TE Vfgh Erkenntnis 1980/3/19 B428/76

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.03.1980
beobachten
merken

Index

27 Rechtspflege
27/04 Sonstiges

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Bescheid
B-VG Art144 Abs1 / Gerichtsakt
StGG Art5
AußStrG §2 Abs2 Z5
GEG 1962 §1 Z6
GEG 1962 §2
JN §1

Leitsatz

Gerichtliches Einbringungsgesetz 1962; keine Bedenken gegen §2; Vorschreibung des Ersatzes von Sachverständigengebühren; keine denkunmögliche Anwendung

Spruch

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I.1. Der Beschwerdeführer ist Vater eines am 30. November 1963 geborenen unehelichen Sohnes. Am 5. Feber 1974 brachte die Kindesmutter beim Bezirksgericht Hietzing als zuständigem Pflegschaftsgericht einen Antrag ein, den Unterhalt für den Minderjährigen, der bis dahin mit 1200 S gerichtlich festgesetzt war, auf 1700 S pro Monat zu erhöhen. Aufgrund dieses Antrages beschloß das Pflegschaftsgericht die Einholung eines Sachverständigengutachtens über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Beschwerdeführers unter besonderer Berücksichtigung seines Einkommens in den Jahren 1972 und 1973. Gegen diesen Beschluß erhob der Beschwerdeführer Rekurs, in welchem er ausführte, daß über seine Vermögens- und Einkommensverhältnisse anläßlich der Festsetzung seiner Unterhaltsverpflichtung mit monatlich 1200 S ein Sachverständigengutachten bereits vorliege und es dem Pflegschaftsgericht möglich wäre, die notwendigen ergänzenden Feststellungen durch Einsichtnahme in die Einkommensteuerbescheide des Beschwerdeführers für die Jahre 1970/71 und 1972 selbst zu treffen. Das Pflegschaftsgericht übermittelte, ungeachtet dieses Rekurses und ohne diesen dem Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien zur Entscheidung vorzulegen, den Akt an den Sachverständigen, welcher sein Gutachten am 31. Jänner 1975 erstattete. Das Pflegschaftsgericht setzte hierauf mit Beschluß vom 27. März 1975 den vom Beschwerdeführer an den Minderjährigen zu leistenden Unterhalt mit 1700 S monatlich fest.

Ebenfalls mit Beschluß vom 27. März 1975 bestimmte das Pflegschaftsgericht die Gebühren des Sachverständigen mit 15974 S und wies den Rechnungsführer an, die Bezahlung aus dem Amtspauschale vorzunehmen; dieser Beschluß blieb vom Beschwerdeführer unbekämpft.

In der Folge wurde dem Beschwerdeführer vom Kostenbeamten mit Zahlungsauftrag vom 12. August 1975 der Ersatz der aus den Amtsgeldern entrichteten Sachverständigengebühren vorgeschrieben, wogegen dieser einen Berichtigungsantrag einbrachte.

Nachher legte das Pflegeschaftsgericht den Rekurs des Beschwerdeführers gegen die Bestellung eines Sachverständigen dem Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vor, von welchem dieser sodann mit Beschluß vom 25. September 1975 zurückgewiesen wurde.

Mit Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen vom 31. August 1976, Jv 5841-33a/75, wurde dem Berichtigungsantrag keine Folge gegeben.

2. Gegen diesen Bescheid wendet sich die auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums geltend gemacht und die Aufhebung des beantragten Bescheides, allenfalls die Abtretung der Beschwerde an den VwGH beantragt wird.

Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet und die Abweisung der Beschwerde begehrt.

II. Der VfGH hat über die Beschwerde erwogen:

1. Der Beschwerdeführer hält sich durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt. Die Erstellung des Gutachtens des Sachverständigen, die Bestimmung seiner Kosten, die Zahlung derselben aus Amtsgeldern, der Zahlungsauftrag sowie die Erhebung des Berichtigungsantrages seien in einem Zeitpunkt erfolgt, in dem der Beschluß über die Bestellung des Sachverständigen noch nicht rechtskräftig gewesen sei. Diese Vorgangsweise sei gesetzlos und damit ein verfassungswidriger Eingriff in sein Eigentum.

