TE Vfgh Erkenntnis 1981/6/13 B340/77

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Veröffentlicht am 13.06.1981
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Index

L6 Land- und Forstwirtschaft
L6500 Jagd, Wild

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art15 Abs9
B-VG Art18 Abs1
B-VG Art144 Abs1 / Legitimation
StGG Art5
Nö JagdG 1974 §18 Abs1
Nö JagdG 1974 §19
Nö JagdG 1974 §25 Abs1
Nö JagdG 1974 §26
Nö JagdG 1974 §39 Abs1, §39 Abs3, §39 Abs6
Nö JagdG 1974 §40, §40 Abs2

Leitsatz

Nö. Jagdgesetz 1974; Verlängerung eines Jagdpachtverhältnisses gemäß §40; keine Bedenken gegen diese Bestimmung; kein Entzug des gesetzlichen Richters; keine denkunmögliche und keine willkürliche Gesetzesanwendung

Spruch

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I.1. Der Jagdausschuß der Jagdgenossenschaft Dietmannsdorf/Wild hat am 14. November 1976 beschlossen, für die Jagdperiode vom 1. Jänner 1978 bis zum 31. Dezember 1983 das bestehende Pachtverhältnis zur Jagdgesellschaft Dietmannsdorf zu verlängern.

Die Bezirkshauptmannschaft Horn hat mit Bescheid vom 27. Jänner 1977 gemäß §§27, 40 und 46 des Nö. Jagdgesetzes 1974 diese Verpachtung genehmigt.

Der Beschwerdeführer - er ist Mitglied der Jagdgenossenschaft Dietmannsdorf/Wild - hat gegen diesen Genehmigungsbescheid Berufung erhoben. Die Nö. Landesregierung hat mit Bescheid vom 25. Juli 1977 dieses Rechtsmittel abgewiesen und den erstinstanzlichen Bescheid bestätigt.

2, Gegen diesen Berufungsbescheid wendet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung näher bezeichneter verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides, allenfalls die Abtretung der Beschwerde an den VwGH beantragt wird.

II. Der VfGH hat erwogen:

1. Maßgebend für die Beurteilung der vorliegenden Beschwerde ist das Nö. Jagdgesetz 1974 in der zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides in Geltung gestandenen Fassung, di. jene, die das Gesetz (vor dem Inkrafttreten der 3. Nov. LGBl. 6500-3) durch die 2. Nov. LGBl. 6500-2 erhielt. In der Folge wird das Nö. Jagdgesetz 1974 in dieser (hier maßgeblichen) Fassung kurz als "Nö. JG" zitiert.

Nach §10 Abs1 Nö. JG bilden die im Bereich einer Gemeinde gelegenen Grundstücke, die nicht als Eigenjagdgebiet anerkannt sind, das Genossenschaftsjagdgebiet.

Gemäß §11 Abs2 beträgt die Jagdperiode sechs Jahre.

Dem §18 Abs1 zufolge bilden die Eigentümer jener Grundstücke, welche zu einem Genossenschaftsjagdgebiet gehören, eine Jagdgenossenschaft. Diese ist nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen zur Ausübung der Jagd auf dem Genossenschaftsjagdgebiet (Genossenschaftsjagd) befugt. Nach §18 Abs2 kommt der Jagdgenossenschaft Rechtspersönlichkeit zu; ihre Organe sind der Jagdausschuß und der Obmann des Jagdausschusses. Grundsätzlich obliegen dem Jagdausschuß alle zur Ausübung der Jagd auf dem Genossenschaftsjagdgebiet erforderlichen Geschäfte (§19 Abs1). §19 Abs4 legt fest, daß die Mitglieder des Jagdausschusses von den Mitgliedern der Jagdgenossenschaft aus ihrer Mitte nach den Grundsätzen des Verhältniswahlrechtes für die Dauer der nächstfolgenden Jagdperiode gewählt werden.

Nach §25 Abs1 ist die Genossenschaftsjagd mit den aus den §§14 Abs8 (Vorpachtrecht), 38 (Unterverpachtung, Weiterverpachtung), 39, 40 und 42 (Genossenschaftsjagdverwalter) sich ergebenden Ausnahmen im Wege der öffentlichen Versteigerung (§§28 ff.) ungeteilt zu verpachten.

