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32 SteuerrechtNorm
StGG Art5Leitsatz
UStG 1972; keine denkunmögliche Auslegung des §2 Abs1Spruch
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I.1. Beide Beschwerdeführer haben gemeinsam eine Jagd gepachtet. Der diesbezügliche Umsatzsteuerbescheid 1973 erging zunächst entsprechend ihrer Erklärung, in der sie vereinnahmte Entgelte von rund 53000 S sowie einen Eigenverbrauch von rund 17000 S ausgewiesen hatten.
Anläßlich einer Umsatzsteuerrevision (ua.) für das Kalenderjahr 1973 stellte der Prüfer fest, daß der Eigenverbrauch an Wildbret für den Monat Dezember 1972 bei den Entgelten des Jahres 1973 erfaßt worden sei sowie daß ein Berechnungsfehler beim Vorsteuerabzug vorliege; überdies vertrat er die Auffassung, daß die Aufwendungen für die Jagdpacht von rund 750000 S gem. §1 Abs1 Z2 litb des Umsatzsteuergesetzes 1972 (UStG 1972) (im vorliegenden Beschwerdefall ist maßgebend die Fassung vor dem Inkrafttreten des Abgabenänderungsgesetzes 1975, BGBl. 636) als Eigenverbrauch zu erfassen wären. Das Finanzamt folgte dem Standpunkt des Prüfers, nahm das Verfahren wieder auf und erließ unter einem den berichtigten Umsatzsteuerbescheid 1973.
Die Beschwerdeführer erhoben dagegen mit einem Schriftsatz Berufung, der auch ihre Berufung gegen den vorläufigen Umsatzsteuerbescheid 1974 beinhaltete.
Soweit sich die Berufung gegen die Wiederaufnahme des Verfahrens richtete, entschied die Finanzlandesdirektion für Tirol hierüber monokratisch mit einem das Rechtsmittel in diesem Umfang abweisenden Bescheid vom 28. Oktober 1976; eine dagegen erhobene Verwaltungsgerichtshofbeschwerde blieb erfolglos.
Über den gegen den Umsatzsteuerbescheid 1973 gerichteten Teil der Berufung entschied der Berufungssenat der Finanzlandesdirektion für Tirol mit Bescheid vom 29. November 1976; er wies das Rechtsmittel insoweit ab und begründete dies im wesentlichen folgendermaßen: Wenn auch die Jagd zum ausschließlichen Privatvergnügen der Beschwerdeführer betrieben werde, so übersähen sie, daß die Bestimmung des §2 Abs1 UStG 1972 "gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen" objektiv aufzufassen sei. Es sei unbestritten, daß die Beschwerdeführer - aus welchen Gründen immer - seit Jahren erlegtes Wild geliefert und dafür Einnahmen erzielt hätten. Auch sogenannte Liebhabereien seien umsatzsteuerbare Unternehmertätigkeiten, wenn sie auf die Erzielung von Einnahmen gerichtet seien. Daß es sich hiebei nicht um eine nachhaltige Tätigkeit handle, könne wohl kaum ernstlich behauptet werden, da das Merkmal hiefür insb. dann gegeben sei, wenn eine Wiederholung mehrerer aufeinanderfolgender gleichartiger Handlungen unter Ausnutzung derselben Gelegenheit und derselben dauernden Verhältnisse stattfinde. Da die Tätigkeit nachhaltig und unbestrittenermaßen auch selbständig ausgeübt worden sei, sei die Ausübung der Jagdpacht zur Gänze zu einer Unternehmertätigkeit iS des Umsatzsteuerrechtes geworden.
Von dieser Rechtsauffassung ausgehend, begründete die Finanzlandesdirektion sodann näher, weshalb ein Eigenverbrauchstatbestand iS des §1 Abs1 Z2 litb UStG 1972 gegeben sei.
2. Gegen diesen Bescheid des Berufungssenates der Finanzlandesdirektion für Tirol richtet sich die auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde an den VfGH, in welcher die Beschwerdeführer eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums behaupten und die Aufhebung dieses Bescheides, allenfalls die Abtretung der Beschwerde an den VwGH beantragen.
