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43 WehrrechtNorm
B-VG Art7 Abs1 / GesetzLeitsatz
Heeresgebührengesetz (§27 Abs3 und 4) iZm Gesetz über Ansprüche aus der Ableistung freiwilliger Waffenübungen (§9); keine Bedenken aus dem Blickwinkel des Gleichheitsgebotes; keine WillkürSpruch
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I.1. Der Beschwerdeführer, ein Oberleutnant der Reserve, wurde für den Zeitraum vom 27. Mai bis 10. Juni 1977 zu einer Kaderübung einberufen. Er war bis Ende des Jahres 1976 als Angestellter unselbständig erwerbstätig. Seit Anfang des Jahres 1977 ist er als Rechtsanwalt selbständig erwerbstätig.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung vom 28. September 1977 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf (erhöhte) Entschädigung gem. §27 Abs3 des Heeresgebührengesetzes, BGBl. 152/1956, idF der Nov. BGBl. 413/1974 (HGG), abgewiesen. Es stehe ihm lediglich die nach §27 Abs2 HGG auch ohne Antrag gebührende und bereits ausgezahlte Entschädigung von 197 S pro Tag zu.
2. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides, allenfalls die Abtretung der Beschwerde an den VwGH beantragt wird.
II. Der VfGH hat erwogen:
1. Nach §27 Abs1 HGG gebührt ua. Wehrpflichtigen, die Truppenübungen oder Kaderübungen leisten, eine Entschädigung. Diese beträgt nach §27 Abs2 leg. cit. für Wehrpflichtige, die das 26. Lebensjahr erreicht oder überschritten haben (der Beschwerdeführer war zum Zeitpunkt der Leistung der Truppenübung 33 Jahre alt), 1,8 vH des Gehaltsansatzes der Gehaltsstufe 2 der Dienstklasse V nach §28 Abs3 des Gehaltsgesetzes 1956, in der jeweils geltenden Fassung, einschließlich allfälliger Teuerungszulagen, täglich (das waren zum Zeitpunkt, als der Beschwerdeführer die Kaderübung abgeleistet hat, 197 S).
§27 Abs3 HGG lautet:
"Sofern der im Abs2 genannte Entschädigungsbetrag bei
a) ...
b) selbständig erwerbstätigen Wehrpflichtigen das Ausmaß der während eines im Abs1 genannten Wehrdienstes entgangenen steuerpflichtigen Einkünfte aus der von ihnen ausgeübten selbständigen Tätigkeit nach Ausgleich mit Verlusten aus einer solchen Tätigkeit
nicht erreicht, gebührt den Wehrpflichtigen auf ihren Antrag die Entschädigung in der Höhe dieses Verdienstentganges bis zur Höhe von 3,8 v. H. des Gehaltsansatzes der Gehaltsstufe 2 der Dienstklasse V nach §28 Abs3 des Gehaltsgesetzes 1956 in der jeweils geltenden Fassung, einschließlich allfälliger Teuerungszulagen, täglich ..."
Für die Entschädigungen nach dem zitierten Abs3 gelten dem folgenden Abs4 zufolge im übrigen die Bestimmungen des 2. und 3. Abschnittes sowie des §12 Abs1 bis 3 und des §18 des Bundesgesetzes vom 15. Dezember 1960, BGBl. 311, über Ansprüche aus der Ableistung freiwilliger Waffenübungen (im folgenden kurz: AnspruchsG) sinngemäß.
Im 3. Abschnitt des zuletzt zitierten Bundesgesetzes wird die Entschädigung für Präsentdienende, die selbständig erwerbstätig sind, geregelt. In diesem Abschnitt findet sich §9, der die Überschrift "Festsetzung der Entschädigung" trägt und idF der Nov. BGBl. 414/1974 wie folgt lautet:
"(1) Die Höhe der Entschädigung richtet sich nach dem rechtskräftigen Einkommensteuerbescheid für das dem Antritt der freiwilligen Waffenübung vorangegangene Kalenderjahr.