§26 bestimmt, welche Voraussetzungen der Pächter erfüllen muß.

Dem §27 zufolge kann auch eine Jagdgesellschaft als Pächter auftreten. Die Jagdgesellschaft muß zwei oder mehrere physische Personen als Mitglieder haben, die die Jagd unter einheitlicher Leitung ausüben müssen und zu diesem Zweck aus ihrer Mitte einen Jagdleiter zu bestellen haben.

Gemäß §39 Abs1 kann der Jagdausschuß eine Genossenschaftsjagd im Wege des freien Übereinkommens verpachten, wenn eine derartige Verpachtung entweder im Interesse der Land- und Forstwirtschaft oder der Jagdwirtschaft gelegen ist.

Die Abs3 bis 6 des §39 Nö. JG lauten:

"(3) Die Verpachtung im Wege des freien Übereinkommens bedarf der Genehmigung der Bezirksverwaltungsbehörde. Der Beschluß des Jagdausschusses hat den Namen des Pächters, die Höhe des Pachtschillings und die für die freihändige Verpachtung maßgebenden Gründe zu enthalten. ...

(4) Die Bezirksverwaltungsbehörde hat die Genehmigung zu versagen, wenn die Voraussetzungen der Abs1 bis 3 nicht vorliegen.

(5) Wird gegen die Genehmigung einer Verpachtung im Wege des freien Übereinkommens berufen, so gilt derjenige, dem die Genossenschaftsjagd verpachtet wurde, bis zur rechtskräftigen Außerkraftsetzung dieser Verpachtung als Pächter dieser Jagd.

(6) Die Bestimmungen des §25 Abs2, §26, §27, §28 Abs2, §29 lita, §33, §34, §35, §36, §37 und §38 finden auf die Verpachtung im Wege des freien Übereinkommens sinngemäß Anwendung."

Der folgende §40 steht unter der Überschrift "Verlängerung des bestehenden Jagdpachtverhältnisses" und lautet:

"(1) Der Jagdausschuß kann das bestehende Jagdpachtverhältnis für die folgende Jagdperiode verlängern, wenn eine Verlängerung entweder im Interesse der Land- und Forstwirtschaft oder der Jagdwirtschaft gelegen ist. ...

(2) Die Bestimmungen des §39 Abs3 bis 6 finden auf die Verlängerung sinngemäß Anwendung."

2. Der Beschwerdeführer ist Eigentümer von Grundstücken, die zum Genossenschaftsjagdgebiet Dietmannsdorf/Wild gehören. Er ist daher Mitglied der entsprechenden Jagdgenossenschaft (§18 Abs1 Nö. JG). Im Verfahren über die Genehmigung der Verpachtung der Genossenschaftsjagd kam ihm Parteistellung zu (vgl. VfSlg. 4950/1965; VwGH 17. 5. 1979 Z 1744/77). Seine Beschwerdelegitimation ist gegeben.

Da auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen vorliegen, ist die Beschwerde zulässig.

3. Der Beschwerdeführer macht geltend, in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter, auf Unversehrtheit des Eigentums und auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden zu sein. Er begründet diese Behauptungen wie folgt:

Der Jagdausschuß habe die für die freihändige Verpachtung maßgebenden Umstände nicht begründet.

Es sei nicht ein bestehendes Pachtverhältnis verlängert worden, da sich sowohl der Pachtschilling als auch die pachtende Jagdgesellschaft geändert hätten.

Der jährliche Jagdpachtschilling von S 21.000,- (das ist ein Hektarpreis von S 26.70) sei unangemessen niedrig.

Es seien höhere Anbote von Jagdinteressenten vorgelegen, die aber vom Jagdausschuß ignoriert worden seien.

§39 Abs5 Nö. JG erkenne der Berufung gegen einen die Genehmigung der Verpachtung aussprechenden Bescheid die aufschiebende Wirkung ab. Dies stehe in Widerspruch zu §64 Abs1 AVG. Der Landesgesetzgeber habe daher seine Zuständigkeit überschritten.

Der Jagdausschuß habe die Pflicht, als Sachwalter der einzelnen Grundstückseigentümer, die der Jagdgenossenschaft angehören, den höchstmöglichen Pachtschilling zu erzielen. Diese Pflicht habe er verletzt.

