TE Vfgh Beschluss 1981/6/15 V16/80

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Veröffentlicht am 15.06.1981
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Index

10 Verfassungsrecht
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 (B-VG)

Norm

B-VG Art139 Abs1 / Individualantrag
B-VG Art139 Abs1 / Prüfungsgegenstand
Flächenwidmungsplan der Gemeinde Maria Wörth vom 17.12.64
Krnt BauO 1969 §6, §9

Leitsatz

Art139 B-VG; Individualantrag auf Aufhebung der Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde Maria Wörth vom 17. 12. 1964, mit der ein Flächenwidmungsplan für die Gemeinde Maria Wörth erlassen wird, hinsichtlich näher bezeichneter Grundstücke; keine Legitimation

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I.1.a) Der Gemeinderat der Gemeinde Maria Wörth (politischer Bezirk Klagenfurt-Land) hat am 17. Dezember 1964 eine Verordnung beschlossen, mit der für die gesamte Gemeinde auf Grund des §5 Abs1 des Gesetzes vom 10. Juli 1959, LGBl. für Ktn. 47, über die Landesplanung (Landesplanungsgesetz) - in der hier maßgebenden Fassung vor der Nov. LGBl. 50/1969 - ein Flächenwidmungsplan erlassen wurde.

§1 der Verordnung lautet:

"Durch die Anlage (zeichnerische Darstellung des Flächenwidmungsplanes) wird festgelegt, welche Teile des Gebietes als Bauland (§6 des Landesplanungsgesetzes), welche als Verkehrsflächen (§7 des Landesplanungsgesetzes) und welche als Grünland (§8 des Landesplanungsgesetzes) gewidmet sind."

§2 enthält Bestimmungen über die Verkehrsflächen, die im Flächenwidmungsplan festgelegt wurden, sowie die Feststellung, daß die Festlegung der übrigen Verkehrsflächen im Bebauungsplan erfolgt.

In §3 ist auf das Erfordernis der Rodungsbewilligung für Waldgrundstücke, die als Bauland gewidmet sind, verwiesen.

b) Im Flächenwidmungsplan sind im Bereich der Ortschaft Oberdellach der Gemeinde Maria Wörth von den als Grünland - Erholungsfläche ausgewiesenen Gebieten zwei von einer schwarzen Umrandungslinie umschlossen und durch die Anbringung des Wortes "Golf" besonders gekennzeichnet.

c) Mit dem Bescheid der Ktn. Landesregierung vom 3. Feber 1966 ist die Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde Maria Wörth vom 17. Dezember 1964 (in der Fassung der Beschlüsse vom 15. Juli 1965 und vom 16. September 1965) gemäß §10 Abs4 des Landesplanungsgesetzes genehmigt worden.

Die Genehmigung ist in der Ktn. Landeszeitung Nr. 6 am 11. Feber 1966 kundgemacht worden. Der Flächenwidmungsplan ist am 12. Feber 1966 in Kraft getreten (§10 Abs6 des Landesplanungsgesetzes, nunmehr §8 des Gemeindeplanungsgesetzes 1970, LGBl. 1/1970, in der Fassung LGBl. 57/1972, 8/1977 und 78/1979).

2. a) Die Antragstellerin erhebt mit einem Schriftsatz, in dem als belangte Behörden der Gemeinderat der Gemeinde Maria Wörth und der Bürgermeister der genannten Gemeinde bezeichnet sind und der Vermerk angebracht ist: "wegen: Art139 und 144 BVG", die "Verfassungsgerichtshofbeschwerde" gegen die unter Punkt I.1.a genannte Verordnung.

Die Einschreiterin bringt vor, sie sei Eigentümerin des Hotels L. und des Strandhotels L., beide in Dellach, und darüber hinaus land- und forstwirtschaftlich genutzter Grundflächen; dieser Besitz bilde einen Erbhof iS des Ktn. Höfegesetzes. Ein Teil der landwirtschaftlich genutzten Grundstücke sei bereits seit dem Jahre 1929 dem privaten Verein "Ktn. Golf-Club" zum Zwecke des Betriebes eines Golfplatzes verpachtet. Durch Kundmachung des Bürgermeisters der Gemeinde Maria Wörth (gemäß §10 Abs1 des Gemeindeplanungsgesetzes 1970) über beabsichtigte Änderungen des Flächenwidmungsplanes, nach denen Teile ihres landwirtschaftlichen Besitzes in "Grünland - Golf-Platz" umgewidmet werden sollten, habe die Antragstellerin erfahren, daß ihre für die Landwirtschaft bestimmten und an den Ktn. Golfklub verpachteten Grundstücke durch den Flächenwidmungsplan laut "Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde Maria Wörth vom 17. 12. 1964 als Golf-Platz umgewidmet" worden seien "bzw. seitens der Gemeinde Maria Wörth als umgewidmet" gelten.

