Index
10 VerfassungsrechtNorm
B-VG Art137 / ZinsenLeitsatz
Art137 B-VG, Klage auf Zurückzahlung eines im Exekutivweg hereingebrachten Geldbetrages samt ZinsenSpruch
Das Klagebegehren wird abgewiesen.
Die Stadt Wien ist schuldig, dem Kläger 4% Zinsen von S 1.820,90 ab 11. Juli 1977 bis 4. November 1980 sowie die mit S 617,76 bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Die Einrede der Gegenforderung von S 1.800,93 wird zurückgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I.1. Der Kläger bringt vor, er habe Ende Dezember 1976 in seinem Bankinstitut erfahren, daß Teile seiner Bezüge gepfändet worden seien. Das Zentralbesoldungsamt habe ihm auf schriftliche Anfrage mitgeteilt, daß auf Grund einer Gehaltsexekution durch den Magistrat der Stadt Wien ein Betrag von S 1.820,90 einbehalten worden sei. Das Schreiben des Zentralbesoldungsamtes lasse "die Vermutung naheliegend erscheinen", daß es sich bei der Handlung des Magistrats der Stadt Wien um einen Verwaltungsakt im Zuge eines Vollstreckungsverfahrens handle. Der Magistrat der Stadt Wien habe dem Kläger nie eine Vollstreckungsverfügung zugestellt, wodurch dem Kläger sämtliche ihm zustehenden Rechte im Vollstreckungsverfahren genommen worden seien.
Der Kläger beantragt zu erkennen, die beklagte Stadt Wien sei schuldig, ihm den Betrag von S 1.820,90 samt 4% Zinsen ab 1. November 1976, wegen "Realwertverlust" einen weiteren Zinsenbetrag von S 450,-
und Prozeßkosten in der Höhe von S 10.000,- zu ersetzen.
2. Zugleich mit der vorliegenden Klage gemäß Art137 B-VG hat der Kläger wegen desselben Sachverhaltes eine Beschwerde gemäß Art144 B-VG eingebracht.
Der VfGH hat auf Grund dieser Beschwerde mit Erk. VfSlg. 8752/1980 zu Recht erkannt, daß der Beschwerdeführer dadurch im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt worden ist, daß der Magistrat der Stadt Wien im Oktober 1976 bewirkt hat, daß der Dienstgeber des Beschwerdeführers einen Geldbetrag von S 1.820,90 aus den Bezügen des Beschwerdeführers einbehalten und der Stadt Wien überwiesen hat.
II. Der VfGH hat erwogen:
1. a) Nach Art137 B-VG erkennt der VfGH über vermögensrechtliche Ansprüche an den Bund, die Länder, die Bezirke, die Gemeinden und Gemeindeverbände, die weder im ordentlichen Rechtsweg auszutragen noch durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erledigen sind.
Mit der vorliegenden Klage wird ein vermögensrechtlicher Rückforderungsanspruch hinsichtlich eines im Exekutionsweg hereingebrachten Geldbetrages begehrt. Zur Begründung des Rückforderungsanspruches wird vorgebracht, die Exekution sei unter Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte des Klägers erfolgt.
Der Rückforderungsanspruch wird somit aus einem Titel erhoben, dessen Rechtsgrund im öffentlichen Recht liegt. Wie der VfGH wiederholt ausgeführt hat, ist - soferne nichts anderes angeordnet ist - die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte für Rückforderungsansprüche nicht gegeben, wenn ein Vermögenszuwachs auf einem öffentlich-rechtlichen Titel beruht (vgl. zuletzt die Erk. VfSlg. 8666/1979 und 8812/1980).
Der geltend gemachte Rückforderungsanspruch ist auch nicht durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erledigen. Eine Kompetenz zur bescheidmäßigen Absprache über den geltend gemachten Rückerstattungsanspruch ist dem Gesetz für Fälle der vorliegenden Art nicht zu entnehmen.
Zu dem Einwand der beklagten Partei, es handle sich um einen von den ordentlichen Gerichten zu entscheidenden Amtshaftungsanspruch, ist zu bemerken, daß ein derartiger Anspruch nur dann vorliegt, wenn der Kläger behauptet, daß Staatsorgane in Vollziehung der Gesetze durch ein rechtswidriges Verhalten ihm schuldhaft Schaden zugefügt hätten; derartiges hat der Kläger aber nicht vorgebracht. Im übrigen geht auch die beklagte Partei nicht davon aus, daß die im Erk. VfSlg. 8752/1980 festgestellte Rechtsverletzung in schuldhafter Weise begangen worden sei.