(2) Ist kein rechtskräftiger Einkommensteuerbescheid für das vorangegangene Kalenderjahr vorhanden, so ist der Entschädigung die Höhe der in der Steuererklärung für das vorangegangene Kalenderjahr einbekannten Einkünfte zugrunde zu legen. Liegt für dieses Kalenderjahr noch keine Steuererklärung vor, so ist der rechtskräftige Einkommensteuerbescheid für das vorhergegangene Kalenderjahr als Grundlage für die Festsetzung der Entschädigungshöhe heranzuziehen. Ist der Präsentdienende für das dem Antritt der freiwilligen Waffenübung vorangegangene Kalenderjahr oder für das Kalenderjahr, in dem er die freiwillige Waffenübung angetreten hat, erstmalig zur Einkommensteuer zu veranlagen und liegt für diese Veranlagungszeiträume weder ein rechtskräftiger Einkommensteuerbescheid noch die Steuererklärung vor, so gebührt ihm die Entschädigung in der Höhe von 1,6 v. H. des Gehaltsansatzes der Gehaltsstufe 2 der Dienstklasse V nach §28 Abs3 des Gehaltsgesetzes 1956, BGBl. 54, in der jeweils geltenden Fassung, einschließlich allfälliger Teuerungszulagen, pro Tag."
Für Wehrpflichtige, die Übungen nach §27 Abs1 HGG leisten und die das 26. Lebensjahr erreicht oder überschritten haben, geht die speziellere Bestimmung des §27 Abs2 HGG über die Höhe des Gehaltsansatzes vor; sie beträgt für diesen Personenkreis 1,8 vH des erwähnten Gehaltsansatzes.
2. a) Der bekämpfte Bescheid begründet die Abweisung des Antrages auf erhöhte Entschädigung nach §27 Abs3 HGG im wesentlichen damit, daß der Beschwerdeführer der Behörde wohl eine Ablichtung seiner Gehaltskarte aus dem Jahre 1976 (aus der sich ergebe, daß er im Jahre 1976 ein aus unselbständiger Erwerbstätigkeit stammendes steuerpflichtiges Einkommen von 254322,60 S gehabt habe) und die Ablichtung eines Einkommensteuer-Vorauszahlungsbescheides des Finanzamtes Linz (aus dem sich ergebe, daß für das Jahr 1977 aus selbständiger Erwerbstätigkeit voraussichtlich ein zu versteuerndes Einkommen von 200000 S erwartet werde) vorgelegt habe.
Aus der taxativen Aufzählung des §9 des AnspruchsG sei klar zu ersehen, daß sich die Bemessung der Entschädigung für selbständig Erwerbstätige allein nach dem Einkommensteuerbescheid bzw. der Steuererklärung für das der Einberufung vorangegangene Kalenderjahr richte. Es sei somit im gegenständlichen Falle nur zu prüfen gewesen, ob der Beschwerdeführer die geforderten steuerlichen Unterlagen für das der Übung (27. Mai bis 10. Juni 1977) vorangegangene Jahr 1976 beibringen konnte. Nach den eigenen Angaben in der Berufung sei aber der Beschwerdeführer im Kalenderjahr 1977 erstmalig selbständig erwerbstätig; es liege somit für das Kalenderjahr 1976 weder ein Einkommensteuerbescheid noch eine Einkommensteuererklärung vor. Es habe daher eine die Pauschalentschädigung von 197 S übersteigende Entschädigung nicht bemessen werden können.
b) Der Beschwerdeführer begründet seine Behauptung, durch den angefochtenen Bescheid im Gleichheitsrecht verletzt worden zu sein, damit, es sei sachlich nicht zu rechtfertigen, die erhöhte Entschädigung davon abhängig zu machen, ob ein Einkommensteuerbescheid oder eine Steuererklärung vorgelegt werden könne; in gleicher Weise wäre die Vorlage eines Vorauszahlungsbescheides des Finanzamtes für den Nachweis des höheren Verdienstes anzuerkennen gewesen. Die Aufzählung der für den Nachweis des höheren Einkommens in Betracht kommenden Unterlagen im Gesetz sei keineswegs taxativ. Die belangte Behörde habe auch Verfahrensvorschriften außer acht gelassen: "Aufgrund der vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen hätte die Entschädigung den Höchstbetrag ausmachen müssen." Die belangte Behörde hätte aber auch noch den Antrag iS des §14 des Bundesgesetzes BGBl. 414/1974 behandeln müssen, wenn die vorgelegten Unterlagen für die Bemessung des Entschädigungsbetrages nicht ausgereicht hätten.
