TE Vfgh Erkenntnis 1981/1/29 B430/77

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Veröffentlicht am 29.01.1981
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Index

L6 Land- und Forstwirtschaft
L6800 Ausländergrunderwerb, Grundverkehr

Norm

B-VG-Nov 1974 ArtVII
B-VG Art15 Abs1
StGG Art5
Nö GVG 1973 §8

Leitsatz

Nö. Grundverkehrsgesetz 1973; Erwerb durch einen Landwirt; denkunmögliche Anwendung der §§8 Abs1 und 8 Abs2 litd

Spruch

Der Bescheid wird aufgehoben.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I.1. Der Beschwerdeführer hat mit Vertrag vom 29. Jänner 1976 das

20.870 Quadratmeter große Grundstück Nr. 350/3 Acker, EZ 23, KG G. um den Preis von S 137.000,- gekauft.

Mit dem im Instanzenzug ergangen Bescheid der Grundverkehrs-Landeskommission beim Amt der Nö. Landesregierung vom 5. September 1977 wurde diesem Rechtsgeschäft gemäß §1 Abs1 sowie §8 Abs1 und Abs2 lita und litd des Nö. Grundverkehrsgesetzes 1973, LGBl. 6800-1 (im folgenden kurz: Nö. GVG), die grundverkehrsbehördliche Zustimmung versagt.

2. Gegen diesen Bescheid wendet sich die auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und auf Unversehrtheit des Eigentums geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.

3. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde begehrt.

II. Der VfGH hat erwogen:

1. Die Übertragung des Eigentums an einer land- oder forstwirtschaftlichen Liegenschaft durch ein Rechtsgeschäft unter Lebenden ist nach §1 Abs1 Nö. GVG nur mit Zustimmung der Grundverkehrskommission zulässig.

Aufgrund dieser Bestimmung haben die Grundverkehrsbehörden I. und II. Instanz ihre Zuständigkeit im vorliegenden Fall in Anspruch genommen.

Dies zu Recht: Aufgrund der vorgelegten Verwaltungsakten hat der VfGH keinen Zweifel daran, daß es sich bei dem Kaufobjekt um ein einem landwirtschaftlichen Betrieb gewidmetes Grundstück handelt. Auch der Beschwerdeführer stellt dies nicht in Abrede.

2. a) Die belangte Behörde hat den angefochtenen Bescheid auf die Untersagungsgründe des §8 Abs1 und Abs2 lita und d Nö. GVG gestützt.

Diese Bestimmungen lauten:

"§8 (1) Die Grundverkehrskommission hat ihre Zustimmung nicht zu erteilen, wenn das Rechtsgeschäft dem allgemeinen Interesse an der Erhaltung, Stärkung oder Schaffung eines leistungsfähigen Bauernstandes und, soweit ein solches nicht in Frage kommt, dem Interesse an der Erhaltung und Schaffung eines wirtschaftlich gesunden, mittleren oder kleinen landwirtschaftlichen Grundbesitzes oder an dem Bestand eines rationell bewirtschafteten, für die Versorgung der Bevölkerung mit Bodenerzeugnissen wichtigen Großbesitzes widerstreitet.

(2) Ein Rechtsgeschäft widerstreitet jedenfalls dem allgemeinen Interesse an der Erhaltung, Stärkung oder Schaffung eines leistungsfähigen Bauernstandes, wenn

a) der Erwerber, Fruchtnießer oder Pächter eines oder mehrerer land- oder forstwirtschaftlicher Grundstücke kein Landwirt ist und in der Gemeinde, in der das Grundstück oder die Grundstücke liegen, oder in den umliegenden Gemeinden ein oder mehrere Landwirte, oder in Ermangelung solcher Interessenten ein oder mehrere Nebenerwerbslandwirte bereit sind, den ortsüblichen Verkehrswert oder Pachtzins zu bezahlen;

...

d) das Interesse an der Stärkung oder Schaffung eines oder mehrerer bäuerlicher Betriebe, sofern ein solches nicht in Frage kommt, das Interesse an der Stärkung eines oder mehrerer Nebenerwerbsbetriebe das Interesse an der Verwendung auf Grund des vorliegenden Vertrages überwiegt, sofern die Interessenten bereit sind, den ortsüblichen Verkehrswert oder Pachtzins zu bezahlen;

..."