Auch wenn man hievon absehe, sei seine Heranziehung als Zahlungspflichtiger für die Kosten des Sachverständigen unzulässig. Gem. §2 GEG 1962 seien Sachverständigengebühren von demjenigen Beteiligten zu ersetzen, der sie veranlaßt habe oder in dessen Interesse die Amtshandlung vorgenommen worden sei. Dem Verfahren auf neuerliche Unterhaltsfestsetzung für sein uneheliches Kind liege ein Antrag der Kindesmutter zugrunde. Der Beschwerdeführer habe sich gegen diesen Antrag mit der Begründung ausgesprochen, daß sich seine Einkommensverhältnisse nicht verbessert, sondern verschlechtert hätten. Zur Überprüfung dieses Vorbringens sei die Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht notwendig gewesen, da die erforderlichen Feststellungen auch ohne besondere Fachkenntnisse aus seinen Steuerbescheiden getroffen hätten werden können.

Da das Pflegschaftsgericht letztlich sogar unter Vernachlässigung seiner Einkommensverhältnisse ausschließlich anhand der erhöhten Bedürfnisse des Kindes entschieden habe, könne auch von einem Interesse des Beschwerdeführers an der Erstellung des Gutachtens keinesfalls gesprochen werden.

2. Die belangte Behörde billigte dem Beschwerdeführer in dem angefochtenen Bescheid zu, daß der Rekurs über die Bestellung des Sachverständigen verspätet vorgelegt worden sei, erachtete dies jedoch nicht für erheblich, da "im Zeitpunkte der Erledigung des Berichtigungsantrages" der Rekurs bereits zurückgewiesen gewesen sei, womit der Vorwurf der Rechtswidrigkeit der Bestellung des Sachverständigen nicht mehr aufrechterhalten werden könne. Der Zahlungsauftrag an den Beschwerdeführer entspreche §2 GEG 1962, da der Beschwerdeführer durch seine Stellungnahme, mit der er dem Antrag auf Unterhaltserhöhung entgegengetreten sei, die Bestellung des Sachverständigen zumindest mitveranlaßt habe. Das Gericht habe des Sachverständigengutachtens auch bedurft, um neben den von Amts wegen zu wahrenden Interessen des Minderjährigen auch jene des Beschwerdeführers berücksichtigen zu können. Auf das einschlägige Erk. des VwGH vom 4. Dezember 1957, Z 385/57, werde verwiesen.

3. Das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Unversehrtheit des Eigentums wird nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH (VfSlg. 6977/1973, 7212/1973) durch einen in das Eigentum eingreifenden Bescheid einer Verwaltungsbehörde nur dann verletzt, wenn der Bescheid unter Heranziehung einer verfassungswidrigen Rechtsgrundlage erlassen wird oder wenn er gesetzlos ist, wobei die denkunmögliche Anwendung eines Gesetzes ebenfalls als Gesetzlosigkeit angesehen wird.

Gemäß §1 Z6 Gerichtliches Einbringungsgesetz 1962 (GEG 1962) hat das Gericht in bürgerlichen Rechtssachen alle Kosten von Amts wegen einzubringen, die aus Amtsgeldern berichtigt wurden, sofern sie von einer Partei zu ersetzen sind. Zu diesen Kosten zählen nach litb auch die Sachverständigengebühren. Als "bürgerliche Rechtssachen" gelten alle gerichtlichen Verfahren, auf die die Bestimmungen der Jurisdiktionsnorm Anwendung finden; darunter fallen auch Verfahren der minderjährigen Kinder gegen den ehelichen Vater auf Leistung des gesetzlichen Unterhaltes (Fasching, Kommentar zu den Zivilprozeßgesetzen I, S 136). Da in diesem außerstreitigen Verfahren keine besonderen Vorschriften über die Tragung und den Ersatz der auflaufenden Kosten bestehen, ist nach der subsidiären Regelung im §2 zweiter Satz GEG 1962 zu beurteilen, ob eine Verpflichtung zum Ersatz der vorläufig aus Amtsgeldern berichtigten Sachverständigengebühren besteht. Nach der zuletzt zitierten Bestimmung sind diese Beträge mangels einer Vorschrift über die Kostenersatzpflicht von jenen Beteiligten zu ersetzen, die sie veranlaßt haben oder in deren Interesse die Amtshandlung vorgenommen wurde.

