Index
L8 Boden- und VerkehrsrechtNorm
B-VG Art7 Abs1 / VerwaltungsaktLeitsatz
Tir. Landesbauordnung; keine Bedenken gegen den Verbauungsplan der Stadtgemeinde Lienz; keine Gleichheitsverletzung durch Versagung einer BaubewilligungSpruch
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
1.1. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Lienz vom 4. Oktober 1978, Z E/PE 1532-64-1977, wurde dem Bauwerber A.M. die baubehördliche Bewilligung zur Errichtung eines "Geräteschuppens mit Waschraum und WC" auf der GP 1490/9 der Katastralgemeinde L. versagt, und zwar im wesentlichen mit der sinngemäßen Begründung, daß die in Rede stehende Grundparzelle laut geltendem Flächenwidmungsplan im Freiland liege, wo gemäß §15 Abs2 Tir. Raumordnungsgesetz, LGBl. 10/1972 (TROG), nur die - hier nicht anzunehmende - Errichtung von Bauten für land- und forstwirtschaftliche Betriebe zulässig sei.
1.2. Die vom Bauwerber gegen diesen Bescheid ergriffene Berufung wurde mit Bescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde Lienz vom 6. Dezember 1978, Z Dr. Ob/H 1532/64/77, gemäß §31 Abs4 lita Tir. Bauordnung, LGBl. 42/1974 (TBO), und §15 Abs2 TROG als unbegründet abgewiesen. In der Begründung dieses Bescheides heißt es ua., auf Grund der Ausformung des Bauplatzes und der Ausstattung des Geräteschuppens sei die im §15 Abs2 TROG für Freilandflächen geforderte Zweckwidmung des zu errichtenden Bauwerks nicht gegeben.
1.3. Eine dagegen vom Bauwerber erhobene Vorstellung wies die Tir. Landesregierung mit Bescheid vom 12. März 1979, Z Ve-550-622/1, als unbegründet ab.
Die Gründe dieser Entscheidung lauten ua. wörtlich:
"Nach §31 Abs3 des Tir. Raumordnungsgesetzes, LGBl. Nr. 10/1972 in der geltenden Fassung, bleiben die bis zum Inkrafttreten des Tir. Raumordnungsgesetzes in Geltung gestandenen Verbauungspläne bis zur Erlassung der Flächenwidmungs- und Bebauungspläne, die den Bestimmungen dieses Gesetzes entsprechen, weiterhin in Kraft. Da die Stadtgemeinde Lienz nach den Normen des Tir. Raumordnungsgesetzes noch nicht im Besitze eines derartigen Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes ist, ist gemäß der zitierten Übergangsbestimmung der derzeit bestehende Verbauungsplan für die Stadtgemeinde Lienz, genehmigt gemäß §7 der Tir. Landesbauordnung, LGBl. Nr. 1/1901, am 23. April 1970 unter der Zl. Ve-82/300/1970, weiterhin anzuwenden. Erst bei einer Anpassung nach §31 Abs4 TROG sind auch inhaltlich die Bestimmungen des zitierten Gesetzes für die neuen Pläne maßgebend.
Nach diesem Plan ist die für die Errichtung des gegenständlichen Bauvorhabens vorgesehene Grundparzelle als 'Private Grünfläche, Bauverbot für Bauten aller Art' ausgewiesen. Damit ist aber die verfahrensgegenständliche Parzelle von jeglicher Bebauung freizuhalten. Da es Aufgabe der Flächenwidmungs- und Bebauungspläne ist, den Gemeinderaum zu ordnen, muß jedes Vorhaben, das mit dieser Ordnung im Widerspruch steht, abgewiesen werden.
Die belangte Behörde hat daher zu Recht das Bauvorhaben - auch nach §15 TROG wäre dieses nicht zulässig - als dem Flächenwidmungsplan widersprechend abgewiesen.
Da nach den dargelegten Ausführungen das gegenständliche Bauprojekt in öffentlich-rechtlicher Beziehung, da dem gültigen Verbauungsplan widersprechend, nicht zulässig ist, und die Abweisung daher zu Recht erfolgt ist, war in Ermangelung einer Rechtsverletzung durch den angefochtenen Bescheid die Vorstellung als unbegründet abzuweisen."