§8 Abs5 Nö. GVG definiert den Begriff des "Landwirtes" wie folgt:

"Als Landwirt iS dieses Gesetzes ist anzusehen, wer aus seiner Arbeit in der Land- oder Forstwirtschaft seinen und seiner Familie Lebensunterhalt vorwiegend bestreitet oder nach dem Erwerb der Liegenschaft bestreiten will, sofern er auf Grund praktischer Tätigkeit oder fachlicher Ausbildung die dazu erforderlichen Fähigkeiten besitzt und Grund zur Annahme besteht, daß er diese selbständige Arbeit nach dem Erwerb der Liegenschaft ausüben wird (Voll- oder Nebenerwerbslandwirt)."

§8 Abs7 Nö. GVG umschreibt den Begriff des "bäuerlichen Betriebes" wie folgt:

"Ein bäuerlicher Betrieb iS dieses Gesetzes liegt vor, wenn der Eigentümer oder Pächter vorwiegend in diesem Betrieb arbeitet, aus dessen Ertrag seinen und seiner Familie Lebensunterhalt vorwiegend bestreitet und wenn das Fünffache des zur angemessenen Erhaltung einer bäuerlichen Familie von fünf erwachsenen Personen notwendigen Durchschnittsertrages nicht überschritten wird (Voll- oder Nebenerwerbsbetrieb)."

§8 Abs8 Nö. GVG besagt über den "Nebenerwerbsbetrieb":

"Ein Nebenerwerbsbetrieb iS dieses Gesetzes liegt vor, wenn der Eigentümer oder Pächter iS des §6 persönlich diesen Betrieb bewirtschaftet und aus dessen Ertrag zu seinem oder seiner Familie Lebensunterhalt beiträgt."

b) aa) Die belangte Behörde hat den Befund und das Gutachten eines Amtssachverständigen eingeholt, in dem im wesentlichen ausgeführt wird:

Die Interessenten O. und K.W. seien Landwirte iS des §8 Abs5 Nö. GVG, die einen aufstockungsbedürftigen bäuerlichen Betrieb (ca. 38 ha Eigengrund, ca. 25 ha Pachtgrund - alles Acker) bewirtschaften. Das Kaufgrundstück sei seit ca. 25 Jahren von ihnen gepachtet und liege neben ihren eigenen Grundstücken.

Der Beschwerdeführer verfüge über ca. 32 ha Eigengrund und ca. 17 ha Pachtgrund (jeweils Acker). Er besitze entsprechende technische Geräte. Die Ernte werde im Lohn vergeben; die Grundstücke würden von Familienmitgliedern, zum Teil auch von einem anderen Landwirt bearbeitet. Der Beschwerdeführer betreibe ein Fuhrwerks- und Schottergewinnungsunternehmen. Das Fuhrwerksunternehmen bestehe aus 10 Lastwagen; sechs Chauffeure werden beschäftigt. Der größte Teil der Arbeitszeit der Familienmitglieder werde im Fuhrwerks- und Schottergewinnungsbetrieb eingesetzt. Das Einkommen aus diesen Betrieben habe der Sachverständige nicht in Erfahrung bringen können, da es der Beschwerdeführer trotz Aufforderung nicht bekanntgegeben habe. Der Sachverständige gelangte zum Schluß, daß das Einkommen aus den gewerblichen Betrieben jenes aus der Landwirtschaft überwiegen dürfte, obwohl die Landwirtschaft auf Grund der Bewirtschaftungsflächen ausreichen würde, die Grundlage für einen bäuerlichen Betrieb abzugeben. Als Nebenerwerbsbetrieb sei dieser Betrieb nicht stärkungsbedürftig.

bb) Die belangte Behörde hat - ausgehend von diesem Befund und Gutachten des Amtssachverständigen - den angefochtenen Bescheid im wesentlichen wie folgt begründet:

"Der Berufungswerber" (der Beschwerdeführer dieses verfassungsgerichtlichen Verfahrens) "hat selbst zugegeben, daß er Fuhrwerksunternehmer ist. Bei dem Umfang seines Gewerbebetriebes muß angenommen werden, daß ihm gar nicht die Zeit bleibt, um selbst vorwiegend im landwirtschaftlichen Betrieb zu arbeiten. Es kann daher weder der Berufungswerber persönlich als Vollerwerbslandwirt noch sein Grundbesitz als ein bäuerlicher Betrieb qualifiziert werden. Als Nebenerwerbsbetrieb ist dieser Betrieb auch nicht stärkungsbedürftig, wie der Amtssachverständige richtig festgestellt hat, denn der Nebenerwerbslandwirt kann nur subsidiär neben dem Vollerwerbslandwirt Berücksichtigung finden. Dies ergibt sich eindeutig aus der Wortgruppe 'in Ermangelung solcher Interessenten' im §8 Abs2 lita Nö. GVG.

