Index
14 OrganisationsrechtNorm
B-VG Art7 Abs1 / VerwaltungsaktLeitsatz
Art87 B-VG; kein Eingriff in die richterliche Unabhängigkeit durch Erteilung eines Berichtsauftrages; kein Entzug des gesetzlichen Richters; keine Willkür MRK; keine Verletzung des Art3Spruch
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I.1. Der Beschwerdeführer ist Richter des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien (LG für ZRS).
Mit Präsidialverfügung des Präsidenten dieses Gerichtes vom 11. Juni 1974, Jv 3370-23b/74, betreffend Urteilsausfertigungs- und Verfahrensrückstände, wurde den Leitern der Gerichtsabteilungen aufgetragen, Halbjahresberichte über bestehende Aktenrückstände in zweifacher Ausfertigung zu erstatten, mit dem Hinweis, daß eine Ausfertigung dem Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien vorgelegt werde. Die Präsidialverfügung enthält insb. den Auftrag, über Verfahren zu berichten, in denen das Urteil trotz Verkündung seit mehr als zwei Monaten nicht ausgefertigt wurde, die Anzahl der am Stichtag seit mindestens einem Jahr anhängigen Streitsachen bekanntzugeben und jene Streitsachen anzuführen, die länger als zwei Jahre anhängig sind. Die überdurchschnittliche Dauer der berichtspflichtigen Verfahren sei kurz - allenfalls schlagwortartig - zu begründen, unter datumsmäßiger Bekanntgabe der Verhandlungstermine. Falls die Zeiträume zwischen den einzelnen Verhandlungsterminen mehr als drei Monate betragen, seien auch die Ursachen dieser Verzögerungen bekanntzugeben.
Aufgrund dieser Präsidialverfügung erstattete der Beschwerdeführer unter Verwendung hiefür bestimmter hektographierter Formulare am 9. Jänner 1976 einen Halbjahresbericht. Hierauf verlangte der Präsident des LG für ZRS mit Schreiben vom 14. Jänner 1976 vom Beschwerdeführer eine der Präsidialverfügung entsprechende Ergänzung über den Stand zweier Verfahren sowie Ergänzungen über den gesamten Verfahrensgang in drei weiteren Rechtssachen.
Der Beschwerdeführer lehnte dies mit der Begründung ab, daß er als Richter gem. §77 Abs2 Richterdienstgesetz (RDG) zur Besorgung von Verwaltungsaufgaben nur mit seinem Einverständnis herangezogen werden könne, worauf er vom Präsidenten des LG für ZRS mit Schreiben vom 22. Jänner 1976 unter Hinweis auf die Bestimmungen der §§57 Abs2 RDG, 76 Abs3 Gerichtsorganisationsgesetz (GOG), 94 Abs1 litc Geschäftsordnung der Gerichte und die disziplinären Folgen einer allfälligen Verletzung der Amtspflichten aufgefordert wurde, dem Auftrag vom 14. Jänner 1976 zu entsprechen.
Der Beschwerdeführer stellte hierauf den Antrag auf Einleitung eines Dienstrechtsverfahrens zur Erlassung eines Feststellungsbescheides darüber, ob es zu seinen Dienstpflichten zähle, diesem Auftrage nachzukommen. Mit dem hierüber ergangenen Bescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien vom 12. März 1976, Jv 1378-17a/76, wurde festgestellt, daß die Erfüllung des Auftrages des Präsidenten des LG für ZRS vom 14. Jänner 1976 zu den Dienstpflichten des Beschwerdeführers gehöre. Der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung wurde mit Bescheid des Bundesministers für Justiz vom 25. August 1976, GZ 768/3-III4/76, keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt.
2. Gegen diesen Berufungsbescheid des Bundesministers für Justiz wendet sich die auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in welcher die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter, des Rechtes auf Gleichbehandlung, des dem Beschwerdeführer "als Richter zukommenden subjektiven Rechtes der Unabhängigkeit bei Ausübung seiner richterlichen Tätigkeit" und des Verbotes menschenunwürdiger und erniedrigender Behandlung geltend gemacht und die Aufhebung des Bescheides beantragt wird. Für den Fall der Abweisung wird die Abtretung der Beschwerde an den VwGH beantragt.
Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet und die Abweisung der Beschwerde begehrt.
II. Der VfGH hat erwogen:
1. Der Beschwerdeführer macht vorerst die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter geltend. Er führt dazu aus:
Der angefochtene Bescheid spreche aus, daß es zu seinen Amtspflichten zähle, dem Dienstauftrag des Präsidenten des LG für ZRS vom 14. Jänner 1976 nachzukommen; darin sei die Aussage enthalten, daß der Präsident des LG für ZRS zur Erlassung eines solchen Dienstauftrages zuständig sei. Dem Präsidenten eines Landesgerichtes komme jedoch gem. §76 GOG keine Befugnis zur Dienstaufsicht gegenüber Richtern "seines" Gerichtshofes zu. Wie sich aus §74 Abs1 GOG in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise ergebe, stehe die unmittelbare Dienstaufsicht über die Gerichtshöfe erster Instanz den Oberlandesgerichten und deren Präsidenten zu. Der Präsident des Gerichtshofes erster Instanz führe die unmittelbare Dienstaufsicht nur über die Bezirksgerichte. Aus §31 Abs1 GOG sei nichts Gegenteiliges zu entnehmen, da diese Bestimmung im Hinblick auf §74 Abs1 GOG dahin interpretiert werden müsse, daß die Aufsichtsbefugnis des Präsidenten eines Gerichtshofes erster Instanz sich nur auf nichtrichterliche Bedienstete seines Gerichtshofes erstrecke.
Soweit der Dienstauftrag vom 14. Jänner 1976 dem Beschwerdeführer die Darstellung des gesamten Verfahrensganges, insb. unter Angabe der Termine sämtlicher Tagsatzungen und - soweit zwischen den einzelnen Terminen Zeiträume von mehr als drei Monaten liegen - auch die Bekanntgabe der Ursachen der sogenannten Verzögerungen auftrage, werde vom Beschwerdeführer eine Rechenschaft über die von ihm in Ausübung seiner richterlichen Tätigkeit bearbeiteten Rechtssachen verlangt. Eine solche Zuständigkeit stehe dem Präsidenten des LG für ZRS keinesfalls zu, da sich der Beschwerdeführer hinsichtlich seiner richterlichen Tätigkeit ausschließlich und allein dem Disziplinargericht gegenüber zu rechtfertigen brauche.
Selbst wenn der Beschwerdeführer auch gegenüber dem Präsidenten des LG für ZRS zur Rechenschaft verpflichtet wäre, hätte dies nach dem klaren Wortlaut des §76 Abs1 GOG zur Voraussetzung, daß der Präsident des LG für ZRS ihn bei Ausübung seiner Amtsgeschäfte überwacht und dabei Gebrechen wahrgenommen hätte. Dies sei aber schon deshalb auszuschließen, weil der Präsident des LG für ZRS die Akten überhaupt nicht gesehen habe und ihm auch von keiner Partei berichtet worden sei, daß der Beschwerdeführer sich einer Verfahrensverzögerung schuldig gemacht hätte. Der Präsident des LG für ZRS habe somit eine Befugnis für sich in Anspruch genommen, für die im materiellen Recht jede Grundlage fehle. Auch hieraus ergebe sich, daß der Beschwerdeführer im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf das Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden sei.
2. a) Nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH wird das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter durch den Bescheid einer Verwaltungsbehörde verletzt, wenn die Behörde eine ihr gesetzlich nicht zukommende Zuständigkeit in Anspruch nimmt oder in gesetzwidriger Weise ihre Zuständigkeit ablehnt (VfSlg. 7544/1975).
