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32 SteuerrechtNorm
F-VG 1948 §6Beachte
Anlaßfall zu VfSlg. 8943/1980Leitsatz
UStG 1972, Besteuerung von Gebühren; keine Verletzung des Rechtes der Beschwerdeführerin zur Verfügung über den Gebührenertrag im eigenen Haushalt; Berücksichtigung der Umsatzsteuer als Kostenfaktor bei Festsetzung der GebührSpruch
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
1.1. Die beschwerdeführende Landeshauptstadt Klagenfurt hat auf Grund von Beschlüssen ihres Gemeinderates Kanalisationsbeiträge (gemäß §1 Abs1 Kanalisationsabgabengesetz 1970, LGBl. für Ktn. 126, später geändert durch die Gesetze LGBl. 38/1972 und LGBl. 192/1974) und Kanalbenützungsgebühren (gemäß §15 Abs3 litd Finanzausgleichsgesetz 1967, BGBl. 2, und §1 Abs2 Kanalisationsabgabengesetz 1970) vorgeschrieben. Sie gab für die Jahre 1973 bis 1975 Umsatzsteuererklärungen ab, worin sie steuerpflichtige Umsätze aus dem Betrieb der Ortskanalisation von S 16,755.043,75 (für 1973), S 22,275.432,45 (für 1974) und S 24,734.344,51 (für 1975) auswies.
Mit Bescheid des Finanzamtes Klagenfurt vom 10. Juni 1975 wurde die Umsatzsteuer für das Jahr 1973 und mit Bescheid vom 21. Juli 1976 für das Jahr 1974 auf Grund der Angaben der Beschwerdeführerin in den Steuererklärungen festgesetzt. Diese Bescheide wurden rechtskräftig.
1.2. Im Mai 1976 wurde eine auf den Bereich der Kanalisationsanlage der Landeshauptstadt Klagenfurt beschränkte Betriebsprüfung durchgeführt. Dabei wurde vom Betriebsprüfer festgestellt, daß die Beschwerdeführerin in den Umsatzsteuererklärungen jene Kanalisationsbeiträge, die die seinerzeitige Gemeinde Viktring - deren Rechtsnachfolgerin die Landeshauptstadt Klagenfurt nach dem Ktn. Gemeindestruktur-Verbesserungsgesetz, LGBl. für Ktn. 63/1972 (§§22 Abs1 und 85 Abs1), mit Wirkung vom 1. Jänner 1973 geworden ist - vor dem 1. Jänner 1973 vorgeschrieben (und größtenteils auch eingehoben) hatte, der Umsatzsteuer nach dem Umsatzsteuergesetz 1972 (UStG) nicht unterworfen hatte, obwohl die Kanalanschlüsse, auf die sich die Beitragsvorschreibungen bezogen hatten, erst nach dem 31. Dezember 1972 errichtet worden waren.
Nach den Ergebnissen der Berechnungen des Betriebsprüfers handelte es sich um folgende Beträge, um die die in den Steuererklärungen angeführten Entgelte zu erhöhen waren:
1973 S 4,840.599,65
1974 S 26.140,37
1975 S 1.460,19
1.3. Das Finanzamt Klagenfurt verfügte gemäß §303 Abs4 Bundesabgabenordnung (BAO) die Wiederaufnahme der Veranlagungsverfahren für die Jahre 1973 und 1974 und erließ gleichzeitig für diese Jahre sowie für das Jahr 1975 den Ergebnissen der Betriebsprüfung entsprechende Umsatzsteuerbescheide.
In der gegen die im wiederaufgenommenen Verfahren erlassenen Bescheide erhobenen Berufung bekämpfte die Beschwerdeführerin die steuerliche Erfassung der aus den Kanalisationsbeitragsvorschreibungen der seinerzeitigen Gemeinde Viktring stammenden Zahlungseingänge. Diese Beiträge seien auf Grund einer auf die Ermächtigung des Kanalisationsabgabengesetzes 1970 gestützten Verordnung vor dem 1. Jänner 1973 mit rechtskräftigen Abgabenbescheiden vorgeschrieben und von der Gemeinde Viktring vereinnahmt worden. Diese Beiträge seien damals nicht mit Umsatzsteuer belastet gewesen, die Umsätze der Anstalten zur Abfuhr von Spülwasser durch eine öffentlich-rechtliche Körperschaft seien vielmehr erst mit dem Inkrafttreten des UStG 1972 am 1. Jänner 1973 steuerpflichtig geworden. Die Beschwerdeführerin sei im Hinblick auf die Rechtskraft der von der seinerzeitigen Gemeinde Viktring erlassenen Abgabenbescheide nicht in der Lage, "in irgendeiner Form die Umsatzsteuer nachträglich hereinzubringen, um damit den vollen Ertrag der Abgabe für sich zu sichern". Die Einbeziehung dieser Beiträge in die Bemessungsgrundlage der Umsatzsteuer stelle sich somit als Besteuerung von Abgabenerträgen dar, die dem Erkenntnis des VfGH VfSlg. 4174/1962 zufolge von verfassungswegen unzulässig sei. Die Beschwerdeführerin vermeinte, eine verfassungskonforme Auslegung des UStG 1972 müsse deshalb ergeben, "daß zumindest hinsichtlich der vor dem 1. Jänner 1973 rechtskräftig vorgeschriebenen Kanalisationsbeiträge kein Entgelt" vorliege, "das die Bemessungsgrundlage für die Berechnung und Vorschreibung einer Umsatzsteuer bilden" könne.