Auf der anderen Seite steht ein Vollerwerbslandwirt, dessen Betrieb auch stärkungsbedürftig ist. Es ist nämlich der Zweck des Grundverkehrsgesetzes, in erster Linie die bereits bestehenden bäuerlichen Familienbetriebe so zu stärken, daß sie auch in Zukunft als Existenzgrundlage für eine bäuerliche Familie dienen können. Deshalb ist es zweifellos im öffentlichen Interesse gelegen, daß dieser bäuerliche Betrieb gestärkt wird. Man kann dann, wenn ein bäuerlicher Interessent, der eine Kaufbereitschaftserklärung abgibt und die übrigen gesetzlichen Voraussetzungen (Landwirt, Gewährleistung der Zahlungsfähigkeit durch Vorlage einer Bestätigung; stärkungsbedürftiger, bäuerlicher Betrieb) voll erfüllt, und daher von der Behörde Berücksichtigung finden muß, der Grundverkehrs-Bezirkskommission nicht vorwerfen, daß sie der Verfolgung und dem Schutz von Privatinteressen diene.

Der Einwand, daß der Interessent vorher einen zu geringen Preis geboten habe und erst später bereit gewesen sei, den gleichen Kaufpreis zu bezahlen, geht ins Leere. Im §8 Abs2 lita und litd Nö. GVG ist nämlich nur die Prüfung vorgesehen, ob angesichts eines bereits abgeschlossenen Rechtsgeschäftes die Kaufbereitschaft eines Landwirtes gegeben ist oder nicht. Es ist rechtlich unbedeutend, ob der Interessent bereits zu einem früheren Zeitpunkt Gelegenheit gehabt hätte, ein gleichartiges Kaufgeschäft einzugehen.

Bei der Abwägung der Interessen war nicht zu übersehen, daß der gegenständliche Acker bereits seit vielen Jahren von dem Interessenten pachtweise bewirtschaftet wird und der Interessent mit seinen eigenen Grundstücken unmittelbar angrenzt. Im Falle eines Erwerbes können daher Kosten und Zeit (An- und Abfahrtswege) gespart und es kann das Grundstück weiterhin rationell bewirtschaftet werden."

c) Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, daß die Interessenten O, und K.W. Landwirte iS des §8 Abs5 Nö. GVG sind, die einen stärkungsbedürftigen bäuerlichen Betrieb iS des §8 Abs7 dieses Gesetzes führen; er stellt auch nicht in Abrede, daß diese Interessenten bereit sind, den ortsüblichen Verkehrswert für das Kaufgrundstück zu bezahlen.

Er begründet seine Behauptung, im Gleichheitsrecht und im Eigentumsrecht verletzt worden zu sein, zusammengefaßt wie folgt: Er (der Beschwerdeführer) sei - ebenso wie die Interessenten W. Landwirt. Sein landwirtschaftliches Unternehmen sei als bäuerlicher Betrieb iS des Nö. GVG zu qualifizieren. Das Gesetz unterscheide - entgegen der Meinung der belangten Behörde - nicht zwischen Vollerwerbslandwirten und Nebenerwerbslandwirten.

Unter Bezugnahme auf das hg. Erk. VfSlg. 5374/1966 meint der Beschwerdeführer weiters, eine Differenzierung zwischen Vollerwerbslandwirten und Nebenerwerbslandwirten sei verfassungsrechtlich unzulässig, da ansonsten hinsichtlich des Erwerbes von Liegenschaften zwei Klassen von Landwirten geschaffen würden; die eine Klasse, die jederzeit landwirtschaftliches Vermögen erwerben könne (Vollerwerbslandwirte), und die zweite Klasse, die nur dann zum Zuge käme, wenn die Bevorzugten ihr Recht auf Liegenschaftserwerb nicht ausüben würden (Nebenerwerbslandwirte).

