betracht kommenden Liegenschaften nach sachlichen Kriterien zu erfolgen hat, mag auch die Verringerung des Baulandes in Anbetracht neuer, legitimer planerischer Zielsetzungen einen an sich zulässigen Grund für eine Flächenwidmungsplanänderung bilden". In diesem Erkenntnis hat es der Verfassungsgerichtshof für geboten erachtet, die Auswahl der für eine Umwidmung von Bauland in Grünland in Betracht kommenden Grundstücke auf eine entsprechende Grundlagenforschung und eine die Interessen der bisherigen Baulandeigentümer mitberücksichtigende Interessenabwägung zu stützen.

Weiters hob der Verfassungsgerichtshof in VfSlg. 16.201/2001 hervor, die von ihm in seiner Judikatur ganz allgemein entwickelten Rechtsgrundsätze einer zulässigen Planänderung, insbesondere Rückwidmung von Bau- in Grünland, sind vor dem Hintergrund der Anordnungen des jeweiligen Raumplanungsgesetzes zu verstehen.

2.2. Gemäß §45 Abs12 Sbg. ROG 1998 sind "im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bestehende Flächenwidmungspläne, die den Bestimmungen dieses Gesetzes - sei es auch nur hinsichtlich ihrer Widmungsbezeichnungen - nicht entsprechen," längstens bis zum 31. Dezember 1999 anzupassen. Korrespondierend dazu enthält §23 Abs1 Sbg. ROG 1998 eine Ermächtigung zur Änderung des Flächenwidmungsplans, "wenn die Änderung dem räumlichen Entwicklungskonzept der Gemeinde entspricht, insbesondere zur Anpassung des ausgewiesenen Baulandes an den im Sinn des §17 Abs12 erster Satz [nunmehr §17a Abs2 erster Satz] voraussichtlich bestehenden Bedarf", wobei eine Umwidmung von Bauland in Grünland überdies nur dann erfolgen darf, "wenn ab der erstmaligen Baulandwidmung zumindest fünf Jahre verstrichen sind".

§17a Abs2 Sbg. ROG 1998 legt das Ausmaß der Baulandausweisung fest; demzufolge hat sich das Ausmaß des unbebauten Baulandes "nach dem Bedarf zu richten, der in der Gemeinde in einem Planungszeitraum von zehn Jahren voraussichtlich besteht. Der Bedarf ist in einer Beilage zum Flächenwidmungsplan nach Widmung detailliert zu begründen (Flächenbilanz)."

In Anbetracht der geschilderten Rechtslage hatte die Gemeinde Berndorf ihren Flächenwidmungsplan dahingehend zu überprüfen, ob dieser den Bestimmungen des Sbg. ROG 1998 entspricht. Die von der Gemeinde Berndorf erstellte Flächenbilanz, durch die der voraussichtliche Bedarf an unbebautem Bauland für einen Planungszeitraum von zehn Jahren erhoben wurde, ergab einen Baulandüberhang und somit ein Anpassungserfordernis des Flächenwidmungsplans.

Der Gerichtshof bezweifelt aber auch nicht, dass die sachlichen Voraussetzungen für die (weitgehende) Rückwidmung der Grundstücke 1329 und 1352 von "Bauland" mit der Kennzeichnung "Aufschließungsgebiet" in "Grünland - ländliches Gebiet" vorliegen:

Zwar werden die Grundstücke 1329 und 1352 nach dem räumlichen Entwicklungskonzept als "Bereich für Siedlungserweiterung" festgelegt, allerdings qualifizierte der Ortsplaner die bestehende Verkehrserschließung mehrfach als nicht ausreichend bzw. eine weitere Verkehrserschließung in diesem Bereich als nicht zweckmäßig. Auch unternahm die Gemeinde bereits im Zuge der Erlassung des vorangegangenen Flächenwidmungsplanes 1988 den "erfolglosen" Versuch, eine Rückwidmung der Grundstücke in "Grünland" vorzunehmen; die Gemeindevertretung der Gemeinde Berndorf entschloss sich damals dazu, den Interessen des Grundeigentümers - entgegen der planungsfachlichen Auseinandersetzung - entsprechend, keine Rückwidmung, sondern eine Kennzeichnung als "Aufschließungsgebiet" vorzunehmen. Durch die Kennzeichnung als "Aufschließungsgebiet" sollte aber eine entsprechende Erschließung für den gesamten Bereich sichergestellt werden.

