TE Vfgh Beschluss 1980/12/18 B404/79

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Veröffentlicht am 18.12.1980
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Index

32 Steuerrecht
32/01 Finanzverfahren, allgemeines Abgabenrecht

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Legitimation
B-VG Art144 Abs2
BAO §213
BAO §216

Leitsatz

Art144 Abs1 B-VG, kein Eingriff in die Rechtssphäre des Beschwerdeführers; BAO, Erlassung eines Abrechnungsbescheides nach §216; zu Unrecht erfolgte Abbuchung eines Guthabensbetrages und Rückgängigmachung dieser Abbuchung

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I.1. Der Beschwerdeführer ist Wirtschaftstreuhänder; er gab dem Finanzamt mit Schreiben vom 8. Juni 1976 bekannt, daß ihn die STAMAG Stahl- und Maschinenbau Gesellschaft mbH & Co. KG (im folgenden: STAMAG-KG) beauftragt habe, ihre steuerlichen Belange wahrzunehmen. Diesem Schreiben hatte er eine mit 31. März 1976 datierte Vollmacht angeschlossen, die den Vermerk enthielt, daß sie auch für die Übernahme von Geld und Geldeswert gelte.

Mit Schreiben vom 2. November 1976 beantragte der Beschwerdeführer namens der STAMAG-KG, von dem auf deren Abgabenkonto beim Finanzamt für den 8., 16. und 17. Bezirk in Wien, StNr. 760/1542, bestehenden Guthaben den Betrag von S 140.000,- auf sein eigenes Abgabenkonto beim Finanzamt für den 4., 5. und 10. Bezirk in Wien, StNr. 840/4990, zu überrechnen. Die Überrechnung wurde in der Folge am 16. November 1976 durchgeführt.

Am 25. Jänner 1977 beantragte die STAMAG-KG, diesen Betrag ihrem Abgabenkonto wiederum gutzuschreiben, da die vom Beschwerdeführer dem Finanzamt vorgelegte Vollmacht nicht gültig gewesen und die Umbuchung nicht in ihrem Auftrag und Namen erfolgt sei. Im Zeitpunkt der Ausstellung der Vollmacht sei die die Vollmacht fertigende Person nicht allein zeichnungsberechtigt gewesen.

2. Mit dem im Instanzenzug ergangenen an die STAMAG-KG adressierten und dieser am 5. September 1979 zugestellten Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, NÖ und Bgld. vom 13. August 1979 wurde deren Antrag Folge gegeben und festgestellt, daß der strittige Betrag zur Tilgung von Abgabenschuldigkeiten der STAMAG-KG zu verwenden war. In der Begründung wird ausgeführt, daß der Rückbuchungsantrag der STAMAG-KG rechtlich als Antrag auf Ausstellung eines Abrechnungsbescheides iS des §216 BAO zu verstehen sei. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Überrechnung des auf dem Abgabenkonto der STAMAG-KG bestehenden Guthabens auf sein eigenes Abgabenkonto sei nicht durch eine rechtswirksame Vollmacht gedeckt gewesen. Das Guthaben sei daher zur Tilgung von Abgabenschulden der STAMAG-KG zu verwenden.

Mit Schreiben vom 13. August 1979 wurde dem Beschwerdeführer eine Durchschrift der Entscheidung zur Kenntnisnahme übermittelt, um ihm "die Gründe bekanntzugeben, die für die Rücküberrechnung auf das Konto dieser Gesellschaft ... maßgeblich waren."

3. Gegen den an die STAMAG-KG adressierten Bescheid richtet sich die vorliegende auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde des Dr. Sch., in der dieser die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Unversehrtheit des Eigentums und ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter rügt und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides, allenfalls die Abtretung der Beschwerde an den VwGH beantragt.

Die belangte Behörde hat in einer Gegenschrift die Zurückweisung der Beschwerde, in eventu deren Abweisung beantragt.

