TE Vfgh Erkenntnis 1980/3/19 B162/77

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Veröffentlicht am 19.03.1980
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Index

L6 Land- und Forstwirtschaft
L6650 Flurverfassung

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
B-VG Art144 Abs1 / Prüfungsmaßstab
FlVfGG 1951 §11
Nö FlVfLG 1934 idF LGBl 221/1991 §7 Abs1
Nö FlVfLG 1934 idF LGBl 221/1991 §8 Abs2 litb
Nö FlVfLG 1975 §18 Abs1 lita, §18 Abs1 litb
Nö FlVfLG 1975 §18 Abs2
Nö FlVfLG 1975 §22

Leitsatz

Nö. Flurverfassungs-Landesgesetz; keine gleichheitswidrige Anwendung des §18; kein Entzug des gesetzlichen Richters

Spruch

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Nö. Agrarbezirksbehörde hat am 30. Juli 1973 den Zusammenlegungsplan für das Zusammenlegungsgebiet Obritzberg erlassen. Der Landesagrarsenat hat mit Bescheiden vom 13. Juni 1975 und vom 7. Juli 1975 von den beiden Beschwerdeführern und von anderen Personen gegen den Zusammenlegungsplan erhobenen Berufungen teilweise stattgegeben, den Zusammenlegungsplan abgeändert und im übrigen die Berufungen abgewiesen.

Die von den Beschwerdeführern gegen die Bescheide des Landesagrarsenates eingebrachten Berufungen wurden mit Bescheid des Obersten Agrarsenates vom 6. Oktober 1976 - abgesehen von der Anordnung wasserbautechnischer Vorkehrungen im Bereich eines Weges - abgewiesen.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher die Beschwerdeführer die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter, auf Gleichheit vor dem Gesetz sowie auf Unversehrtheit des Eigentums geltend machen und gleichzeitig anregen, die Verordnung der Nö. Agrarbezirksbehörde vom 11. April 1972, Z 339/78-72, auf ihre Gesetzmäßigkeit, sowie §7 Abs1 des Nö. Flurverfassungs-Landesgesetzes "idF der Novelle LGBl. 221/71, bzw. idF der Wiederverlautbarung LGBl. 6650/75" auf seine Verfassungsmäßigkeit zu prüfen.

II. Der VfGH hat erwogen:

1. Nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH wird das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter durch den Bescheid einer Verwaltungsbehörde verletzt, wenn die Behörde eine ihr gesetzlich nicht zukommende Zuständigkeit in Anspruch nimmt oder in gesetzwidriger Weise ihre Zuständigkeit ablehnt (s. zB VfSlg. 8053/1977). Ebenso liegt eine Verletzung dieses verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes dann vor, wenn der angefochtene Bescheid von einer Kollegialbehörde in einer unrichtigen personellen Zusammensetzung erlassen wurde (s. VfSlg. 7457/1974, 7293/1974 und 8268/1978).

Ein Verstoß gegen dieses verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht läge auch dann vor, wenn die unrichtige Zusammensetzung einer Kollegialbehörde unterer Instanz von der in letzter Instanz zur Entscheidung berufenen Behörde nicht wahrgenommen wird (vgl. VfSlg. 8309/1978).

a) Die Beschwerdeführer erachten sich im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter zunächst deshalb verletzt, weil an der Entscheidung des Landesagrarsenates entgegen der Bestimmung des §5 Abs2 litd des Agrarbehördengesetzes 1950, BGBl. 1/1951, der Regierungsforstdirektor nicht teilgenommen habe; es sei nicht zulässig, daß für den Regierungsforstdirektor ein Ersatzmann bzw. Stellvertreter fungiere.

Die Beschwerdeführer übersehen dabei, daß nach der im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides des Landesagrarsenates geltenden Rechtslage die Mitwirkung eines in forstlichen Angelegenheiten erfahrenen Landesbeamten des höheren Dienstes genügte (s. §5 Abs2 Z5 Agrarbehördengesetz idF der Nov. BGBl. 476/1974). Ein diese Qualifikation erfüllender Beamter hat in der Person des Mitgliedes Oberforstrat Dipl.-Ing. A. G. an der Beschlußfassung des Landesagrarsenates mitgewirkt.

