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27 RechtspflegeNorm
B-VG Art144 Abs1 / InstanzenzugserschöpfungLeitsatz
GEG 1962, keine Bedenken gegen §2; keine denkunmögliche AnwendungSpruch
1. Die Beschwerde wird, soweit sie sich gegen die Vorschreibung einer Protokollsabschriftgebühr für eine Abschrift des Protokolls über die öffentliche mündliche Verhandlung am 26. November 1975 richtet, zurückgewiesen.
2. Im übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I.1. Der Beschwerdeführer war in einem Verfahren zur Feststellung der außerehelichen Vaterschaft und der Unterhaltspflicht beklagte Partei. Das Bezirksgericht Favoriten hat in diesem Verfahren zunächst die Einholung eines serologischen Gutachtens und sodann auf Vorschlag des Sachverständigen auch die Einbeziehung des HL-A-Systems beschlossen. Mit der Erlassung der Beweisbeschlüsse wurde jeweils dem Beschwerdeführer innerhalb einer bestimmten Frist der Erlag eines Kostenvorschusses aufgetragen.
Mit Urteil des Bezirksgerichtes Favoriten 4 C 157/75-18 vom 26. November 1975 wurde ausgesprochen, daß der Beschwerdeführer nicht der außereheliche Vater des klagenden mj. Kindes und damit auch zu einer Unterhaltsleistung an dieses nicht verpflichtet ist. Eine Kostenentscheidung entfiel, da Kosten nicht verzeichnet worden waren. Der gegen den Kostenspruch des Urteiles vom Beschwerdeführer erhobene Rekurs mit dem Antrag auf Zuerkennung der Verfahrenskosten wurde mit dem Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 18. Jänner 1979 als verspätet zurückgewiesen.
2. Mit Zahlungsauftrag des Kostenbeamten des Bezirksgerichtes Favoriten vom 22. Juli 1976, 4 C 157/75 (Ziv. 109.836/76 der Einbringungsstelle beim OLG Wien) wurden dem Beschwerdeführer die Zahlung von S 36.157,-, darunter der Ersatz der aus Amtsgeldern vorläufig berichtigten Sachverständigengebühren für die im Verfahren eingeholten Sachverständigengutachten (Z1) in der Höhe von S 36.007,-
(§6 Abs1 gerichtliches Einbringungsgesetz 1962 - GEG 1962, BGBl. 288/1962 idgF) und S 10,- Protokollsabschriftgebühr (Tarifpost 19 des Tarifes nach dem Gerichts- und Justizverwaltungsgebührengesetz 1962 - GJGebGes. 1962, BGBl. 289/1962 idgF) vorgeschrieben.
Der gegen diesen Zahlungsauftrag erhobene und nur gegen die Vorschreibung der Sachverständigengebühren gerichtete Berichtigungsantrag wurde mit dem Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 9. September 1977 als verspätet zurückgewiesen. Dieser Bescheid wurde unter Berufung auf §68 Abs2 AVG 1950 mit Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 5. Jänner 1978 von Amts wegen behoben. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, daß dem gegen den Bescheid des Kostenbeamten vom 22. Juli 1976 erhobenen Berichtigungsantrag nicht Folge gegeben wird.
3. Gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 5. Jänner 1978, soweit mit ihm dem Berichtigungsantrag nicht Folge gegeben worden war, richtet sich die unter Berufung auf Art144 B-VG erhobene Beschwerde. Der Beschwerdeführer behauptet, durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums verletzt worden zu sein. Es wird der Antrag gestellt, den angefochtenen Bescheid kostenpflichtig aufzuheben oder im Falle der Abweisung die Beschwerde dem VwGH abzutreten.
In der Beschwerde wird vorgebracht, daß der angefochtene Bescheid "gesetz- und rechtswidrig" sei, "weil die Amtshandlung (Beiziehung eines Sachverständigen) weder vom Beschwerdeführer veranlaßt wurde, noch in seinem Interesse gelegen ist (§6 Z7 GJGebGes. 1962)".
