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92 LuftverkehrNorm
B-VG Art7 Abs1 / VerwaltungsaktLeitsatz
Luftfahrtgesetz; keine Bedenken gegen die §§85, 86 und 92 sowie gegen die Sicherheitszonenverordnung vom 5. Juli 1961 für den Militärflugplatz Hörsching (Linz); keine denkunmögliche und keine gleichheitswidrige AnwendungSpruch
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I.1. Der Beschwerdeführer stellte am 17. Mai 1978 an das Bundesministerium für Landesverteidigung den Antrag um Erteilung einer Ausnahmebewilligung gem. §92 Luftfahrtgesetz, BGBl. 253/1957, in der geltenden Fassung (künftig: LFG), zur Errichtung einer Werkstätte mit Büroräumen auf der ihm gehörigen Parzelle Nr. 1439/15 der KG N. Diese Parzelle liegt im Sicherheitszonenbereich (rot) der Verordnung des Bundesministeriums für Landesverteidigung vom 5. Juli 1961 für den Militärflugplatz Hörsching (Linz), ÖNfL (Österreichisches Nachrichtenblatt für Luftfahrer) B34/64. Jede auf der Parzelle des Beschwerdeführers errichtete Anlage ist somit ein Luftfahrthindernis iS des §85 Abs1 LFG, für deren Errichtung die Einholung einer Ausnahmebewilligung gem. §92 LFG erforderlich ist.
Mit Bescheid des Bundesministeriums für Landesverteidigung als Militärluftfahrtbehörde vom 10. November 1978, GZ 13.051/179-1.6/78, wurde das Ansuchen des Beschwerdeführers abgelehnt. Die belangte Behörde führte zur Begründung aus, daß gem. §92 Abs2 LFG eine Ausnahmebewilligung zu erteilen sei, wenn durch die Errichtung des Luftfahrthindernisses die Sicherheit der Luftfahrt nicht beeinträchtigt werde. Bedingt durch den bereits erfolgten Ausbau des Militärflugplatzes Hörsching werde nach Osten ein hindernisfreier Bereich verlangt, welcher bis zu 1000 m in das Pistenvorfeld reicht. Würde daher das beantragte Luftfahrthindernis errichtet werden, so würde es die Wirkung elektronischer Landehilfen für Anflüge aus dem Osten und somit auch die Sicherheit der Luftfahrt beeinträchtigen. Da die Gefährdung der Sicherheit der Luftfahrt durch die Vorschreibung von Auflagen und Bedingungen nicht beseitigt werden könne, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.
2. Gegen diesen Bescheid wendet sich die auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz, auf Unverletzlichkeit des Eigentums sowie auf Freiheit der Gewerbsausübung geltend gemacht und die Aufhebung des Bescheides, allenfalls die Abtretung der Beschwerde an den VfGH beantragt wird.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und die Abweisung der Beschwerde begehrt.
II. Der VfGH hat erwogen:
1. a) In der Beschwerde wird vorerst dargelegt, daß der Beschwerdeführer die Parzelle 1439/15 von O. A. käuflich erworben habe, um eine Bau- und Möbelwerkstätte zu errichten. Mit Bescheid vom 3. August 1978 sei ihm auch die Baubewilligung für dieses Projekt erteilt worden. Wenn ihm mit dem angefochtenen Bescheid eine Ausnahmebewilligung nach dem LFG verweigert werde, verstoße dies gegen die verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Unversehrtheit des Eigentums und auf Gleichbehandlung schon deshalb, weil die belangte Behörde zu den Bauverhandlungen ordnungsgemäß geladen worden sei, jedoch keine Einwendung erhoben habe, sodaß "ihre Zustimmung gemäß §42 AVG 1950 anzunehmen gewesen war".
Darüber hinaus sei dem Voreigentümer O. A. bereits mit Bescheid vom 12. Dezember 1966 die luftfahrtbehördliche Ausnahmebewilligung zur Errichtung einer Industrieanlage auf dem damals noch unparzellierten Grundstück Nr. 1439 erteilt worden. Dieser habe das Grundstück in der Folge parzelliert, nachdem er mit der belangten Behörde, wie in einem Amtsvermerk vom 28. Dezember 1972 festgehalten, vereinbart gehabt habe, daß allen Anträgen auf Erteilung von Ausnahmebewilligungen gem. §92 LFG, soweit es die Interessen der Militärluftfahrt erlauben, Rechnung getragen werde. Für alle anderen (parzellierten) Grundstücke sei eine Ausnahmebewilligung gem. §92 LFG auch tatsächlich erteilt worden.
