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L8 Boden- und VerkehrsrechtNorm
B-VG Art139 Abs1 / IndividualantragLeitsatz
Art139 B-VG; Individualantrag auf Aufhebung der Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde Liebenfels vom 6. 10. 1978, betr. die Festlegung einiger Parzellen als Dorfgebiet; keine Legitimation der AnrainerinSpruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Der Antrag auf Abtretung der "Beschwerde" an den VwGH wird abgewiesen.
Begründung
Begründung:
I.1.a) Mit einem als Beschwerde bezeichneten Schriftsatz vom 12. Oktober 1979 begehrt die Antragstellerin gemäß Art139 B-VG die Aufhebung der Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde Liebenfels in Ktn. vom 6. Oktober 1978, betreffend die Festlegung der Grundstücke Nr. 545/6, 557/2 KG R., als Dorfgebiet.
Für den Fall der Nichtstattgebung wird von der Antragstellerin die Abtretung der "Beschwerde" gemäß Art144 Abs2 B-VG an den VwGH begehrt.
b) Die Antragstellerin erblickt die Gesetzwidrigkeit der bekämpften Verordnung in der mangelhaften Durchführung eines Ermittlungsverfahrens, sie behauptet weiters, durch die Verordnung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Freiheit des Liegenschaftserwerbes, auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter und auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt zu sein.
2. Die Gemeinde Liebenfels hat eine Äußerung erstattet, in der sie die Abweisung der "Verfassungsgerichtshofbeschwerde" der Antragstellerin begehrt.
Die Ktn. Landesregierung vertritt die Ansicht, daß der Individualantrag mangels Antragsberechtigung der Antragstellerin zurückzuweisen sei.
II. Der VfGH hat zur Frage der Zulässigkeit des Antrages erwogen:
1. Die Antragstellerin begehrt iS des §57 Abs1 VerfGG 1953 idF BGBl. 311/1976, die Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde Liebenfels vom 6. Oktober 1978, betreffend die Festlegung der Parzellen Nr. 545/6 und 557/2 KG R. als Dorfgebiet, zur Gänze als gesetzwidrig aufzuheben.
Die Antragstellerin legt weiters ihre Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit dieser Rechtsvorschrift (siehe oben I.1.b) dar.
Der Antrag enthält auch Ausführungen darüber, inwieweit die angefochtene Verordnung nach Meinung der Antragstellerin ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung und ohne Erlassung eines Bescheides für sie wirksam geworden sei.
2. Der Antrag ist dennoch unzulässig.
a) Die Antragstellerin begründet die Zulässigkeit des von ihr gestellten Individualantrages im wesentlichen wie folgt:
Am 27. Dezember 1978 habe sie sich überreden lassen, in den Verkauf einer Teilfläche des ihr gehörigen Grundstückes 545/6, zugehörig zur Liegenschaft EZ 32 KG R., im Ausmaß von 7 a 94 Quadratmeter an die Ehegatten M. und M.H. im Wege der Teilung des Grundstückes 545/6 in die Grundstücke 545/6 und 545/10 einzuwilligen und ein Umwidmungsansuchen hinsichtlich des neuzubildenden Grundstückes 545/10 an die Gemeinde Liebenfels zu unterfertigen.
Mit Schreiben vom 22. Jänner 1979 habe sie der Ktn. Landesregierung und dem Gemeindeamt Liebenfels mitgeteilt, daß das Umwidmungsansuchen in "unausgereifter Weise" gestellt worden sei und ersucht, das Verfahren ruhen zu lassen. In weiterer Folge, nämlich am 29. Juni 1979, habe sie den Antrag gestellt, die zu ihrer Liegenschaft EZ 32 KG R. gehörigen Grundstücke 545/5, 545/6, 556, 557/1, 557/2, 595, 596, 597, 598/1, 601 und 603/2 von Grünland in Bauland umzuwidmen. Würde nämlich nur das neugebildete Grundstück 545/10 in Bauland umgewidmet und verbaut, so könnte die Zufahrt zu all ihren übrigen genannten Grundstücken nicht angelegt werden, was sich aus einem Gutachten des Dipl.-Ing. F.B. vom 12. Juli 1979 ergebe, da nach den Geländestudien dieses Sachverständigen der untere Teil der (damals noch ungeteilten) Parzelle 545/6 für die Anlage einer Kehre benötigt werde. Mangels einer den Erfordernissen der Zeit entsprechenden Zufahrt sei eine Umwidmung in Bauland hinsichtlich all ihrer Grundstücke in Frage gestellt. So habe die Gemeinde Liebenfels zu einem Umwidmungsansuchen in Bauland, das von ihr hinsichtlich der Parzelle 597 gestellt worden sei, mit Schreiben vom 3. August 1978 darauf hingewiesen, daß ein Nachweis, wie eine Zufahrt gestaltet werde, erbracht werden müsse. Aus den gleichen Gründen hätte auch die Umwidmung der Parzelle 545/10 nicht erfolgen dürfen.
Damit sei das Rechtsschutzinteresse und die Beschwerde der Antragstellerin dargetan.
In weiteren Ausführungen setzt sich die Antragstellerin mit Fragen der Wasserversorgung der bereits genannten und benachbarter Grundstücke auseinander, welche ebenfalls vor einer endgültigen Dorfgebietsfestlegung einer Klärung bedürften.
Die Antragstellerin beruft sich in diesem Zusammenhang und auch hinsichtlich des Erfordernisses der Schaffung einer der Zeit entsprechenden Zufahrt auf Stellungnahmen, die von der Ktn. Landesregierung im Verfahren über die Genehmigung der bekämpften Umwidmungsverordnung eingeholt wurden, in welchen zum Ausdruck gebracht wurde, daß eine Umwidmung verfrüht sei, da die Voraussetzungen für eine Baulandfestlegung noch nicht geklärt seien.