Des weiteren wird ausgeführt, daß die "Gutachtenseinholung mangels Erlag der Sachverständigenkostenvorschüsse und mangels Ersuchen um Gewährung der Verfahrenshilfe" - wodurch "ein dem Ruhen ähnlicher faktischer Stillstand des Verfahrens eingetreten" sei - "in beiden Fällen nur über Fortsetzungsanträge der klagenden Partei" hätte erfolgen dürfen. Die Einholung des Sachverständigengutachtens sei, "um den Stillstand des Verfahrens zu vermeiden, welchen die klagende Partei mit einem Fortsetzungsantrag hätte abwenden müssen, vielmehr im Interesse der klagenden Partei gelegen" gewesen.
Des weiteren begründet der Beschwerdeführer die Unzulässigkeit der Vorschreibung des Ersatzes der Sachverständigengebühren mit der Nichtigkeit des Verfahrens (nach §477 ZPO), weil ihm die Teilnahme an der Streitverhandlung am 26. November 1975 zufolge einer in Widerspruch zu §111 Abs2 ZPO vorgenommenen Ladung nicht möglich gewesen sei.
Schließlich sei das serologische Gutachten in keinem Falle im Interesse des Beschwerdeführers erstellt worden, weil es weder in der Verhandlung vorgetragen noch in der Urteilsbegründung verwertet worden sei.
Ebenso wenig hätten die Gebühren für eine nicht bestellte Protokollsabschrift (des Protokolls über die mündliche Verhandlung am 26. November 1975) vorgeschrieben werden dürfen. "Wenn diese Vorschreibung auch im Berichtigungsantrag nicht ausdrücklich angefochten" worden sei, "hätte eine amtswegige Berichtigung durch den Präsidenten des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen wegen offensichtlicher Gesetzesverletzung vorgenommen werden müssen".
Weiters bringt der Beschwerdeführer noch vor, "daß er sich durch den geschilderten Sachverhalt in seiner Dispositionsfreiheit eingeschränkt sieht". Es müsse "ihm überlassen bleiben, wie er in einem Rechtsstreit agiere," und dies auch auf die Gefahr hin, in diesem Rechtsstreit zu unterliegen. Außerdem sei "der Beschwerdeführer durch Nichtbeachtung der gesetzlichen Vorschriften der §§111, 477, 365 ZPO, §6 Abs1 Z7 GJGebGes. 1962 und §7 GEG 1962 in seinen Rechten verletzt".
II. Der VfGH hat erwogen:
1. Der Beschwerdeführer hat sich in dem von ihm erhobenen Berichtigungsantrag nur gegen die Vorschreibung des Ersatzes der Sachverständigengebühren, nicht aber gegen die Vorschreibung einer Gebühr für die Abschrift des Protokolls der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Bezirksgericht Favoriten am 26. November 1975 gewendet. Insoweit ist der Instanzenzug nicht erschöpft. Die Beschwerde ist, soweit sie sich gegen die Vorschreibung einer Protokollsabschriftgebühr richtet, wegen der in der Nichterschöpfung des Instanzenzuges begründeten offenbaren Nichtzuständigkeit des VfGH zurückzuweisen.
Der Antrag, die Beschwerde dem VwGH abzutreten, war abzuweisen, weil diese Abtretung nach Art144 Abs2 B-VG nur für den Fall einer abweisenden Entscheidung über die Beschwerde, nicht aber für den Fall der Zurückweisung vorgesehen ist.
2. Soweit mit dem angefochtenen Bescheid dem gegen den Zahlungsauftrag mit der Vorschreibung des Ersatzes der Sachverständigengebühren erhobenen Berichtigungsantrag nicht Folge gegeben wurde, erachtet sich der Beschwerdeführer durch diesen im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt.
a) Dieses Recht wird nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH (vgl. VfSlg. 8472/1978) durch einen in das Eigentum eingreifenden Bescheid einer Verwaltungsbehörde nur dann verletzt, wenn dieser unter Heranziehung einer verfassungswidrigen Rechtsgrundlage erlassen wird oder wenn er gesetzlos ist, wobei die denkunmögliche Anwendung eines Gesetzes ebenfalls als Gesetzlosigkeit angesehen wird.
