TE Vfgh Beschluss 1981/6/12 B178/79

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Veröffentlicht am 12.06.1981
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Index

10 Verfassungsrecht
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 (B-VG)

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Bescheid
B-VG Art144 Abs2
AVG §19
EGVG ArtV
VStG §24
VStG §41

Leitsatz

Art144 Abs1 B-VG; als Ladungsbescheid bezeichnete Ladung ohne Androhung von Zwangsmitteln - kein Bescheidcharakter

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

1.1. Dem Beschwerdeführer Dipl. Vw. F.S. ging vom Magistrat der Stadt Wien (MA 59 - Marktamt) in einer Angelegenheit des Lebensmittelgesetzes 1975 folgende - schriftliche - Ladung zu:

"MA 59-10785/78 (Strafbezirksgericht Wien 20 U 2124/78) S.F. 88/79 (Strafbezirksgericht Wien 6 U 131/79)

Beschuldigten-Ladungsbescheid

Es wird Ihnen zur Last gelegt, daß Sie 1) a) 'Granor Bisco Swiss' b) 'Java Bisco Swiss' c) 'Mandel Gipfeli-Mandelgebäck' d) 'Bricotti Aprikosen-Schnitten' in Verkehr gebracht haben, die auf Grund von Probenabnahmen am 14. 3., 16. 3., 23. 3. 78 als a) b) d) 'verfälscht'

c) 'falsch bezeichnet', ... 2) 'Roco Ravioli mit Wurstbrät', 'Roco Canneloni mit Wurstbrät' in Verkehr gebracht haben, die auf Grund von Probenabnahmen in Ihrem Lager in 11, H-gasse 73, als 'verfälscht' iS des Lebensmittelgesetzes zu beanstanden war(en).

Gemäß §40 Abs2 und §41 des Verwaltungsstrafgesetzes werden Sie aufgefordert, unter Mitnahme dieses Ladungsbescheides und d. Gegenprobengutachten (falls vorhanden) zur Vernehmung am Montag, dem 26. 3. 79, um 10.00 Uhr, bei diesem Amte, 3, Am Modenapark 1 - 2,

2. Stock, Zimmer 209, persönlich zu erscheinen.

Gleichzeitig werden Sie aufgefordert, die Ihrer Verteidigung dienlichen Beweismittel mitzubringen oder diesem Amte so zeitlich anzuzeigen, daß sie zur Vernehmung noch herbeigeschafft werden können.

Gegen diesen Bescheid ist gemäß §19 Abs4 AVG 1950 kein Rechtsmittel zulässig.

Wien, 1979 03 16"

(Die in diesem "Beschuldigten-Ladungsbescheid" vorgedruckten Worte:

"... oder einen mit der Sachlage vertrauten und schriftlich

bevollmächtigten eigenberechtigten Vertreter zu entsenden ... Im Falle ungerechtfertigten Ausbleibens wird gemäß §41 Abs3 des Verwaltungsstrafgesetzes das Strafverfahren ohne Ihre Anhörung durchgeführt werden, haben Sie gemäß §19 Abs3 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes die sofortige Vollziehung einer Zwangsstrafe von S ... Ihre zwangsweise Vorführung zu gewärtigen."

waren - wie aus einer der Beschwerdeschrift beigefügten Fotokopie dieses "Beschuldigten-Ladungsbescheides" zu ersehen ist - gestrichen).

1.2. Gegen diese Beschuldigtenladung wendet sich die vorliegende, auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde des Dipl. Vw. F.S. an den VfGH, in der die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter (Art83 Abs2 B-VG) sowie ein Verstoß gegen Art94 B-VG behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Verwaltungsaktes, ferner hilfsweise, und zwar mit Berufung auf Art144 Abs2 B-VG, die Abtretung der Beschwerde an den VwGH beantragt wird.

2. Über diese Beschwerde wurde erwogen:

2.1.1. Gemäß Art144 Abs1 B-VG erkennt der VfGH über Beschwerden ua. gegen "Bescheide von Verwaltungsbehörden".

Als solcher Bescheid in der Bedeutung des Art144 Abs1 B-VG stellt sich nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH (s. VfSlg. 3529/1959, 4699/1964, 6140/1970, 7868/1976, 7872/1976, 9017/1981) zwar ein unter Androhung eines Zwangsmittels das Erscheinen vor der Behörde befehlender "Ladungsbescheid" nach §19 AVG 1950 - im Verwaltungsstrafverfahren nach §§19 AVG 1950, 24 und 41 VStG 1950, im Dienste der Strafjustiz nach ArtV EGVG 1950, §§19 AVG 1950, 24 und 41 VStG 1950 - dar, nicht aber eine bloße Ladung zur Behörde ohne gleichzeitige Androhung von Zwangsmaßnahmen für den Fall der Nichtbefolgung.

2.1.2. Im gegebenen Fall enthält der angefochtene Verwaltungsakt nur eine Aufforderung, unter Mitnahme "dieses Ladungsbescheides" und allenfalls vorhandener Gegenprobengutachten zur Vernehmung beim Amte persönlich zu erscheinen. Diese Formulierung droht dem Beschwerdeführer nicht einmal ein allfälliges zukünftiges Verhalten der belangten Behörde an.

Gegenstand der Beschwerde bildet folglich - legt man die einleitend entwickelte Rechtsauffassung zugrunde - bloß eine einfache Ladung, der Bescheidqualität (iS des §19 AVG 1950) nicht zukommt, woran auch die Überschrift "Beschuldigten-Ladungsbescheid" nichts zu ändern vermag (s. auch VwGH 22. 5. 1979 Z 1279/79; 19. 6. 1979 Z 1470/79 ua.).

2.2. Die Zuständigkeit des VfGH in dieser Beschwerdesache nach Art144 Abs1 B-VG ist somit nicht gegeben; die Beschwerde war als unzulässig zurückzuweisen.

Schlagworte

Verwaltungsverfahren, Ladung, Bescheidbegriff

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1981:B178.1979

Dokumentnummer

JFT_10189388_79B00178_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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