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37 Geld-, Währungs-und KreditrechtNorm
B-VG Art140 Abs1 / IndividualantragLeitsatz
Art140 Abs1 B-VG, Individualantrag auf Aufhebung der §§1, 2, 43, 44 und 46 des Gesetzes über das Kreditwesen vom 25. September 1939, DRGBl. I, S 1955, idF des Gesetzes vom 23. Juli 1940, DRGBl. I, S 1047, und der Verordnung vom 18. September 1944, DRGBl. I, S 211; keine LegitimationSpruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
I.1. Die "B." GmbH begehrt, gestützt auf Art140 Abs1 letzter Satz B-VG, die Aufhebung der Bestimmungen der §§1, 2, 43, 44 und 46 des Gesetzes über das Kreditwesen vom 25. September 1939, DRGBl. I, S 1955, (Kundmachung GBlÖ 1390/1939), idF des Gesetzes vom 23. Juli 1940, DRGBl. I, S 1047, und der Verordnung vom 18. September 1944, DRGBl. I, S 211 (im folgenden KWG).
2. Im Antrag wird ausgeführt, daß die Antragstellerin eine in das Handelsregister des Handelsgerichtes Wien (unter GZ 7 HRB 17.458) eingetragene Gesellschaft mbH ist, der Konzessionen für das Gewerbe der Immobilienmakler (§259 GewO 1973), der Immobilienverwaltung (§263 GewO 1973), der Personalkreditvermittlung (§267 GewO 1973) und der Pfandleiher (§278 GewO 1973) verliehen worden sind.
Das Unternehmen befasse sich mit der Kreditvermittlung von Darlehen mit und ohne grundbücherliche Besicherung, sowie der Darlehensvergabe nach dem Umfang der vorerwähnten Gewerbeberechtigungen (§29 GewO 1973). Trotz dieser durch die sachlich zuständige Gewerbebehörde geschaffenen Rechtslage werde den Organen der Antragstellerin unterstellt, bei der vorerwähnt aufgezeigten Tätigkeit das Tatbild des §46 KWG erfüllt zu haben. In der Folge sei gegen ehemalige Geschäftsführer und den derzeitigen Geschäftsführer ein Strafverfahren nach der vorgenannten Gesetzesstelle eingeleitet worden (Z 24d Vr 2709/78 beim Landesgericht für Strafsachen Wien).
Nach den weiteren - unklaren - Ausführungen im Antrag ergebe sich der für die Begründung der Legitimation zur Antragstellung gemäß §62 Abs1 VerfGG erforderliche unmittelbare (ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam gewordene) Eingriff in die Rechtssphäre der Antragstellerin aus dem Umstand, daß nach §9 VStG 1950 und §44 KWG "die Gesellschaft oder das Unternehmen ... als Gesamtschuldner, respektive zur ungeteilten Hand mit dem Bestraften" mithafte. "Daß aber diese aus dem Gesetz begründete Haftung keine bloße faktische Wirkung haben" könne, sei "als offenkundig zu werten", denn sie begründe einen Eingriff in ein privates Vermögensrecht und damit iS der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes in das durch Art5 StGG verfassungsgesetzlich gewährleistete Eigentumsrecht; der Eingriff werde "durch die Tatsache, daß den Organen der Antragstellerin eine Tätigkeit zugeordnet" werde, "die unter den Tatbestand des 46 KWG subsumierbar" sei, bewirkt. Diese Verletzung des Eigentumsrechtes sei "nicht nur in jenem Umstand zu ersehen, daß die Antragstellerin ex lege für Vermögensstrafen" hafte, die über ihre Organe verhängt würden, "sondern darin, daß dadurch, wie im weiteren noch ausgeführt werde, von einer unzuständigen Vollzugsbehörde (Gericht) Erhebungen gepflogen werden, die während der Geschäftstätigkeit erfolgen, und von Seiten der Antragstellerin für ihre ehemaligen Geschäftsführer und den derzeitigen Kosten zur Strafverteidigung aufgewendet werden müssen".
Da der Antragstellerin in den Verfahren, die zur Verhängung der Strafen, für die sie haften müsse, Parteistellung nicht zukomme, ergebe sich, daß ihr zur Verteidigung ihrer Rechte nur die unmittelbare Antragstellung an den VfGH und "mangels prozessualer Rechtsstellung kein anderer zumutbarer Weg" zur Verfügung stehe.
3. Die Bundesregierung hat in ihrer Äußerung die Zurückweisung des gestellten Antrages mangels Legitimation begehrt. Für den Fall des Eingehens in eine materielle Prüfung wurde der Eventualantrag gestellt, der VfGH wolle die angefochtenen Bestimmungen als mit der Bundesverfassung in Einklang stehend ansehen.
