TE Vfgh Beschluss 1980/6/7 B115/79

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Veröffentlicht am 07.06.1980
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Index

10 Verfassungsrecht
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 (B-VG)

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Allg
B-VG Art144 Abs1 / Bescheid
BAO §186 Abs1
BAO §193
BewG-Nov 1972 ArtIII Abs2

Leitsatz

Art144 Abs1 B-VG; Nichtzuständigkeit des VfGH mangels Vorliegens eines Bescheides (Ausscheiden des angefochtenen Feststellungsbescheides aus dem Rechtsbestand durch Erlassung eines neuen Feststellungsbescheides gem. §193 Abs1 lita BAO vor Erhebung der VfGH-Beschwerde)

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

1. a) Mit Bescheid des Finanzamtes B. vom 12. Feber 1976 wurde der Einheitswert des Grundvermögens für die im Eigentum des Beschwerdeführers stehende Liegenschaft EZ 505, KG B., zum 1. Jänner 1973 gem. §186 Abs1 lita Z1 BAO - in der hier maßgeblichen Stammfassung - mit 586000 S festgestellt.

b) Dieser zum 1. Jänner 1977 noch geltende Einheitswert wurde mit Wirkung ab diesem Zeitpunkt gestützt auf ArtIII Abs1 BewG-Nov. 1972, BGBl. 447/1972, mit Bescheid des Finanzamtes B. vom 10. Juni 1977 um 10 vH erhöht. Die gegen den Erhöhungsbescheid erhobene Berufung wurde von der Finanzlandesdirektion für Wien, NÖ und Bgld. mit Bescheid vom 10. Jänner 1979, zugestellt am 16. Feber 1979, als unbegründet abgewiesen.

c) Gegen diesen Bescheid wendet sich die auf Art144 B-VG gestützte, am 19. März 1979 eingebrachte Beschwerde an den VfGH, in der die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz mit der Begründung behauptet wird, daß die dem Bescheid zugrunde liegende gesetzliche Vorschrift, nämlich ArtIII Abs1 BewG-Nov. 1972, verfassungswidrig sei.

2. a) Gleichzeitig mit der Berufung gegen den erstinstanzlichen Erhöhungsbescheid hatte der Beschwerdeführer beim Finanzamt einen Antrag auf Erlassung eines Fortschreibungsbescheides iS des §193 BAO gestellt, da sich der Wert der in Rede stehenden Liegenschaft vermindert habe und daher der zuletzt zum 1. Jänner 1973 festgestellte Einheitswert nicht mehr zutreffe.

b) Diesem Antrag wurde vom Finanzamt B. mit Bescheid vom 9. März 1979 Folge gegeben und der Einheitswert des Grundvermögens zum 1. Jänner 1977 nach den Vorschriften des Bewertungsgesetzes 1955 ermittelt und mit 525000 S festgestellt. Gleichzeitig wurde, basierend auf diesem neuen Einheitswert, ein neuer Erhöhungsbescheid iS des ArtIII Abs1 BewG-Nov. 1972 erlassen, mit dem mit Wirkung ab 1. Jänner 1977 der Einheitswert um 10 vH erhöht und mit 577000 S festgestellt wurde.

Diese beiden Bescheide wurden dem Beschwerdeführer nachweislich am 15. März 1979, also nach Zustellung des bekämpften Bescheides, jedoch vor Erhebung der Verfassungsgerichtshofbeschwerde zugestellt. Gegen sie hat der Beschwerdeführer Berufung erhoben; die Berufungsverfahren sind anhängig.

3. a) Gem. §193 Abs1 lita BAO - in der hier maßgeblichen Stammfassung - wird ein Feststellungsbescheid über einen Einheitswert durch einen neuen Feststellungsbescheid (Fortschreibungsbescheid) ersetzt

"bei Änderung des Wertes des Gegenstandes, wenn nach dem Feststellungszeitpunkt die Voraussetzungen eingetreten sind, unter denen nach dem Bewertungsgesetz 1955, BGBl. Nr. 148, eine Wertfortschreibung stattfindet".

b) Ein Fortschreibungsbescheid ersetzt somit ab seinem Wirksamkeitsbeginn den früher erlassenen Feststellungsbescheid über einen Einheitswert derart, daß dieser aus dem Rechtsbestand ausgeschieden wird. Aufgrund der ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung in ArtIII Abs2 BewG-Nov. 1972 sind auch Erhöhungsbescheide der genannten Art als Feststellungsbescheide über Einheitswerte (iS des §186 BAO) anzusehen. Ein Erhöhungsbescheid ersetzt somit ab seinem Wirksamkeitsbeginn einen früher erlassenen Erhöhungsbescheid.

c) Im Beschwerdefall ist der aufgrund des im Fortschreibungsbescheid vom 9. März 1979 festgestellten Einheitswertes erlassene Erhöhungsbescheid vom gleichen Tag dem Beschwerdeführer - wie oben ausgeführt - nach Zustellung des bekämpften Bescheides zugestellt worden, ist damit für den Beschwerdeführer wirksam geworden und hat so den vorher zugestellten Erhöhungsbescheid der Finanzlandesdirektion vom 10. Jänner 1979 aus dem Rechtsbestand ausgeschieden. Daran vermag auch die Tatsache nichts zu ändern, daß gegen den Erhöhungsbescheid des Finanzamtes B. vom 9. März 1979 Berufung eingebracht wurde, da gem. §254 BAO die Wirksamkeit eines Bescheides durch die Einbringung einer Berufung nicht gehemmt wird.

Es wurde somit der angefochtene Erhöhungsbescheid durch den späteren Erhöhungsbescheid des Finanzamtes B. vom 9. März 1979 ersetzt. Diese Ersetzung des angefochtenen Bescheides der Finanzlandesdirektion durch den späteren Erhöhungsbescheid erfolgte vor Einbringung der Verfassungsgerichtshofbeschwerde. Der angefochtene Bescheid gehörte somit im Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung dem Rechtsbestand nicht mehr an.

Das Vorliegen eines Bescheides ist aber eine Prozeßvoraussetzung, die im Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens und darüber hinaus während der ganzen Dauer des Verfahrens gegeben sein muß. Mangels dieser Prozeßvoraussetzung war die Beschwerde wegen Nichtzuständigkeit des VfGH zurückzuweisen (vgl. VfSlg. 6801/1972, VfGH 30. 1. 1980 B29/77).

Schlagworte

Finanzverfahren, Feststellungsbescheid, Einheitsbewertung, VfGH / Bescheid

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1980:B115.1979

Dokumentnummer

JFT_10199393_79B00115_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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