II. Der VfGH hat erwogen:
1. Das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Unversehrtheit des Eigentums wird nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH durch einen in das Eigentum eingreifenden Bescheid einer Verwaltungsbehörde nur dann verletzt, wenn der Bescheid unter Heranziehung einer verfassungswidrigen Rechtsgrundlage erlassen wird oder wenn er gesetzlos ist, wobei die denkunmögliche Anwendung eines Gesetzes ebenfalls als Gesetzlosigkeit angesehen wird (s. zB VfSlg. 8326/1978). Daß dem in materiellrechtlicher Hinsicht auf Bestimmungen des UStG 1972 gestützten, also zweifellos nicht gesetzlos erlassenen Bescheid verfassungswidrige Rechtsvorschriften zugrunde lägen, behaupten die Beschwerdeführer nicht; auch der VfGH findet keine Anhaltspunkte dafür. Die Beschwerdeführer werfen der belangten Behörde hingegen eine denkunmögliche Gesetzeshandhabung vor; dies aber nicht zu Recht.
Unter Bezugnahme auf §2 Abs1 UStG 1972 bezweifeln die Beschwerdeführer überhaupt die Möglichkeit, daß ein Eigenverbrauchstatbestand vorliege, mit dem Argument, daß ihnen die Unternehmereigenschaft fehle. Werde eine Jagd zum reinen Privatvergnügen betrieben, so könne man darin nicht die Ausübung einer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit erblicken; darüber hinaus werde es niemand einfallen, daß Personen, die eine private Jagd als Hobby unterhalten, dies wegen der Erzielung von Einnahmen täten.
Diesem Standpunkt der Beschwerdeführer ist jedoch entgegenzuhalten, daß die Vorschrift des §2 Abs1 leg. cit. ihrem Wortlaut nach eine Auslegung dahin gestattet, es komme nicht auf die subjektive Motivation zur Einnahmenerzielung, sondern ausschließlich auf das Vorliegen der objektiven Umstände an. Ob dieses Verständnis der bezogenen Gesetzesvorschrift richtig ist, ist eine im gegebenen Zusammenhang vom VfGH nicht zu beurteilende Frage der richtigen Anwendung einer einfachgesetzlichen Vorschrift.
Grundsätzlich das gleiche gilt für den weiteren Einwand der Beschwerdeführer, mit dem sie der Sache nach das Vorliegen des Tatbestandsmerkmales der Nachhaltigkeit bestreiten. Sie meinen nämlich, daß bei vielen Tätigkeiten, die in der privaten Sphäre betrieben werden, gelegentlich Einnahmen anfallen, ohne daß dies angestrebt werde, und ziehen einen Vergleich zwischen der von ihnen betriebenen Jagd und den Tätigkeiten eines Hobbymalers, der gelegentlich ein Bild verkauft, eines Briefmarkensammlers, der hin und wieder einige Briefmarken veräußert oder tauscht, sowie eines Autofahrers, der ein Privatfahrzeug in Zahlung gibt oder für Mitnahme einer Person gelegentlich einen Betrag kassiert. Auch die Frage, ob das erwähnte Tatbestandsmerkmal gegeben ist, ist eine solche der richtigen Anwendung einer einfachgesetzlichen Bestimmung; von einer denkunmöglichen Gesetzeshandhabung kann im Hinblick auf den Umstand nicht gesprochen werden, daß die erzielten Einnahmen auf eine umfangmäßig nicht unbeträchtliche Lieferung erlegten Wildes schließen lassen und die Beschwerdeführer im übrigen selbst die Feststellung der belangten Behörde nicht bestreiten, sie hätten seit Jahren erlegtes Wild geliefert und dafür Einnahmen erzielt.
Letztlich machen die Beschwerdeführer ohne nähere Begründung unter dem Gesichtspunkt einer Mangelhaftigkeit des Verfahrens geltend, daß die belangte Behörde mit ihrem Bescheid nicht unter einem über die mit demselben Schriftsatz gegen den vorläufigen Umsatzsteuerbescheid 1974 ergriffene Berufung abgesprochen habe.
Damit rügen sie jedoch bloß ein Untätigbleiben der belangten Finanzlandesdirektion und erheben sohin einen Vorwurf, der in Wahrheit nicht den normativen Inhalt des angefochtenen Bescheides betrifft.
2. Da das Beschwerdeverfahren auch nicht ergeben hat, daß die Beschwerdeführer in einem anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht oder infolge der Anwendung einer rechtswidrigen generellen Rechtsnorm in einem Recht verletzt worden wären, war die Beschwerde abzuweisen.
Schlagworte
UmsatzsteuerEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1980:B1.1977Dokumentnummer
JFT_10199375_77B00001_00