Der an den Beschwerdeführer im Instanzenzug ergangene Bescheid, gem. dem die Erfüllung eines bestimmten Auftrages zu seinen Dienstpflichten gehört, stellt sich als dienstrechtlicher Feststellungsbescheid dar. Daß die in den beiden Rechtsstufen eingeschrittenen Dienstbehörden an sich zur Erlassung eines Bescheides dieses Inhaltes zuständig waren, ist nicht zweifelhaft:
Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH sind Verwaltungsbehörden nicht nur berechtigt, im Rahmen ihrer örtlichen und sachlichen Zuständigkeit von Amts wegen Feststellungsbescheide zu erlassen, sofern ein im öffentlichen Interesse begründeter Anlaß hiezu gegeben ist und die Verwaltungsvorschriften nichts anderes bestimmen, sondern es ist auch der Partei die Berechtigung zuerkannt, die bescheidmäßige Feststellung strittiger Fragen zu begehren, wenn der Bescheid im Einzelfall notwendiges Mittel der Rechtsverteidigung ist und insoferne im Interesse der Partei liegt (VwGH 15. 12. 1977 Z 2315/77 und die dort zitierte Rechtsprechung).
Diese Grundsätze gelten auch in Angelegenheiten des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses zum Bund im Bereich des Dienstrechtsverfahrens (VwGH 23. 1. 1969 Z 206/67). Auf dem Boden dieser Rechtsauffassung, die auch der VfGH teilt (VfSlg. 6679/1972), war nach der Lage des Falles die Erlassung des vom Beschwerdeführer begehrten Feststellungsbescheides für ihn im Interesse einer zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig. Daß im Dienstrechtsverfahren die zuständigen Dienstbehörden eingeschritten sind, bedarf im Hinblick auf §2 Abs2 des Dienstrechtsverfahrensgesetzes iVm §2 litc der Dienstrechtsverfahrensverordnung 1969 sowie §1 Abs1 Z4 dieser Verordnung keiner weiteren Begründung.
b) Der Beschwerdeführer kritisiert den angefochtenen Bescheid unter dem Blickpunkt des in Rede stehenden verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes allerdings auch deshalb als verfassungswidrig, weil er sich in Ansehung seiner richterlichen Tätigkeit ausschließlich dem Disziplinargericht gegenüber zu rechtfertigen habe. Sofern er mit dieser Argumentation - zumindest im Ergebnis - dartun will, daß die belangte Dienstbehörde in unzulässiger Weise in die Entscheidungsbefugnis der Disziplinargerichte eingegriffen habe und demnach einen Bescheid des gegebenen Inhaltes nicht hätte erlassen dürfen, ist ihm folgendes zu erwidern:
Gem. Art88 Abs2 B-VG dürfen Richter nur aufgrund eines förmlichen richterlichen Erk. ihres Amtes entsetzt oder wider ihren Willen an eine andere Stelle oder in den Ruhestand versetzt werden. Hieraus kann erschlossen werden, daß über eine allfällige Disziplinarbehandlung eines Richters ausschließlich in einem förmlichen gerichtlichen Verfahren, also im Verfahren vor einem Disziplinargericht, zu erkennen ist. Der Zweck dieser Regelung, die richterliche Unabhängigkeit - insb. gegenüber der Justizverwaltung - zu sichern, schließt es von vornherein aus, einer über Dienstpflichten des Richters absprechenden verwaltungsbehördlichen Entscheidung für das disziplinargerichtliche Verfahren eine bindende Wirkung in der Weise beizumessen, daß sie zu einer Benachteiligung des Richters im Disziplinarverfahren führen kann. Die Annahme einer Bindung in dieser Richtung erscheine als verfassungswidrig, weil es derart dem einfachen Gesetzgeber gestattet wäre, die Behandlung von für das disziplinargerichtliche Verfahren entscheidungswesentlichen Fragen zum Nachteil des Richters auf Verwaltungsbehörden zu übertragen, also im Ergebnis gerade jenen Zustand der Abhängigkeit des Richters von Verwaltungsorganen zu schaffen, den die Verfassungsordnung vermieden wissen will.
Ob und inwieweit diese Überlegung - im Hinblick auf eine verfassungsrechtlich festgelegte Weisungsfreistellung auch von als Verwaltungsbehörden eingerichteten Disziplinarbehörden - allgemein zutrifft, war hier nicht zu prüfen.
Der angefochtene Bescheid greift somit nicht zum Nachteil des Beschwerdeführers in die Entscheidungsbefugnis der Disziplinargerichte ein.
c) Der Beschwerdeführer vermeint allerdings, daß die ihm mit Schreiben vom 14. Jänner 1976 erteilten Aufträge, deren Befolgung nach dem angefochtenen Bescheid zu seinen Dienstpflichten gehört, den Rahmen einer zulässigen Dienstaufsicht überschreiten. Der Präsident seines Gerichtshofes könne von ihm jedenfalls keine Rechenschaft über seine richterliche Tätigkeit verlangen. Er sei durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt, weil die belangte Behörde die ihr zustehende Kompetenz überschritten habe.
Der Verfassungsgerichtshof ist mit dem Beschwerdeführer der Meinung, daß die in einem Eingriff in die Ausübung seines richterlichen Amtes liegende Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht bloß eine einfache Gesetzesverletzung wäre, sondern im Hinblick auf die in Betracht kommenden Verfassungsbestimmungen der Behörde sogar die Zuständigkeit zur Erlassung eines solchen Bescheides nehmen würde. Wenn die Behörde in das richterliche Amt des Beschwerdeführers eingegriffen hätte, so hätte sie damit eine Zuständigkeit in Anspruch genommen, die ihr nach dem Gesetz nicht zukommt und den Beschwerdeführer im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt. Der VfGH hat daher zu prüfen, ob die Erteilung des Berichtsauftrages vom 14. Jänner 1976 in die richterliche Unabhängigkeit eingreift (Art87 B-VG).
aa) Der Beschwerdeführer erblickt einen solchen Eingriff darin, daß mit dem Auftrag zur Erstattung von Halbjahresberichten hinsichtlich der berichtspflichtigen Akten von den Richtern Rechenschaft über ihre richterliche Tätigkeit verlangt werde. Hiezu sei ein Richter jedoch nur verpflichtet, wenn ihm zugleich eine pflichtwidrige Art seiner Amtsführung vorgehalten werde. Ohne einen solchen Vorhalt stelle die abverlangte Rechtfertigung einen Eingriff in die richterliche Unabhängigkeit dar.
Darüber hinaus sei das Ansinnen, Halbjahresberichte zu erstatten, durchaus geeignet, einen psychologischen Druck auf Richter und damit eine Einflußnahme auf ihre richterliche Tätigkeit auszuüben. So könnte schon die Sorge vor nachteiligen Folgen einer Berichtssache Anlaß dafür sein, daß übereilte Entscheidungen getroffen werden und damit die Qualität der richterlichen Arbeit beeinträchtigt wird.
bb) Art87 Abs1 B-VG bestimmt, daß Richter in Ausübung ihres richterlichen Amtes unabhängig sind. Gem. Abs2 befindet sich ein Richter "in Ausübung seines richterlichen Amtes bei Besorgung aller ihm nach dem Gesetz und der Geschäftsverteilung zustehenden gerichtlichen Geschäfte, mit Ausschluß der Justizverwaltungssachen, die nicht nach Vorschrift des Gesetzes durch Senate oder Kommissionen zu erledigen sind". Die richterliche Unabhängigkeit ist demnach verfassungsgesetzlich insoweit garantiert, als (Einzel-)Richter in den Bereich der Gerichtsbarkeit (Art87 Abs2 B-VG) fallende Aufgaben der Gesetzesvollziehung besorgen.
Der Dienstauftrag vom 14. Jänner 1976 stützt sich auf Bestimmungen des RDG iVm §76 GOG. Daß diese Vorschriften dem dienstaufsichtsführenden Organ Verhaltensweisen ermöglichen, die einen Eingriff in das richterliche Amt darstellen könnten, ist weder behauptet worden noch sind solche Bedenken unter dem Gesichtspunkt des gegenständlichen Beschwerdeverfahrens von Amts wegen entstanden.
Die verfassungsrechtliche Unbedenklichkeit der angewendeten Bestimmungen schließt allerdings nicht aus, daß sie von der belangten Behörde in einer Weise angewendet wurden, die mit der verfassungsgesetzlichen Garantie richterlicher Unabhängigkeit unvereinbar ist. Hievon kann jedoch im vorliegenden Fall nicht die Rede sein.
Aus dem Auftragsschreiben vom 14. Jänner 1976 geht eindeutig hervor, daß lediglich eine Ergänzung des Halbjahresberichtes hinsichtlich bestimmter Rechtsfälle verlangt wird und daß hiedurch das bereits durch die Präsidialverfügung vom 11. Juni 1974, betreffend die Erstattung periodischer Berichte über Urteilsausfertigungs- und Verfahrensrückstände, generell umschriebene Ausmaß der Berichtspflicht inhaltlich nicht erweitert wurde. Die in dieser Präsidialverfügung getroffenen Anordnungen aber stellen sich als notwendige Maßnahmen im Interesse eines ordnungsgemäßen Gerichtsbetriebes dar, sie waren erforderlich, um der Dienstbehörde jene Kenntnisse zu verschaffen, die sie erst in die Lage versetzten, allfällige Unzukömmlichkeiten oder gar Pflichtverletzungen mit den ihr rechtlich zu Gebote stehenden Mitteln abzustellen. Als Eingriff in die richterliche Unabhängigkeit des Beschwerdeführers stellen sich diese Anordnungen sohin keineswegs dar. Durch die Feststellung, daß die Erfüllung des Dienstauftrages vom 14. Jänner 1976 zu den Dienstpflichten des Beschwerdeführers gehört, hat sich daher die belangte Behörde keine Zuständigkeit angemaßt, die ihr nicht zukommt.
d) Der Beschwerdeführer fühlt sich durch die Feststellung des angefochtenen Bescheides, daß die Befolgung des Auftrages des Präsidenten des LG für ZRS vom 14. Jänner 1976 zu seinen Dienstpflichten gehört, in seinem Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter auch deshalb verletzt, weil dem "Präsidenten des LG für ZRS keine Befugnis zur Dienstaufsicht nach §76 GOG gegenüber Richtern seines Gerichtshofes zu(komme)".
Mit diesem Vorbringen macht der Beschwerdeführer indes lediglich die Verletzung von einfachgesetzlichen Rechtsvorschriften geltend, die für die Beurteilung des angefochtenen Bescheides unter dem Gesichtspunkt des Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter ohne Bedeutung ist. Selbst wenn also die Auffassung des Beschwerdeführers, nicht der Präsident des LG - sondern offenbar: Der Präsident des OLG - sei zur Dienstaufsicht und also allenfalls auch zur Erteilung eines Dienstauftrages an ihn berufen, richtig wäre, würde das bloß die inhaltliche Gesetzwidrigkeit des angefochtenen Bescheides, nicht aber die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter zur Folge haben.
Der Beschwerdeführer ist sohin auch unter diesem Gesichtspunkt im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter nicht verletzt worden.
3. Der Beschwerdeführer vermeint weiters, Art87 B-VG sei als "justiziable Norm" anzusehen, die ihm ein subjektives verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht garantiere, das durch den angefochtenen Bescheid verletzt worden sei.