Die Klage ist somit, da auch die übrigen Voraussetzungen vorliegen, zulässig.
b) Die von der beklagten Partei zur Kompensation geltendgemachte Einrede der Gegenforderung von S 1.800,93 ist hingegen unzulässig.
Dieser Einrede liegt nämlich der rechtskräftige Bescheid der Direktion der Wr. Stadtwerke-Verkehrsbetriebe vom 14. Juni 1976 zugrunde, in welchem die Behörde festgestellt hat, daß der Kläger gemäß §8 Abs1 iVm Abs3 der Besoldungsordnung 1967 verpflichtet sei, zu Unrecht bezogene Dienstbezüge den Wr. Stadtwerken zu ersetzen. Es handelt sich hier also um einen vermögensrechtlichen Anspruch, der durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erledigen ist (und auch schon erledigt wurde).
Eine Zuständigkeit des VfGH gemäß Art137 B-VG zur Entscheidung über diesen Anspruch als Klage wäre daher schon deshalb nicht gegeben. Aufgrund dessen ist die Einrede der Gegenforderung zurückzuweisen.
2. Die beklagte Partei hat den Klagsbetrag von S 1.820,90 am 4. November 1980 - allerdings ohne Anerkennung des Klagsanspruches - zurückerstattet.
Wie bereits oben erwähnt, hat der VfGH mit Erk. VfSlg. 8752/1980 zu Recht erkannt, daß der - damalige - Beschwerdeführer dadurch im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt worden ist, daß der Magistrat der Stadt Wien im Oktober 1976 bewirkt hat, daß der Dienstgeber des Beschwerdeführers einen Geldbetrag von S 1.820,90 aus den Bezügen des Beschwerdeführers einbehalten und der Stadt Wien überwiesen hat.
Aufgrund dessen hat der Anspruch des Klägers auf Rückerstattung des in verfassungswidriger Weise hereingebrachten Geldbetrages von S 1.820,90 (bis zur Rückerstattung dieses Betrages) zu Recht bestanden. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Entscheidungsgründe des genannten Erk. des VfGH verwiesen.
Das Klagebegehren ist jedoch ungeachtet dessen, daß der Klagsanspruch zu Recht bestanden hat, deshalb abzuweisen, weil der Klagsbetrag von der beklagten Partei inzwischen bezahlt worden ist.
3. Auch ein Anspruch auf Zinsen ist gegeben. Der VfGH hat seit dem Erk. VfSlg. 28/1919 in ständiger Rechtsprechung die Auffassung vertreten, daß die Bestimmungen der §§1333 und 1334 ABGB über Verzugszinsen auch bei Vorliegen eines öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnisses anzuwenden sind, wenn das Gesetz nichts anderes bestimmt; unter dieser Voraussetzung sind im Falle des Verzuges des Schuldners von diesem dem Gläubiger Verzugszinsen zu leisten (vgl. zuletzt das Erk. VfSlg. 8578/1979 und die dort zitierte Vorjudikatur).
Es sind daher dem Kläger die gesetzlichen Verzugszinsen ab 11. Juli 1977 (Tag der Zustellung der Klage an die beklagte Stadt Wien) zuzuerkennen, weil die beklagte Partei nach der Aktenlage erst zu diesem Zeitpunkt Kenntnis vom Rückforderungsanspruch des Klägers erlangt hat (vgl. hiezu VfSlg. 3909/1961). Die gesetzlichen Zinsen gebühren dem Kläger bis zum 4. November 1980 (Tag der Bezahlung des Klagsbetrages durch die beklagte Stadt Wien).
Der Kläger beantragt über die gesetzlichen Zinsen hinaus den Zuspruch eines Betrages von S 450,- mit der Begründung "Realwertverlust" und weist dazu auf die Steigerung des Verbraucherpreisindex hin; der Kläger begehrt also im Hinblick auf die in der Zwischenzeit eingetretene Geldentwertung höhere Zinsen. Diese sind jedoch nicht zuzusprechen, weil ein Anspruch auf höhere Zinsen als die gesetzlichen im Gesetz nicht vorgesehen ist.
4. Der Kostenzuspruch stützt sich auf §41 VerfGG, wobei die Kosten nach TP3 C des Rechtsanwaltstarifes zu bemessen waren.
Schlagworte
VfGH / Klagen, Amtshaftung, VfGH / KostenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1980:A2.1977Dokumentnummer
JFT_10198873_77A00002_00