Die belangte Behörde stützt den angefochtenen Bescheid auf §2 GEG 1962, sie ist somit nicht gesetzlos vorgegangen.

Verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese Bestimmung wurden vom Beschwerdeführer nicht vorgebracht. Solche sind auch im Zuge des Verfahrens von Amts wegen nicht entstanden. Es ist daher zu untersuchen, ob die belangte Behörde denkmöglich annehmen konnte, daß der Beschwerdeführer die Aufnahme des Sachverständigen veranlaßt hat oder dieser Beweis in seinem Interesse durchgeführt wurde.

Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers kann dies jedoch nicht verneint werden. Auszugehen ist davon, daß über die Notwendigkeit der Einholung eines Sachverständigengutachtens vom Pflegschaftsgericht zu entscheiden war (§2 Abs2 Z5 AußStrG). Auch über die Höhe des Gebührenanspruches des Sachverständigen hatte das Gericht durch Beschluß zu befinden (VfSlg. 5506/1967). Soweit der Beschwerdeführer die Notwendigkeit des Sachverständigengutachtens oder die Höhe der Sachverständigengebühren bekämpfen wollte, konnte dies von ihm daher nur durch Ausschöpfung der im gerichtlichen Verfahren vorgesehenen Rechtsmittel verfolgt werden. Daß der Beschwerdeführer diesen Weg beschritten hat, sein Rekurs gegen die Einholung eines Sachverständigengutachtens jedoch zurückgewiesen wurde, vermag hieran nichts zu ändern, selbst wenn die gerichtliche Entscheidung vorliegendenfalls mit inhaltlicher Unrichtigkeit belastet sein sollte. Auch dies wäre für das gegenständliche Beschwerdeverfahren ohne Bedeutung, da, abgesehen von hier nicht in Betracht kommenden Sonderfällen, keine Rechtsvorschrift, insb. auch nicht Art144 B-VG, dem VfGH eine Zuständigkeit einräumt, die Richtigkeit einer gerichtlichen Entscheidung zu überprüfen.

Nach §2 GEG 1962 obliegt es dem gerichtlichen Einbringungsorgan daher ausschließlich, darüber zu bestimmen, ob eine Partei zum Ersatz von aus Amtsgeldern berichtigten Kosten verpflichtet ist, was dann der Fall ist, wenn sie eine Amtshandlung veranlaßt hat oder wenn diese in ihrem Interesse vorgenommen wurde. In der Gegenschrift wird von der belangten Behörde die Ansicht vertreten, daß das Sachverständigengutachten schon deshalb als eine Amtshandlung zu betrachten ist, die im Interesse des Beschwerdeführers vorzunehmen war, weil sie der Abwägung der Interessen des Minderjährigen und seines Vaters diente. Diese Betrachtung kann nicht als eine denkunmögliche Anwendung des auf das Interesse abstellenden zweiten Tatbestandes des §2 GEG 1962, nach welchem derjenige zum Ersatz von Kosten verpflichtet ist, in dessen Interesse eine Amtshandlung vorzunehmen war, erachtet werden.

Damit erübrigt sich, auf die Frage einzugehen, ob die Einholung des Sachverständigengutachtens durch den Beschwerdeführer veranlaßt wurde.

Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid somit im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums nicht verletzt worden.

4. Im Verfahren ist auch nicht hervorgekommen, daß der Beschwerdeführer in einem anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden wäre.

Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

Schlagworte

Gericht Zuständigkeit, Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1980:B428.1976

Dokumentnummer

JFT_10199681_76B00428_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten