TE Vfgh Erkenntnis 1981/3/3 B517/78

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Veröffentlicht am 03.03.1981
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Index

65 Pensionsrecht für Bundesbedienstete
65/01 Allgemeines Pensionsrecht

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
Krnt DienstrechtsG §2
PG 1965 §63 Abs1 Z3

Leitsatz

Pensionsgesetz 1965; zum Inhalt des §63

Spruch

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I.1. Der in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Ktn. stehenden Beschwerdeführerin, (geboren am 7. Juni 1923) wurde mit dem Bescheid der Ktn. Landesregierung vom 3. Juni 1958 gemäß §48 des Gehaltsüberleitungsgesetzes, BGBl. 22/1947 (GÜG; diese Vorschrift hat gemäß §2 des Ktn. Landesdienstrechts-Überleitungsgesetzes, LGBl. 54/1949, auf die Landesbeamten des Bundeslandes Ktn. Anwendung gefunden), eine Witwenpension nach ihrem am 4. Mai 1958 verstorbenen Ehegatten, einem Ruhestandsbeamten des Landes Ktn., mit dem sie seit 4. September 1954 verehelicht war, zuerkannt. Die Zuerkennung der (gemäß §53 Abs2 GÜG wegen eines Diensteinkommens der Beschwerdeführerin gekürzten) Witwenpension war auf Grund des §52 Abs1 GÜG auf die Dauer eines Jahres (1. Juni 1958 bis 31. Mai 1959) befristet.

Die gegen diesen Bescheid von der Beschwerdeführerin unter Berufung auf Art144 B-VG erhobene Beschwerde hat der VfGH mit dem Erk. VfSlg. 3558/1959 als unbegründet abgewiesen.

2. Auf Grund eines von der Beschwerdeführerin (nach Änderung der Rechtslage) am 30. Dezember 1977 gestellten Antrages erging der Bescheid der Ktn. Landesregierung vom 21. Juli 1978, dessen Spruch lautet:

"Ihrer Eingabe vom 30. 12. 1977 um Zuerkennung des Witwenversorgungsgenusses nach Ihrem Ehegatten, Herrn A.K., kann auf Grund der in der Begründung dargelegten Gründe und mangels gesetzlichen Voraussetzungen nicht stattgegeben werden."

Die Ablehnung des Ansuchens wurde nach dem Hinweis auf den Inhalt des in I.1. angeführten Bescheides damit begründet, daß §63 des Pensionsgesetzes 1965 - PG 1965, BGBl. 340/1965, auf die Beschwerdeführerin keine Anwendung finde, da sie nach den bisherigen pensionsrechtlichen Vorschriften (§48 GÜG) bereits einen vom Ruhegenuß ihres Ehegatten abgeleiteten gesetzlichen Anspruch auf einen Witwenversorgungsgenuß ab 1. Juni 1958 gehabt habe. Nur der Umstand, daß die Beschwerdeführerin die für den fortlaufenden Anspruch auf diesen Witwenversorgungsgenuß festgesetzten Voraussetzungen nicht erfüllt habe, sei der Anlaß zur befristeten Anweisung dieses Witwenversorgungsgenusses für die Dauer eines Jahres (1. Juni 1958 bis 31. Mai 1959) gewesen.

Selbst dann, wenn die Bestimmungen des §63 PG 1965 auf die Beschwerdeführerin Anwendung finden könnten, würde sie wegen mangelnder Voraussetzungen keinen Anspruch auf Pensionsversorgung haben. Diese Voraussetzungen seien für Witwen, daß sie erwerbsunfähig seien oder das 60. Lebensjahr vollendet hätten.

3. Gegen den Bescheid der Ktn. Landesregierung vom 21. Juli 1978 richtet sich die unter Berufung auf Art144 B-VG erhobene Beschwerde. Die Beschwerdeführerin behauptet, durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden zu sein. Sie stellt den Antrag, den angefochtenen Bescheid kostenpflichtig aufzuheben.

