Index
L6 Land- und ForstwirtschaftNorm
B-VG Art18 Abs2Leitsatz
Stmk. Jagdgesetz 1954; kein Entzug des gesetzlichen Richters; keine Bedenken gegen §50e Abs4; keine Bedenken gegen §8 Abs6 lita der Satzungen der Steirischen Landesjägerschaft, LGBl. 14/1957Spruch
Die Beschwerden werden abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I.1.a) Die belangte Behörde ist in allen Beschwerdefällen von folgendem - von den Beschwerdeführern im verfassungsgerichtlichen Verfahren unbestritten gebliebenen - Sachverhalt ausgegangen:
Am 15. April 1976 erlegte der Beschwerdeführer H.J. im Eigenjagdgebiet der R.H. im Gemeindegebiet Fladnitz a.d. Teichalpe einen Auerhahn. Der Beschwerdeführer F.A. erleichterte als "Aufsichtsjäger durch Anführen des H.J. vorsätzlich diese Tat".
b) Wegen dieses Verhaltens hat der Disziplinarrat der Steirischen Landesjägerschaft mit Disziplinarerkenntnis vom 12. November 1976 gemäß §50e Abs4 des Stmk. Jagdgesetzes 1954, LGBl. 58 (im folgenden: Stmk. JagdG), beide Beschwerdeführer auf die Dauer von je 5 Jahren aus der Steirischen Landesjägerschaft ausgeschlossen.
Die Stmk. Landesregierung hat mit Bescheid vom 10. und 21. November 1977 den dagegen von den Beschwerdeführern J. und A. erhobenen Berufungen keine Folge gegeben. Aufgrund des von der ersten Instanz durchgeführten Beweisverfahrens sei das (oben unter lita dargestellte) Verhalten der Beschwerdeführer erwiesen. Der Abschuß von Auerhähnen sei nach der Verordnung der Stmk. Landesregierung vom 15. März 1976, LGBl. 24, über die Abänderung von Jagdzeiten und ganzjährigen Schonzeiten (im folgenden kurz: SchonzeitenV) ganzjährig verboten. Die Beschwerdeführer hätten sohin gegen §8 Abs6 lita der Verordnung der Stmk. Landesregierung vom 12. Februar 1957, LGBl. 14, über die Satzungen der Steirischen Landesjägerschaft (im folgenden kurz: Satzungen) verstoßen.
c) Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Stmk. Landesregierung vom 4. November 1977 wurde der Beschwerdeführer J. wegen des oben geschilderten Verhaltens einer Verwaltungsübertretung nach §51 Abs3 lita Stmk. JagdG iVm §2 lita der SchonzeitenV schuldig erkannt.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Stmk. Landesregierung vom 21. November 1977 wurde der Beschwerdeführer A. wegen des oben geschilderten Verhaltens einer Verwaltungsübertretung nach §51 Abs3 Stmk. JagdG iVm §2 lita SchonzeitenV und §7 VStG 1950 schuldig erkannt.
Über beide Beschwerdeführer wurden Geldstrafen von je S 2.000,-, im Falle der Uneinbringlichkeit Ersatzarreststrafen in der Dauer von je 20 Tagen verhängt.
2. a) Gegen die Bescheide vom 10. und 21. November 1977, betreffend den Ausschluß aus der Steirischen Landesjägerschaft, wenden sich die zu B533/77 und B538/77 erhobenen, auf Art144 B-VG gestützten Beschwerden. Darin wird die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter und die Verletzung in Rechten wegen Anwendung näher bezeichneter rechtswidriger genereller Normen behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung der bekämpften Bescheide, allenfalls deren Abtretung an den VwGH beantragt.
b) Gegen die Bescheide vom 4. und 21. November 1977, betreffend die Verhängung von Verwaltungsstrafen, wenden sich die zu B542/77 und B539/77 erhobenen, auf Art144 B-VG gegründeten Beschwerden. Auch darin wird die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter und die Verletzung in Rechten wegen Anwendung rechtswidriger genereller Normen behauptet. Die Beschwerdeführer begehren die kostenpflichtige Aufhebung der angefochtenen Bescheide.