II. Der VfGH hat zur Zulässigkeit des Antrages erwogen:
1. Wie der VfGH in ständiger Judikatur - beginnend mit seinem Beschl. VfSlg. 8009/1977 - dargetan hat, ist grundlegende Voraussetzung der Legitimation zum Individualantrag auf Gesetzeskontrolle gemäß Art140 Abs1 letzter Satz B-VG idF der Nov. BGBl. 302/1975, daß das Gesetz in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese im Falle seiner Verfassungswidrigkeit - verletzt. Nicht jedem Normadressaten aber kommt die Anfechtungsbefugnis zu. Es ist darüber hinaus erforderlich, daß der Eingriff in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar durch das angefochtene Gesetz selbst tatsächlich erfolgt ist. Ein unmittelbarer Eingriff ist auch dann nicht gegeben, wenn dem Antragsteller ein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr der - durch die angebliche Verfassungswidrigkeit des angefochtenen Gesetzes ihm gegenüber bewirkten - Rechtsverletzung zur Verfügung steht (vgl. VfSlg. 8432/1978).
Die Prüfung, ob ein unmittelbarer Eingriff in die Rechtssphäre des Antragstellers vorliegt, hat sich auf jene Rechtswirkungen zu beschränken, die vom Antragsteller ins Treffen geführt werden. Nicht zu untersuchen ist hingegen, ob die angefochtenen Gesetzesstellen für den Antragsteller irgendwelche sonstigen (unmittelbaren) Rechtswirkungen haben.
Es kommt nämlich bei der Frage der Zulässigkeit einer Gesetzesprüfung nach Art140 Abs1 letzter Satz B-VG ausschließlich auf die Behauptungen des Antragstellers an, in welcher Hinsicht das betreffende Gesetz seine Rechtssphäre berührt und diese - im Falle der Verfassungswidrigkeit des Gesetzes - verletzt.
2. Im §1 KWG waren die den Vorschriften dieses Gesetzes unterliegenden Unternehmungen angeführt. Ferner war darin eine beispielsweise Angabe der Geschäfte enthalten, die Bank- oder Sparkassengeschäfte sind.
Unter den Ausnahmen von der Anwendung des KWG waren im §2 Abs1 lite die Unternehmungen, die das Pfandleihgewerbe betreiben, aufgezählt;jedoch gelten die Vorschriften dieses Gesetzes nach seinem §2 Abs2 auch für diese Unternehmungen insoweit, als sie neben dem ihnen eigentümlichen Geschäftsbetrieb Geschäfte der in §1 bezeichneten Art betrieben.
Dem Begehren der Antragstellerin liegt die Auffassung zugrunde, daß die - ihrer Auffassung nach verfassungswidrigen - Bestimmungen des KWG auf die von ihr im Rahmen der ihr verliehenen Gewerbekonzessionen ausgeübten Tätigkeiten nicht anzuwenden gewesen wären.
Nach dem zweiten Satz des §2 Abs2 KWG entschied in Zweifelsfällen das Bundesministerium für Finanzen, ob für die in dieser Bestimmung angeführten Unternehmungen die Vorschriften des KWG zu gelten hatten. Demnach hatte die Antragstellerin die Möglichkeit, beim genannten Bundesministerium einen Antrag auf Entscheidung zu stellen, ob das KWG - also auch die Bestimmungen der §§1, 2, 43, 44 und 46 - auf die von ihr ausgeübten Tätigkeiten Anwendung zu finden hatte. Gegen den erlassenen Bescheid konnte sie nach Art144 B-VG beim VfGH und nach Art131 B-VG beim VwGH Beschwerde erheben. In der Beschwerde an den VfGH konnte sie die amtswegige Einleitung eines Verfahrens zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der §§1, 2, 43, 44 und 46 und in der Beschwerde an den VwGH die Stellung eines Antrages auf Prüfung der angeführten Gesetzesstellen anregen. Damit stand der Antragstellerin im Zeitpunkt der Einbringung des Antrages ein durchaus zumutbarer Weg zur Verfügung, die Aufhebung der ihrer Auffassung nach verfassungswidrigen Bestimmungen des KWG zu erreichen. Für die Stellung eines Individualantrages nach Art140 Abs1 letzter Satz B-VG fehlte ihr aber damit die Legitimation. Der Antrag auf Aufhebung der angeführten Bestimmungen des KWG war daher mangels Legitimation der Antragstellerin zurückzuweisen.
3. Im Hinblick auf die Zurückweisung des Begehrens der Antragstellerin auf Aufhebung der §§1, 2, 43, 44 und 46 KWG brauchte auf den Umstand, daß das KWG durch das Bundesgesetz vom 24. Jänner 1979 über das Kreditwesen (Kreditwesengesetz - KWG), BGBl. 63/1979, mit Wirksamkeit vom 1. März 1979 aufgehoben wurde (§36) und daß damit die zur Aufhebung beantragten Bestimmungen im Zeitpunkt der Entscheidung des VfGH nicht mehr in Geltung stehen, nicht Bedacht genommen zu werden.
Schlagworte
VfGH / Individualantrag, KreditwesenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1980:G86.1978Dokumentnummer
JFT_10198991_78G00086_00