Index
L1 GemeinderechtNorm
B-VG Art140 Abs1 / IndividualantragLeitsatz
Art140 B-VG; Individualantrag auf Aufhebung des §3 Abs3 Z8 Nö. Kommunalstrukturverbesserungsgesetz 1971; keine LegitimationSpruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
I.1.a) §3 des Nö. Kommunalstrukturverbesserungsgesetzes 1971, LGBl. 264, (im folgenden: KStrVG) bestimmt in seinem Abs3 Nachstehendes:
"(3) Im politischen Bezirk Baden werden folgende Gemeinden zu einer neuen Gemeinde vereinigt:
1. ...
8. Die Marktgemeinde Günselsdorf, die Marktgemeinde Teesdorf und die Gemeinde Tattendorf zur Marktgemeinde Günselsdorf."
Die Gemeinde Tattendorf hat gemäß §5 Abs1 dieses Gesetzes mit dem Tag seines Inkrafttretens - das ist §9 zufolge der 1. Jänner 1972 - als eigene Gemeinde zu bestehen aufgehört.
b) Unter dem 14. Dezember 1971 hat die Nö. Landesregierung den Bescheid GZ II/1-76-1971 mit folgendem Spruch erlassen:
"Gemäß §3 Abs3 Ziffer 8 des Kommunalstrukturverbesserungsgesetzes 1971, LGBl. Nr. 264, wurden die Gemeinden Günselsdorf, Teesdorf und Tattendorf zur Marktgemeinde Günselsdorf vereinigt.
Gemäß §6 Abs2 leg. cit. werden bis zur Angelobung des neugewählten Bürgermeisters zur Besorgung der unaufschiebbaren Geschäfte dieser Gemeinde bestellt:
Zum Regierungskommissär: ...
Zu Beiräten: ... (es folgen acht Namen)
Das Beiratsmitglied ... wird zum Stellvertreter des
Regierungskommissärs bestimmt.
Die von der Gemeinde zu tragende Entschädigung des Regierungskommissärs wird mit S 3.693,- festgesetzt."
Der Antragsteller wurde mit diesem Bescheid weder zum Regierungskommissär noch zum Beirat bestellt.
2. Der Antragsteller war Mitglied des Gemeinderates der Gemeinde Tattendorf.
3. Mit dem auf Art140 B-VG gestützten, am 21. Juni 1979 zur Post gegebenen Antrag begehrt der Antragsteller, §3 Abs3 Z8 KStrVG, soweit die Vereinigung Tattendorfs mit Günselsdorf und Teesdorf ausgesprochen wird, als verfassungswidrig aufzuheben.
II. Der VfGH hat erwogen:
1. Wie der VfGH in ständiger Judikatur - beginnend mit seinem Beschluß VfSlg. 8009/1977 - ausgesprochen hat, ist grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation, daß das bekämpfte Gesetz nicht bloß behaupteterweise, sondern tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers eingreift und diese - im Falle der Verfassungswidrigkeit des Gesetzes - verletzt. Nicht jedem Normadressaten aber kommt die Antragsbefugnis zu. Vielmehr ist ein unmittelbarer durch das Gesetz erfolgter und (deswegen) die Antragslegitimation begründender Eingriff in die Rechtssphäre einer Person jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch das Gesetz selbst eindeutig bestimmt ist, die (rechtlich geschützten) Interessen der betreffenden Person nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und dem Antragsteller ein anderer zumutbarer Weg zur Wahrung seiner Rechte nicht zur Verfügung steht.
Ein derartiger Weg besteht nun hier:
Im Antrag wird unter I/4 zur Begründung der Antragslegitimation folgendes ausgeführt:
"Insbesondere ist dem Antragsteller der von einem Teil der Mitglieder des letzten Gemeinderates der Gemeinde Tattendorf im Verfahren des VfGH B55/72" (vgl. VfGH 16. 6. 1972 B55/72-14; in der Sammlung nicht veröffentlicht) "bekämpfte Bescheid der N.Ö. Landesregierung vom 14. 12. 1971, GZ.: II/1-76-1971 weder zugestellt noch zur Kenntnis gebracht worden. Der Antragsteller war auch nicht Adressat dieses Bescheides. Insbesondere wurde er nicht mit diesem zum Beirat des Regierungskommissärs bestellt."
Aus diesen Ausführungen geht hervor, daß dem Antragsteller der zitierte Bescheid der Nö. Landesregierung vom 14. Dezember 1971 inhaltlich bekannt geworden ist. Es war und ist ihm daher möglich, diesen im Zuge der Kommunalstrukturverbesserung erlassenen, die Vereinigung der Gemeinde Tattendorf mit anderen Gemeinden betreffenden Bescheid beim VfGH mit Beschwerde nach Art144 B-VG zu bekämpfen; zu einer derartigen Beschwerde war und ist er legitimiert (vgl. VfSlg. 8869/1980 und die dort zitierte Vorjudikatur). In der Beschwerde konnte und kann eine Gesetzesprüfung angeregt und auf diese Weise die vom Antragsteller angenommene Verfassungswidrigkeit der die Vereinigung der Gemeinde Tattendorf mit anderen Gemeinden betreffenden Bestimmungen des KStrVG geltend gemacht werden.
Unter diesen Umständen kann nicht davon die Rede sein, daß dem Antragsteller ein anderer zumutbarer Weg zur Geltendmachung der von ihm behaupteten Verfassungswidrigkeit der bekämpften Gesetzesstelle nicht zur Verfügung steht.
Sein Antrag war sohin mangels Legitimation zurückzuweisen.
Schlagworte
Gemeinderecht Zusammenlegung, VfGH / IndividualantragEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1981:G23.1979Dokumentnummer
JFT_10189682_79G00023_00