II. Der VfGH hat erwogen:
1. Was die behauptete Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter anlangt, hält der VfGH folgendes fest:
Nach §50e Abs6 Stmk. JagdG steht dem Beschuldigten gegen Erk. des Disziplinarrates der Steirischen Landesjägerschaft die Berufung an die Landesregierung zu.
Übertretungen des Stmk. JagdG und der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Vorschriften sind dem §99 Abs1 Stmk. JagdG zufolge von der Bezirksverwaltungsbehörde zu ahnden. In zweiter (und letzter) Instanz war - da es sich um das Verwaltungsstrafverfahren in einer Jagdsache, sohin in einer Angelegenheit der Landesverwaltung handelt - die Landesregierung zuständig (§51 Abs1 VStG 1950 und Art101 Abs1 B-VG).
Die Landesregierung hat sohin in allen Fällen eine Zuständigkeit zur Sachentscheidung in Anspruch genommen, die ihr gesetzlich zugekommen ist.
Davon, daß die Behörde eine Strafbefugnis beansprucht hätte, für die jegliche Rechtsgrundlage fehlt, kann keine Rede sein.
Ob die belangte Behörde richtige Entscheidungen getroffen hat, ist unter dem Blickwinkel des erwähnten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes nicht zu beurteilen.
Die Beschwerdeführer sind sohin offenkundig im erwähnten Recht nicht verletzt worden (vgl. hiezu die ständige Rechtsprechung des VfGH, zB VfSlg. 6249/1970, 8295/1978).
2. Die Haupteinwände der Beschwerdeführer richten sich gegen die Rechtmäßigkeit einiger die angefochtenen Bescheide tragender genereller Normen.
a) Nach §1 Stmk. JagdG besteht das Jagdrecht vor allem in der ausschließlichen Berechtigung, innerhalb des zustehenden Jagdgebietes die jagdbaren Tiere unter Beobachtung der gesetzlichen Bestimmungen in der im weidmännischen Betrieb üblichen Weise zu hegen, zu verfolgen, zu fangen und zu erlegen.
§51 Abs1 Stmk. JagdG enthält Vorschriften, während welcher Zeit (Jagdzeit) bestimmte jagdbare Tiere bejagt werden dürfen. Außerhalb der Jagdzeit sind sie zu schonen (Schonzeit).
In Z9 lita des Abs1 wird bestimmt, daß die Jagdzeit ua. für Auerhahnen vom 1. April bis 31. Mai dauert.
§51 Abs3 lita Stmk. JagdG ermächtigt die Landesregierung, im Verordnungsweg über Antrag oder von Amts wegen nach Anhören der Landeskammer für Land- und Forstwirtschaft und der bestehenden Organisation der zur Jagdausübung Berechtigten (Steirischen Landesjägerschaft)
"bei schwerer Gefährdung der Wildbestände durch außergewöhnliche Witterungsverhältnisse, Naturkatastrophen, Wildseuchen, bei Eintritt von übermäßigen Wildeingängen und dergleichen die für bestimmte Wildgattungen festgesetzten Schonzeiten für das ganze Land oder einzelne Gerichtsbezirke oder Gemeinden mit Gültigkeit für das jeweilig laufende Jagdjahr zu verlängern oder sonst abzuändern oder auch für eine bestimmte Zeit den Abschuß aller oder einzelner Wildgattungen im ganzen Land oder in einzelnen Gerichtsbezirken oder Gemeinden oder einzelnen Jagdrevieren zu verbieten",
Aufgrund dieser Gesetzesbestimmung wurde durch §2 lita der SchonzeitenV der Abschuß von Auerhahnen für das Jagdjahr 1976/77 verboten.
Diese Verordnung ist ihrem §3 zufolge mit dem Tag ihrer Kundmachung (das ist der 26. März 1976) in Kraft getreten.