Eine den Zeiterfordernissen entsprechende Aufschließung der Liegenschaft der Antragstellerin werde durch die angefochtene Verordnung selbst dann verhindert, wenn die Liegenschaft eine Landwirtschaft bleibe.
Die angefochtene Verordnung sei der Antragstellerin gegenüber deshalb tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung und ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden, weil dadurch erst die Verbücherung des Kaufvertrages vom 27. Dezember 1978 ermöglicht worden sei. Da entsprechend dem Erk. VwSlg. 8032 A/1971, aus welchem hervorgehe, daß das Berufungsrecht der Partei eines Verwaltungsverfahrens nicht weiter reiche als das rechtliche Interesse, auf dem die Parteistellung beruhe, die Genehmigung des Kaufvertrages vom 27. Dezember 1978 nach dem Wohnsiedlungsgesetz und die Genehmigung der Grundstücksteilung für die Antragstellerin unanfechtbar gewesen sei, bleibe ihr als letzte Möglichkeit nur ein Individualantrag nach Art139 B-VG. Daß der Antragstellerin kein anderer zumutbarer Weg zur Bekämpfung der angefochtenen Verordnung zur Verfügung stehe, ergebe sich ebenfalls aus dem zitierten Erk., darüber hinaus aber auch aus ihrem hohen Alter (die Antragstellerin ist am 11. 11. 1891 geboren).
b) Gemäß Art139 B-VG erkennt der VfGH über die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen auch auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Gesetzwidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern die Verordnung nicht bloß behaupteterweise, sondern auch tatsächlich ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung und ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist (VfSlg. 8009/1977). Nicht zu untersuchen ist hingegen, ob die Verordnung anders als in der behaupteten Weise wirksam geworden ist, da es im gegebenen Zusammenhang lediglich darauf ankommt, in welcher Hinsicht nach den Behauptungen des Antragstellers eine bekämpfte Verordnung seine Rechtssphäre berührt und diese - im Falle der Gesetzwidrigkeit der Verordnung verletzt (siehe VfSlg. 8594/1979 und die dort zitierten Rechtsprechungshinweise, zuletzt VfSlg. 8974/1980). Anfechtungsberechtigt ist schließlich nur eine Person, der kein anderer zumutbarer Weg zur Geltendmachung der Rechtswidrigkeit zur Verfügung steht.
c) Zur Betroffenheit der Antragstellerin erschöpft sich ihr Vorbringen in der Behauptung, daß durch die Umwidmung und die damit ermöglichte Verbauung der umgewidmeten Flächen bewirkt werde, daß ihre Grundstücke künftig durch eine den Erfordernissen der Zeit entsprechende Zufahrt nicht mehr aufgeschlossen werden könnten.
Bei Prüfung dieses Vorwurfes ist davon auszugehen, daß die umgewidmete Fläche sich laut Flächenwidmungsplan mit dem von der Antragstellerin mit Kaufvertrag vom 27. Dezember 1978 verkauften und nun im Eigentum des Ehepaares H. stehenden Grundstück 545/10 deckt. Wenn nämlich auch die gemäß §8 Abs1 des Ktn. Gemeindeplanungsgesetzes erfolgte Kundmachung der Genehmigung der Änderung des Flächenwidmungsplanes in der Ktn. Landeszeitung vom 2. August 1979 zum Ausdruck brachte, daß die Umwidmung der als "Grünland gewidmeten südlichen Teile der Parzellen Nr. 545/6, 557/2 im Gesamtausmaß von 800 Quadratmeter ... genehmigt" worden sei, nach dem Wortlaut der Verlautbarung also auch die Gp. 557/2 von der Umwidmung erfaßt ist, geht übereinstimmend aus dem einen Bestandteil der Genehmigung bildenden Lageplan iVm dem der Genehmigung zugrunde liegenden geänderten Flächenwidmungsplan der Gemeinde hervor, daß die umgewidmete Fläche von 800 Quadratmeter nur die Gp. 545/6 betrifft und sich mit der neu gebildeten Gp. 545/10 deckt. Die Zitierung der Gp. 557/2 in der Verlautbarung hat somit offensichtlich nur die Bedeutung eines Schreibfehlers. Der Antragstellerin kommt damit rücksichtlich der von der Verordnung betroffenen Grundflächen nur die Stellung eines Anrainers zu. Rechte an diesem Grundstück stehen der Beschwerdeführerin nach ihrem eigenen Vorbringen nicht zu.
Demzufolge wird aber durch die Behauptung der Antragstellerin, weshalb sie sich durch die bekämpfte Verordnung verletzt erachtet, nur dargetan, daß sie in wirtschaftlicher und damit in faktischer Hinsicht durch die Umwidmung betroffen wird. Voraussetzung der Zulässigkeit des Individualantrages ist aber, daß im Fall der Gesetzwidrigkeit der Verordnung die Rechtssphäre der Antragstellerin aktuell beeinträchtigt wird (VfSlg. 8396/1978).
Da dies offensichtlich nicht der Fall ist, war der Antrag auf Verordnungsprüfung wegen Fehlens der Legitimation der Antragstellerin zurückzuweisen.
3. Der Antrag auf Abtretung der "Beschwerde" an den VwGH war abzuweisen, weil eine solche Abtretung im Verfahren gemäß Art139 B-VG nicht vorgesehen ist.
Schlagworte
VfGH / Individualantrag, FlächenwidmungsplanEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1981:V47.1979Dokumentnummer
JFT_10189389_79V00047_00