Den weiteren, nicht immer klaren Ausführungen ist zu entnehmen, daß diese Verordnung nach Ansicht der Beschwerdeführerin einen unmittelbaren Eingriff in ihr verfassungsgesetzlich geschütztes Eigentumsrecht bewirke; die Unmittelbarkeit ergebe sich daraus, daß auf Grund der "von der Gemeinde Maria Wörth angenommenen Umwidmung eine weitere für den restlichen (erweiterten) Golf-Platz vorgenommen werden" solle. Es handle sich um einen tatsächlichen Eingriff in ihre Rechtssphäre, weil ihr die Umwidmung "die freie Verfügungsmacht über ... Grund und Boden" nehme "und mit erheblichen steuerlichen Mehrbelastungen, insbesonders an Grund- und Vermögenssteuer", verbunden sei. Da Bewilligungen nach der Bauordnung nur zulässig seien, wenn sie dem Flächenwidmungsplan nicht widersprächen, könnte sie landwirtschaftlich benötigte Bauten nicht mehr errichten, da diese flächenwidmungsplanwidrig wären. Bei einem Auslaufen des Pachtvertrages mit dem Ktn. Golfklub könnte sie außerdem die Liegenschaften nicht für die Landwirtschaft nutzen; die Umwidmung komme somit nur einem privaten Verein zugute.

Nach weiteren Ausführungen über die Gesetzwidrigkeit des Flächenwidmungsplanes wird der (nach Aufforderung durch den VfGH) präzisierte und modifizierte Antrag gestellt, den Flächenwidmungsplan der Gemeinde Maria Wörth, soweit näher umschriebene, im Eigentum der Antragstellerin stehende Grundstücke als "Grünland - Golf" gewidmet worden seien, "als gesetz- und verfassungswidrig aufzuheben". Ferner heißt es:

"... soferne man in der Einzeichnung 'Golf' im Flächenwidmungsplan der Gemeinde Maria Wörth vom 12. 2. 1966 eine faktische Amtshandlung erblicken sollte, stelle ich den Antrag: Der VfGH wolle feststellen, daß die Beschwerdeführerin hiedurch im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt worden ist, bzw. die durch die bezogene faktische Amtshandlung erfolgte Umwidmung der genannten Grundstücke der Beschwerdeführerin als gesetz- bzw. verfassungswidrig aufheben."

Schließlich wird der Ersatz der Prozeßkosten begehrt und beantragt, falls der VfGH feststelle, "daß die Beschwerdeführerin in keinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt" sei, "die Beschwerde gemäß Art144 Abs2 B-VG in Verbindung mit §87 Abs3 Verfassungsgerichtshofgesetz an den VwGH" abzutreten.

b) Die Ktn. Landesregierung hat eine Äußerung erstattet, in der sie den Antrag stellt, die beantragte Aufhebung des Flächenwidmungsplanes als unbegründet abzuweisen.

Der Gemeinderat der Gemeinde Maria Wörth hat in seiner Äußerung das Begehren gestellt, dem Antrag auf Aufhebung des Flächenwidmungsplanes keine Folge zu geben und den Antrag auf Feststellung, daß die Beschwerdeführerin in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt worden sei, zurückzuweisen.

II. Der VfGH hat über die Zulässigkeit des Antrages erwogen:

1. Flächenwidmungspläne sind nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH Verordnungen iS des Art139 B-VG (vgl. VfSlg. 8697/1979). Entgegen der Meinung der Antragstellerin ist ihre Erlassung nicht Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt; es erübrigt sich daher, auf die unter dieser Prämisse (unter Verwendung des Begriffes "faktische Amtshandlung") gemachten Ausführungen und auf den damit im Zusammenhang gestellten Antrag "die Beschwerde ... an den VwGH" abzutreten, einzugehen.

2. a) Die Antragstellerin begehrt die Aufhebung des Flächenwidmungsplanes der Gemeinde Maria Wörth, soweit darin für näher umschriebene, in ihrem Eigentum stehende Grundstücke die Widmung "Grünland - Erholung" mit der Sonderbezeichnung "Golf" festgelegt wurde. Sie stellt damit, obgleich die Eingabe der Antragstellerin als "Verfassungsgerichtshofbeschwerde" bezeichnet ist, einen Individualantrag nach Art139 Abs1 letzter Satz B-VG auf Aufhebung des als Verordnung zu qualifizierenden Flächenwidmungsplanes.

Im Antrag ist auch dargetan, inwieweit nach Auffassung der Antragstellerin der Flächenwidmungsplan in dem zur Aufhebung beantragten Umfang ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für die Antragstellerin wirksam geworden ist (57 Abs1 letzter Satz VerfGG).

b) Wie aber der VfGH wiederholt ausgesprochen hat (vgl. VfSlg. 8463/1978, 8697/1979), ist ein unmittelbar durch eine Verordnung bewirkter, die Antragslegitimation begründender Eingriff in die Rechtssphäre einer Person nur dann anzunehmen, wenn er nach Art und Ausmaß durch die Verordnung selbst eindeutig bestimmt ist, die (rechtlich geschützten) Interessen der betreffenden Person nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und ein anderer zumutbarer Weg zur Geltendmachung der behaupteten Rechtswidrigkeit nicht zur Verfügung steht.

