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63 Allgemeines Dienst- und BesoldungsrechtNorm
B-VG Art7 Abs1 / VerwaltungsaktLeitsatz
Gehaltsgesetz 1956; keine Bedenken gegen §§19a und 96; keine GleichheitsverletzungSpruch
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
1.1. Mit (Einzel-)Bescheiden des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom 8. März 1978, Jv 2452-4 A/78, wurden in einer Sammeleingabe gestellte Anträge der im Erkenntniskopf namentlich bezeichneten Richter aus dem Sprengel des Landesgerichtes Feldkirch auf Zuerkennung einer Erschwerniszulage gemäß §19a Gehaltsgesetz 1956, BGBl. 54 in der Fassung der 24. Gehaltsgesetznovelle, BGBl. 214/1972, in der Höhe von 15% des Gehaltes abgewiesen.
Die Bescheidbegründung lautete ua. jeweils wie folgt:
"... Der Gesetzgeber der 24. Gehaltsgesetz-Novelle BGBl 1972/214 war bemüht, durch Aufnahme zahlreicher Einzelbestimmungen die verschiedenen anspruchsbegründenden Sachverhalte auf dem Gebiete der Nebengebühren in Tatbeständen zu umreißen, diesen einen ganz spezifischen Inhalt zu verleihen und sie von anderen Tatbeständen abzugrenzen. In diesem Sinne gebührt gemäß §19a Gehaltsgesetz 1956 dem Beamten, der seinen Dienst unter besonderen körperlichen Anstrengungen oder sonstigen besonders erschwerten Umständen verrichten muß, eine Erschwerniszulage. Nach den vorstehenden Ausführungen kann darunter aber nicht etwa jene körperliche Anstrengung verstanden werden, die naturgemäß mit der Ausdehnung des Dienstes durch Überstundenleistungen verbunden ist. Es muß sich vielmehr um ganz besondere, nicht so sehr aus dem Umfang, sondern vielmehr aus der Art des zu versehenden Dienstes ergebende körperliche Anstrengungen oder sonstige besonders erschwerte Umstände handeln, wobei auch für letztere ein Hinweis durch die Anführung besonderer körperlicher Beanspruchung gegeben ist.
Die ... geltend gemachte Mehrbelastung durch eine über die normale Arbeitszeit hinausgehende Dienstverrichtung kann in diesem Sinne aber nur als eine zeitmäßige Mehrbelastung angesehen werden.
Im Rahmen der Bestimmungen des Gehaltsgesetzes 1956 ist für zeitmäßige Mehrleistungen der Richter nur die Überstundenvergütung nach §16 vorgesehen (siehe dazu auch die einvernehmliche Festlegung zum §16 im Bericht des Finanz- und Budgetausschusses, 365 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates XIII.
GP: '... daß ... bei den Richtern ..., bei denen eine zeitmäßig festgelegte Arbeitszeit nicht besteht, eine Vergütung für zeitmäßige Mehrleistungen im Rahmen einer analogen Anwendung der Pauschalierung von Überstundenvergütungen dem Sinn der Neuregelung entspricht'). Die zur ordnungsgemäßen Bewältigung der Geschäftslast notwendige Leistung von Überstunden durch Richter wird durch die mit Verordnung des Bundesministers für Justiz vom 26. Juni 1973 BGBl 324 in der geltenden Fassung iS des §15 Abs2 Gehaltsgesetz 1956 als Gruppenpauschale geregelte Überstundenvergütung nach §16 Gehaltsgesetz 1956 pauschal abgegolten.
Da eine gleichzeitige Abgeltung der Mehrleistung durch eine Erschwerniszulage nicht möglich ist, war wie im Spruch zu entscheiden."
1.2. Der von den Antragstellern dagegen gemeinsam ergriffenen Berufung gab der Bundesminister für Justiz mit (Einzel-)Bescheiden vom 9. Juni 1978, Z 527.003-III 6/78, nicht Folge.
