Index
50 GewerberechtNorm
B-VG Art7 Abs1 / VerwaltungsaktLeitsatz
GewO 1973; keine Bedenken gegen §193 Abs2; keine WillkürSpruch
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I.1. Mit Bescheid des Magistrates der Landeshauptstadt Linz vom 2. Feber 1977 wurde dem Ansuchen der Frau M. S. vom 29. Juli 1976 betreffend die Genehmigung der Übertragung der Ausübung des Gastgewerbes an die Beschwerdeführerin als Pächterin keine Folge gegeben und eine Verpachtungsgenehmigung gem. §25 Abs1 GewO 1973 nicht erteilt.
Zur Begründung wurde ausgeführt, daß nach §40 Abs2 GewO 1973 der Pächter den für die Ausübung des Gewerbes vorgeschriebenen persönlichen Voraussetzungen entsprechen müsse. Nach §25 Abs1 GewO 1973 müßten für die Bewilligung eines konzessionierten Gewerbes allenfalls vorgeschriebene besondere Voraussetzungen erfüllt sein. Für das konzessionierte Gastgewerbe bestimme §193 Abs2 GewO 1973, daß die erforderliche Zuverlässigkeit gem. §25 Abs1 Z1 leg. cit. dann nicht gegeben sei, wenn das bisherige Verhalten des Konzessionswerbers oder der Personen, mit denen sich der Konzessionswerber in einer Erwerbs- oder Lebensgemeinschaft befinde, die Annahme rechtfertige, daß das Gewerbe in einer dem Gesetz widersprechenden oder in einer das Ansehen der österreichischen Fremdenverkehrswirtschaft schädigenden Weise ausgeübt werden würde. Die Beschwerdeführerin sei wohl unbescholten, sie befinde sich aber in einer Lebensgemeinschaft mit ihrem Ehegatten, der 1960 wegen §460 StG (drei Tage Arrest bedingt) und wegen §§171, 174 I d, 467b StG (Zusatzstrafe von 14 Tagen strengen Arrest bedingt), 1962 wegen §464 StG (Ermahnung), 1963 wegen §§190, 192, 194 StG (fünf Jahre schwerer Kerker), 1966 wegen §411 StG (fünf Tage Arrest) und 1972 wegen §411 StG (500 S Geldstrafe) vorbestraft sei.
Aufgrund dieser Verurteilungen, insb. im Hinblick auf das Delikt des Raubes gelangte die Behörde zu der Auffassung, daß die Beschwerdeführerin die zur Ausübung des konzessionierten Gastgewerbes erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitze.
2. Der gegen diesen Bescheid von der Beschwerdeführerin erhobenen Berufung wurde vom Landeshauptmann von OÖ mit Bescheid vom 29. März 1977 gem. §§25 Abs2, 40 Abs2, 193 Abs2 und 341 Abs2 (richtig: 3) GewO 1973 keine Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt.
3. Gegen diesen Bescheid wendet sich die auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz geltend gemacht und die Aufhebung des bekämpften Bescheides, allenfalls die Abtretung der Beschwerde an den VwGH beantragt wird.
Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet und die Abweisung der Beschwerde begehrt.
II. Der VfGH hat erwogen:
1. Gegen den angefochtenen Bescheid ist gem. §344 Abs3 Z3 GewO 1973 idF BGBl. 253/1976 ein weiteres Rechtsmittel nicht zulässig; der Instanzenzug ist somit erschöpft. Da auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen erfüllt sind, ist die Beschwerde zulässig.