Der Jagdausschuß werde durch §40 Nö. JG ermächtigt, nach Belieben entweder die Interessen der Land- und Forstwirtschaft (das seien die Interessen der Grundstückseigentümer an einem möglichst hohen Pachtschilling) oder aber die Interessen der Jagdwirtschaft zu berücksichtigen. Damit werde auch die Jagdbehörde ermächtigt, "diese Bestimmung willkürlich auszulegen". Die land- und forstwirtschaftlichen Interessen der Grundstückseigentümer seien private Interessen, die jagdwirtschaftlichen Interessen dagegen seien öffentliche Interessen. Dem Jagdausschuß als Sachwalter der jagdberechtigten Grundeigentümer komme es nicht zu, die öffentlichen Interessen zu vertreten. Die durch §40 iVm §39 Nö. JG vorgesehene Art der Vergabe der Genossenschaftsjagd "öffne der Willkür Tür und Tor". All dies sei verfassungswidrig; insbesondere widerspreche die getroffene Regelung dem Gleichheitsgebot. Da der bei freihändiger Vergabe erzielte Pachtschilling stets in krassem Widerspruch zu jenem stehe, der bei öffentlicher Versteigerung zu erzielen wäre, verletze das Gesetz auch das Eigentumsrecht. Der Gesetzgeber wäre verpflichtet gewesen, die Vergabe der Genossenschaftsjagd durch den Jagdausschuß einer Überprüfung durch die ordentlichen Gerichte zu überantworten und sie nicht den Verwaltungsbehörden zu überlassen. Der Beschwerdeführer fühlt sich "in seinem Eigentum verletzt, weil durch gesetzliche Maßnahmen, die nicht dem öffentlichen Interesse zuzuordnen sind, die aus dem Grund und Boden erfließende Jagdrente als unabdingbares Eigentumsrecht ungebührlich geschmälert" werde.

Der Beschwerdeführer macht außerdem geltend, in den durch die MRK und das (1.) Zusatzprotokoll verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt worden zu sein, ohne für diese Behauptung eine Begründung zu geben.

4. Zu diesem Vorbringen stellt der VfGH fest:

a) Was zunächst die gegen das Gesetz gerichteten Vorwürfe anlangt, ist auf die ständige Judikatur des VfGH (zB VfSlg. 9006/1981) zu verweisen, wonach es der Gleichheitsgrundsatz dem Gesetzgeber verwehrt, andere als sachlich begründbare Differenzierungen zu schaffen. Dem Gesetzgeber steht aber - freilich nicht unbegrenzt - rechtspolitische Gestaltungsfreiheit zu. Davon, daß der Gesetzgeber hier diesen Freiraum überschritten hätte, kann nicht gesprochen werden. Derartiges behauptet im übrigen auch der Beschwerdeführer nicht. Er macht vielmehr geltend, daß §40 Nö. JG eine willkürliche Gesetzesvollziehung ermögliche. Mit dem Hinweis, eine Gesetzesstelle könne mißbräuchlich vollzogen werden, kann jedoch niemals ihre Gleichheitswidrigkeit dargetan werden (vgl. VfSlg. 9006/1981).

Offenbar meint der Beschwerdeführer, §40 Nö. JG determiniere das Verhalten des Jagdausschusses und damit auch der zur Genehmigung der Beschlüsse dieses Organs der Jagdgenossenschaft berufenen Verwaltungsbehörde nicht in einer dem Art18 B-VG entsprechenden Weise, da es diese Gesetzesbestimmung ins freie Belieben des Jagdausschusses stelle, das bestehende Jagdpachtverhältnis entweder im Interesse der Land- und Forstwirtschaft oder aber der Jagdwirtschaft zu verlängern.

