TE Vfgh Beschluss 1981/6/15 B462/77

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Veröffentlicht am 15.06.1981
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Index

10 Verfassungsrecht
10/07 Verfassungsgerichtshof, Verwaltungsgerichtshof

Norm

B-VG Art144
BDG 1979 §38 Abs2
Dienstpragmatik §67 Abs2
VfGG §34
VfGG §35
ZPO §530 Abs1 Z7

Leitsatz

VerfGG 1953 §34 (im Zusammenhang mit §530 Abs1 Z7 ZPO); Wiederaufnahme des Verfahrens; keine geeigneten Wiederaufnahmegründe

Spruch

Die Wiederaufnahme des mit Erk. vom 11. Dezember 1978, B294/77, B462/77, bezüglich des Bescheides des Bundesministers für Landesverteidigung vom 30. September 1977, Z 201.744/13-2.2/77, abgeschlossenen Verfahrens wird nicht bewilligt.

Begründung

Begründung:

I.1. Der Antragsteller wurde mit Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung vom 30. September 1977, Z 201.744/13-2.2/77, gemäß §67 Abs2 der Dienstpragmatik, RGBl. 15/1914 idF der Dienstpragmatik-Nov. 1969, BGBl. 148/1969, mit Wirksamkeit vom 8. Oktober 1977 von seiner bisherigen Funktion als Leiter des Heeres-Beschaffungsamtes abberufen und in das Bundesministerium für Landesverteidigung/Planungsbüro als Leitender Planungsoffizier/Ökonomie auf einen Dienstposten der Verwendungsgruppe H1/V II/VIII-3 von Amts wegen versetzt.

In der Begründung des Bescheides wird auf den Umstand verwiesen, daß der Bundesminister gegen den Antragsteller gemäß §34 Abs1 litd des Heeresdisziplinargesetzes die Disziplinaranzeige erstattet habe, eine Entscheidung über den Bestand der angelasteten Dienstvergehen noch nicht vorliege, weshalb diese Frage von der Dienstbehörde zu beurteilen sei (Abschnitt IV). Die disziplinär zu ahndenden Verstöße gegen die Dienstpflichten rechtfertigten es, den Antragsteller aus wichtigen dienstlichen Interessen von der Funktion als Leiter des Heeres-Beschaffungsamtes abzuberufen und auf einen anderen Dienstposten zu versetzen (Abschnitt V). Unabhängig davon, ob man das Verhalten des Antragstellers als eine disziplinär zu ahndende Pflichtverletzung beurteile oder nicht, habe er das ihm vom Bundesminister durch die Bestellung zum Leiter des Heeres-Beschaffungsamtes entgegengebrachte Vertrauen so schwer erschüttert, daß auch aus diesem Grunde seine Abberufung von dieser Funktion sowie seine Versetzung auf einen anderen Dienstposten aus wichtigen dienstlichen Interessen notwendig geworden sei (Abschnitt VI).

Gegen diesen Bescheid erhob der Antragsteller Beschwerde an den VfGH, in der er die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit vor dem Gesetz und auf das Verfahren vor dem gesetzlichen Richter geltend machte. Mit dem Erk. vom 11. Dezember 1978, B294/77, B462/77 (VfSlg. 8450/1978) wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

In der Begründung hat der VfGH auf das Erk. des VwGH VwSlg. 8230 A/1972 Bezug genommen, wonach ein wichtiges dienstliches Interesse iS des §67 der Dienstpragmatik jedenfalls berührt werde, wenn ordnungsgemäß festgestellte Tatsachen den Schluß rechtfertigen, daß ein Beamter in seiner Verwendung die durch die Rechtsordnung umschriebenen Aufgaben nicht erfüllen will oder aus inneren oder äußeren Gründen nicht oder nicht mehr erfüllen kann. Der Gerichtshof führte aus, daß die Behörde ein Ermittlungsverfahren durchgeführt habe, das nicht mit einem in die Verfassungssphäre eingreifenden Verfahrensmangel (hier der behaupteten Verletzung des Gleichheitsrechtes) belastet sei. Der Gerichtshof hat auch ausgeführt, daß die Frage, ob eine Versetzung mit wichtigen dienstlichen Interessen begründet werden kann, unabhängig von der Frage ist, ob das hiefür maßgebliche Verhalten des Beamten auch disziplinarrechtlichen Sanktionen unterliege; es könne daher eine die Versetzung rechtfertigende Dienstpflichtverletzung vorliegen, ohne daß eine disziplinäre Maßnahme getroffen werde, etwa weil kein Verschulden gegeben sei (§51 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes BGBl. 329/1977), weil Verjährung eingetreten sei (§87a der Dienstpragmatik, §54 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes), oder weil keine Disziplinaranzeige erstattet werde (§69 Abs2 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes). Die Behörde habe sich bei Erlassung des Bescheides nicht - wie behauptet - eine ihr nicht zukommende Zuständigkeit angemaßt.