2. a) Zur behaupteten Gleichheitsverletzung führt die Beschwerdeführerin aus: Nach §193 Abs2 GewO 1973 werde vorausgesetzt, daß sich der Konzessionswerber mit der Person, deren Verhalten für die Annahme der Unzuverlässigkeit ausschlaggebend sei, in einer Erwerbs- oder Lebensgemeinschaft befinde. Während eine Erwerbs- oder Lebensgemeinschaft in der Regel von den Partnern relativ leicht beendet werden könne, sei dies bei Vorliegen einer Ehe nicht möglich. Eine lediglich im Hinblick auf §193 Abs2 begehrte Scheidung sei weder für die Gesetzgeber erstrebenswert noch mit den guten Sitten vereinbar. Im Falle der Beschwerdeführerin habe sich das Verhalten ihres Gatten mit der Eheschließung sogar wesentlich gebessert, sodaß gerade in der Ehe eine Gewähr für sein Wohlverhalten gegeben scheine. Dennoch gereiche die Tatsache dieser Ehe der Beschwerdeführerin bei der Bewerbung um die Konzession zum Nachteil. Eine bereits 14 Jahre zurückliegende Straftat ihres Ehepartners könne im Hinblick auf dessen nachfolgendes Wohlverhalten nicht zu einer sachlich gerechtfertigten Ungleichbehandlung gegenüber der Ehegattin eines unbescholtenen Mannes führen. Andere Gründe für die Rechtfertigung der Annahme der Unzuverlässigkeit wurden von der Behörde nicht angeführt, diesbezügliche Erhebungen seien für entbehrlich gehalten worden. Ergänzende Erhebungen hätten jedoch ergeben, daß im Hinblick auf das lange Zurückliegen der Straftat und das nachfolgende Wohlverhalten die Annahme der Unzuverlässigkeit nicht gerechtfertigt scheine und diese somit "kein Anlaß zu einer sachlich differenzierten Ungleichbehandlung" sei.
b) aa) Die von der Beschwerdeführerin geltend gemachte Verletzung des Gleichheitsrechtes kann gem. der ständigen Rechtsprechung des VfGH (VfSlg. 7558/1975) nur vorliegen, wenn der Bescheid auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht oder wenn die Behörde der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie Willkür geübt hat.
Die belangte Behörde stützt sich im angefochtenen Bescheid insb. auf die §§25 Abs2, 40 Abs2 und 193 Abs2 GewO 1973. Nach §40 Abs2 GewO 1973 muß der Pächter den für die Ausübung des Gewerbes vorgeschriebenen persönlichen Voraussetzungen entsprechen. Für das Gastgewerbe ist gem. §193 Abs2 die erforderliche Zuverlässigkeit iS des §25 Abs1 Z1 GewO insb. dann nicht gegeben, wenn das bisherige Verhalten des Konzessionswerbers oder der Personen, mit denen sich der Konzessionsinhaber in einer Erwerbs- oder Lebensgemeinschaft befindet, die Annahme rechtfertigt, daß das Gewerbe in einer nicht dem Gesetz entsprechenden oder in einer das Ansehen der österreichischen Fremdenverkehrswirtschaft schädigenden Weise ausgeübt werden wird.
bb) Bedenken gegen diese Vorschriften werden von der Beschwerdeführerin insofern geltend gemacht, als sie in bezug auf §193 Abs2 GewO ausführt, daß eine Erwerbs- oder Lebensgemeinschaft in der Regel von den Partnern relativ leicht beendet werden könne, dies jedoch bei Vorliegen einer Ehe nicht möglich sei. Eine lediglich im Hinblick auf §193 Abs2 GewO 1973 begehrte Scheidung sei mit den guten Sitten nicht vereinbar. Der VfGH sieht sich zur Einleitung eines Prüfungsverfahrens jedoch nicht veranlaßt. Wie die Erläuternden Bemerkungen zu §193 Abs2 der GewO 1973 ausführen, berücksichtigt diese Bestimmung die Erfahrungstatsache, daß bei einer Lebensgemeinschaft die Unzuverlässigkeit des einen Partners wegen der gegenseitigen Beeinflussung die Unzuverlässigkeit des anderen Partners zur Folge haben kann (vgl. 395 BlgNR, XIII. GP). Im Hinblick auf die besondere Bedeutung der Zuverlässigkeit des das Gastgewerbe ausübenden Personenkreises hegt der VfGH aus der Sicht des Beschwerdevorbringens keine Bedenken gegen §193 Abs2 GewO 1973.