II. Der VfGH hat erwogen:

1. Für die Landesbeamten des Landes Ktn. sind nach §2 des Ktn. Dienstrechtsgesetzes 1975, Anlage zur Kundmachung der Landesregierung vom 6. Mai 1975 über die Wiederverlautbarung des Ktn. Dienstrechtsgesetzes, LGBl. 87 (in der im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides maßgeblichen Fassung der 6. Dienstrechtsgesetz-Novelle, LGBl. 80/1978), die für das Dienstrecht der Bundesbeamten am 16. Dezember 1970 geltenden Bundesgesetze - soweit durch Landesgesetz nicht anderes bestimmt wird - anzuwenden. Demnach finden auf die Ktn. Landesbeamten die gleichen Bestimmungen wie nach dem PG 1965 auf die Bundesbeamten Anwendung; im folgenden werden zur Vereinfachung diese Bestimmungen nach dem PG 1965 zitiert.

2. Die den angeführten (Pkt. I.2.) Bescheidinhalt tragende Rechtsgrundlage bildet §63 PG 1965, der die Überschrift "Neue Anspruchsberechtigte" trägt und - soweit für das Beschwerdeverfahren von Bedeutung - wie folgt lautet:

"§63 (1) Personen, die nach den bisherigen pensionsrechtlichen Vorschriften keinen Anspruch auf Pensionsversorgung gehabt haben, gebühren bei Erfüllung der Voraussetzungen Leistungen nach diesem Bundesgesetz. Für diese Personen gelten aber folgende besondere Bestimmungen:

1. Die Pensionsversorgung gebührt nur auf Antrag. Sie beginnt mit dem Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes, wenn der Antrag binnen einem Jahr nach dem Inkrafttreten gestellt wird. In allen übrigen Fällen gebührt die Pensionsversorgung von dem der Einbringung des Antrages folgenden Monatsersten an; wird der Antrag an einem Monatsersten gestellt, so gebührt sie von diesem Tage an.

2. Die Bestimmungen des §60 Abs1 sind anzuwenden.

3. Witwen und früheren Ehefrauen gebührt die Pensionsversorgung nur, wenn sie erwerbsunfähig sind oder wenn sie das 60. Lebensjahr vollendet haben.

4. ..."

3. a) Mit dem angefochtenen Bescheid wurde ausgesprochen, daß der Beschwerdeführerin ein Witwenversorgungsgenuß nach ihrem verstorbenen Ehegatten gemäß §63 PG 1965 nicht zukommt. Dieser Ausspruch wurde zunächst damit begründet, daß auf die Beschwerdeführerin die Bestimmungen des §63 PG 1965 nicht Anwendung finden könnten.

b) Der VfGH ist der Auffassung, daß die Aussage, wonach §63 PG 1965 auf die Beschwerdeführerin nicht Anwendung finde, weil sie nach den bisherigen pensionsrechtlichen Vorschriften einen Anspruch auf Witwenversorgung gehabt habe, willkürlich getroffen wurde. Aus dem Umstand, daß ihr schon einmal ein auf die Dauer eines Jahres befristeter Anspruch auf Witwenversorgungsgenuß zugestanden war, kann nämlich keinesfalls geschlossen werden, daß die Beschwerdeführerin zu jenem Personenkreis gehört, dem nach §63 Abs1 PG 1965 Pensionsversorgung nicht gebührt, weil er schon nach den bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes bestehenden pensionsrechtlichen Vorschriften einen Anspruch auf Pensionsversorgung gehabt hat. Die belangte Behörde konnte nur dadurch, daß sie dem Gesetz einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt hat, zu diesem Ergebnis kommen; damit hat sie aber Willkür geübt.

c) Dieses willkürliche Vorgehen führt deshalb nicht zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides, weil die Abweisung des Antrages der Beschwerdeführerin nicht nur auf diesen Versagungsgrund gestützt wurde; sie wurde vielmehr auch darauf gestützt, daß der Beschwerdeführerin bei Anwendung des §63 PG 1965 ein Witwenversorgungsgenuß allein schon deswegen nicht gebührt, weil sie - ungeachtet der sonstigen Erfordernisse - die nach §63 Abs1 Z3 PG 1965 erforderlichen Voraussetzungen nicht erfüllt.