Das diesbezügliche Vorbringen der Beschwerdeführer geht somit ins Leere.

b) Die Beschwerdeführer bringen weiters vor, die Entscheidung erster Instanz über den Zusammenlegungsplan sei "insoferne von einer unrichtig zusammengesetzten Behörde gefällt worden, als diese Entscheidung im Zusammenwirken" der Agrarbezirksbehörde und des Amtes der Landesregierung erfolgt sei; die Beschwerdeführer verweisen in diesem Zusammenhang auf den im Zeitpunkt der Erlassung der Entscheidung erster Instanz in Kraft gestandenen §95 Abs5 des Nö. Flurverfassungs-Landesgesetzes idF der Nov. LGBl. 221/1971.

Nach dieser - nicht mehr in Kraft stehenden - Fassung der Gesetzesstelle war das technische Operat vor der Erlassung des Zusammenlegungs-, Flurbereinigungs-, Teilungs- oder Regelungsplanes von der Landesregierung hinsichtlich der Einhaltung der Vorschriften und stichprobenweise hinsichtlich der vermessungstechnischen und rechnerischen Richtigkeit zu überprüfen; das Ergebnis der Überprüfung war der Agrarbezirksbehörde mitzuteilen, die entsprechende Berichtigungen vorzunehmen hatte.

Dazu ist zu bemerken, daß diese Gesetzesbestimmung keine Anordnung enthielt, durch welche eine Bindung der Agrarbezirksbehörde an das Ergebnis der Überprüfung der Landesregierung zum Ausdruck käme. Aus einem Vergleich mit der Fassung der bezughabenden Bestimmung vor dem Inkrafttreten der Nov. LGBl. 221/1971 (§93 Abs3, 2. Satz, Flurverfassungs-Landesgesetz, LGBl. 208/1934, wonach die Landeshauptmannschaft das Ergebnis der Überprüfung der Agrarbezirksbehörde mit gleichzeitigen Weisungen bekanntzugeben hatte) ergibt sich ebenfalls, daß §95 Abs5 idF der Nov. LGBl. 221/1971 keine Bindung der Agrarbezirksbehörde an das Ergebnis der Überprüfung vorsieht. Es erübrigt sich daher, darauf einzugehen, ob und welche verfassungsrechtlichen Konsequenzen eine derartige Bindung allenfalls mit sich brächte.

Es trifft somit auch dieser Vorwurf der Beschwerdeführer nicht zu.

Die im Zusammenhang damit von den Beschwerdeführern aufgestellte Behauptung, §95 Abs5 des Nö. Flurverfassungs-Landesgesetzes habe keine grundsatzgesetzliche Deckung und sei somit verfassungswidrig, trifft deshalb nicht zu, weil Ausführungsgesetze gem. Art12 B-VG jene Angelegenheiten, für die der Bundes-Grundsatzgesetzgeber keine Grundsätze aufgestellt hat, frei regeln können (Art15 Abs6 B-VG); Ausführungsgesetze dürfen dem Grundsatzgesetz allerdings nicht widersprechen. Das ist aber hier nicht der Fall und wurde auch nicht behauptet.

c) Die Beschwerdeführer sehen sich auch deshalb im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt, weil in "den Senaten" Sachverständige nicht nur mitabstimmen, sondern auch "gegen das Gutachten eines Sachverständigen einer anderen Fachrichtung oder für das Gutachten eines Sachverständigen einer anderen, fremden Fachrichtung urteilen". Diese Vorgangsweise "erachten die Beschwerdeführer zumindest für denkunrichtig iS der reibungslosen Funktionen der verfassungsrechtlichen Bestimmungen, da dieselben durch die Agrarbehörde so ausgelegt werden, daß letztlich hierin der Entzug des gesetzlichen Richters zu erblicken ist".

Demgegenüber ist darauf hinzuweisen, daß Art12 Abs2 B-VG die Mitwirkung von Sachverständigen als Mitglieder der Agrarsendung ausdrücklich vorsieht.