1.4.1. Gegen diesen Bescheid der Tir. Landesregierung richtet sich die vorliegende, auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde des A.M. an den VfGH; der Beschwerdeführer behauptet darin, er sei wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten sowie im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art7 Abs1 B-VG, Art2 StGG) verletzt worden, und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides, ferner hilfsweise, und zwar mit Bezugnahme auf Art144 Abs2 B-VG, die Abtretung der Beschwerde an den VwGH.
1.4.2. Die Tir. Landesregierung als belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift und begehrte die Abweisung der Beschwerde.
2. Über die - zulässige - Beschwerde wurde erwogen:
2.1. Zur behaupteten Rechtsverletzung wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm:
2.1.1. Der Beschwerdeführer wendet - im Blick auf die Rechtsgrundlagen des angefochtenen Bescheides - lediglich ein, der Verbauungsplan der Gemeinde Lienz enthalte unzulässigerweise Bauverbote und sei überdies nicht vorschriftsmäßig kundgemacht worden.
2.1.2. Das Beschwerdevorbringen ist nach beiden Richtungen hin unbegründet.
2.1.2.1. Gemäß §31 Abs3 des Gesetzes vom 6. Dezember 1971 über die Raumordnung im Lande Tirol (Tir. Raumordnungsgesetz), LGBl. 10/1972 (TROG), bleibt der - wie die Verwaltungsakten ergeben - am 30. Jänner 1970 vom Gemeinderat Lienz beschlossene und in der Folge von der Tir. Landesregierung kraft §7 Tir. Landesbauordnung, LGBl. 12/1928 (TLBO), genehmigte Verbauungsplan bis zur Erlassung von Flächenwidmungs- bzw. Bebauungsplänen, die den Bestimmungen des TROG entsprechen, weiterhin in Kraft: Wenn der Beschwerdeführer - ohne nähere Begründung - der Sache nach geltend macht, dieser Verbauungsplan könne keine Bauverbote verfügen, so genügt es, auf die bisherige Rechtsprechung des VfGH zu verweisen, derzufolge solche Pläne, die Verordnungscharakter tragen (vgl. VfSlg. 4498/1963, 4871/1964, 5794/1968), durchaus auch Bauverbote vorsehen dürfen, welche unmittelbar die Regelung des Verbauungsgebietes dieser Gemeinde betreffen (s. zB VfSlg. 4498/1963, 5794/1968). Der VfGH hält an dieser Rechtsauffassung fest.
2.1.2.2. Nach §7 TLBO muß der - vom Gemeinderat beschlossene und von der Landesregierung genehmigte - Verbauungsplan "nach gehöriger Kundmachung zwei Wochen lang zur Einsicht aufliegen" (vgl. VfSlg. 4871/1964). Das aus den Akten zu ersehende Verwaltungsgeschehen - der in Rede stehende Verbauungsplan lag danach jedenfalls seit der Genehmigung durch die Tir. Landesregierung im Stadtbauamt Lienz öffentlich zur Einsicht auf - bietet keine hinreichenden Anhaltspunkte für das Bestehen eines Kundmachungsmangels, wie er in der Beschwerdeschrift zwar ganz allgemein behauptet, jedoch in keiner Weise konkretisiert wurde.
2.1.3. Zusammenfassend ist festzuhalten, daß der VfGH die vom Beschwerdeführer gegen den Verbauungsplan der Stadtgemeinde Lienz in materieller und formeller Hinsicht vorgetragenen Bedenken nicht zu teilen vermag.
Daß die Rechtsgrundlagen des angefochtenen Bescheides aus anderen als den bereits als unzutreffend erkannten Gründen verfassungswidrig seien, behauptet der Beschwerdeführer nicht. Auch der VfGH hegt - aus der Sicht dieses Beschwerdefalles - keine solchen Bedenken.
2.1.4. Wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm wurde der Beschwerdeführer infolgedessen in seinen Rechten nicht verletzt.
2.2. Zur behaupteten Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz:
2.2.1. Da gegen die angewendeten Rechtsvorschriften keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen (s. 2.1.) und es auch an entsprechenden Anhaltspunkten dafür fehlt, daß die belangte Behörde dem Gesetz fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellte, könnte nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH (zB VfSlg. 8238/1978) eine Verletzung des Gleichheitsrechtes nur dann vorliegen, wenn der angefochtene Bescheid ein Willkürakt wäre.
