TE Vfgh Erkenntnis 1980/10/3 B50/79

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Veröffentlicht am 03.10.1980
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Index

L6 Land- und Forstwirtschaft
L6800 Ausländergrunderwerb, Grundverkehr

Norm

B-VG Art83 Abs2
B-VG Art133 Z4
B-VG Art144 Abs2
AVG §8
Oö GVG 1975 §18ff

Leitsatz

Oö. Grundverkehrsgesetz 1975, keine Parteistellung des Miteigentümers im Verfahren betreffend die Genehmigung der Übertragung von Eigentumsanteilen anderer Miteigentümer; kein Entzug des gesetzlichen Richters

Spruch

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Der Antrag, die Beschwerde an den VwGH abzutreten, wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Beschwerdeführerin ist zur Hälfte Eigentümerin der Liegenschaft EZ 310 KG H. Die andere Hälfte dieser Liegenschaft stand im Eigentum des Vaters der Beschwerdeführerin, J.P. Mit Übergabsvertrag vom 30. November 1977 übereignete J.P. seine Hälfte der Liegenschaft EZ 310 KG H. an seinen aus erster Ehe stammenden Sohn St.P. Mit Bescheid der Bezirksgrundverkehrskommission Windischgarsten vom 17. Feber 1978, GV 1610/9, wurde dieser Eigentumsübertragung die grundverkehrsbehördliche Zustimmung erteilt.

2. Hierauf stellte die Beschwerdeführerin die Anträge, ihr den Bescheid vom 17. Feber 1978, GV 1610/9, zuzustellen und dieses Verfahren wieder aufzunehmen. Mit Bescheid der Bezirksgrundverkehrskommission Windischgarsten vom 25. August 1978, GV 2542/1, wurden diese Anträge mangels Parteistellung der Antragstellerin zurückgewiesen.

Der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung der Beschwerdeführerin wurde mit Bescheid der Landesgrundverkehrskommission beim Amt der Oö. Landesregierung vom 20. März 1978, Agrar-100203-6611/1, keine Folge gegeben.

3. Gegen diesen Bescheid wendet sich die auf Art144 B-G gestützte Beschwerde, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter und auf Unversehrtheit des Eigentums geltend gemacht und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides, in eventu die Abtretung der Beschwerde an den VwGH beantragt wird.

Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet und die Abweisung der Beschwerde begehrt.

II. Der VfGH hat erwogen:

1. Nach der Rechtsprechung des VfGH wird das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter durch den Bescheid einer Verwaltungsbehörde ua. dann verletzt, wenn die Behörde in gesetzwidriger Weise ihre Zuständigkeit ablehnt und damit eine Sachentscheidung verweigert (VfSlg. 7605/1975). Dies ist jedoch nicht der Fall.

Das Oö. Grundverkehrsgesetz 1975, LGBl. 53/1975 (künftig: GVG), enthält keine ausdrückliche Bestimmung darüber, wer in einem Verfahren als Partei zu gelten hat. Aus seinem Inhalt ergibt sich jedoch, daß bei einer vertraglichen Eigentumsübertragung die Vertragspartner und allenfalls von der Landesregierung namhaft gemachte Käufer Parteien sind; Miteigentümern wird nach dem Wortlaut des GVG in Verfahren, die die Genehmigung der Übertragung von Eigentumsanteilen anderer Miteigentümer betreffen, eine Parteistellung nicht eingeräumt. Der VfGH hält an der von ihm bereits mit Erk. VfSlg. 6216/1970 vertretenen Rechtsansicht, die auch für den vorliegenden Beschwerdefall gilt, weil sich an der Rechtslage hinsichtlich der maßgeblichen Bestimmungen nichts geändert hat (beim Oö. Grundverkehrsgesetz 1975 handelt es sich um eine Wiederverlautbarung des Oö. Grundverkehrsgesetzes vom 26. Mai 1954, LGBl. 16, unter Berücksichtigung der bis zur Wiederverlautbarung ergangenen, jedoch für den vorliegenden Beschwerdefall nicht maßgeblichen Novellen), fest, daß die Frage, ob die Übertragung von Anteilen eines Miteigentümers mit den nach dem GVG zu wahrenden öffentlichen Interessen im Einklang steht, außerhalb des subjektiven Rechtsbereiches eines anderen Miteigentümers liegt. Die von der Beschwerdeführerin dagegen ins Treffen geführten Argumente, daß bei landwirtschaftlichen Betrieben durch die Übertragung von Miteigentumsanteilen eine besondere Betroffenheit der Miteigentümer bestehe und daß eine Realteilung bei landwirtschaftlichen Betrieben nicht in Frage komme, erweisen lediglich wirtschaftliche Auswirkungen, vermögen aber nicht zu widerlegen, daß durch die Genehmigung der vertraglichen Veräußerung ideeller Anteile Rechtsansprüche oder rechtliche Interessen iS des §8 AVG 1950 von anderen Miteigentümern nicht berührt werden. Durch eine solche Übertragung von Miteigentumsanteilen tritt demnach in der bestehenden Gemeinschaft des Eigentums nur ein Wechsel der Personen ein, die Rechtsstellung der Miteigentümer zueinander wird jedoch durch die grundverkehrsbehördliche Genehmigung der Übertragung von Miteigentumsanteilen nicht verändert.

Damit ist aber die Parteistellung der Beschwerdeführerin im grundverkehrsbehördlichen Verfahren betreffend die Genehmigung der Übertragung der Miteigentumsanteile ihres Vaters an dessen Sohn zu Recht verneint worden. Die Beschwerdeführerin wurde durch den angefochtenen Bescheid somit im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter nicht verletzt.

2. Bei diesem Ergebnis ist es ausgeschlossen, daß die Beschwerdeführerin in anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt worden ist.

3. Die behaupteten Verletzungen verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte haben somit nicht stattgefunden. Das Verfahren hat auch keine Anhaltspunkte für die Annahme ergeben, daß die Beschwerdeführerin wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden wäre.

Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

4. Der von der Beschwerdeführerin gestellte Antrag, die Beschwerde allenfalls an den VwGH abzutreten, war ebenfalls abzuweisen, da eine derartige Abtretung gemäß Art144 Abs2 B-VG nur dann in Betracht kommt, wenn es sich nicht um einen Fall handelt, der nach Art133 B-VG von der Zuständigkeit des VwGH ausgeschlossen ist. Ein derartiger Fall liegt aber hier vor.

Die Landesgrundverkehrskommission beim Amt der Oö. Landesregierung ist nämlich eine nach Art133 Z4 B-VG eingerichtete Verwaltungsbehörde (VfSlg. 8309/1978 und die dort zitierte Vorjudikatur). Die Anrufung des VwGH gegen die von ihr erlassenen Bescheide ist nirgends ausdrücklich für zulässig erklärt. Die Zuständigkeit des VwGH ist sohin ausgeschlossen.

Schlagworte

Grundverkehrsrecht, Parteistellung Grundverkehrsrecht, VfGH / Abtretung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1980:B50.1979

Dokumentnummer

JFT_10198997_79B00050_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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