TE Vfgh Erkenntnis 1981/2/28 B501/80

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Veröffentlicht am 28.02.1981
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Index

41 Innere Angelegenheiten
41/02 Staatsbürgerschaft, Paß- und Melderecht, Fremdenrecht

Norm

B-VG Art7 Abs1 /Staatsangehörigkeit
FremdenpolizeiG §3 Abs1
FremdenpolizeiG §4
PersFrSchG §5 Abs2
VfGG §88

Leitsatz

Fremdenpolizeigesetz; keine Bedenken gegen §3 Abs1 und §4; keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte

Spruch

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I.1.a) Der Beschwerdeführer ist türkischer Staatsangehöriger.

Über ihn wurden von der Bezirkshauptmannschaft Bregenz folgende Strafen wegen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO) und des Kraftfahrgesetzes 1967 (KFG) rechtskräftig verhängt:

1. zu Z 4285/75 am 11. 7. 1975, §36a KFG, Geldstrafe S 500,-,

2. zu Z 6599/78 am 11. 10. 1978, §16/2a StVO, Geldstrafe S 300,-,

3. zu Z 10485/78, §5 StVO, Geldstrafe S 6.500,-,

4. zu Z 989/80, §5 StVO, Geldstrafe S 7.000,-.

Die zuletzt erwähnte Strafe wurde deshalb verfügt, weil der Beschwerdeführer am 2. Februar 1980 seinen PKW in einem nach Meinung der einschreitenden Gendarmeriebeamten alkoholisierten Zustand gelenkt und die Vornahme des Alkotestes verweigert hatte. Wegen dieses Verhaltens wurde dem Beschwerdeführer mit rechtskräftigem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 12. Februar 1980 gemäß §74 Abs1 KFG die Lenkerberechtigung für die Dauer von 18 Monaten entzogen.

b) Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vbg. vom 13. August 1980 wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß §3 Abs1 iVm §4 des Fremdenpolizeigesetzes, BGBl. 75/1954 (FrPG), ein bis zum 31. Dezember 1985 befristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

Dieser Bescheid wird im wesentlichen damit begründet, daß der Aufenthalt eines Fremden, der auf Grund seines bisherigen Verhaltens im Straßenverkehr eine potentielle Gefahr für andere Straßenbenützer darstellt, den öffentlichen Interessen zuwiderlaufe. Fremde, die - wie der Beschwerdeführer - durch ihr Verhalten gezeigt hätten, daß sie nicht gewillt seien, die österreichische Rechtsordnung zu beachten, könnten "auch noch vor Eintritt eines unmittelbar schädigenden Erfolges an Leib oder Leben des Landes verwiesen werden".

2. Gegen diesen Berufungsbescheid wendet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung näher bezeichneter verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte und die Verletzung in Rechten wegen Anwendung einer verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung (nämlich des §3 Abs1 FrPG) behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides, allenfalls die Abtretung der Beschwerde an den VwGH begehrt wird.

3. Die belangte Behörde, vertreten durch die Finanzprokuratur, hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie beantragt, die Beschwerde zurück-, in eventu abzuweisen und ihr Kosten zuzusprechen.

II. Der VfGH hat erwogen:

1. Alle Prozeßvoraussetzungen sind gegeben. Die Beschwerde ist zulässig.

Wenngleich die belangte Behörde primär begehrt, die Beschwerde zurückzuweisen, beschränkt sie sich darauf darzutun, weshalb ihrer Meinung nach das in der Beschwerde gerügte Verhalten der Behörde nicht in die Verfassungsrechtssphäre des Beschwerdeführers reiche. Damit wird aber nicht die Zulässigkeit der Beschwerde bestritten, sondern behauptet, daß im Art144 Abs1 B-VG bezeichnete Rechte durch den angefochtenen Bescheid nicht verletzt worden seien.

2. a) Der angefochtene Bescheid stützt sich auf §3 Abs1 iVm §4 FrPG.

Diese Bestimmungen lauten:

"§3. (1) Gegen Fremde, deren Aufenthalt im Bundesgebiet die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen öffentlichen Interessen zuwiderläuft, kann ein Aufenthaltsverbot erlassen werden.

(2) ...

§4. Das Aufenthaltsverbot erstreckt sich auf das ganze Bundesgebiet und kann auf bestimmte oder auf unbestimmte Zeit erlassen werden ..."

b) Der Beschwerdeführer bringt vor, daß diese Gesetzesvorschriften gegen den auf Verfassungsstufe stehenden Art8 MRK (der das Recht auf Achtung des Familienlebens einräumt) verstoßen. Diese Ausführungen sind nicht geeignet, beim VfGH Bedenken gegen die zitierte fremdenpolizeigesetzliche Bestimmung hervorzurufen. Es genügt, hiezu auf das hg. Erk. vom 18. März 1980 B343/79 zu verweisen.

c) Der Beschwerdeführer ist nicht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.

3. a) Der Beschwerdeführer behauptet, in dem ihm durch §5 Abs2 des Gesetzes vom 27. Oktober 1862, RGBl. 87, zum Schutze der persönlichen Freiheit verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt worden zu sein.

Außerdem habe die Behörde bei Verhängung des Aufenthaltsverbotes das Gesetz willkürlich und denkunmöglich angewendet.

b) Was die erstgenannte Behauptung des Beschwerdeführers anlangt, ist er auf das hg. Erk. vom 28. Juni 1979 B217, 218/76 hinzuweisen, in dem dargetan wird, daß Fremde gegen eine Einzelausweisung aus dem Bundesgebiet verfassungsgesetzlich nicht geschützt sind.

Der Beschwerdeführer besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft. Da der Gleichheitsgrundsatz (der das Willkürverbot in sich schließt) nur österreichischen Staatsbürgern, nicht aber auch Fremden gewährleistet ist, kann er in diesem Recht nicht verletzt worden sein (vgl. VfSlg. 8996/1980).

Der VfGH hatte nicht zu beurteilen, ob es rechtmäßig war, über den Beschwerdeführer ein Aufenthaltsverbot zu verhängen.

4. Der Beschwerdeführer ist sohin in den von ihm geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten nicht verletzt worden.

Das Verfahren hat auch nicht ergeben, daß er in anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt worden wäre.

Da er auch nicht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden ist (so. II.2.b), war die Beschwerde abzuweisen.

Schlagworte

Fremdenpolizei, Aufenthaltsverbot, VfGH / Kosten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1981:B501.1980

Dokumentnummer

JFT_10189772_80B00501_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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