Aus einem Schreiben seines Rechtsvertreters vom 30. November 1978 gehe schließlich hervor, daß sich die belangte Behörde in seinem Verfahren auf eine Stellungnahme des Bundesministeriums für Verkehr als Oberste Zivilluftfahrtbehörde vom 5. Oktober 1978 berufe, in der "die Erteilung weiterer Ausnahmebewilligungen untersagt worden sei", weil aufgrund eines Beschlusses der Oö. Landesregierung der Flugplatz Hörsching derart ausgebaut werden solle, daß er künftig von Jet-Maschinen im Blind- oder Nachtflug angeflogen werden könne. Von dieser Weisung seien weder die betroffenen Gemeinden verständigt worden noch stehe fest, daß dieser geplante Ausbau auch tatsächlich durchgeführt werden würde. All dies lasse es unverständlich erscheinen, daß ihm die angesuchte Bewilligung nicht erteilt werde, der angefochtene Bescheid verletze ihn somit in den geltendgemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten.
b) Die belangte Behörde hält den Beschwerdeausführungen entgegen, daß der Militärflugplatz Hörsching schon aufgrund eines Bescheides vom 23. Juli 1959 von der Flughafen Linz-Betriebs GesmbH auch für Zwecke der Zivilluftfahrt mitbenützt werden dürfe. Mit Verordnung des Bundesministers für Landesverteidigung vom 3. Juli 1961 sei die Sicherheitszone für den Militärflugplatz Hörsching festgelegt worden. In jenem Teil der Sicherheitszone, in welchem sich ihre untere Begrenzung mit der Erdoberfläche decke, befinde sich das Grundstück des Beschwerdeführers. Mit Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung vom 1. August 1978 sei die militärluftfahrtbehördliche Genehmigung für eine Startbahnverlängerung erteilt und die Startbahn 09/27 in einer Gesamtlänge von 2780 m zur Benützung für Zwecke der Zivilluftfahrt freigegeben worden. Da der Militärflugplatz Hörsching im Rahmen der zivilen Mitbenützung im täglichen Linienverkehr angeflogen werde und dieser Linienverkehr nicht zuletzt infolge der im Raume Linz bekannten Nebellage grundsätzlich nur nach Instrumentenflugregeln unter Verwendung des auf dem Flughafen installierten Instrumentenlandesystems abgewickelt werden müsse, sei die Freihaltung des Schutzbereiches von Hindernissen im östlichen Instrumentenanflugsektor, in welchem auch das Grundstück des Beschwerdeführers liege, unerläßlich. Was die Ausführungen des Beschwerdeführers betreffend den Bebauungsplan der Gemeinde Hörsching anlange, sei darauf zu verweisen, daß die Gemeinden verpflichtet seien, die Sicherheitszonen zu berücksichtigen. Sollte dies von der Gemeinde Hörsching unterlassen worden sein, so könnte dies die Kompetenz der Luftfahrtbehörde zur Behandlung von Ausnahmebewilligungen in keiner Weise einschränken. Da eine Verbindung luftfahrtbehördlicher Verfahren unzulässig sei, könnten auch Rechtsfolgen nach §42 AVG 1950 für die belangte Behörde als Militärluftfahrtbehörde nicht eintreten. Eine Ausnahmebewilligung gem. §92 LFG könne iS der "gebundenen Verwaltung" nur dann erteilt werden, wenn durch die Errichtung eines Luftfahrthindernisses die Sicherheit der Luftfahrt nicht beeinträchtigt werde.
Zu den Ausführungen des Beschwerdeführers, daß dem Vorbesitzer eine Ausnahmebewilligung erteilt worden sei, sei festzuhalten, daß der Beschwerdeführer selbst darauf hinweise, daß im Amtsvermerk vom 28. Dezember 1972 die belangte Behörde nur zugestimmt habe, späteren Anträgen Rechnung zu tragen, soweit es die Interessen der Militärluftfahrt erlauben. Durch die Verlängerung der Piste im August 1978 habe sich der für den erhöhten Flugbetrieb durch Strahlenverkehrsflugzeuge benötigte Sicherheitsbereich wesentlich vergrößert, sodaß das Ansuchen des Beschwerdeführers abgelehnt werden mußte, da eine Zustimmung die Sicherheit der Luftfahrt gefährdet hätte.