Der Beschwerdeführer betont, daß ihm die Judikatur des VfGH bekannt sei, wonach die getroffene Entschädigungsregelung dem Gleichheitsgrundsatz nicht widerspreche. Die Erk. des VfGH stammten aber alle aus einer Zeit, in der es nur Instruktionen und Inspektionen gegeben habe; diese seien aber auf die Dauer von vier Tagen beschränkt gewesen, während nunmehr die Kader- und Truppenübungen 17 Tage dauerten. Es komme also jetzt wesentlich häufiger zu Härtefällen; die getroffene Entschädigungsregelung könne daher nicht mehr mit Gründen der Verwaltungsökonomie gerechtfertigt werden.
c) Nach der ständigen Judikatur des VfGH (zB VfSlg. 8112/1977) kann eine Verletzung des Gleichheitsrechtes nur dann vorliegen, wenn der angefochtene Bescheid auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn die Behörde der dem Bescheid zugrunde liegenden Rechtsvorschrift einen Inhalt unterstellt hat, der - hätte ihn die Vorschrift - ihre Gleichheitswidrigkeit bewirken würde, oder wenn die belangte Behörde Willkür geübt hat.
All dies liegt hier nicht vor:
aa) Auch wenn das Gesetz (§27 Abs3 und 4 HGG iVm §9 AnspruchsG) den von der Behörde angenommenen Inhalt hat, hegt der VfGH gegen diese Vorschriften keine verfassungsrechtlichen Bedenken.
Es ist hiezu auf die langjährige Judikatur des VfGH zu verweisen:
Dieser hat mit Erk. Slg. 7817/1976 und 7957/1976 dargetan, daß es dem Gesetzgeber im Rahmen seiner rechtspolitischen Überlegungen - von Exzessen abgesehen - freistehe, zu bestimmen, ob und in welchem Ausmaß er eine Entschädigung für den durch die Leistung des Wehrdienstes (gleichgültig, ob es sich um den Grundwehrdienst oder um darüber hinausgehende Dienste handelt) entgangenen Verdienst vorsieht. Im Rahmen dieser Überlegungen stehe es dem Gesetzgeber auch frei, bestimmte Mindest- und Höchstentschädigungsbeträge vorzusehen und zu regeln, nach welchen Grundsätzen der Verdienstentgang zu ermitteln und festzusetzen ist. Diese Rechtsprechung wurde mit Erk. Slg. 8078/1977 bekräftigt.
Der VfGH hat sich in den Erk. VfSlg. 7012/1973 und 7952/1976 mit dem System der Entschädigung des Verdienstentganges von Wehrpflichtigen, die an Inspektionen und Instruktionen teilnehmen, auseinandergesetzt und ausgeführt, daß die vom Gesetzgeber getroffene Regelung, insb. auch §9 des AnspruchsG mit dem Gleichheitsgebot nicht in Widerspruch stehe. Der Gesetzgeber habe eine am Grundsatz der Verwaltungsökonomie orientierte Regelung getroffen, die auf bestimmten Erfahrungstatsachen aufbaue. Der Gesetzgeber habe offenkundig die Erfahrungstatsachen berücksichtigt, daß bei Heranziehung zu Übungen regelmäßig ein gewisser Mindestverdienstentgang entstehe, daß sich der Verdienstentgang im Regelfall aus dem durchschnittlichen tatsächlichen Verdienst innerhalb eines bestimmten vorangegangenen Zeitraumes ergebe sowie daß der zur Übung herangezogene Erwerbstätige beim Antritt der militärischen Dienstleistung im Regelfall demselben Beruf nachgehe wie innerhalb eines verhältnismäßig kurzen Zeitraumes vorher. Die Sachlichkeit der getroffenen Regelung werde nicht dadurch beseitigt, daß sich ausnahmsweise Härtefälle ergeben, insb. dann, wenn ein im Jahre der Teilnahme an einer Inspektion und Instruktion selbständig Erwerbstätiger im vorangegangenen Kalenderjahr nicht selbständig erwerbstätig gewesen ist. Davon, daß solche Härtefälle nach den Erfahrungen des täglichen Lebens häufig auftreten, könne nicht die Rede sein.
Der VfGH sieht sich nicht veranlaßt, von dieser Rechtsprechung abzugehen. Das in der vorstehenden litb wiedergegebene Vorbringen des Beschwerdeführers ist nicht dazu angetan, beim VfGH Bedenken gegen diese Gesetzesbestimmungen hervorzurufen:
Der VfGH hat sich in den beiden zuletzt genannten Fällen mit der Verfassungsmäßigkeit des §9 AnspruchsG zwar nur unter dem Blickpunkt auseinandergesetzt, daß es sich damals um die Entschädigung anläßlich der Ableistung von Inspektionen und Instruktionen gehandelt hat. Die Höchstdauer derartiger Dienste durfte innerhalb eines Jahres insgesamt vier Tage nicht überschreiten (§33a Abs1 des Wehrgesetzes, BGBl. 181/1950, idF der Nov. BGBl. 272/1971 bzw. der Nov. BGBl. 89/1974). Kaderübungen, für die die gleiche Entschädigungsregelung wie für Inspektionen gilt, haben dem §28 Abs7 WehrG, idF der Nov. BGBl. 272/1971, zufolge 15 Tage gedauert; seit dem Inkrafttreten des §28b WehrG idF der Nov. BGBl. 385/1977 beträgt die Gesamtdauer der Kaderübungen für eine Offiziersfunktion bis 90 Tage, für eine andere Kaderfunktion bis 60 Tage.