Diese Bedenken treffen nicht zu. Die vom Jagdausschuß zu fassenden Schlüsse dienen lediglich der Willensbildung der Jagdgenossenschaft, wie das der Jagdgenossenschaft zustehende Jagdausübungsrecht zu verwalten ist. Der Jagdausschuß ist ein Organ der wirtschaftlichen Selbstverwaltung der Jagdgenossenschaft; er ist keine Behörde (vgl. VfSlg. 4950/1965). Art18 B-VG kommt für das Verhalten des Jagdausschusses sohin überhaupt nicht zum Tragen; wohl aber für jenes der Bezirksverwaltungsbehörde als Jagdbehörde, die unter bestimmten Voraussetzungen (§39 Abs4 iVm §40 Abs2 Nö. JG) Beschlüssen des Jagdausschusses die Genehmigung zu versagen hat. In dieser Hinsicht umschreibt aber das Gesetz die wesentlichen Voraussetzungen und Inhalte des behördlichen Handelns, und zwar so, daß die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes in der Lage sind, die Übereinstimmung der Verwaltungsakte mit dem Gesetz zu überprüfen (vgl. zB VfSlg. 8919/1980). Bei Ermittlung des Inhaltes einer gesetzlichen Regelung sind nämlich - soweit nötig - alle der Auslegung zur Verfügung stehenden Möglichkeiten auszuschöpfen. Erst wenn auch nach Heranziehung sämtlicher Interpretationsmethoden noch nicht beurteilt werden kann, was im Einzelfall Rechtens sein soll, verletzt die Regelung die in Art18 B-VG enthaltenen rechtsstaatlichen Erfordernisse (vgl. VfSlg. 8395/1978 und die dort zitierte Vorjudikatur). Der Beschwerdeführer betrachtet §40 Abs1 Nö. JG isoliert. Dies ist aber unzulässig. Vielmehr ist bei Auslegung dieser Vorschrift auch auf die übrigen Gesetzesbestimmungen Bedacht zu nehmen. Daraus ergibt sich, daß das Nö. JG vor allem der Verwirklichung des Zieles dient, eine geordnete Jagdwirtschaft zu gewährleisten und mit den (vielfach entgegenlaufenden) Interessen der Land- und Forstwirtschaft zu harmonisieren (vgl. zB VfSlg. 4348/1963 und 7183/1973).

Wie sich aus §25 Abs1 Nö. JG ergibt, ist die Genossenschaftsjagd grundsätzlich im Wege der öffentlichen Versteigerung zu verpachten. Von dieser Regel stellt die Verpachtung der Jagd im Wege der Verlängerung des bestehenden Jagdpachtverhältnisses nach §40 Nö. JG die Ausnahme dar. Wegen dieser nur ausnahmsweisen Zulässigkeit ist diese Art der Verpachtung an die Voraussetzung geknüpft, daß sie entweder im Interesse der Jagdwirtschaft oder der Land- und Forstwirtschaft gelegen ist. Der VfGH hat in dem zum Bgld. Jagdgesetz ergangenen Erk. VfSlg. 4950/1965 keine Bedenken gegen die dem §40 Nö. JG gleichende Regelung geäußert. Er hat unter dem Gesichtspunkt des vorliegenden Beschwerdefalles keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen §40 Nö. JG.

Die Behörde hat bei der Verlängerung eines bestehenden Pachtverhältnisses als Sachfrage insbesondere zu klären, ob der Pächter iS des Gesetzes zur Pachtung geeignet ist (vgl. §26 iVm §39 Abs6 und §40 Abs2 Nö. JG). Es liegt jedenfalls im öffentlichen Interesse an einer geordneten Jagdwirtschaft, daß dies der Fall ist. In formaler Hinsicht, nämlich ob die Verpachtung des Jagdrechtes im Wege eines freien Übereinkommens oder - als deren Sonderfall - im Wege der Verlängerung eines bestehenden Pachtverhältnisses durch den Jagdausschuß zulässig war, hat die Jagdbehörde zu untersuchen, ob die Voraussetzungen für dieses ausnahmsweise Absehen von der öffentlichen Versteigerung vorliegen, ob nämlich ein solches Vorgehen im (besonderen) Interesse der Land- und Forstwirtschaft oder der Jagdwirtschaft gelegen ist. Weder der Jagdausschuß noch die Jagdbehörde wird damit zu einem beliebigen Vorgehen ermächtigt. Wenn auch das eine Interesse durch eine freihändige Verpachtung der Genossenschaftsjagd besonders gefördert wird, muß doch auch das andere Interesse gewahrt bleiben; gegebenenfalls hat eine Interessensabwägung stattzufinden. Die Interessen der Land- und Forstwirtschaft bestehen nicht - wie der Beschwerdeführer meint - ausschließlich darin, daß der Pachtschilling - zum Vorteil der Grundstückseigentümer - möglichst hoch ist, sondern auch darin, daß die Jagd- und Wildschäden möglichst gering bleiben. Die erwähnten Begriffe ermöglichen es sohin, objektiv die Übereinstimmung der individuellen Verwaltungsakte mit dem Gesetz zu überprüfen (vgl. die Judikatur des VwGH zu den §§39 und 40 Nö. JG, zB VwGH 22. 12. 1966 Z 1071/66, 3. 12. 1971 Z 1803/71, 24. 4. 1979 Z 1928/77, 17. 5. 1979 Z 1744/77, 22. 5. 1979 Z 1585/78, 9. 10. 1979 Z 5/78 und 22. 1. 1980 Z 2893/78).

Nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH ist das Jagdrecht ein aus dem Eigentum an Grund und Boden fließendes Privatrecht; seine Ausübung kann jedoch im allgemeinen Interesse der Jagdwirtschaft und der Jagdpolizei durch die Landesgesetzgebung geregelt - und damit eingeschränkt - werden (vgl. zB VfSlg. 7891/1976 und die dort zitierte Vorjudikatur). Keine Verfassungsbestimmung verbietet, die Wahrnehmung dieser Interessen den Verwaltungsbehörden - unter der nachprüfenden Kontrolle der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes - zu übertragen; keine Verfassungsbestimmung gebietet, diese Aufgaben den Gerichten zu überlassen, wie der Beschwerdeführer offenbar meint.

Bei der Regelung der Jagdausübung auf einem Genossenschaftsjagdgebiet handelt es sich um eine im allgemeinen Interesse der Jagdwirtschaft und der Jagdpolizei gelegene Vorschrift. Soweit dabei hinsichtlich der freihändigen Verpachtung und der Verlängerung eines bestehenden Jagdpachtverhältnisses die erforderlichen zivilrechtlichen Bestimmungen erlassen werden, ist die Kompetenz des Landesgesetzgebers durch Art15 Abs9 B-VG gedeckt. Dies trifft hier zu (vgl. VfSlg. 6828/1972).

Bei der Verpachtung einer Genossenschaftsjagd im Wege des freien Übereinkommens oder der Verlängerung des bestehenden Jagdpachtverhältnisses tritt nach dem Wortlaut und dem Sinn des Gesetzes die Höhe des Pachtzinses in den Hintergrund (vgl. die ständige Judikatur des VwGH, zB VwSlg. 16389 A/1930 und 3977 A/1956; VwGH 9. 10. 1979 Z 5/78 und die dort zitierte weitere Vorjudikatur). Dies entspricht der Zielrichtung der - im öffentlichen Interesse gelegenen - Regelung der Jagdausübung. Es ist vornehmlich Sache der Mitglieder der Jagdgenossenschaft, ihre privaten Interessen an einem möglichst hohen Pachtschilling durchzusetzen; Möglichkeiten hiezu haben sie etwa durch ihr Mitspracherecht bei der Bestellung des Jagdausschusses (§19 Abs4 Nö. JG) und durch zivilrechtliche Schritte gegenüber einem die erwähnten Interessen mißachtenden Jagdausschuß.

Auf die vom Beschwerdeführer gegen §39 Abs5 Nö. JG (betreffend die Wirkung einer Berufung gegen einen die Genehmigung einer Verpachtung im Wege des freien Übereinkommens aussprechenden Bescheid) gerichteten Vorwürfe hat der VfGH nicht einzugehen, da diese Bestimmung dem angefochtenen Bescheid nicht zugrunde liegt und auch vom VfGH in diesem Beschwerdeverfahren nicht anzuwenden ist.