2. Noch vor Erlassung des Bescheides vom 30. September 1977 (vorstehender Punkt I.1) wurde mit Beschluß der Disziplinarkommission für höhere Berufsoffiziere vom 28. März 1977 gemäß §48 Abs3 des Heeresdisziplinargesetzes BGBl. 151/1956 idF 369/1975 die Disziplinaruntersuchung eingeleitet. Mit Beschluß dieser Behörde vom 21. Mai 1979, Z 10-DkfhBO/76, wurde die Disziplinaruntersuchung gemäß §51 Abs2 lita des Heeresdisziplinargesetzes in der genannten Fassung eingestellt. In der eingehenden Begründung kommt der Senat abschließend zur Ansicht, daß eine schuldhafte Verletzung von Dienstpflichten (Dienstvergehen, Ordnungswidrigkeit) durch den Antragsteller, wie sie in den Disziplinaranzeigen vom 12. Jänner und 22. Feber 1977 angeführt sind, nicht nachgewiesen werden konnte und daher kein gerechtfertigter Grund für die Weiterführung des gegenständlichen Disziplinarverfahrens gegeben ist.

3. In einer auf §34 VerfGG 1953 und §530 Abs1 Z7 ZPO gestützten Eingabe begehrt der Antragsteller die Wiederaufnahme des Verfahrens in bezug auf die mit dem genannten Erk. des VfGH vom 11. Dezember 1978 abgewiesene Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung vom 30. September 1977.

Der Antragsteller sei in Zusammenhang mit dem ihm am 29. Mai 1979 ausgefolgten Beschluß der Disziplinarkommission für höhere Berufsoffiziere vom 21. Mai 1979 nunmehr imstande, Beweismittel zu benützen, deren Vorbringung und Benützung im früheren Verfahren eine ihm günstigere Entscheidung herbeigeführt hätte.

Das Bundesministerium für Landesverteidigung (im folgenden: Bundesministerium) habe die Abberufung und Versetzung des Antragstellers aus "wichtigen dienstlichen Interessen" einzig und allein mit einem der disziplinären Sanktion unterliegenden Verhalten des Antragstellers begründet und somit auch aktenkundig gemacht, daß etwa ein außerhalb des disziplinären Bereiches liegendes Verhalten oder organisatorische Gründe dem "wichtigen dienstlichen Interesse" nicht subsumiert worden seien.

Der Antragsteller bezieht sich nun auf das Geschäftsstück des Bundesministeriums Z 201.744/2-2.2/77. Damit sei zweifelsfrei bewiesen, daß das Bundesministerium, die belangte Behörde, das von der Disziplinarabteilung für die Disziplinarkommission durchgeführte Ermittlungsverfahren (Z 1.652 geh-DisB/77) übernommen und nur mit Niederschriften ergänzt habe, die mit Bediensteten aufgenommen worden seien, die seinerzeit dem Leiter des Heeresbeschaffungsamtes unterstellt gewesen seien. Laut Aktenlage seien diese Aussagen nicht nur nicht auf ihre Richtigkeit überprüft, sondern dem Antragsteller gegenüber verschwiegen worden, sodaß dieser nicht einmal Stellung nehmen bzw. prüfen lassen habe können, ob nicht der Verdacht einer falschen Beweisaussage gemäß §289 oder der Verleumdung gemäß §297 StGB gegeben sei. Es sei somit offensichtlich, daß keine entsprechende Tatsachenfeststellung seitens der belangten Behörde vorgenommen worden sei, auf deren Grundlage die entsprechenden Schlüsse hätten gezogen werden können, und es erweise sich daher auch als falsch, daß die Behörde ein umfangreiches und sehr eingehendes Verfahren unter Bedachtnahme auf die materiellen und verfahrensrechtlichen Vorschriften über die Versetzung durchgeführt habe.