Bei der Beurteilung, welche unbebauten und bisher als "Bauland" ausgewiesenen Flächen nunmehr in "Grünland" zurückgewidmet werden sollen, ist auch der Eigenbedarf der jeweiligen Grundeigentümer zu berücksichtigen. Diesbezüglich konnte der Beschwerdeführer im Rahmen der Erlassung des Flächenwidmungsplans 2001 lediglich einen Eigenbedarf für eine Person glaubhaft geltend machen, der insofern Berücksichtigung fand, als das Grundstück 1352 zu einem 750 m² umfassenden Teil als "Bauland - erweitertes Gebiet" gewidmet wurde. Der Gerichtshof ist somit der Auffassung, dass den Interessen des Beschwerdeführers ausreichend Rechnung getragen wurde.

Entgegen der Meinung des Beschwerdeführers sind die Gründe für die (weitgehende) Rückwidmung seiner Grundstücke durchaus sachlicher Natur und entsprechen den Vorgaben des Sbg. ROG 1998. Die Behauptung des Beschwerdeführers, dass das Nachbargrundstück 1313 als "Bauland" ohne Kennzeichnung als "Aufschließungsgebiet" ausgewiesen wird, entspricht nicht den Tatsachen; es wird als "Grünland" ausgewiesen. Die Baulandausweisung des Nachbargrundstückes 1344 ist sachlich gerechtfertigt.

Angesichts der unzureichenden Verkehrserschließung der Grundstücke des Beschwerdeführers und der raumordnungsrechtlichen Gründe für die Änderung des Flächenwidmungsplans (Anpassung der unbebauten Baulandreserven an den voraussichtlichen Bedarf) kann auch davon ausgegangen werden, dass die für die Planänderung erforderlichen öffentlichen Interessen an der Rückwidmung die Interessen des betroffenen Grundeigentümers überwiegen. Aber auch gegenüber anderen Grundeigentümern, die einen Eigenbedarf geltend gemacht haben, erfolgte eine hinreichende Interessenabwägung, weil eine weitergehende - über das vom Beschwerdeführer glaubhaft nachgewiesene Ausmaß an Eigenbedarf vorgenommene - Baulandausweisung nur zu Lasten von anderen Grundeigentümern mit Eigenbedarf hätte durchgeführt werden können. Ebenso muss der Schutz des Vertrauens des Beschwerdeführers in die verbindliche Festlegung der Widmung (vgl. VfSlg. 11.374/1987, 11.743/1988) dann in den Hintergrund treten, wenn die öffentlichen Interessen eine Rückwidmung erfordern. Darüber hinaus ist zu bedenken, dass die betroffenen Grundstücke des Beschwerdeführers im vorangegangenen Flächenwidmungsplan 1988 mit der Kennzeichnung "Aufschließungsgebiet" versehen waren, was bedeutet, dass der widmungsgemäßen Verwendung als Bauland öffentliche Interessen entgegen standen und der Beschwerdeführer über keine unbeschränkte Nutzungsmöglichkeit verfügte; damit verbunden ist aber auch ein eingeschränktes Maß an Rechtssicherheit (vgl. VfSlg. 11.914/1988).

Die (weitgehende) Rückwidmung der Grundstücke 1329 und 1352 des Beschwerdeführers, KG Berndorf, von "Bauland" in "Grünland - ländliches Gebiet" (das Grundstück 1352 wurde aber zu einem 750 m² umfassenden Teil als "Bauland - erweitertes Gebiet" ausgewiesen) basiert auf einer entsprechenden Grundlagenforschung und stützt sich auf eine die Interessen des Grundeigentümers mitberücksichtigende Interessenabwägung; sie widerspricht sohin weder dem Gleichheitssatz noch den Vorschriften des Sbg. ROG 1998.

3. Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat sohin nicht stattgefunden.

Das Verfahren hat auch nicht ergeben, dass der Beschwerdeführer in vom ihm nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurde. Angesichts der Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsgrundlagen ist es auch ausgeschlossen, dass er in seinen Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt wurde.

Die Beschwerde war daher abzuweisen und gemäß Art144 Abs3 B-VG antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof abzutreten.

4. Dies konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nicht öffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Schlagworte

Baurecht, Raumordnung, Flächenwidmungsplan, VfGH / Präjudizialität, Anpassungspflicht (des Normgebers), Vertrauensschutz

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2006:B1258.2004

Dokumentnummer

JFT_09939690_04B01258_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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