2.2.2.1. Dies behauptet der Beschwerdeführer, indem er - sinngemäß zusammengefaßt - einwendet, es fehle an jeglichen Sachverhaltsfeststellungen zur Frage der Zweckwidmung des zu errichtenden Gebäudes, das den Umständen nach nur als Geräteschuppen Verwendung finden könne. Behördliche Willkür erblickt der Beschwerdeführer überdies auch darin, daß in anderen durchaus vergleichbaren Fällen Baugenehmigungen erteilt worden seien.
2.2.2.2. Der VfGH sprach mehrfach aus, daß das Unterlassen jedweder Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder das Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt ebenso wie ein leichtfertiges Abgehen vom Inhalt der Akten oder das Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes in die Verfassungssphäre reichen (zB VfSlg. 7328/1974 und die dort angeführte Vorjudikatur; VfSlg. 7732/1975). Daß ein derartiger Verfahrensmangel auch das Gleichheitsgebot verletzen kann, ergibt sich vor allem aus den Erk. VfSlg. 5139/1965 und 5848/1968: Der belangten Behörde ist ein solcher Verfahrensmangel besonders gravierender Art jedoch entgegen der in der Beschwerde der Sache nach verfochtenen Auffassung nicht anzulasten; denn sie ließ die vom Beschwerdeführer in den Mittelpunkt seiner Argumentation gerückte Behauptung, das geplante Bauwerk solle der Landwirtschaft dienen, offensichtlich nur deshalb unüberprüft, weil sie der Rechtsauffassung anhing, es bestehe für die besagte Liegenschaft ein umfassendes Bauverbot; von diesem Rechtsstandpunkt aus konnte aber der Zweckwidmung des zu errichtenden Bauwerks keine entscheidungswesentliche Bedeutung zukommen, sodaß es dazu auch nicht der in der Beschwerdeschrift vermißten (Tatsachen-)Feststellungen bedurfte.
Es finden sich keine greifbaren Anhaltspunkte dafür, daß die belangte Behörde bei ihrer Entscheidung von subjektiven, in der Person des Beschwerdeführers gelegenen Momenten bestimmt oder von anderen unsachlichen Erwägungen geleitet worden wäre. Das gesamte Verwaltungsgeschehen, insbesondere aber auch die Begründung des angefochtenen Bescheides, zeigt vielmehr, daß die belangte Tir. Landesregierung offenkundig bemüht war, dem Gesetz die von ihr als richtig erkannte Geltung zu verschaffen; ein solches Bemühen schließt nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH Willkür aus, und zwar auch dann, wenn es nicht von Erfolg begleitet gewesen sein sollte (vgl. VfSlg. 7860/1976 ua.).
Auch aus der in ausführlichen Darlegungen vorgetragenen Beschwerdeeinrede, in gleichartig gelagerten Fällen sei Bauansuchen stattgegeben worden, ist aber für den Standpunkt des Beschwerdeführers letztlich nichts zu gewinnen. Denn selbst wenn in anderen Bausachen gesetzwidrig verfahren worden sein sollte, könnte ein solches Vorgehen dem Beschwerdeführer kein Recht auf gleiches behördliches Fehlverhalten einräumen (vgl. zB VfSlg. 6992/1973, 7962/1976).
2.2.3. Auf alle übrigen - weitwendigen - Beschwerdeausführungen zum Grundrecht nach Art7 Abs1 B-VG kann hier nicht weiter eingegangen werden, weil sie nach Inhalt und Zielsetzung bloß die einfachgesetzliche Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides bestreiten: Darüber hat aber nicht der VfGH in einem Verfahren nach Art144 Abs1 B-VG, sondern ausschließlich der nach Art129 B-VG zur Sicherung der Gesetzmäßigkeit der gesamten öffentlichen Verwaltung berufene VwGH zu befinden.
2.2.4. Zusammenfassend ergibt sich, daß der Beschwerdeführer auch nicht im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Gleichheitsrecht verletzt wurde.
2.3. Die Verletzung eines sonstigen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts wurde nicht behauptet und kam auch im Verfahren vor dem VfGH nicht hervor.
2.4. Die Beschwerde war bei der gegebenen Sach- und Rechtslage als unbegründet abzuweisen.
Schlagworte
Baurecht, Raumordnung, Flächenwidmungsplan, Bebauungsplan, BaubewilligungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1981:B172.1979Dokumentnummer
JFT_10189388_79B00172_00