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10 VerfassungsrechtNorm
B-VG Art144 Abs1 / AllgLeitsatz
Art144 Abs1 B-VG; keine Legitimation zur Beschwerdeführung (Streichung von der Liste ehrenamtlicher Bewährungshelfer)Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung
I.1. Die Beschwerdeführerin wurde am 30. September 1976 gem. §12 Abs1 Bewährungshilfegesetz (BewHG), BGBl. 146/1969, in das Verzeichnis der ehrenamtlichen Bewährungshelfer aufgenommen. Der Leiter der Geschäftsstelle des in OÖ gem. §24 Abs1 leg. cit. mit der Besorgung der Aufgaben der Bewährungshilfe betrauten privaten Vereins für Bewährungshilfe und soziale Jugendarbeit hat die Beschwerdeführerin für 5. Juni 1978 zu sich bestellt und ihr in diesem Gespräch eröffnet, daß sie als Bewährungshelfer nicht mehr tragbar sei und daher aus dem Verzeichnis der für die Dienststelle als ehrenamtlich tätige Bewährungshelfer herangezogenen Personen gestrichen werde. Am 13. Juni 1978 wurde die Beschwerdeführerin sodann aus dem Verzeichnis ausgeschieden. Diese Streichung wurde dem Bundesministerium für Justiz und dem Präsidium des Landesgerichtes Linz mitgeteilt.
Der daraufhin an den Geschäftsstellenleiter gerichteten Aufforderung der Beschwerdeführerin, ihr die Gründe für die getroffene Maßnahme mitzuteilen oder "über die Streichung zumindest bescheidmäßig zu erkennen", wurde nicht Folge geleistet.
2. Die Beschwerdeführerin qualifiziert "diesen Verwaltungsakt" als Ausübung unmittelbarer verantwortungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, wobei aus der Beschwerde nicht klar hervorgeht, ob sie sich gegen die an sie gerichtete Mitteilung vom 5. Juni 1978 oder gegen die Durchführung der Streichung, die am 13. Juni 1978 erfolgte, wendet. Sie richtet ihre auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde gegen das verwaltungsbehördliche Vorgehen gegen die Dienststelle für Bewährungshilfe am Sitz des LG Linz, wendet sich der Sache nach aber gegen den Leiter der Geschäftsstelle des Vereins für Bewährungshilfe und soziale Jugendarbeit in Linz. In der Beschwerde behauptet die Beschwerdeführerin die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte und beantragt, "den angefochtenen Verwaltungsakt aufzuheben", in eventu die Beschwerde an den VwGH abzutreten.
3. Der Leiter der Geschäftsstelle des Vereins für Bewährungshilfe und soziale Jugendarbeit in Linz hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der er beantragt, die Beschwerde kostenpflichtig zurückzuweisen; der am verfassungsgerichtlichen Verfahren mitbeteiligte Bundesminister für Justiz hat ebenfalls Verwaltungsakten vorgelegt und in einer als Gegenschrift bezeichneten Äußerung den Antrag gestellt, der Beschwerde keine Folge zu geben und der Beschwerdeführerin die Verfahrenskosten aufzuerlegen.
II. Der VfGH hat erwogen:
1. Gem. §24 iVm §27 BewHG idF der Nov. BGBl. 625/1978 kann der Bundesminister für Justiz bis zum Ablauf des 31. Dezember 1980 die Besorgung der Aufgaben der Bewährungshilfe privaten Vereinigungen übertragen. Für diesen Fall übt die vom Gesetz vorgesehenen Aufgaben des Leiters der Dienststelle für Bewährungshilfe der Leiter der Geschäftsstelle der Vereinigung aus, der die Führung der Bewährungshilfe im Sprengel der Dienststelle übertragen ist.
Mit der Besorgung der Agenden der Bewährungshilfe im Sprengel des Landesgerichtes Linz ist der Verein für Bewährungshilfe und soziale Jugendarbeit betraut und damit - verfassungsrechtlich zulässigerweise (vgl. VfSlg. 1455/1932, 3685/1960) - zur Besorgung öffentlicher Angelegenheiten berufen und in Pflicht genommen (vgl. Schäffer, Erfüllung von Verwaltungsaufgaben durch Private (Beleihung und Inpflichtnahme), in: Erfüllung von Verwaltungsaufgaben durch Privatrechtssubjekte, Heft 22 der Schriftenreihe der Bundeswirtschaftskammer, S 58 ff., insb. 68).