1.4. Mit dem Bescheid des Berufungssenates I bei der Finanzlandesdirektion für Ktn. vom 15. März 1978 wurde die gegen die Steuerbescheide von der Beschwerdeführerin erhobene Berufung als unbegründet abgewiesen und ausgesprochen, daß die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der in den erstinstanzlichen Bescheiden angeführten Abgaben unverändert bleiben.
1.5. Gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion vom 15. März 1978 richtet sich die auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde. Die Beschwerdeführerin behauptet, durch den angefochtenen Bescheid aus den schon in der Berufung dargelegten Gründen in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht, über ausschließliche Gemeindeabgaben im eigenen Haushalt zu verfügen, verletzt worden zu sein, und stellt den Antrag, diesen Bescheid als verfassungswidrig aufzuheben.
2. Aus Anlaß der Beschwerde hat der VfGH von Amts wegen gemäß Art140 Abs1 B-VG ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der Worte "und zur Abfuhr von Spülwasser und Abfällen" in §2 Abs3 sowie des §26 Abs2 des Umsatzsteuergesetzes 1972, BGBl. 223, eingeleitet.
Mit dem Erk. 8943/1980 hat er zu Recht erkannt, daß die angeführten Gesetzesstellen nicht als verfassungswidrig aufgehoben werden.
3. Der VfGH hat erwogen:
3.1. Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid insoweit in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht, über ausschließliche Gemeindeabgaben im eigenen Haushalt zu verfügen, verletzt, als vor dem 1. Jänner 1973 von der seinerzeitigen Gemeinde Viktring rechtskräftig vorgeschriebene und größtenteils auch eingehobene Kanalisationsbeiträge als Bemessungsgrundlage für die Berechnung und Vorschreibung einer Umsatzsteuer herangezogen worden sind.
3.2. Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht, daß sich die von ihr bekämpfte Vorschreibung der Umsatzsteuer auf Umsätze bezieht, die im Rahmen des von ihr geführten Betriebes gewerblicher Art (§2 Abs3 UStG 1972 - Kanalisationsanlagen) nach dem 1. Jänner 1973 ausgeführt worden sind. Es handelt sich damit um steuerbare Umsätze iS des §1 Abs1 Z1 und 2 UStG 1972, auf die nach §26 Abs2 UStG 1972 die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes anzuwenden sind, wobei dies für Lieferungen und sonstige Leistungen ohne Rücksicht darauf gilt, wann das Entgelt vereinnahmt worden ist.
Die vereinnahmten Entgelte (Gegenleistungen) für die im Rahmen des Betriebes der Kanalisationsanlage nach dem 31. Dezember 1972 erbrachten Leistungen (Duldung des Kanalanschlusses) haben die vor dem 1. Jänner 1973 vorgeschriebenen Kanalisationsgebühren gebildet.
3.3. Aus dem zitierten Erk. VfSlg. 8943/1980 geht hervor, daß die von der Beschwerdeführerin bekämpfte Besteuerung von Umsätzen unter Zugrundelegung der angeführten Gebühren dann keine Beeinträchtigung ihres Rechtes zur Verfügung über den Gebührenertrag im eigenen Haushalt bewirkt, wenn die Beschwerdeführerin in der Lage ist, die Umsatzsteuer als Kostenfaktor bei der Festsetzung der Gebühr zu berücksichtigen.
Da es das Äquivalenzprinzip - wie ebenfalls im angeführten Erkenntnis ausgeführt - nur erfordert, daß im mehrjährigen Durchschnitt die Gebühren(erträge) die Kosten der Leistungserstellung nicht übersteigen, ist kein Umstand ersichtlich, der es der Beschwerdeführerin unmöglich macht, einen allfälligen Gebarungsabgang, der durch die Umsatzsteuerbelastung der vor dem 1. Jänner 1973 vorgeschriebenen Gebühren bewirkt worden war, durch eine Erhöhung der Gebühren - allenfalls auch der Kanalbenützungsgebühren iS des §1 Abs2 des Kanalisationsabgabengesetzes 1970 - zu berücksichtigen.
Es folgt daraus, daß die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht zur Verfügung über den Ertrag der vor dem 1. Jänner 1973 vorgeschriebenen Kanalisationsgebühren im eigenen Haushalt nicht verletzt worden ist.
4. Die Verletzung eines sonstigen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes ist von der Beschwerdeführerin nicht behauptet worden und im Verfahren vor dem VfGH nicht hervorgekommen.
Im Hinblick auf die verfassungsrechtliche Unbedenklichkeit der Rechtsgrundlagen des angefochtenen Bescheides (Z2) ist die Beschwerdeführerin auch nicht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.
Die Beschwerde war daher abzuweisen.
Schlagworte
Finanzverfassung, Abgaben Gemeinde-, Abgaben Kanalisation, Umsatzsteuer, ÄquivalenzprinzipEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1980:B302.1978Dokumentnummer
JFT_10198785_78B00302_00