Auch die behauptete Verletzung des Eigentumsrechtes durch den Gesetzgeber liegt nicht vor: Aus dem Begriff der Enteignung im engeren Sinn - das ist eine Vermögensverschiebung iS des vollen Entzuges oder eine Belastung des Eigentums und seine Übertragung oder die Einräumung von Rechten an Dritte - ergibt sich, daß eine derartige Maßnahme nur dann erfolgen darf, wenn sie das öffentliche Wohl (das allgemeine Beste) erfordert (vgl. zB VfSlg. 8212/1977, 8981/1980). Eine solche Maßnahme sehen aber die in Betracht kommenden Bestimmungen des Nö. JG gar nicht vor. Diese Regelungen fallen nicht unter den Begriff der Enteignung im engeren Sinn, sondern begründen lediglich eine Eigentumsbeschränkung, nämlich eine Beschränkung des privaten Rechtes zur Ausübung der Jagd. Eigentumsbeschränkungen sind nur insoweit zulässig, als sie durch Gesetz erlaubt werden. Dem Gesetzgeber ist es durch Art5 StGG verwehrt, solche Eigentumsbeschränkungen vorzusehen, durch die er den Wesensgehalt des Grundrechtes der Unverletzlichkeit des Eigentums berührt oder in einer anderen Weise gegen einen den Gesetzgeber bindenden Verfassungsgrundsatz verstößt (vgl. auch hiezu VfSlg. 8212/1977). Es bedarf keiner weiteren Erörterung, daß durch die den angefochtenen Bescheid tragenden Vorschriften des Nö. JG der Wesensgehalt des Eigentumsrechtes nicht beeinträchtigt wird.

Zusammenfassend ist festzuhalten, daß gegen die dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegenden Rechtsvorschriften keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen. Der Beschwerdeführer ist sohin nicht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.

b) Das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter wird durch den Bescheid einer Verwaltungsbehörde verletzt, wenn die Behörde eine ihr gesetzlich nicht zukommende Zuständigkeit in Anspruch nimmt oder in gesetzwidriger Weise ihre Zuständigkeit ablehnt (vgl. zB VfSlg. 8828/1980).

Dem Beschwerdeführer kam im Verfahren zur Genehmigung der Verlängerung des bestehenden Pachtverhältnisses Parteistellung zu (s.o. II.1.). Die in erster und zweiter Instanz einschreitenden Behörden waren zur Entscheidung berufen (siehe §39 Abs4 iVm §40 Abs2 Nö. JG). Allenfalls vorgekommene Verfahrensmängel greifen in das erwähnte Grundrecht nicht ein (vgl. zB VfSlg. 8908/1980).

Der Beschwerdeführer ist daher offenkundig nicht im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden.

c) Bei der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der Rechtsgrundlagen des angefochtenen Bescheides würde dieser die verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und auf Unversehrtheit des Eigentums nur verletzen, wenn die Behörde das Gesetz willkürlich oder in denkunmöglicher Weise angewendet hätte (vgl. zB VfSlg. 8428/1978 und 8266/1978). Dies ist hier nicht der Fall:

Wenn der Beschwerdeführer vorbringt, daß der Jagdausschuß nicht begründet habe, weshalb die Genossenschaftsjagd nicht öffentlich versteigert, sondern das bestehende Jagdverhältnis verlängert wurde (warum die Voraussetzungen des §40 Nö. JG vorlagen), ist ihm zwar beizupflichten, daß im Protokoll über die Sitzung des Jagdausschusses vom 14. November 1976 über die Verlängerung des bestehenden Pachtverhältnisses eine Begründung des gefaßten Beschlusses nicht aufscheint. Es ist ihm weiters beizupflichten, daß nach der ständigen Judikatur des VwGH der Jagdausschuß zu einer entsprechenden Begründung verpflichtet ist (vgl. zB VwGH 22. 12. 1966 Z 1071/66, 24. 4. 1979 Z 1928/77, 22. 1. 1980 Z 2893/78). Die Behörde hat das Pachtverhältnis dennoch genehmigt. Sie hat sich aber damit auseinandergesetzt, weshalb ihrer Meinung nach die Verlängerung des bestehenden Pachtverhältnisses im Interesse der Land- und Forstwirtschaft gelegen sei; sie hat sich hiebei auf das Gutachten eines Amtssachverständigen gestützt, wonach der jährliche Pachtzins von S 21.000,- (das ist ein Hektarsatz von S 26.70) durchaus angemessen sei, sodaß die Interessen der Grundbesitzer (das sind nach Ansicht der Behörde jene der Land- und Forstwirtschaft) gewahrt worden seien. Eine Verletzung der Interessen der Jagdwirtschaft durch die Verlängerung des bestehenden Pachtverhältnisses wurde von niemandem behauptet, weshalb es die Behörde offenbar für entbehrlich hielt, darüber Erörterungen anzustellen.