Begründend wurde ua. ausgeführt:
"... Nach den Wahrnehmungen des Bundesministeriums für Justiz auf Grund der Ergebnisse der Amtsnachschauen und Amtsuntersuchungen und der Berichte der nachgeordneten Dienstbehörden sind die Richter im Sprengel des Landesgerichtes Feldkirch stark belastet, sodaß - wie auch die Berufungswerber ausführen - zur ordnungsgemäßen Bewältigung der Geschäftslast regelmäßig zeitliche Mehrleistungen erforderlich sind. Zeitliche Mehrleistungen bringen selbstverständlich auch körperliche Anstrengungen mit sich und stellen eine Erschwernis für den Richter dar; es handelt sich aber dabei nicht um jene besonderen körperlichen Anstrengungen oder sonstigen besonders erschwerten Umstände, die einen Anspruch auf Erschwerniszulage iS des §19a Gehaltsgesetz begründen können. Auch die im Antrag aufgestellte Behauptung, daß der von den Richtern konsumierte Urlaub das Erholungsziel kaum erreichen könne, weil die sich anstauenden Rückstände die Erholung innerhalb kürzester Zeit zunichte machen, oder die erst in der Berufung aufgestellte und nicht weiter belegte Behauptung, daß die Richter in Vorarlberg solche Arbeiten verrichten müssen, die andernorts von nichtrichterlichem Personal bewältigt werden, sind infolge ihrer Allgemeinheit nicht geeignet, die Annahme von besonders erschwerten Umständen bei der Arbeitsverrichtung zu rechtfertigen.
Der Präsident des Oberlandesgerichtes Innsbruck hat daher im angefochtenen Bescheid mit Recht die von den Vorarlberger Richtern geltend gemachten Arbeitsumstände als zeitmäßige Mehrbelastung nach §16 Gehaltsgesetz gewertet, für die iS der einvernehmlichen Festlegung im Bericht des Finanz- und Budgetausschusses (365 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates XIII. GP) mit Verordnung des Bundesministers für Justiz vom 26. Juni 1973 BGBl 324 in der geltenden Fassung eine Überstundenvergütung pauschaliert ist ..."
1.3.1. Gegen diese Bescheide richtet sich die vorliegende, auf Art144 Abs1 B-VG gestützte und ebenfalls gemeinsam eingebrachte Beschwerde der eingangs genannten Richter an den VfGH, in der die Verletzung von Rechten wegen Anwendung rechtswidriger genereller Normen, ferner die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art7 Abs1 B-VG, Art2 StGG) behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung der angefochtenen Bescheide, hilfsweise die Abtretung der Beschwerde an den VwGH begehrt wird.
1.3.2. Der Bundesminister für Justiz als belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift und beantragte darin die Abweisung der Beschwerde.
2. Über die - zulässige - Beschwerde wurde erwogen:
2.1. Zur behaupteten Rechtsverletzung wegen Anwendung rechtswidriger genereller Normen:
2.1.1. Nach Auffassung der Beschwerdeführer verstößt §96 Gehaltsgesetz 1956 - der mit der Vollziehung dieses Gesetzes jedes Bundesministerium, und zwar insoweit betraue, als es oberste Dienstbehörde sei - gegen den Verfassungsgrundsatz der Trennung der Justiz von der Verwaltung: Wie die Beschwerdeführer sinngemäß zusammengefaßt vorbringen, lasse es Art94 B-VG nicht zu, die Festsetzung selbst nur eines Teiles der Bezüge der Angehörigen der dritten Staatsgewalt dem Bundesministerium für Justiz zu überantworten; auch die nach dem Bundesgesetz vom 9. Juli 1972 über die Bezüge und Pensionen der obersten Organe des Bundes (Bezügegesetz), BGBl. 273/1972, zu treffenden Maßnahmen seien gemäß §50 leg. cit. (nicht dem Minister, sondern) dem Präsidenten des Nationalrates übertragen, soweit es um Mitglieder des Nationalrates und des Bundesrates gehe.
Die Rechtsmeinung der Beschwerdeführer ist verfehlt. Der Grundsatz der Trennung der Justiz von der Verwaltung bezieht sich nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH (vgl. VfSlg. 1423/1931) nur auf die Organisation der Behörden und besagt, daß eine und dieselbe Behörde nicht gleichzeitig als Gerichts- und als Verwaltungsbehörde organisiert sein kann. Art94 B-VG steht daher allein aus diesem Grund der - einfachgesetzlichen - Vorschrift des §96 Gehaltsgesetz 1956 nicht entgegen. Aus dem vergleichenden Hinweis auf §50 Bezügegesetz ist für den Standpunkt der Beschwerdeführer schon deshalb nichts zu gewinnen, weil es sich bei dieser Norm in der heute geltenden Fassung um eine Verfassungsbestimmung handelt.
2.1.2. Daß die Rechtsgrundlagen der angefochtenen Bescheide, so insbesondere die Bestimmungen des §19a Gehaltsgesetz 1956, aus anderen als den schon als unzutreffend befundenen Gründen verfassungswidrig seien, wurde von den Beschwerdeführern nicht behauptet. Auch der VfGH hegt - aus der Sicht dieses Beschwerdefalles - keine derartigen Bedenken.