Die landwirtschaftlichen Betriebe des Beschwerdeführers und der Interessenten W. seien annähernd gleich groß. Die belangte Behörde habe nur deshalb den Interessenten den Vorzug gegeben, weil der Beschwerdeführer neben seinen bäuerlichen Betrieben auch noch ein Fuhrwerksunternehmen besitze; daß er bisher als fürsorglicher in die Zukunft blickender Vater von vier erwachsenen Kindern zwei Unternehmen nebeneinander geführt habe, gereiche ihm sohin zum Nachteil; hingegen werde ein anderer Kaufinteressent, der noch keinen Nachwuchs habe, womit die Zukunft seines bäuerlichen Betriebes noch gar nicht gesichert sei, "als aufstockungsbedürftig angesehen". Einer seiner Söhne würde die Landwirtschaft alleine weiterführen; die Aufstockungsbedürftigkeit liege auf seiner (des Beschwerdeführers) Seite sicherlich vor. Die Behörde aber ignoriere dies, ohne den konkreten Sachverhalt zu berücksichtigen. Wenn der angefochtene Bescheid die Frage, ob der Beschwerdeführer Voll- oder Nebenerwerbslandwirt sei, darauf abstelle, ob er sein Einkommen vorwiegend aus dem gewerblichen Unternehmen beziehe oder aus der Landwirtschaft, liege gleichfalls eine denkunmögliche Gesetzesanwendung vor. Das Gesetz stelle nämlich nicht auf den Umfang des Einkommens ab, sondern lediglich darauf, ob die berufliche Tätigkeit, die nicht mit dem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb zusammenhängt, mehr als die Hälfte der gesamten Arbeitszeit in Anspruch nimmt. Diese Frage sei aber von der belangten Behörde überhaupt nicht geprüft worden.

d) aa) Durch die Versagung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung wurde der Beschwerdeführer in der Ausübung seines Privatrechtes beschränkt. IS der ständigen Judikatur des VfGH stellt daher der angefochtene Bescheid einen Eingriff in das Eigentum des Beschwerdeführers dar (vgl. zB VfSlg. 8143/1977). Dieser Eingriff wäre nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH (zB VfSlg. 8143/1977) nur dann verfassungswidrig, wenn der ihn verfügende Bescheid unter Heranziehung einer verfassungswidrigen Rechtsgrundlage erlassen worden oder wenn er gesetzlos ergangen wäre, wobei die denkunmögliche Anwendung eines Gesetzes ebenfalls als Gesetzlosigkeit angesehen wird.

bb) Der VfGH hat - ausgehend von seinem in einem Kompetenzfeststellungsverfahren ergangenen Erk. VfSlg. 2658/1954 - in ständiger Judikatur (zB VfSlg. 5374/1966, 6342/1970) betont, daß zum Grundverkehrsrecht nur Maßnahmen gehören, die im Einzelfall verhindern, daß der Verkehr mit land- oder forstwirtschaftlichen Grundstücken dem allgemeinen Interesse an der Erhaltung eines leistungsfähigen Bauernstandes und - soweit dies nicht in Frage kommt - an der Erhaltung und Schaffung eines mittleren und kleinen landwirtschaftlichen Grundbesitzes widerspricht; die gesetzliche Vorsorge, daß ein Grundstück nicht in unerwünschte Hände gerät, kann demnach soweit nicht dem Grundverkehrsrecht zugezählt werden, als sie den Erwerb von Grundstücken auch in Fällen verhindert, die weder dem allgemeinen Interesse an der Erhaltung eines leistungsfähigen Bauernstandes noch dem allgemeinen Interesse an der Erhaltung und Schaffung eines wirtschaftlich gesunden, mittleren und kleinen landwirtschaftlichen Grundbesitzes widersprechen.

Die B-VG-Novelle 1974, BGBl. 444, hat daran nichts geändert (vgl. VfSlg. 7838/1976).