Das diesbezügliche Vorbringen der Beschwerdeführer trifft somit nicht zu.

d) Die Beschwerdeführer führen ferner aus:

"§2 des RFG (Reichsforstgesetzes) 1852 betreffend die Verwendung des Waldgrundes zu anderen als der Holzzucht gewidmeten Zwecken. Im Zuge des Z-Verfahrens Obritzberg wurde das Altgrundstück Nr. 368/2 Wald, inneliegend der Kat. Gem. H., durch die Errichtung einer gemeinsamen Anlage der Holzzucht entzogen. Gemäß den Bestimmungen des zur Zeit geltenden RFG 1852 darf Waldgrund nur mit Bewilligung der Behörde für andere als der Holzzucht gewidmete Zwecke verwendet werden. Im Zusammenhang mit §88 Flurverfassungs-Landesgesetz, LGBl. Nr. 221/71, ist zwar die Zuständigkeit in den Angelegenheiten des Forstrechtes nach Einleitung eines Z-Verfahrens an die Agrarbehörde übergegangen, diese jedoch ist verpflichtet, die forstrechtlichen Bestimmungen anzuwenden. Durch diese Nichtanwendung der forstlichen Bestimmungen erachten sich die Beschwerdeführer in ihrem Recht auf den gesetzlichen Richter dadurch verletzt, da über diese forstliche Angelegenheit auf Seiten der Behörde nicht abgesprochen wurde.

Ebenso erscheint das Recht auf den gesetzlichen Richter dadurch verletzt, da im Zuge der Grenzregelung an der Hofstelle gegenüber der Landstraße keine, im Sinne des §88 Flurverfassungs-Landesgesetzes, Vereinbarung bzw. behördliche Regelung mit der Landesstraßenverwaltung gepflogen wurde. Die Grenzfestlegung wurde daher einseitig, ohne Zustimmung der Landesstraßenverwaltung als Partei, vollzogen.

Diese Vorgangsweise erscheint uns auch nicht verfassungskonform im Sinne des Art5 Staatsgrundgesetz 1867 zu sein.

Wir behaupten daher hilfsweise, zu diesem Punkt auch in dem obzitierten verfassungsgemäß gewährleisteten Recht verletzt worden zu sein."

Wie immer man dieses unklare Vorbringen deutet, ist nicht erkennbar, wieso dadurch die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter, auf Unversehrtheit des Eigentums oder eines anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes erfolgt sein soll.

2. Die Beschwerdeführer regen an, §7 Abs1 des Flurverfassungs-Landesgesetzes idF der Nov. LGBl. 221/1971 bzw. idF der Wiederverlautbarung LGBl. 6650-0 auf seine Verfassungsmäßigkeit, sowie die Verordnung der Nö. Agrarbezirksbehörde vom 11. April 1972, Z 339/78-72, auf ihre Gesetzmäßigkeit zu prüfen.

Nach dieser Gesetzesstelle bilden die Eigentümer der Grundstücke, die der Zusammenlegung unterzogen werden, die Zusammenlegungsgemeinschaft. Sie ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts und wird mit Verordnung begründet. Sie ist mit Verordnung aufzulösen, wenn sie ihre Aufgabe erfüllt hat.

Mit Verordnung der Nö. Agrarbezirksbehörde vom 11. April 1972 wurde gem. §7 Abs1 Flurverfassungs-Landesgesetz idF der Nov. 221/1971 die Zusammenlegungsgemeinschaft Obritzberg begründet und gleichzeitig erklärt, daß der bereits bestehende Ausschuß und dessen Obmann als ordnungsgemäße Organe der Zusammenlegungsgemeinschaft iS des §8 Flurverfassungs-Landesgesetz zu gelten hätten.

Auf die Bedenken der Beschwerdeführer ist deshalb mangels Präjudizialität nicht einzugehen, weil die genannten Rechtsvorschriften die Errichtung und Gründung von Zusammenlegungsgemeinschaften betreffen, den Zusammenlegungsgemeinschaften jedoch keine Befugnisse hinsichtlich der Abfindung und Rechte der einzelnen Parteien zukamen (s. §8 Abs2 litb Flurverfassungs-Landesgesetz idF der Nov. BGBl. 221/1971 sowie §8 Abs2 litb Flurverfassungs-Landesgesetz 1975, LGBl. 6650-0).

