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40 VerwaltungsverfahrenLeitsatz
VStG 1950; Übertragung der Durchführung des Verwaltungsstrafverfahrens in einer Angelegenheit der Straßenpolizei an die sachlich zuständige Wohnsitzbehörde gemäß §29a; kein Entzug des gesetzlichen RichtersSpruch
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
1.1. Die Bezirkshauptmannschaft Schwaz verhängte mit Straferkenntnis vom 21. November 1978, Z V-4753/2 f-78, über A.Th. wegen der Verwaltungsübertretungen nach §20 Abs1 StVO 1960 iVm §52 Z10a StVO 1960 gemäß §99 Abs3 lita StVO 1960 Geldstrafen von S 300,- und S 200,-, im Falle der Uneinbringlichkeit Ersatzarreststrafen von 12 Stunden und 8 Stunden, weil die Beschuldigte am 29. Oktober 1977 als PKW-Lenkerin auf der Igler Straße im Stadtgebiet von Innsbruck die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h gegen 10,50 Uhr um mindestens 20 km/h und gegen 11,20 Uhr um mindestens 15 km/h überschritten hatte.
Das Strafverfahren war der Bezirkshauptmannschaft Schwaz von der Bundespolizeidirektion Innsbruck - im Hinblick auf den in der Anzeige mit Zell am Ziller angegebenen Wohnort der Beschuldigten - gemäß §29a VStG 1950 übertragen worden.
1.2. Die Tir. Landesregierung wies die Berufung der Beschuldigten gegen das einleitend bezeichnete Straferkenntnis mit Berufungserkenntnis vom 6. Juni 1979, Z II b 2-V-5107/3-79, als unbegründet ab und bestätigte den Spruch des angefochtenen Bescheides mit der Maßgabe, daß A.Th. durch das ihr angelastete Verhalten Verwaltungsübertretungen nach §52 Z10a StVO 1960 begangen habe.
1.3.1. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde der A.Th. an den VfGH, in der die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter (Art83 Abs2 B-VG) behauptet wird.
Zur Begründung wird sinngemäß zusammengefaßt vorgebracht, die Bundespolizeidirektion Innsbruck als die für den Tatort zuständige Behörde hätte das Verfahren nicht nach §29a VStG 1950 an die Bezirkshauptmannschaft Schwaz abtreten dürfen, denn der ständige Wohnort der Beschwerdeführerin (Lans) liege nicht im Sprengel dieser Behörde, sondern im Sprengel der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck.
1.3.2. Die Tir. Landesregierung erstattete eine Gegenschrift und beantragte darin die Abweisung der Beschwerde.
2. Über die - zulässige - Beschwerde wurde erwogen:
2.1. Die behauptete Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter läge vor, wenn das Verwaltungsstrafverfahren in erster Instanz von einer sachlich unzuständigen Behörde oder in zweiter (letzter) Instanz von einer sachlich oder örtlich unzuständigen Behörde durchgeführt worden wäre (siehe VfSlg. 3966/1961, 5236/1966, 6241/1970 ua.).
Das ist hier nicht der Fall.
§29a VStG 1950 idF der Novelle BGBl. 101/1977 lautet:
"Wenn hiedurch das Verfahren wesentlich vereinfacht oder beschleunigt wird, kann die zuständige Behörde die Durchführung des Strafverfahrens oder des Strafvollzuges auf eine andere sachlich zuständige Behörde übertragen, und zwar hinsichtlich des Strafverfahrens nur an jene sachlich zuständige Behörde, in deren Sprengel der Beschuldigte seinen Wohnsitz oder Aufenthalt hat, hinsichtlich des Strafvollzuges nur an eine Bezirksverwaltungsbehörde oder Bundespolizeibehörde. In den Angelegenheiten der Landesverwaltung kann das Strafverfahren überdies nur auf eine Behörde im selben Bundesland übertragen werden."
Der Beschwerdeführerin wurden Übertretungen der StVO 1960 zur Last gelegt. Gegen sie war also ein Verwaltungsstrafverfahren in einer Angelegenheit der Straßenpolizei zu führen, die gemäß Art10 Abs1 Z6 B-VG iVm Art11 Abs1 Z4 B-VG in der Gesetzgebung Bundessache, in der Vollziehung aber Landessache ist. Die für diese Verwaltungsstrafsache nach §§26 und 27 VStG 1950 und §95 Abs1 litb StVO 1960 zunächst sachlich und örtlich zuständige Bundespolizeidirektion Innsbruck übertrug die Durchführung des Strafverfahrens unter Berufung auf §29a VStG 1950 - zur Beschleunigung des Verfahrensablaufes - auf die gemäß §26 Abs1 VStG 1950 sachlich zuständige Bezirkshauptmannschaft Schwaz, in deren Sprengel (Zell am Ziller) die Beschwerdeführerin laut Anzeigeinhalt damals wohnte.
Entgegen der in der Beschwerdeschrift vertretenen Auffassung kann nun hier die Frage, ob die Beschwerdeführerin ihren Wohnsitz oder Aufenthalt tatsächlich in Zell am Ziller oder - wie sie einwendet - in Lans hatte, dahingestellt bleiben und auf sich beruhen, weil auch bei Zutreffen des Beschwerdevorbringens in dieser Angelegenheit der Landesvollziehung gemäß §51 VStG 1950 in zweiter und letzter Instanz die Tir. Landesregierung zur Entscheidung berufen gewesen wäre, die den angefochtenen Bescheid in der Folge auch erließ.
Daraus folgt aber, daß die Beschwerdeführerin nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH durch den Bescheid der - sachlich und örtlich zuständigen - Berufungsinstanz in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter keinesfalls verletzt wurde, mag auch in erster Instanz eine örtlich unzuständige Behörde eingeschritten sein.
2.2. Die Verletzung anderer verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte wird nicht behauptet und kam auch im Verfahren vor dem VfGH nicht hervor. Ebensowenig entstanden - aus der Sicht dieses Beschwerdefalles - verfassungsrechtliche Bedenken gegen die dem bekämpften Bescheid zugrundeliegenden Rechtsvorschriften; die Beschwerdeführerin wurde mithin auch nicht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt.
2.3. Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Schlagworte
Verwaltungsstrafrecht, Zuständigkeit Verwaltungsstrafrecht, StraßenpolizeiEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1981:B349.1979Dokumentnummer
JFT_10189773_79B00349_00