Die unter Bezugnahme auf die §§50b und 50e Abs8 des Stmk. JagdG im Verordnungsweg erlassenen Satzungen der Steirischen Landesjägerschaft verpflichten im §8 Abs6 lita die Mitglieder der Steirischen Landesjägerschaft,
"das Ansehen der Jägerschaft hochzuhalten, die Jägertradition zu wahren und die Jagd iS der Bestimmungen des Gesetzes weidgerecht auszuüben".
b) Die Beschwerdeführer tragen gegen diese Bestimmungen die folgenden Bedenken vor:
Die Kundmachung der SchonzeitenV enthalte nicht die Feststellung, daß vor Erlassung der Verordnung die Landeskammer für Land- und Forstwirtschaft und die Steirische Landesjägerschaft angehört worden seien (Hinweis auf VfSlg. 2378/1952 und 2573/1953). Überdies spreche die Verordnung nicht aus, welche der in §51 Abs3 lita Stmk. JagdG aufgezählten sachlichen Voraussetzungen für ihre Erlassung maßgebend waren.
Die die SchonzeitenV tragende gesetzliche Bestimmung des §51 Abs3 lita Stmk. JagdG sei ihrerseits verfassungswidrig, weil durch die in ihr enthaltenen Worte "und dergleichen" eine formalgesetzliche Delegation vorliege. Der Verordnungsinhalt sei durch das Gesetz wegen dieser unbestimmten Formulierung nicht vorausbestimmt.
Gegen die Rechtmäßigkeit des §8 Abs6 lita der Satzungen bringen die Beschwerdeführer vor, daß die in dieser Verordnungsbestimmung enthaltene Verpflichtung, das Ansehen der Jägerschaft hochzuhalten und die Jägertradition zu wahren, im Gesetz keine Deckung finde. Das Gesetz definiere diese Begriffe nicht.
Die in der zitierten Verordnungsbestimmung enthaltene Verpflichtung, die Jagd iS der Bestimmungen des Gesetzes weidgerecht auszuüben, sei zwar durch §1 des Stmk. JagdG gedeckt. Das Gesetz umschreibe aber nicht, was unter dem Begriff "weidgerecht" zu verstehen sei. §1 des Stmk. JagdG sei daher verfassungswidrig.
c) Diese Bedenken sind unbegründet:
Was zunächst den Vorwurf der Beschwerdeführer anlangt, in der Promulgationsklausel der SchonzeitenV werde nicht festgehalten, daß die Landeskammer für Land- und Forstwirtschaft und die Steirische Landesjägerschaft vor Verordnungserlassung angehört wurden, ist darauf hinzuweisen, daß sich die von den Beschwerdeführern zitierte Judikatur (VfSlg. 2378/1952 und 2573/1953) nur auf Verordnungen bezieht, zu deren Erlassung das Gesetz die Herstellung des Einvernehmens mit anderen Behörden vorgesehen hat. Ein derartiger Fall liegt hier nicht vor. Aus keiner Rechtsvorschrift ergibt sich, daß auch im Falle einer Verpflichtung zur Anhörung anderer Behörden in der Kundmachung der Verordnung die durchgeführte Anhörung festgestellt werden müßte (vgl. zB VfSlg. 8086/1977),
Wie sich aus dem vorgelegten Verordnungsakt ergibt, wurde die SchonzeitenV über den von der Steirischen Landesjägerschaft im Einvernehmen mit der Landeskammer für Land- und Forstwirtschaft in Stmk. gemachten Vorschlag vom 20. Jänner 1976 erlassen. Ein derartiger Vorschlag ist als Anhören iS des §51 Abs3 Stmk. JagdG zu werten.
Keine Rechtsvorschrift verpflichtet die Landesregierung, die SchonzeitenV nach außen zu begründen (vgl. VfSlg. 8998/1980).
Der VfGH sieht keinen Anlaß, daran zu zweifeln, daß der Bestand an Auerhahnen in der Stmk. derart gefährdet war, daß diese Wildgattung ganzjährig zu schonen war.