Grundverkehrsrechtlich darf die Untersagung des Eigentumserwerbes also nur dann vorgesehen werden, wenn der Erwerb an sich den erwähnten öffentlichen Interessen widerspricht. Das Gesetz darf die Grundverkehrsbehörde nicht dazu ermächtigen, im Einzelfall festzustellen, welcher Erwerber den Grundverkehrsinteressen am besten entspricht und damit (zumindest indirekt) zu bestimmen, daß nur eine ganz bestimmte Person das Grundstück erwerben darf (vgl. zB VfSlg. 5585/1967).

cc) Der bekämpfte Bescheid wird auf den generellen Untersagungstatbestand des §8 Abs1 Nö. GVG und auf die - hiezu Anwendungsbeispiele darstellenden (VfSlg. 6877/1972) - Untersagungstatbestände des §8 Abs2 lita und d Nö. GVG gestützt.

§8 Abs2 lita leg. cit. scheidet offenkundig von vornherein als taugliche Grundlage für den bekämpften Bescheid aus, da der Erwerber (das ist der Beschwerdeführer dieses verfassungsgerichtlichen Verfahrens) Landwirt ist.

Wie aus den grundsätzlichen Ausführungen in der vorstehenden sublitbb) hervorgeht, bietet bei verfassungskonformer Auslegung weder §8 Abs1 noch §8 Abs2 litd Nö. GVG eine gesetzliche Grundlage dafür, einem Eigentumserwerb die Zustimmung auch dann zu versagen, wenn dieser Erwerb zwar Grundverkehrsinteressen an sich nicht widerstreitet, wohl aber der Erwerb durch eine andere Person diesen Interessen besser dient. Es ist - von extremen Ausnahmesituationen abgesehen (die hier nach dem Ergebnis der von der Behörde angestellten Ermittlungen aber offenkundig nicht vorliegen) - ausgeschlossen, daß es den Grundverkehrsinteressen widerspricht, wenn ein Bauer als Erwerber auftritt und das gekaufte Grundstück im Rahmen seines bäuerlichen Betriebes genutzt werden soll.

Daraus ergibt sich, daß §8 Abs1 und §8 Abs2 litd Nö. GVG bei der gebotenen verfassungskonformen Interpretation dann nicht zum Tragen kommen, wenn ein Landwirt als Erwerber auftritt und dieser mit dem beabsichtigten Zuerwerb Inhaber eines bäuerlichen Betriebes iS des §8 Abs7 Nö. GVG bleibt oder wird. Nur dann, wenn diese Voraussetzungen beim Erwerber nicht vorliegen und es Interessenten gibt, die bereits Inhaber eines bäuerlichen Betriebes sind oder durch den Erwerb des Grundstückes werden würden, ist §8 Abs2 litd Nö. GVG anzuwenden; nur diesfalls hat die vorgesehene Interessensabwägung stattzufinden; hiebei ist dann in erster Linie auf einen bäuerlichen Vollerwerbsbetrieb und erst in zweiter Linie auf einen bäuerlichen Betrieb, der Nebenerwerbsbetrieb iS des §8 Abs8 leg. cit. ist, Bedacht zu nehmen.

Wie auch die belangte Behörde nicht bestreitet, ist der Beschwerdeführer Inhaber eines bäuerlichen Betriebes iS des §8 Abs7 Nö. GVG. Im gegebenen Zusammenhang ist es unerheblich, ob dieser bäuerliche Betrieb ein Voll- oder Nebenerwerbsbetrieb ist. Der zuletzt zitierte Absatz enthält nämlich den Klammerausdruck "Voll- oder Nebenerwerbsbetrieb". Daraus ergibt sich, daß der in diesem Absatz umschriebene Begriff des "bäuerlichen Betriebes" sowohl den Voll- als auch den Nebenerwerbsbetrieb erfaßt.

Zusammenfassend ist festzuhalten, daß es bei verfassungskonformer Auslegung denkunmöglich war, dem Beschwerdeführer (dem Inhaber eines bäuerlichen Betriebes) die Zustimmung zum Eigentumserwerb zu versagen, weil der Inhaber eines bäuerlichen Vollerwerbsbetriebes aufstockungsbedürftiger sei. Das Gesetz läßt in einem derartigen Fall eine Interessensabwägung nicht zu (vgl. VfSlg. 5585/1967).

dd) Der angefochtene Bescheid war daher wegen Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Eigentumsrechtes als verfassungswidrig aufzuheben.

Schlagworte

Grundverkehrsrecht, Auslegung verfassungskonforme

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1981:B430.1977

Dokumentnummer

JFT_10189871_77B00430_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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