Andere Bedenken gegen die angewendeten gesetzlichen Vorschriften hat die Beschwerdeführerin nicht geäußert, solche sind auch im VfGH aus Anlaß des vorliegenden Beschwerdefalles nicht entstanden.
cc) Auch der Vorwurf, daß die belangte Behörde den angewendeten Vorschriften einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder Willkür geübt hätte, kann mit Erfolg nicht erhoben werden.
Die Gewerbebehörden beider Rechtsstufen haben das Ansuchen der Beschwerdeführerin abgewiesen, weil der Gatte der Beschwerdeführerin in der Zeit von 1963 bis 1973 wegen verschiedener Diebstahlsdelikte, wegen Raufhandels und wegen Raubes verurteilt worden sei. Die Strafen seien nicht getilgt und ließen wegen der laufenden Setzung weiterer Straftaten die Annahme nicht rechtfertigen, daß das von der Beschwerdeführerin zu übernehmende Gastgewerbe auch tatsächlich dem Gesetz entsprechend ausgeübt werden könne. Im Hinblick auf diesen festgestellten Sachverhalt hielt die belangte Behörde die angeregten Erhebungen für entbehrlich, weil sich dadurch an der Tatsache der mangelnden Zuverlässigkeit iS der §§25 Abs1 Z1 und 193 Abs2 GewO 1973 nichts ändern könne.
Die Beschwerdeführerin hält dieser Ansicht der belangten Behörde im wesentlichen entgegen, daß sich das Verhalten ihres Gatten mit der Eheschließung erheblich gebessert habe, sodaß gerade in der Ehe eine Gewähr für sein Wohlverhalten gegeben scheine.
Trotz diesem Beschwerdevorbringen kann der belangten Behörde der Vorwurf der Willkür jedoch nicht gemacht werden; wenn von ihr aufgrund der wiederholten Verurteilungen des Gatten der Beschwerdeführerin auf die Nichterfüllung der Voraussetzungen des §193 Abs2 GewO 1973 geschlossen wurde, wird damit nämlich implizit auch auf den Umstand verwiesen, daß, wie sich aus dem eigenen Vorbringen der Beschwerdeführerin im Verwaltungsakt ergibt, sie mit ihrem Gatten im Jahre 1970 die Ehe eingegangen ist und sich ihr Gatte dennoch nachfolgend, im Jahre 1973, neuerlich eines strafbaren Tatbestandes gem. §411 StG schuldig gemacht hat. Wenn auch ein zwingender Beweis dafür, daß der befürchtete Mißbrauch einer Konzession in Hinkunft tatsächlich eintreten werde, nie möglich ist, worauf der VwGH mit Recht verweist (VwGH 27. 11. 1974 Z 193/74 und 1146/74), und von der Behörde unabhängig von einer allfälligen Bestrafung zu beurteilen ist, ob Handlungen oder Unterlassungen die Annahme des Fehlens der erforderlichen Zuverlässigkeit rechtfertigen (VwSlg. 9607 A/1978), reichen allfällige diesbezügliche Verfahrensmängel jedenfalls nicht in die Verfassungssphäre. Der Behörde kann demnach nicht der Vorwurf gemacht werden, daß sie nicht bemüht gewesen wäre, dem Rechte zu dienen; damit ist aber Willkür ausgeschlossen.
Ebensowenig ist hervorgekommen, daß die belangte Behörde den angewendeten Bestimmungen einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt hätte.
3. Die behauptete Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichbehandlung hat somit nicht stattgefunden.
Die Verletzung eines anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes hat das Verfahren ebensowenig ergeben, wie die Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm.
Die Beschwerde war daher abzuweisen.
Schlagworte
Gewerberecht, GastgewerbeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1980:B196.1977Dokumentnummer
JFT_10199382_77B00196_00