§51 Abs3 lita Stmk. JagdG stellt darauf ab, daß der Wildbestand schwer gefährdet ist; die Ursachen für diese Gefährdung sind hiefür nicht wesentlich. Der Umstand, daß diese Ursachen im Gesetz bloß beispielsweise (arg. "und dergleichen") aufgezählt sind, ändert nichts daran, daß der Inhalt der Verordnung in einer dem Art18 B-VG entsprechenden Weise vorausbestimmt ist.
§50e Stmk. JagdG regelt das vom Disziplinarrat durchzuführende Disziplinarverfahren. Nach Abs4 stellt der Disziplinarrat den Tatbestand fest, durch welchen das Mitglied gegen die Jagdvorschriften verstoßen hat und erkennt entweder auf Einstellung des Verfahrens oder auf Erteilung einer Rüge oder auf zeitlichen Ausschluß aus der Steirischen Landesjägerschaft bis zu höchstens fünf Jahren.
Aus dieser Bestimmung ergibt sich, daß Verstöße gegen die Jagdvorschriften durch Mitglieder der Steirischen Landesjägerschaft einer disziplinären Ahndung unterliegen. Die Bestimmung enthält zugleich auch eine Regelung der Zuständigkeit des Disziplinarrates als erste Instanz und die Strafmittel. Bei dieser Vorschrift handelt es sich um eine sogenannte Blankettstrafnorm, gegen die an sich keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen. Auch gegen die konkrete Gestaltung dieser Norm bestehen keine Bedenken, denn der Hinweis auf die Jagdvorschriften ist durchaus eindeutig: Es handelt sich um die für die Regelung des Jagdrechtes im Land Stmk. geltenden Gesetze und Verordnungen (siehe VfSlg. 6559/1971 und die dort zitierte Vorjudikatur; vgl. auch VwSlg. 6317 A/1964). Der VfGH hat - ebenso wie im hg. Erk. VfSlg. 6559/1971 - auch unter dem Gesichtspunkt des vorliegenden Beschwerdefalles keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen §50e Abs4 Stmk. JagdG.
Auch die Statuten der Steirischen Landesjägerschaft sind "Jagdvorschriften" iS der zitierten Gesetzesbestimmung; auch ihre Verletzung ist disziplinär zu ahnden. §8 Abs6 lita der Statuten (s.o. II.2.a) konkretisiert in zulässiger Weise die sich aus §1 Stmk. JagdG (s. gleichfalls II.2.a) ergebende Verpflichtung, die Jagd "unter Beobachtung der gesetzlichen Bestimmungen in der im weidmännischen Betrieb üblichen Weise" auszuüben. Darunter ist auch die Verpflichtung, das Ansehen der Jägerschaft hochzuhalten und die Jägertradition zu wahren, subsumierbar. Der Inhalt der im Gesetz und in der Verordnung verwendeten Begriffe - er ist mit den anerkannten Grundsätzen der Weidgerechtigkeit gleichzusetzen (vgl. Meier - Hemmelmayr, Jagdrecht in Stmk., Anm. 4 zu §1 JagdG) - ist für die Normadressaten durchaus einsichtig und klar; er ist aus den gefestigten Gewohnheiten der Jägerschaft feststellbar (vgl. hiezu das zum Disziplinarstatut für Rechtsanwälte ergangene Erk. VfSlg. 7494/1975, S 103).
d) Der VfGH hat auch sonst gegen die die angefochtenen Bescheide tragenden Rechtsvorschriften keine verfassungsrechtlichen Bedenken.
Die Beschwerdeführer sind sohin offenkundig nicht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.
3. Das Verfahren hat nicht ergeben, daß die Beschwerdeführer in von ihnen nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurden. Insbesondere kann der VfGH nicht finden, daß die bekämpften Bescheide mit einer in die Verfassungssphäre reichenden Unrichtigkeit belastet wären.
Die Beschwerden waren daher abzuweisen.
Schlagworte
Verordnung Kundmachung, Jagdrecht, Schonvorschriften (Jagdrecht)European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1981:B533.1977Dokumentnummer
JFT_10189387_77B00533_00