2.1.3. Das Vorbringen der Beschwerdeführer zur Frage der Gesetzmäßigkeit der Verordnung des Bundesministers für Justiz vom 26. Juni 1973, BGBl. 324/1973, über die Pauschalierung der Überstundenvergütungen für Richteramtsanwärter und Richter gemäß §16 in Verbindung mit §15 Abs2 Gehaltsgesetz 1956 in der Fassung der 24. Gehaltsgesetz-Novelle mußte - wie hier beizufügen bleibt - unerörtert auf sich beruhen, denn diese Verordnung wurde von der belangten Behörde angesichts der ausdrücklich auf §19a Gehaltsgesetz 1956 gegründeten Anträge der Beschwerdeführer zu Recht nicht angewendet und ist auch vom VfGH in dieser Rechtssache nicht anzuwenden, sodaß die angeregte Einleitung eines Prüfungsverfahrens nach Art139 Abs1 B-VG - mangels Präjudizialität der als gesetzwidrig bezeichneten Verordnung - nicht in Betracht kommen kann.
2.1.4. Wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm wurden die Beschwerdeführer infolgedessen in ihren Rechten nicht verletzt.
2.2. Zur behaupteten Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz:
2.2.1. Da gegen die Rechtsgrundlagen der angefochtenen Bescheide verfassungsrechtliche Bedenken nicht bestehen (s. 2.1.) und es auch an jeglichen Anhaltspunkten dafür fehlt, daß die belangte Behörde dem Gesetz fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellte, könnte das Gleichheitsrecht nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH (zB VfSlg. 7466/1974, 8238/1978) nur dann verletzt sein, wenn die angefochtenen Bescheide Willkürakte wären.
2.2.2. Es finden sich hier keine wie immer gearteten Hinweise dafür, daß die belangte Behörde bei ihrer Entscheidung von subjektiven, in der Person der Beschwerdeführer gelegenen Momenten bestimmt oder von anderen unsachlichen Erwägungen geleitet worden sei.
Die Berufungsbehörde ging sichtlich auf alle ihr maßgebend scheinenden Einzelheiten der Dienstrechtssache ein, wie der aus den Akten zu entnehmende Ablauf des Verwaltungsgeschehens, letztlich aber auch die besonders ausführliche, das Vorbringen der Berufungswerber durchaus berücksichtigende Begründung der angefochtenen Bescheide zeigt.
Allein daraus geht hervor, daß der Bundesminister für Justiz seine Entscheidung keineswegs leichtfertig fällte, sondern um eine genaue Prüfung und Würdigung des Sachverhaltes und um eine gesetzmäßige Lösung des Falles bemüht war. Schon ein solches Bemühen schließt Willkür aus, mag es auch nicht von Erfolg begleitet sein (zB VfSlg. 7860/1976). Der VfGH hat darüber hinaus nicht zu untersuchen, ob der den angefochtenen Bescheiden zugrunde gelegte Sachverhalt den tatsächlichen Gegebenheiten entspricht und die von der belangten Behörde gewählte Gesetzesauslegung richtig ist: Keinesfalls leidet die Begründung der Berufungsbescheide an einer - unter Umständen als Indiz für Willkür in Betracht zu ziehenden (VfSlg. 7038/1973, 7962/1976) - Denkunmöglichkeit, und zwar weder in sachverhaltsmäßiger noch in rechtlicher Hinsicht.
Im Grunde suchen die Art7 Abs1 B-VG gewidmeten Beschwerdepartien - unter bloß formaler Berufung auf diesen Verfassungsartikel - nach Inhalt und Zielsetzung insgesamt lediglich nachzuweisen, daß die Berufungsbehörde - in Verkennung der (nur) im Bundesland Vbg. herrschenden erschwerten Arbeitsbedingungen und der daraus resultierenden Mehrbelastung nicht zeitmäßiger Art rechtsirrig entschieden habe. Damit wird jedoch nicht ein in die Verfassungssphäre reichendes Fehlverhalten der belangten Behörde aufgezeigt, vielmehr einzig und allein die einfachgesetzliche Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide bestritten, worüber ausschließlich der nach Art129 B-VG zur Sicherung der Gesetzmäßigkeit der gesamten öffentlichen Verwaltung berufene VwGH zu befinden hat.
2.2.3. Aus diesen Erwägungen ergibt sich, daß die Beschwerdeführer im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Gleichheitsrecht nicht verletzt wurden.
2.3. Die Verletzung eines sonstigen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes wurde nicht behauptet und kam auch im Beschwerdeverfahren nicht hervor.
2.4. Die Beschwerde war bei der gegebenen Sach- und Rechtslage als unbegründet abzuweisen.
Schlagworte
Dienstrecht, Erschwerniszulage, Gerichtsbarkeit Trennung von der VerwaltungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1981:B492.1978Dokumentnummer
JFT_10189388_78B00492_00