3. a) Die Beschwerdeführer erachten sich im Gleichheitsrecht offenbar deshalb verletzt, weil ihnen die Behörde an Stelle eines von der Hofstelle der Beschwerdeführer verhältnismäßig weit entfernten Grundstückes nicht ein näher gelegenes Abfindungsgrundstück zugewiesen hat. Die Beschwerdeführer erachten sich auch deshalb im Gleichheitsrecht verletzt, weil der an ihre "beengte" Hofstelle anschließende Grund, "der diese Beengung auflösen könnte", nicht als Hofstelle gem. §18 Flurverfassungs-Landesgesetz qualifiziert worden sei, obwohl solche Grundstücke grundsätzlich zur Hofstelle zu rechnen seien und dies auch jedem Mitglied gewährt werde. Überdies sei "denkunlogischerweise" durch die Hofstelle ein Weg angelegt worden.

b) Bei der Unbedenklichkeit der Rechtsgrundlagen des angefochtenen Bescheides wären die Beschwerdeführer im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH (s. zB VfSlg. 7558/1975, 7996/1977) nur dann verletzt worden, wenn die Behörde der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie Willkür geübt hätte.

Zu dem weit entfernt liegenden Grundstück führt die belangte Behörde aus, daß mit Rücksicht auf die Interessen anderer Parteien das "Näherbringen eines Altgrundstückes zum Wirtschaftshof" in manchen Fällen nicht möglich sei. Betriebswirtschaftlich gesehen sei es dann zweifellos günstiger, das entfernter liegende Abfindungsgrundstück so zu vergrößern, daß die Bearbeitung rationeller gestaltet werden kann. Wenn nun wie im vorliegenden Fall die 18 zerstreut liegenden Besitzkomplexe der Beschwerdeführer auf fünf Grundstücke verringert worden seien, die mit Ausnahme von drei Grundstücken in unmittelbarer Nähe des Wirtschaftshofes gelegen seien, so könne von einem willkürlichen Vorgehen der Behörde zweifellos nicht gesprochen werden.

Zur Frage des von der Behörde nicht als Hofstelle qualifizierten Grundstückes sowie zur Frage der Führung des Weges verweist die Behörde zunächst auf §18 Abs1 lita und b Flurverfassungs-Landesgesetz 1975, wonach als Grundstücke mit besonderem Wert unter anderem bebaute Grundstücke und Grundstücke anzusehen sind, für deren Bebauung eine baubehördliche Genehmigung vorliegt, sowie Grundflächen, die in einem Flächenwidmungsplan oder in einem vereinfachten Flächenwidmungsplan als Bauland ausgewiesen sind. Auf jene Grundstücke, auf die sich die Beschwerdeführer hier offensichtlich bezögen, träfen aber diese Merkmale des §18 Flurverfassungs-Landesgesetz 1975 nicht zu, weil diese Grundstücke nach dem Flächenwidmungsplan der Gemeinde Obritzberg-Rust nicht im gewidmeten Bauland lägen. Darüberhinaus seien diese Grundflächen, soweit sie nicht überhaupt im ausgeschlossenen Gebiet lägen, den Beschwerdeführern vergrößert wieder zugeteilt worden. Da auch Grundstücke, die keine land- oder forstwirtschaftlichen Grundstücke seien, und Hofstellen gem. §18 Abs2 Flurverfassungs-Landesgesetz 1975 auch ohne Zustimmung ihrer Eigentümer im notwendigen Ausmaß für Grenzänderungen und für die Herstellung gemeinsamer Anlagen in Anspruch genommen werden dürften, liege kein Verstoß gegen §18 Flurverfassungs-Landesgesetz 1975 vor.

Der VfGH kann weder finden, daß die belangte Behörde damit den angewendeten Rechtsvorschriften fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt noch daß die Behörde Willkür geübt hätte. Die Behörde war vielmehr bemüht, das Gesetz richtig anzuwenden. Ob das Gesetz richtig angewendet wurde, hat aber der VfGH nicht zu prüfen.