Auf dieses Vorbringen braucht der Gerichtshof nicht gesondert einzugehen, da bereits unter II.2. dargetan worden ist, daß der angefochtene Bescheid in die richterliche Amtsführung des Beschwerdeführers nicht eingreift.
4. a) Der Beschwerdeführer behauptet auch das Vorliegen von Willkür, "weil es keinen plausiblen, sachlichen Gesichtspunkt gibt, gerade Rechtssachen, die zwei Jahre anhängig sind, zu Akten zu erklären, über die ... zu berichten und Rechtfertigungsgründe bekanntzugeben sind". Da der Präsident des LG für ZRS den Inhalt der Akten gar nicht gekannt habe, werde dem Beschwerdeführer bei Rechtssachen, die zwei Jahre anhängig waren, eine Verfahrensverzögerung willkürlich unterstellt.
b) Die vom Beschwerdeführer mit diesem Vorbringen geltend gemachte Verletzung des Gleichheitsrechtes kann gem. der ständigen Rechtsprechung des VfGH nur vorliegen, wenn der Bescheid auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht oder wenn die Behörde der angewendeten Rechtsvorschrift einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie Willkür geübt hat (VfSlg. 7558/1975).
Daß die angewendeten Normen zum Gleichheitssatz in Widerspruch stünden oder daß ihnen ein gleichheitswidriger Inhalt unterstellt worden wäre, wird vom Beschwerdeführer nicht behauptet, solches ist im Verfahren auch sonst nicht hervorgekommen. Eine Gleichheitsverletzung könnte daher nur vorliegen, wenn die Behörde Willkür geübt hätte. Hiefür liegen jedoch keinerlei Anhaltspunkte vor. Das Vorbringen des Beschwerdeführers ist allenfalls für die Frage der Richtigkeit der Entscheidung von Bedeutung, diese ist vom VfGH jedoch nicht zu beurteilen. Davon, daß die Behörde willkürlich gehandelt hätte, kann keine Rede sein.
5. a) Der Beschwerdeführer behauptet schließlich eine Verletzung des durch Art3 MRK verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes, nicht menschenunwürdig oder erniedrigend behandelt zu werden. Mit den ihm aufgetragenen Berichtspflichten werde ein Zustand der Verdächtigung und des Mißtrauens herbeigeführt und ihm sogar zugemutet, Beweismaterial gegen sich selbst zu sammeln. Die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid vertretene Auffassung sei geeignet, seine persönliche Stellung als Richter zu treffen. Als Richter habe er Aufgaben der Rechtsprechung wahrzunehmen. Insoferne also auch ein nichtrichterlicher Bediensteter den verlangten Bericht erstatten könne, dürfe er als Richter verlangen, daß der Auftrag zu derartigen Berichten an nichtrichterliche Bedienstete erteilt werde.
b) Gem. Art3 MRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden. Dem VfGH ist unerfindlich, inwiefern der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in den aus Art3 MRK erfließenden Rechten verletzt sein könnte. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, daß ein die Menschenwürde beeinträchtigendes, als eine gröbliche Mißachtung des Beschwerdeführers zu qualifizierendes Verhalten von der belangten Behörde gesetzt worden wäre; nur ein solches Verhalten aber würde sich als Verletzung des Art3 MRK darstellen (VfSlg. 8145/1977, 8146/1977, 8296/1978 und VfGH 17. 10. 1979 B444/77).
6. Da auch eine Verletzung anderer verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte im Verfahren nicht hervorgekommen ist und das Verfahren auch nicht ergeben hat, daß der Beschwerdeführer wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden ist, war die Beschwerde abzuweisen.
Schlagworte
Feststellungsbescheid, Gericht, Bindung (der Gerichte), Richter, Dienstrecht, Dienstpflichten, Rechte verfassungsgesetzlich gewährleisteteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1980:B449.1976Dokumentnummer
JFT_10199679_76B00449_00