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90 Straßenverkehrsrecht, KraftfahrrechtNorm
StGG Art5Leitsatz
Verletzung im Eigentumsrecht durch Verhängung einer Geldstrafe wegeneiner Geschwindigkeitsübertretung auf der A 12 Inntalautobahn mangelsRechtsgrundlage für die der Bestrafung des Beschwerdeführers zuGrunde liegende Geschwindigkeits- und Abstandsmessung; keinegesetzliche Ermächtigung für den Einsatz des hier verwendetenvideogestützten Überwachungssystems iSd Datenschutzgesetzes;Datenschutzgesetz für sich genommen keine ausreichende gesetzlicheGrundlage; Verwaltungsübertretungen kein Anwendungsfall einerverfassungsgesetzlichen Übergangsbestimmung im Datenschutzgesetzbetreffend die Zulässigkeit bestimmter Datenanwendungen bis zu einemStichtag auch ohne entsprechende RechtsgrundlageRechtssatz
Übertretung einer gem §30 Abs1 Z4 ImmissionsschutzG-Luft iVm §3 der GeschwindigkeitsbeschränkungsV des Landeshauptmannes von Tirol, LGBl 86/2006, erlassenen Geschwindigkeitsbeschränkung von 100 km/h auf der A 12 Inntalautobahn.
Sinngemäße Geltung der Bedingungen des §1 Abs2 DSG 2000 für die Anforderungen an die gesetzliche Grundlage von Eingriffen in das Recht auf Unversehrtheit des Eigentums; Gesetzesvorbehalt in dieser Bestimmung; Eingriffe einer staatlichen Behörde in das Grundrecht auf Datenschutz nur aufgrund ausreichend präziser gesetzlicher Regelungen aus den Gründen des Art8 Abs2 EMRK.
Weder die StVO noch das VStG oder auch das KFG enthalten eine ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung im Sinne des §1 Abs2 DSG 2000 zum Einsatz entsprechender videogestützter Geschwindigkeits- und Abstandsmesssysteme (hier: VKS 3.0-System, zunächst Speicherung der Daten aller Verkehrsteilnehmer). §100 Abs5b StVO regelt allein den Einsatz automatischer Geschwindigkeitsmesssysteme für die Feststellung der Überschreitung einer ziffernmäßig festgesetzten Höchstgeschwindigkeit. In §134 Abs3 KFG ist lediglich allgemein davon die Rede, dass Geschwindigkeitsübertretungen "mit Messgeräten" festgestellt werden können. Daneben lässt sich auch aus den Regelungen der StVO betreffend die Zuständigkeit und die Aufgaben der Straßenpolizeibehörden in Verbindung mit den allgemeinen Grundsätzen über die Verwendung von Daten aus dem 2. Abschnitt des DSG 2000 keine Ermächtigung zum Einsatz eines solchen videogestützten Geschwindigkeits- und Abstandsmesssystems ableiten.
Siehe auch die Verfassungsbestimmung des §61 Abs4 DSG 2000, wonach bestimmte Datenanwendungen bis 31.12.07 auch ohne entsprechende Rechtsgrundlagen erfolgen konnten; Bestimmungen des DSG 2000 für sich genommen (allenfalls in Verbindung mit materiengesetzlichen Zuständigkeitsvorschriften) keine ausreichende gesetzliche Grundlage.
Verwaltungsübertretungen kein Anwendungsfall des §61 Abs4 DSG 2000:
Die Übergangsregelung bezieht sich ua auf jene Datenanwendungen, die
"für Zwecke ... der Vorbeugung, Verhinderung oder Verfolgung von
Straftaten" von der Meldepflicht ausgenommen sind (§17 Abs3 Z5 DSG 2000), "soweit dies zur Verwirklichung des Zweckes der Datenanwendung notwendig ist." Nach den Erläuterungen zu §17 Abs3 DSG 2000 sollten nur jene Datenanwendungen ausgenommen werden, bei welchen die Nichtmeldung auf Grund der konkreten Zweckbestimmung der einzelnen Datenanwendung notwendig ist. Daraus erhellt, dass mit "Straftaten" Taten, die durch das Strafrecht im Sinne des Art10 Abs1 Z6 B-VG mit Strafe bedroht sind, nicht aber Verwaltungsübertretungen gemeint sein können.
Entscheidungstexte
Schlagworte
Straßenpolizei, Geschwindigkeitsbeschränkung, Datenschutz,KraftfahrrechtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2008:B1944.2007Zuletzt aktualisiert am
23.08.2011