d) Nach §63 Abs1 Z3 PG 1965 steht einer als neue Anspruchsberechtigte iS dieser Bestimmung in Betracht kommenden Witwe ein Anspruch auf Pensionsversorgung jedenfalls nur dann zu, wenn sie erwerbsunfähig ist oder das 60. Lebensjahr vollendet hat.

Der VfGH hat gegen die Verfassungsmäßigkeit dieser Regelung keine Bedenken. Bei ihrer Beurteilung ist davon auszugehen, daß durch diese Regelung Personen in den Genuß eines Witwenversorgungsgenusses kommen, die bei der Beibehaltung der bisherigen pensionsrechtlichen Regelungen keinen Anspruch auf Pensionsversorgung gehabt hätten. Die Einbeziehung dieser Personen in den Kreis der Anspruchsberechtigten auf Leistungen nach dem PG 1965 war für den Gesetzgeber nicht aus verfassungsrechtlichen Gründen geboten. Es ist nicht unsachlich, wenn im Zuge der Erweiterung des Kreises der Anspruchsberechtigten vom Gesetzgeber unter Bedachtnahme auf den Versorgungsgedanken zur Vermeidung einer großen finanziellen Belastung der den Pensionsaufwand tragenden Gebietskörperschaft der erweiterte Anspruch auf den Witwenversorgungsgenuß auf den Fall der Erwerbsunfähigkeit oder der Vollendung des 60. Lebensjahres einer Witwe beschränkt wurde.

e) Bei der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsvorschriften könnte die Beschwerdeführerin, die nicht bestreitet, daß sie die Voraussetzungen des §63 Abs1 Z3 PG 1965 nicht erfüllt, im Gleichheitsrecht nur verletzt worden sein, wenn die Behörde den angewendeten Rechtsvorschriften fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn die Behörde bei Erlassung des Bescheides Willkür geübt hätte.

f) Anhaltspunkte, daß den bei der Erlassung des angefochtenen Bescheides angewendeten Rechtsvorschriften ein gleichheitswidriger Inhalt unterstellt worden wäre, sind im Verfahren vor dem VfGH nicht hervorgekommen; solche sind in der Beschwerde auch nicht behauptet worden.

Von der Beschwerdeführerin wurde der belangten Behörde auch ein willkürliches Vorgehen nicht zum Vorwurf gemacht.

Auch sonst ist im Verfahren kein Anhaltspunkt für ein willkürliches Vorgehen der belangten Behörde hervorgekommen. Ob bei der Erlassung des angefochtenen Bescheides §63 PG 1965 auch richtig angewendet worden ist, hat der VfGH nicht zu prüfen.

g) Zusammenfassend ergibt sich, daß die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid im Gleichheitsrecht nicht verletzt worden ist.

4. Daß eine Verletzung von der Beschwerdeführerin nicht geltend gemachter verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte stattgefunden hätte, ist im Verfahren vor dem VfGH ebenfalls nicht hervorgekommen. Die Beschwerdeführerin ist bei der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der Rechtsgrundlagen des angefochtenen Bescheides auch nicht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Eingehen auf das weitere Beschwerdevorbringen; insbesondere braucht im Hinblick darauf, daß die Abweisung des Antrages der Beschwerdeführerin allein auf die verfassungsrechtlich unbedenkliche Bestimmung des §63 Abs1 Z3 PG 1965 gestützt werden konnte, auf die Anregung, von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des §14 Abs2 litb PG 1965 und des §52 GÜG einzuleiten, nicht eingegangen zu werden.

Schlagworte

Dienstrecht, Ruhegenuß, Witwenpension, Verweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1981:B517.1978

Dokumentnummer

JFT_10189697_78B00517_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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