b) Der angefochtene Bescheid ist auf §2 GEG 1962 gestützt. Nach dieser Bestimmung sind die in §1 Z6 GEG 1962 genannten Kosten (zu ihnen gehören alle Kosten in bürgerlichen Rechtssachen, die aus Amtsgeldern berichtigt wurden, sofern sie von einer Partei zu ersetzen sind, darunter die Gebühren von Sachverständigen), sofern hiefür kein Kostenvorschuß (§3) erlegt wurde oder keine andere Regelung getroffen ist, aus Amtsgeldern zu berichtigen; diese (und die in §1 Z8 genannten, hier nicht in Betracht kommenden) Kosten sind von der Partei zu ersetzen, die nach den bestehenden Vorschriften hiezu verpflichtet ist. Mangels einer Vorschrift sind diese Beträge von jenen Beteiligten zu ersetzen, die sie veranlaßt haben oder in deren Interesse die Amtshandlung vorgenommen wurde.
Wie der VfGH im Erk. vom 19. 3. 1980, B428/76, ausgeführt hat, bestehen gegen die Verfassungsmäßigkeit des §2 GEG 1962 keine Bedenken. Der VfGH sieht keine Veranlassung, von der in diesem Erk. vertretenen Auffassung abzugehen.
c) Vorschriften iS des §2 GEG 1962 über die Verpflichtung zum Ersatz der in einem Verfahren auf Feststellung der außerehelichen Vaterschaft durch Sachverständigengebühren entstandenen Kosten bestehen nicht. Sie sind nach §2 GEG 1962 von den Beteiligten unter der Voraussetzung zu ersetzen, daß sie sie veranlaßt haben oder daß die in der Einholung der Sachverständigengutachten gelegenen Amtshandlungen in ihrem Interesse vorgenommen wurden.
Gestützt auf diese Regelung hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid dem Beschwerdeführer den Ersatz der Sachverständigengebühren mit der Begründung vorgeschrieben, daß die Einholung der Sachverständigengutachten im Interesse des Beschwerdeführers vorgenommen wurde, um den Nachweis dafür zu erhalten, daß er von der Vaterschaft auszuschließen und damit die Rechtsvermutung des §163 ABGB widerlegt ist.
Über die Notwendigkeit der Einholung der Sachverständigengutachten war vom Gericht zu entscheiden. Auch über die Höhe des Gebührenanspruches des Sachverständigen hatte das Gericht durch Beschluß zu befinden. Diese gerichtlichen Anordnungen auf ihre Gesetzmäßigkeit zu überprüfen, ist der VfGH nicht berechtigt (B428/76).
Wenn die belangte Behörde im Hinblick auf diese gerichtlichen Anordnungen bei der ihr ausschließlich nach §2 GEG 1962 zukommenden Prüfung, ob der Beschwerdeführer zum Ersatz der Sachverständigengebühren zu verpflichten ist, zur Auffassung gekommen ist, daß die Einholung der Sachverständigengutachten im Interesse des Beschwerdeführers vorgenommen wurde und ihn daher die Verpflichtung zum Ersatz der Sachverständigengebühren trifft, kann ihr nicht eine denkunmögliche Gesetzesanwendung zum Vorwurf gemacht werden (B428/76).
Ein solcher Vorwurf kann auch aus dem Beschwerdevorbringen nicht abgeleitet werden. In diesem wird einerseits dargelegt, daß vom Gericht die Einholung der Sachverständigengutachten nicht notwendig gewesen wäre und damit die vom VfGH nicht zu überprüfende Richtigkeit der gerichtlichen Anordnung der Einholung der Sachverständigengutachten in Zweifel gezogen. Andererseits wird - wie sich insbesondere auch aus dem Wortlaut des Vorbringens ergibt - behauptet, daß die Vorschreibung des Kostenersatzes an den Beschwerdeführer gesetz- und rechtswidrig sei, nicht aber dargetan, daß die belangte Behörde das Gesetz denkunmöglich angewendet habe. Ob der Bescheid aber gesetzmäßig ist oder ob der belangten Behörde allenfalls eine unrichtige Anwendung der ihm zugrundeliegenden Rechtsvorschriften vorgeworfen werden kann, hat nicht der VfGH, sondern der VwGH zu prüfen.
Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums offenkundig nicht verletzt worden.
Im Verfahren ist auch nicht hervorgekommen, daß der Beschwerdeführer in einem anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden wäre.
Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.
Schlagworte
Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren, VfGH / InstanzenzugserschöpfungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1980:B174.1978Dokumentnummer
JFT_10198996_78B00174_00