2. Das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Unversehrtheit des Eigentums wird durch einen in das Eigentum eingreifenden Bescheid einer Verwaltungsbehörde nur dann verletzt, wenn der Bescheid unter Heranziehung einer verfassungswidrigen Rechtsgrundlage erlassen wird oder wenn er gesetzlos ist, wobei die denkunmögliche Anwendung des Gesetzes ebenfalls als Gesetzlosigkeit angesehen wird (VfSlg. 6363/1971, 6382/1971, 6735/1972).
Die vom Beschwerdeführer geltend gemachte Verletzung des Gleichheitsrechtes kann gem. der ständigen Rechtsprechung des VfGH (VfSlg. 7558/1975) nur vorliegen, wenn der Bescheid auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht oder wenn die Behörde der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie Willkür geübt hat.
Dem angefochtenen Bescheid liegen Bestimmungen des Luftfahrtgesetzes, insb. die §§85, 86 und 92 LFG, zugrunde. Er ist also nicht ohne gesetzliche Grundlage erlassen worden.
Daß gegen diese Bestimmungen verfassungsrechtliche Bedenken nicht bestehen, hat der VfGH bereits mit Erk. VfSlg. 4010/1961 und 4138/1962 ausgesprochen. Auch gegen die Sicherheitszonenverordnung wurden Bedenken weder vom Beschwerdeführer geltend gemacht noch sind solche im VfGH aus Anlaß des vorliegenden Beschwerdefalles entstanden. Ebensowenig ist hervorgekommen, daß die belangte Behörde den angewendeten Normen fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt hätte.
Demnach könnte das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Unversehrtheit des Eigentums nur im Falle einer denkunmöglichen Anwendung des Gesetzes verletzt worden sein, eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichbehandlung würde nur bei Willkür vorliegen.
Gem. §92 Abs2 LFG ist eine Ausnahmebewilligung zu erteilen, wenn durch die Errichtung eines Luftfahrthindernisses die Sicherheit der Luftfahrt nicht beeinträchtigt wird. Sie ist insoweit bedingt oder mit Auflagen zu erteilen, als dies im Interesse der Sicherheit der Luftfahrt oder zum Schutze der Allgemeinheit erforderlich ist. Die belangte Behörde führt im angefochtenen Bescheid aus, daß durch den bereits erfolgten Ausbau des Militärflugplatzes Hörsching nach Osten ein hindernisfreier Bereich verlangt wird, welcher bis zu 1000 m in das Pistenvorfeld reicht. Würde das vom Beschwerdeführer beantragte Luftfahrthindernis errichtet, so würde es die Wirkung elektronischer Landehilfen für Anflüge aus dem Osten und somit auch die Sicherheit der Luftfahrt beeinträchtigen. Der VfGH kann nicht finden, daß diese Ausführungen der belangten Behörde mit einer denkunmöglichen Anwendung des Gesetzes belastet wären. Ob durch die Errichtung des beantragten Luftfahrthindernisses die Sicherheit der Luftfahrt beeinträchtigt wird, weiters, ob eine Ausnahmebewilligung allenfalls bedingt oder mit Auflagen zu erteilen gewesen wäre, stellt eine Frage der richtigen oder unrichtigen Anwendung einfach-gesetzlicher Bestimmungen dar, über die der VfGH nicht zu erkennen hat (VfSlg. 4010/1961).
Die behauptete Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums liegt somit nicht vor.
Auch die vom Beschwerdeführer behauptete Willkür kann der belangten Behörde nicht angelastet werden.
Wie sich aus den Verwaltungsakten ergibt, wurde der Flughafen Linz-Betriebs GesmbH mit Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung vom 1. August 1978 die Benützungsbewilligung für die verlängerte Startbahn und somit für die gesamte Länge dieser Startbahn von 2780 m für Zwecke der Zivilluftfahrt erteilt. Die Bescheide des Bundesministers für Landesverteidigung vom 23. Juli 1959 und vom 7. April 1964 wurden, soweit sie die Benützung der Startbahn in einer Länge von 2000 m betrafen, gleichzeitig von Amts wegen gem. §68 Abs2 AVG 1950 als nicht mehr anwendbar behoben.
