TE Vfgh Beschluss 1980/3/19 B403/79

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Veröffentlicht am 19.03.1980
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Index

10 Verfassungsrecht
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 (B-VG)

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Befehls- und Zwangsausübung unmittelb

Leitsatz

Art144 Abs1 B-VG; keine Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I.1. Mit der vorliegenden Beschwerde wendet sich der Beschwerdeführer gegen ein Verhalten eines Gendarmerieorgans, welches er als faktische Amtshandlung deutet.

Nach seinem Vorbringen ist er grundbücherlicher Eigentümer einer Liegenschaft, auf welcher er aufgrund einer ihm am 29. September 1977 erteilten Baubewilligung ein Einfamilienhaus errichtet. Am 2. September 1979 habe er sich zum Zweck dieser Bauführung seines Grundnachbarn als Bauhelfer bedient. Der Gendarmeriebeamte L. habe von diesem an dem genannten Tag persönliche Auskünfte einholen wollen. Obwohl er diesen unschwer auf seinem eigenen Grund erreichen hätte können, habe er den Grund und Boden des Beschwerdeführers befahren, um auf dessen Liegenschaft die entsprechenden Recherchen durchzuführen. Zu diesem Zwecke habe der Gendarmeriebeamte die Entfernung eines auf der Privatstraße befindlichen und diese vom öffentlichen Verkehrsnetz sichtbar abgrenzenden Gegenstandes, der in der Beschwerde einmal als Wasserrinne, ein anderes Mal als 70 kg schweres Eisenrohr bezeichnet wird, veranlaßt.

Der Beschwerdeführer ist der Ansicht, daß das Betreten und Befahren seiner Liegenschaft völlig grundlos erfolgt und er im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums dadurch verletzt worden sei, daß der vorgenannte Gegenstand eigenmächtig von dem Gendarmeriebeamten entfernt worden sei, um ihm ein Befahren seiner Liegenschaft zu ermöglichen. Dieses Vorgehen habe jedweder Rechtsgrundlage ermangelt und sei ausschließlich "aus Bequemlichkeitsgründen" erfolgt, "da der Gendarmeriebeamte mit einer Anwesenheit des zu beamtshandelnden Grundnachbarn" auf seiner Liegenschaft gerechnet habe.

Der Beschwerdeführer erachtet sich auch im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung für verletzt, da seitens des Beamten willkürlich ohne entsprechende rechtliche Grundlage diese Handlungen gesetzt worden seien.

2. Die Bezirkshauptmannschaft Lilienfeld hat als belangte Behörde - ohne eine Gegenschrift zu erstatten - die Verwaltungsakten vorgelegt. In diesen findet sich ein Aktenvermerk, der die Vorfälle vom 2. September 1979 zusammenfassend wie folgt schildert:

Am 2. September 1979 nachmittags sei von der Funkpatrouille der Grundnachbar des Beschwerdeführers wegen einer Lenkererhebung gesucht und von dessen Vater erklärt worden, daß sich dieser auf der Baustelle des Beschwerdeführers aufhalte. Die Funkpatrouille sei hierauf zu dieser etwa 100 m entfernt liegenden Baustelle über eine Zufahrtsstraße gefahren, von welcher der Funkpatrouillenführer angenommen habe, daß es sich um einen Güterweg der Hoyos-Forstverwaltung Kernhof handle, deren Güterweg von der Gendarmerie allgemein befahren werden dürfen. Die Zufahrtsstraße sei wohl zur Hälfte von einer eisernen Wasserrinne verlegt gewesen, an welcher aber das Funkpatrouillenfahrzeug leicht vorbeifahren habe können.

Als der Grundnachbar des Beschwerdeführers an der Baustelle angetroffen und befragt worden sei, sei auch der Beschwerdeführer gefragt worden, wer den Bau ausführe, da eine Baumeistertafel auf der Baustelle nicht sichtbar sei. Der Beschwerdeführer habe auf diese Frage in barschem Tone erklärt, daß er selbst Baumeister sei und keine Baustellentafel brauche. Im übrigen sei dies eine Privatstraße und die Gendarmerie habe nicht das Recht, heraufzufahren. Der Gendarmeriebeamte habe sich hierauf mit der Bemerkung entschuldigt, daß unten bei der Auffahrt kein Verbot sichtbar sei und er der Annahme gewesen sei, daß es sich um eine Hoyos-Straße handle. Sollte ein Sachschaden entstanden sein, werde er diesen sofort begleichen.

II.1. Schon nach dem eigenen Vorbringen des Beschwerdeführers ist zu verneinen, daß gegen ihn unmittelbare verwaltungsbehördliche Befehls- und Zwangsgewalt ausgeübt wurde. In Beschwerde gezogen wird lediglich, daß Gendarmeriebeamte eine Privatstraße des Beschwerdeführers befahren und aus diesem Anlaß einen Gegenstand von der Straße entfernt hätten. Daß hiebei eine Absperrung der Straße überwunden oder beseitigt worden wäre, wird nicht einmal behauptet.

Demnach erübrigt es sich zu untersuchen, ob die Gendarmeriebeamten mit ihrem Fahrzeug, wie im Aktenvermerk dargelegt, den auf der Straße befindlichen Gegenstand umfahren und die zur Baustelle des Beschwerdeführers führende Privatstraße unbehindert befahren konnten, auch dann, wenn die Gendarmeriebeamten den Gegenstand von der Straße entfernt hätten, weil von der Ausübung verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt keine Rede sein kann. Daraus ergibt sich weiters, daß auch das Befahren der Straße nicht als Ausübung verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gegen eine bestimmte Person gewertet werden kann.

Die Beschwerde war daher wegen Nichtzuständigkeit des VfGH zurückzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1980:B403.1979

Dokumentnummer

JFT_10199681_79B00403_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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