II.1. Bestehen zwischen einem Abgabenpflichtigen und der Abgabenbehörde Meinungsverschiedenheiten, ob und inwieweit eine Zahlungsverpflichtung durch Erfüllung eines bestimmten Tilgungstatbestandes erloschen ist, so hat die Abgabenbehörde gemäß §216 BAO darüber auf Antrag zu entscheiden (Abrechnungsbescheid). Das Institut des Abrechnungsbescheides dient also der Klärung umstrittener abgabenbehördlicher Gebarungsakte, insbesondere auch hinsichtlich der Verrechnung von Zahlungen und Gutschriften (vgl. Stoll, Bundesabgabenordnung - Handbuch, 1980, 534). Über die Richtigkeit oder Unrichtigkeit der Verrechnung von Zahlungen, Umbuchungen oder Überrechnungen ist nach dem Konzept der BAO nicht in einem Abgabenfestsetzungs- oder sonstigem Verfahren, sondern eben in einem Verfahren nach §216 BAO zu entscheiden (vgl. Stoll, 508 f.). Diese Bestimmung bietet, wie auch der VwGH mehrfach erkannt hat (VwGH 18. 2. 1964 Z 526/63; 24. 4. 1978 Z 1610/75), die Möglichkeit, unrichtige Buchungen anzufechten.

Der dem finanzbehördlichen Verfahren zugrundeliegende Streitfall war also derart, daß er durch einen Abrechnungsbescheid zu klären war.

Ein Abrechnungsbescheid hat im Spruch zum Ausdruck zu bringen, ob und inwieweit die Zahlungsverpflichtung des Einschreiters hinsichtlich bestimmter Abgaben erloschen ist. Im vorliegenden Fall hat die Abgabenbehörde festgestellt, daß ein vom Abgabenkonto eines Abgabepflichtigen abgebuchter Guthabensbetrag zu Unrecht abgebucht wurde und nach Rückgängigmachung dieser Abbuchung zur Tilgung der Abgabenschulden dieses Abgabepflichtigen heranzuziehen ist. Dieser Abrechnungsbescheid entfaltet rechtsfeststellende Wirkung, derzufolge der in Rede stehende Guthabensbetrag in der finanzkassenmäßigen Gebarung des Abgabenkontos der STAMAG-KG einen bestimmten Ausdruck zu finden hat. Es kommt ihm Wirkung nur gegen den Abgabepflichtigen zu, dessen Gebarung in dem betreffenden Abgabenkonto zusammengefaßt ist (§213 Abs1 BAO).

Der angefochtene Bescheid hat somit allein über die Gebarung auf dem Abgabenkonto der STAMAG-KG abgesprochen, über den Stand des Abgabenkontos des Beschwerdeführers aber keine Aussage getroffen. Insbesondere erweist sich auch der - rechtlich verfehlte - letzte Absatz der Begründung des angefochtenen Bescheides als diesbezüglich wirkungslos. Der Bescheid bietet keine rechtliche Grundlage für eine Abbuchung auf dem Konto des Beschwerdeführers; er beeinflußt daher nicht dessen Rechtssphäre, sonderen nur die der STAMAG-KG. Der Beschwerdeführer könnte einen Buchungsvorgang auf seinem Abgabenkonto jedoch selbst zum Anlaß dafür nehmen, einen Abrechnungsbescheid zu begehren. Seine Rechtssphäre könnte erst durch einen solchen, die Gebarung auf seinem Abgabenkonto betreffenden Abrechnungsbescheid berührt werden.

2. Nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH ist zur Beschwerdeführung vor dem VfGH nur legitimiert, wer durch den bekämpften Bescheid in irgendeinem subjektiven Recht verletzt sein kann (vgl. VfSlg. 4434/1963, 5712/1968, 6683/1972, 7226/1973, 8774/1980). Da eine solche Verletzung im vorliegenden Fall nicht in Betracht kommt, war die Beschwerde mangels Legitimation zurückzuweisen.

Schlagworte

Finanzverfahren, Abrechnungsbescheid, VfGH / Legitimation, VfGH / Abtretung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1980:B404.1979

Dokumentnummer

JFT_10198782_79B00404_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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