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37 Geld-, Währungs-und KreditrechtNorm
B-VG Art18 Abs2Leitsatz
Devisengesetz; keine denkunmögliche Anwendung des §14 Abs1 iVm der Kundmachung DE 2/75 der Oesterreichischen Nationalbank; keine Bedenken gegen diese VerordnungSpruch
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I.1. Der Beschwerdeführer hat am 8. November 1978 bei der Oesterreichischen Nationalbank um devisenrechtliche Bewilligung zur Aufnahme eines Darlehens in der Höhe von 150000 DM bei einem schweizerischen Kreditgeber angesucht. Als Begründung wurde angeführt:
"Darlehen wird zur Pfandauslösung (Pretiosen) im Dorotheum benötigt, sowie für Zahlungen an die Finanzprokuratur der Republik Österreich."
Die Oesterreichische Nationalbank hat mit Schreiben vom 22. November 1978 die beantragte devisenrechtliche Bewilligung im Hinblick darauf nicht erteilt, daß die maßgeblichen Voraussetzungen gem. ihrer Kundmachung DE 2/75 nicht vorlägen.
2. Gegen dieses vom Beschwerdeführer als Bescheid gewertete Schreiben der Oesterreichischen Nationalbank wendet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides begehrt wird.
3. Die Oesterreichische Nationalbank hat - vertreten durch einen Rechtsanwalt - in einer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde und den Zuspruch von Kosten beantragt.
II. Der VfGH hat erwogen:
1. Die Oesterreichische Nationalbank hat, soweit sie mit der Durchführung des Bundesgesetzes vom 25. Juli 1946, BGBl. 162, über die Devisenbewirtschaftung (DevisenG) betraut ist, behördliche Aufgaben (vgl. zB VfSlg. 1946/1950).
Das angefochtene Schreiben ist zwar eine formlose Erledigung; seinem Inhalt nach regelt es aber gegenüber dem Beschwerdeführer eine Verwaltungsangelegenheit mit normativer Wirkung, dh., es hat die bindende Gestaltung von Rechtsverhältnissen zum Inhalt und stellt sich daher als Bescheid einer Verwaltungsbehörde dar (vgl. zB VfSlg. 1946/1950 und 7436/1974; s. auch §7 Abs1 des Nationalbankgesetzes 1955, BGBl. 184, betreffend die Verpflichtung der Oesterreichischen Nationalbank, in bestimmten Fällen das AVG 1950 anzuwenden).
Gegen diesen Bescheid ist ein Rechtsmittel im Bereich der Verwaltung nicht zulässig (vgl. VfSlg. 1946/1950, 2193/1951, 7342/1974).
Die Beschwerde ist zulässig.
2. a) Die vom Beschwerdeführer behauptete Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums läge gem. der ständigen Rechtsprechung des VfGH (vgl. zB VfSlg. 7342/1974) nur vor, wenn der angefochtene Bescheid auf einer verfassungswidrigen Rechtsgrundlage beruhte oder wenn er gesetzlos wäre, wobei die denkunmögliche Anwendung des Gesetzes ebenfalls als Gesetzlosigkeit anzusehen wäre.
b) Der angefochtene Bescheid ist nicht gesetzlos ergangen. Er gründet sich in materieller Hinsicht auf §14 Abs1 DevisenG und auf die Kundmachung DE 2/75 der Oesterreichischen Nationalbank, betreffend den Kapitalverkehr mit multilateralen Mitgliedstaaten, verlautbart im Amtsblatt zur Wiener Zeitung Nr. 295 vom 21. Dezember 1975.
c) aa) §14 Abs1 DevisenG lautet:
"Die Einräumung von Krediten an Ausländer, die Aufnahme von Krediten bei Ausländern, die Übernahme von sonstigen Geldverpflichtungen gegenüber Ausländern und die Bestellung von Sicherheiten für ausländische Gläubiger bedarf der Bewilligung. Zur Übernahme von Geldverpflichtungen im Zusammenhang mit einer Wareneinfuhr, die von der zuständigen Stelle genehmigt wurde, ist eine Bewilligung nicht erforderlich."
bb) Die Kundmachung DE 2/75 regelt im Abschn. II/A die Übernahme von Geldverpflichtungen durch Inländer gegenüber Ausländern. Dieser Abschnitt lautet auszugsweise:
"Die Oesterreichische Nationalbank wird Inländern über mit entsprechenden Unterlagen versehene Anträge Bewilligungen zur Aufnahme von Krediten und Darlehen zu marktgerechten Zinssätzen bei Ausländern mit dem Wohnsitz (Sitz) in multilateralen Mitgliedstaaten nach Maßgabe des folgenden Absatzes für nachstehende Transaktionen erteilen:
1. Investitionskredite für Erzeugerbetriebe.
2. Refinanzierung von Exportforderungen nach Durchführung der Ausfuhrlieferung.
3. Finanzierung konkreter Warenimportgeschäfte.
4. Darlehen bis zum Gegenwert von S 260000,- pro inländischem Darlehensnehmer und Jahr von ausländischen Verwandten (Ehegatte, Kinder, Eltern oder Geschwister).