Dieses Vorgehen der Behörde mag zwar rechtswidrig sein (vgl. §39 Abs3 zweiter Satz iVm §40 Abs2 Nö. JG); es ist jedoch nicht schlechthin denkunmöglich und auch nicht willkürlich.

Gleiches gilt für das Vorbringen des Beschwerdeführers, der Pachtzins sei - entgegen der Ansicht des Amtssachverständigen und (diesem folgend) jener der Behörde - zu niedrig; es wäre möglich gewesen, einen höheren Pachtzins zu erzielen. Hiezu ist auf die ständige Judikatur des VwGH (zB VwSlg. 3977 A/1956; VwGH 3. 12. 1971 Z 1803/71, 9. 10. 1979 Z 5/78) zu verweisen, wonach bei der Entscheidung, ob die freihändige Verpachtung zu genehmigen ist, die Möglichkeit der Erzielung eines höheren Pachtschillings bei öffentlicher Versteigerung in den Hintergrund zu treten habe.

Was schließlich den vom Beschwerdeführer erhobenen Vorwurf anlangt, es sei nicht ein bestehendes Pachtverhältnis verlängert, sondern ein neues Pachtverhältnis begründet worden, weil der Pachtschilling gegenüber dem früheren Pachtzins erhöht und die pachtende Jagdgesellschaft nicht mehr dieselbe wie die in der früheren Jagdperiode sei, so ist ihm in verfassungsrechtlicher Sicht zu erwidern:

Vom Zweck des Gesetzes gesehen ist es denkmöglich und nicht willkürlich, auch bei einer Erhöhung des Pachtschillings die Identität des Pachtverhältnisses anzunehmen.

Die Behörde hat sich zwar nicht ausdrücklich damit auseinandergesetzt, wer früher Mitglied der Jagdgesellschaft war und wer es für die neue Jagdperiode ist. Aus den vorgelegten Verwaltungsakten kann entnommen werden, daß die jetzigen Mitglieder R.S. und R.E-St. bereits früher der Jagdgesellschaft angehört haben. Daher ist der - stillschweigend von der Behörde eingenommene - Standpunkt, daß, auch wenn ein Mitglied (der bisher als Jagdleiter fungierende J.K.) ausgeschieden ist, die Identität der Jagdgesellschaft gegeben sei, weder denkunmöglich noch willkürlich (vgl. zB VwGH 12. 4. 1961 Z 820/61, 23. 10. 1970 Z 1727, 1728/70; Hürbe, Das Niederösterreichische Jagdrecht, dritte Aufl., Wien 1978, Anm. 10 zu §40).

Da es nicht in die Zuständigkeit des VfGH fällt zu beurteilen, ob die Behörde richtig vorgegangen ist (dies ist vielmehr Aufgabe des VwGH), ist zusammenfassend festzuhalten, daß aus den dargelegten Erwägungen eine Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit und auf Unversehrtheit des Eigentums offenkundig nicht vorliegt. Bei diesem Ergebnis kann unerörtert bleiben, ob der angefochtene Bescheid ein privates Vermögensrecht des Beschwerdeführers entzieht oder beschränkt, sohin überhaupt sein Eigentumsrecht berührt (vgl. hiezu zB VfSlg. 1277/1929, 5226/1966, 8992/1980).

d) Der Beschwerdeführer macht weiters eine Verletzung der MRK und des

(1.) Zusatzprotokolles zur MRK geltend, ohne diesen Vorwurf zu begründen. Auch dieser Vorwurf ist offenkundig verfehlt.

e) Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat sohin offenkundig nicht stattgefunden.

Das Verfahren hat nicht ergeben, daß der Beschwerdeführer in von ihm nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Rechtsnorm in einem Recht verletzt wurde.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

Schlagworte

VfGH / Legitimation, Jagdrecht, Jagdgenossenschaft, Auslegung, Kompetenz Bund - Länder, Kompetenz Bund - Länder Zivilrechtswesen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1981:B340.1977

Dokumentnummer

JFT_10189387_77B00340_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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