Obgleich daher - wie der Beschwerdeführer zutreffend meint - nunmehr Kader- und Truppenübungen länger dauern als Inspektionen und Instruktionen, hat dies am Verhältnis der Zahl jener (im §27 Abs1 HGG erwähnten) Wehrpflichtigen, die im Jahre der Leistung des Wehrdienstes erstmals selbständig erwerbstätig sind (und die daher den Nachweis nach §9 des AnspruchsG nicht führen können), zur Zahl jener Wehrpflichtigen, die diesen Nachweis zu führen vermögen, offenbar nichts geändert.
Entgegen der Meinung des Beschwerdeführers rechtfertigen nach wie vor Gründe der Verwaltungsökonomie vorzusehen, daß die Höhe des für die erhöhte Entschädigung maßgeblichen Einkommens aus selbständiger Erwerbstätigkeit ausschließlich aufgrund bestimmter Beweismittel (nämlich aufgrund von rechtskräftigen Einkommensteuerbescheiden und von Steuererklärungen für das der Einberufung vorangegangene Kalenderjahr) festgestellt werden kann und daß ansonsten lediglich eine geringere pauschalierte Entschädigung gebührt. In der Regel geben nämlich die erwähnten Nachweise der über die erhöhte Entschädigung erkennenden Behörde ohne besonderen Verwaltungsaufwand verläßlichen Aufschluß über die Einkommenshöhe und sind von den Präsentdienenden leicht zu erbringen. Wenn dies in Ausnahmefällen nicht möglich ist - wie etwa im Falle des Beschwerdeführers - und zu Härten führen kann, wird damit die getroffene Regelung noch nicht gleichheitswidrig; solche Härten sind im Interesse einer einfachen und leichten Handhabbarkeit des Gesetzes in Kauf zu nehmen.
Eine andere, diese Härten vermeidende Regelung müßte entweder die Behörde zu schwierigen, der Veranlagung der Einkommensteuer gleichkommenden Ermittlungen verhalten oder aber vorsehen, daß von Unterlagen auszugehen ist, die über das tatsächliche Einkommen häufig nur unzuverlässig Auskunft geben, wie etwa von Einkommensteuer-Vorauszahlungsbescheiden, die an erstmals zu veranlagende Einkommensteuerpflichtige ergehen.
bb) Die belangte Behörde hat dem Beschwerdeführer gegenüber auch nicht Willkür geübt. Selbst wenn die Behörde das Gesetz unrichtig angewendet hätte oder ihr Verfahrensmängel unterlaufen sein sollten, würde dies unter den gegebenen Umständen noch kein willkürliches Vorgehen der Behörde indizieren. Im übrigen ist die Meinung des Beschwerdeführers, die Behörde hätte "§14 BGBl. 414/1974" (gemeint ist offenbar §14 Abs1 des Bundesgesetzes vom 15. Dezember 1960, BGBl. 311, über Ansprüche aus der Ableistung freiwilliger Waffenübungen, idF der Nov. BGBl. 414/1974) zu beachten gehabt, unzutreffend. Diese Bestimmung gilt nämlich für Entschädigungen nach §27 Abs3 HGG (um solche handelt es sich hier) nicht; dies geht klar aus §27 Abs4 HGG hervor.
cc) Der Beschwerdeführer ist sohin nicht im Gleichheitsrecht verletzt worden.
3. Aus den obigen Ausführungen ergibt sich, daß eine Rechtsverletzung infolge Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm nicht stattgefunden hat.
4. Das Verfahren hat auch keine Anhaltspunkte dafür erbracht, daß der Beschwerdeführer in einem sonstigen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt worden wäre.
5. Die Beschwerde war daher abzuweisen.
Schlagworte
Militärrecht, Heeresgebühren, Waffenübungen freiwilligeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1980:B474.1977Dokumentnummer
JFT_10199696_77B00474_00