Die Erteilung von Bewilligungen für die vorstehenden Zwecke ist von folgenden Voraussetzungen abhängig: ..."
Diese Kundmachung bezieht sich auch auf den Kapitalverkehr mit der Schweiz (vgl. ArtII Z1 lita der Kundmachung DE 1/71 der Oesterreichischen Nationalbank vom 16. Juni 1971, verlautbart im Amtsblatt zur Wiener Zeitung Nr. 137 vom 17. Juni 1971).
d) aa) Der VfGH hat mit Erk. VfSlg. 7338/1974 (das in einem von Amts wegen eingeleiteten Gesetzesprüfungsverfahren ergangen ist) ausgesprochen, daß die Wortfolge "die Aufnahme von Krediten bei Ausländern, die Übernahme von Geldverpflichtungen gegenüber Ausländern und die Bestellung von Sicherheiten für ausländische Gläubiger" im §14 Abs1 DevisenG nicht als verfassungswidrig aufgehoben wird. Diese Bestimmung sei inhaltlich ausreichend bestimmt und widerspreche nicht dem Art18 Abs1 B-VG.
bb) Die Kundmachung DE 2/75 der Oesterreichischen Nationalbank ist eine Rechtsverordnung (vgl. zB VfSlg. 2689/1954, 2690/1954), die dem §20 Abs3 DevisenG entsprechend im Amtsblatt zur Wiener Zeitung verlautbart worden ist.
Der Beschwerdeführer bringt nichts gegen die Gesetzmäßigkeit des angewendeten Abschn. II/A dieser Verordnung vor. Auch der VfGH hat unter dem Gesichtspunkt dieses Beschwerdefalles keine Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit der Verordnung.
e) Der Beschwerdeführer macht dem Sinne nach eine denkunmögliche Anwendung von Rechtsvorschriften geltend. Er gibt zwar ausdrücklich zu, daß die Voraussetzungen der Kundmachung DE 2/75 nicht vorgelegen seien. Dennoch aber hätte sein Antrag positiv erledigt werden müssen, da infolge Absicherung des Kredites durch ein im Ausland bereits befindliches Vermögen als Faustpfand keinerlei Belastung in der österreichischen Devisenbewirtschaftung durch eine Rückzahlungsverpflichtung aus inländischen Währungsmitteln gegeben gewesen wäre, da sich die Kreditgeberin aus dem darzugebenden Faustpfand bei Beendigung des Kreditverhältnisses befriedigen hätte können.
Der Beschwerdeführer hat in dem an die Oesterreichische Nationalbank gerichteten Antrag diese Umstände nicht geltend gemacht (s. o. I.1.). Die Oesterreichische Nationalbank sah sich nicht veranlaßt, die Antragsangaben ergänzen zu lassen oder sie zu überprüfen; sie nahm, ohne ein Ermittlungsverfahren durchzuführen, aufgrund der Antragsangaben an, daß dem Beschwerdeführer die beantragte Genehmigung nach §14 Abs1 DevisenG nicht zu erteilen sei. Die Oesterreichische Nationalbank hat ihre, den Antrag ablehnende Entscheidung lediglich damit begründet, daß die maßgeblichen Voraussetzungen gem. ihrer Kundmachung DE 2/1975 nicht vorlägen.
Trotz des Umstandes, daß nach §7 Abs1 NationalbankG 1955 die Oesterreichische Nationalbank bei Entscheidung über den Antrag des Beschwerdeführers in verfahrensrechtlicher Hinsicht das AVG 1950 anzuwenden hatte, berührt unter den geschilderten Umständen die möglicherweise stattgefundene unrichtige Handhabung von Verfahrensvorschriften nicht die Verfassungssphäre.
f) Der Beschwerdeführer ist sohin nicht im Eigentumsrecht verletzt worden.
3. Das Verfahren hat nicht ergeben, daß der Beschwerdeführer in einem anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden ist (s. o. II.2.d).
Die Beschwerde war daher abzuweisen.
Schlagworte
Bescheidbegriff, VfGH / Instanzenzugserschöpfung, RechtsV, Devisenrecht, NationalbankEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1980:B639.1978Dokumentnummer
JFT_10199699_78B00639_00