Im vorliegenden Fall steht der Antragstellerin, die behauptet, für die landwirtschaftliche Nutzung benötigte Bauten nicht mehr aufführen und die als Golfplatz gewidmeten Grundstücke nicht für die Landwirtschaft nutzen zu können, ein zumutbarer Weg zur Geltendmachung der behaupteten Gesetzwidrigkeit der angefochtenen Verordnung zur Verfügung:

Nach §6 Abs1 der Ktn. Bauordnung, LGBl. 48/1969 (idF LGBl. 56/1972, 79/1979, 99/1979; im folgenden KBO), hätte die Beschwerdeführerin nämlich die Möglichkeit, einen förmlichen Antrag auf Erteilung einer Baubewilligung zu stellen. Ein solcher Antrag hat zwar gemäß §6 Abs2 KBO Art, Lage, Umfang und Verwendung des Vorhabens anzugeben und es sind ihm gemäß §8 KBO ein Beleg über das Eigentum (oder über die Zustimmung des Eigentümers) sowie skizzenhafte zeichnerische Darstellungen, die hinsichtlich Lage, Größe und Form eine Beurteilung des Vorhabens ermöglichen, anzuschließen; die für die Beurteilung des Vorhabens erforderlichen Pläne und Beschreibungen (§7 Abs1 Z4 KBO) sind jedoch in diesem Verfahren nicht beizubringen. Über das Vorhaben hätte gemäß §9 KBO zunächst ein Vorprüfungsverfahren stattzufinden, bei dem die Behörde ua. gemäß §9 Abs2 litb KBO festzustellen hätte, ob dem Vorhaben der Flächenwidmungsplan entgegensteht. Wäre das der Fall, so hätte die Behörde gemäß §11 Abs1 KBO den Antrag mit Bescheid abzuweisen.

Der Antragstellerin steht es frei, gegen einen solchen Bescheid nach Erschöpfung des administrativen Instanzenzuges Beschwerde bei den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechtes zu erheben. Im Verfahren vor diesen Gerichtshöfen kann die Gesetzwidrigkeit des Flächenwidmungsplanes geltend gemacht werden, da dieser, wenn sich die Versagung auf §9 Abs2 litb KBO stützt, präjudiziell ist; auf diese Weise kann die von Amts wegen zu veranlassende Überprüfung des Flächenwidmungsplanes auf seine Gesetzmäßigkeit herbeigeführt werden.

Daraus ergibt sich, daß der Antragstellerin ein durchaus zumutbarer Weg zur Verfügung steht, über die Beschwerde an die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes gegen die auf der Grundlage der angefochtenen Verordnung erlassenen Bescheide die Überprüfung der Gesetzmäßigkeit der von ihr bekämpften Verordnung zu erreichen (vgl. VfSlg. 8118/1977).

Soweit der VfGH in anderen Verfahren Individualanträge gegen Flächenwidmungspläne für zulässig erachtet hat (vgl. VfSlg. 8697/1979, 8463/1978), so ist darauf zu verweisen, daß der VfGH dabei davon ausgegangen ist, daß ein förmliches Baubewilligungsansuchen in diesen Fällen nicht in Betracht komme, da von den Antragstellern nicht erwartet werden könne, daß sie allein zu diesem Zweck die für eine Baubewilligung erforderlichen Planunterlagen anfertigen ließen. Wie jedoch oben dargetan wurde, sind für das Vorprüfungsverfahren nach der KBO Planunterlagen nicht erforderlich. Die Beibringung eines Beleges über das Eigentum und einer skizzenhaften zeichnerischen Darstellung des geplanten Bauwerkes ist der Antragstellerin jedoch zumutbar (vgl. auch VfSlg. 8404/1978; in diesem Erk. hat der VfGH einen Individualantrag auf Aufhebung der Grazer Mindestgrößenverordnung zurückgewiesen, weil dem Antragsteller die Durchführung eines Verwaltungsverfahrens zur Erlangung einer Widmungsbewilligung - die wiederum Voraussetzung für die Erteilung einer Baubewilligung ist - durchaus zumutbar sei).

Daraus folgt aber, daß der Antragstellerin die Legitimation zur Stellung des Antrages, die von ihr angefochtene Verordnung als gesetzwidrig aufzuheben, fehlt. Ihr Antrag ist daher zurückzuweisen, ohne daß geprüft zu werden braucht, ob die übrigen, für die Zulässigkeit des Antrages erforderlichen Voraussetzungen gegeben sind.

Schlagworte

VfGH / Individualantrag, Flächenwidmungsplan

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1981:V16.1980

Dokumentnummer

JFT_10189385_80V00016_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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