2. Der Leiter der Geschäftsstelle hat nach §24 Abs2 Z1 BewHG die Stellung eines Leiters einer Dienststelle für Bewährungshilfe (§4 leg. cit.). Als solcher hat er ua. dazu bereite, geeignete, die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllende Personen in das Verzeichnis ehrenamtlich tätiger Bewährungshelfer aufzunehmen. Bei Wegfall einer der Voraussetzungen für die Aufnahme in die Liste sind diese Personen aus dem Verzeichnis wieder auszuscheiden. Jede Eintragung oder Streichung einer Person hat der Geschäftsstellenleiter dem Präsidenten des in Strafsachen tätigen Gerichtshofes erster Instanz, an dessen Sitz die Dienststelle errichtet ist, und dem Bundesministerium für Justiz schriftlich mitzuteilen.
Das sachlich und örtlich zuständige Strafgericht darf seinerseits nur eine solche Person zum ehrenamtlich tätigen Bewährungshelfer bestellen, die in das Verzeichnis eingetragen ist (§17 Abs1 BewHG). Im Falle der Streichung eines ehrenamtlichen Bewährungshelfers aus dem Verzeichnis hat das Gericht den Ausgeschiedenen seiner Funktion zu entheben und einen anderen Bewährungshelfer zu bestimmen (§22 Abs1 Z1 BewHG).
3. Gegen den Akt der Streichung aus der Liste richtet sich nach Ansicht des VfGH die Beschwerde. Eine der Beschwerde ebenfalls zusinnbare Deutung derart, daß sie sich gegen die an die Beschwerdeführerin am 5. Juni 1978 erfolgte Mitteilung über die beabsichtigte Streichung aus der Liste richtet, verbietet sich schon deshalb, weil diese Mitteilung nur ein Element des behördlichen Verfahrens war, das zur Streichung aus der Liste geführt hat und keinesfalls als Bescheid oder Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gedeutet werden kann.
Die Beschwerdeführerin ist jedoch durch den Akt der Streichung von der Liste ehrenamtlicher Bewährungshelfer, der der Beschwerdeführerin gegenüber nicht selbständig in Erscheinung getreten ist, sondern seine Wirkung für sie erst im Wege über die gerichtliche Enthebung erhalten hat, nicht in ihrer Rechtssphäre berührt worden. Die Streichung von der Liste betrifft vielmehr lediglich die amtliche Stellung des ehrenamtlichen Bewährungshelfers. Weder die mit dieser Tätigkeit, die nur bei aufrechtem Bestand der Eintragung möglich ist, verbundene, nur den Aufwand pauschalersetzende Entschädigung noch sonstige damit verbundene (immaterielle) Interessen sind geeignet, die Rechtssphäre der Beschwerdeführerin zu tangieren. Der VfGH hat schon wiederholt ausgesprochen, daß Rechtsnormen, die nur die Ausübung staatlicher Funktionen zum Gegenstand haben, die Rechtssphäre der diese Funktion ausübenden Organwalter nicht berühren (vgl. VfSlg. 8385/1978 mit Hinweisen auf die Vorjudikatur sowie VfSlg. 5433/1966, in dem dargetan wurde, daß der Entzug einer behördlichen Beauftragung eines Tierarztes zu bestimmten Handlungen bloß dessen amtliche Stellung betrifft).
Nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH ist aber zur Beschwerdeführung nur legitimiert, wer durch den angefochtenen Verwaltungsakt in irgendeinem subjektiven Recht verletzt sein kann (vgl. VfSlg. 3286/1957, 4434/1963, 5038/1965, 5717/1968, 6683/1972 usw.).
Da eine solche Verletzung im vorliegenden Fall nicht in Betracht kommt, war die Beschwerde mangels Legitimation zurückzuweisen.
Schlagworte
Bewährungshilfe, Organwalter, VfGH / LegitimationEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1980:B405.1978Dokumentnummer
JFT_10199694_78B00405_00