Aus den Verwaltungsakten ergibt sich weiters, daß die Verfahren über Ausnahmebewilligungen für G. R. betreffend die Parzellen 1439/2, 3, 4 und 5 und für H. R. betreffend die Parzelle 1439/6 bereits im Jahre 1973 und demnach Jahre vor dem Bescheid vom 1. August 1978 durchgeführt wurden. Für J. P. wurde die Ausnahmebewilligung betreffend die Parzelle 1439/14, wie der Beschwerdeführer selbst ausführt, am 2. Dezember 1977 und somit ebenfalls Monate vor dem zitierten Benützungsbewilligungsbescheid erteilt.
Im Zuge des aufgrund des Ansuchens des Beschwerdeführers vom 17. Mai 1978 eingeleiteten Ermittlungsverfahrens äußerte sich der Bundesminister für Verkehr vorerst mit Note vom 24. August 1978, daß das Grundstück des Beschwerdeführers teilweise im Pistenvorfeld des Anflugsektors zur Präzisionsanflugpiste 27 und zur Gänze im 300-m-Bereich beiderseits der Pistenachse liege, sodaß eine Verbauung unzulässig sei. Nachdem die belangte Behörde den Beschwerdeführer hievon in Kenntnis gesetzt hatte und dieser hiezu mit Eingabe vom 12. September 1978 eingehend Stellung bezogen hatte, wurde von der belangten Behörde der Bundesminister für Verkehr als Oberste Zivilluftfahrtbehörde neuerlich befaßt und von dieser mit Schreiben vom 5. Oktober 1978 nach nochmaliger Prüfung des Vorhabens des Beschwerdeführers unter Hinweis auf die bereits bekanntgegebene Begründung das Ersuchen wiederholt, das Ansuchen des Beschwerdeführers abzulehnen.
Dieses Verwaltungsgeschehen zeigt, daß die belangte Behörde bemüht war, dem Gesetze zu dienen, und sich keineswegs leichtfertig über dasselbe hinweggesetzt hat. Dies schließt Willkür aus (VfSlg. 8266/1978).
Es braucht hiebei auch nicht beurteilt zu werden, welcher rechtliche Charakter der im Amtsvermerk vom 12. Dezember 1966 festgehaltenen Absprache beizumessen ist, da die Inaussichtstellung, daß allen künftigen Anträgen Rechnung getragen werde, mit der Einschränkung "soweit es die Interessen der Militärluftfahrt noch erlauben" verbunden war, worin ein Vorbehalt zu erblicken ist, der im Zusammenhang mit der geänderten Benützungsbewilligung vom 1. August 1978 ein in die Verfassungssphäre reichendes Fehlverhalten der belangten Behörde in jedem Fall ausschließt.
Ebenso unerheblich sind die unter Berufung auf §42 AVG vorgetragenen Beschwerdebehauptungen, daß die belangte Behörde zu den Bauverhandlungen, die über das von ihm eingereichte Projekt von der Baubehörde abgeführt wurden, nicht erschienen sei und keine Einwendungen erhoben habe. Diesem Umstand kann nämlich, wenn überhaupt, nur für das Bauverfahren selbst Bedeutung zukommen, keinesfalls ist hieraus irgend etwas für das vorliegende Verfahren über die Erteilung einer Ausnahmebewilligung nach dem LFG ableitbar.
3. Bei diesem Ergebnis braucht auch nicht untersucht zu werden, ob der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in der Freiheit der Erwerbsausübung überhaupt verletzt werden konnte, da auch dieses verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht nur dann verletzt werden kann, wenn ein Bescheid unter Heranziehung einer verfassungswidrigen Rechtsgrundlage erlassen wird oder wenn eine denkunmögliche Anwendung des Gesetzes vorliegt.
4. Die behaupteten Verletzungen verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte haben somit nicht stattgefunden.
Die Verletzung eines anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes hat das Verfahren ebensowenig ergeben wie die Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm.
Die Beschwerde war daher abzuweisen.
Schlagworte
LuftfahrtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1980:B652.1978Dokumentnummer
JFT_10199695_78B00652_00