4. a) Schließlich bringen die Beschwerdeführer vor, im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums dadurch verletzt worden zu sein, daß der sogenannte Hintausweg, welcher nunmehr die Hofstelle der Beschwerdeführer von jenem Grundstück trenne, welches zur Erweiterung der Hofstelle dienen sollte, als gemeinsame Anlage mit einer Breite von 5 m projektiert und vermessen worden sei. Tatsächlich sei diese gemeinsame Anlage jedoch auf der gesamten Länge in einer Breite von 6 m ausgeführt worden, wodurch den Beschwerdeführern auf ihrer Grundstückslänge 1 m breit Grund und Boden ersatzlos entzogen worden sei.

Die belangte Behörde führt dazu aus, es träfe zwar zu, daß dieser Weg von der Agrarbehörde erster Instanz als gemeinsame Anlage mit einer Breite von 5 m projektiert worden sei und Gegenstand des Planes der gemeinsamen Maßnahmen und Anlagen gebildet habe. Mit Beschluß des Gemeinderates der Gemeinde Obritzberg-Rust vom 27. Juli 1971 sei dieser Weg jedoch gem. §32 Abs4 Nö. Landesstraßengesetz in das öffentliche Gut der Gemeinde übernommen und hiedurch nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH (vgl. VfSlg. 5667/1968) der Zuständigkeit der Agrarbehörden entzogen worden. Der Vorwurf, der Weg sei nicht projektmäßig erstellt worden, richte sich daher gegen die Gemeinde als Verfügungsberechtigte über die öffentlichen Verkehrsflächen der Gemeinde. Eine Verlegung des Weges hätte die Entscheidung des dafür zuständigen Gemeinderates von Obritzberg-Rust zur Voraussetzung gehabt, die von der Agrarbehörde einzuholen sei.

Dazu ist dem angefochtenen Bescheid sowie einer bei den Verwaltungsakten befindlichen beglaubigten Abschrift aus dem Sitzungsprotokoll des Gemeinderates Obritzberg-Rust vom 1. Oktober 1976 zu entnehmen, daß der Gemeinderat eine mit Schreiben des Obersten Agrarsenates vom 10. September 1976 vorgeschlagene Verlegung des bezughabenden Weges abgelehnt hat.

Die von den Beschwerdeführern gegen die belangte Behörde diesbezüglich erhobenen Vorwürfe gehen somit schon deshalb ins Leere, weil sie sich in Wahrheit gegen die Gemeinde Obritzberg-Rust richten, nicht aber gegen den angefochtenen Bescheid.

b) Im Rahmen ihrer Behauptungen, im Eigentumsrecht verletzt worden zu sein, bringen die Beschwerdeführer auch verfassungsrechtliche Bedenken gegen die "sogenannte vorläufige Übernahme nach §11 Flurverfassungs-Grundsatzgesetz in Verbindung mit §22 des Flurverfassungs-Landesgesetzes für NÖ" vor.

Es wäre den Beschwerdeführern freigestanden, gegen den Bescheid über die Anordnung der vorläufigen Übernahme der Grundabfindungen (gegen den ihnen gem. §11 Abs3 Flurverfassungs-Grundsatzgesetz kein Rechtsmittel an den Landesagrarsenat offenstand) Beschwerde an die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts zu erheben (s. hiezu VfSlg. 7154/1973 und 7763/1976) und auf diese Weise eine Prüfung der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen auf ihre Verfassungsmäßigkeit anzuregen. Im vorliegenden Verfahren, in welchem die belangte Behörde über die Gesetzmäßigkeit der Abfindung an die Beschwerdeführer abgesprochen hat, wurden diese Bestimmungen nicht angewendet und waren auch nicht anzuwenden. Auf das Vorbringen der Beschwerdeführer ist daher mangels Präjudizialität des §11 Flurverfassungs-Grundsatzgesetz nicht einzugehen.

5. Die behaupteten Verletzungen verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte haben somit nicht stattgefunden. Im Verfahren ist auch nicht hervorgekommen, daß die Beschwerdeführer in anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden wären.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

Schlagworte

Agrarbehörden, Agrarverfahren, Bodenreform, Flurverfassung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1980:B162.1977

Dokumentnummer

JFT_10199681_77B00162_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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