Bezüglich des Tatbestandes der schweren Erschütterung des dem Antragsteller vom Bundesminister Lütgendorf durch die Bestellung zum Leiter des Heeres-Beschaffungsamtes entgegengebrachten Vertrauens sei aufzuzeigen, daß die belangte Behörde in diesem entscheidenden Punkt jegliche iS des Gesetzes durchzuführende Ermittlungstätigkeit überhaupt unterlassen habe, da sie den im Vertrauen erschütterten Bundesminister nicht einmal vernommen habe. Es werde die im seinerzeitigen Disziplinarverfahren vom Untersuchungskommissär am 8. März 1979 mit dem Bundesminister Lütgendorf aufgenommene Niederschrift vorgelegt. Wäre der Bundesminister seitens der belangten Behörde einvernommen worden - was bei einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren Pflicht der Behörde sei - hätte sie den behaupteten Tatbestand von vornherein nicht den "wichtigen dienstlichen Interessen" subsumieren können, was offensichtlich nicht gewollt gewesen sei.

In der Eingabe wird der Antrag gestellt, der VfGH möge gemäß §34 VerfGG 1953 die Wiederaufnahme des Verfahrens beschließen und sodann mit Erk. gemäß §87 Abs1 VerfGG 1953 aussprechen, daß der Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung vom 30. September 1977 kostenpflichtig aufgehoben wird.

Der Bundesminister für Landesverteidigung hat eine Äußerung abgegeben, in der er beantragt, dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens keine Folge zu geben.

Der Antragsteller hat hiezu zwei Gegenäußerungen erstattet, in denen er die in der Eingabe enthaltenen Ausführungen - zum Teil wiederholend - bekräftigt und die Folgerung zieht, er sei in Ansehung der im angefochtenen Bescheid in den Abschnitten V und VI "rechtsgestaltend anerkannten" Tatbestände, "die nur durch Unterlassen eines gesetzmäßigen Ermittlungsverfahrens überhaupt aufgestellt werden konnten", nicht nur im Gleichheitsgebot, sondern auch im Unschuldsgrundsatz gemäß Art6 Abs2 MRK verletzt worden.

II. Der VfGH hat erwogen:

1. Eine Wiederaufnahme des Verfahrens kann gemäß §34 VerfGG 1953 ua. in den Fällen des Art144 B-VG stattfinden. Für die Wiederaufnahme gelten, da §34 VerfGG 1953 eine nähere Regelung nicht enthält, nach §35 VerfGG 1953 sinngemäß die Bestimmungen der ZPO (vgl. VfSlg. 8972/1980; zum Begriff der sinngemäßen Anwendung s. VfSlg. 2614/1953 S 507).

Diesen Bestimmungen zufolge kann ein Verfahren, das durch eine die Sache erledigende Entscheidung abgeschlossen worden ist, auf Antrag einer Partei wieder aufgenommen werden, "wenn die Partei in Kenntnis von neuen Tatsachen gelangt oder Beweismittel auffindet oder zu benützen in den Stand gesetzt wird, deren Vorbringen und Benützung im früheren Verfahren eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde" (§530 Abs1 Z7 ZPO idF des Konsumentenschutzgesetzes BGBl. 140/1979 §36).

Nach der jüngeren Rechtsprechung und Lehre (s. Fasching, Kommentar zu den Zivilprozeßgesetzen, IV. Band, 1971, S 511) kann gemäß dieser Gesetzesbestimmung - anders als etwa im Verwaltungsverfahren nach dem AVG 1950 (vgl. zB VwSlg. 8605 A/1974) - auch ein nach dem für die Entscheidung maßgeblichen Zeitpunkt entstandenes Beweismittel für den Nachweis einer in diesem Zeitpunkt bereits vorhandenen Tatsache als Wiederaufnahmegrund in Betracht kommen. Bei sinngemäßer Anwendung dieser Bestimmung im Verfahren vor dem VfGH können neue Tatsachen oder Beweismittel nur dann einen Wiederaufnahmegrund bilden, wenn sie solcher Art sind, daß ihre Berücksichtigung im Rahmen der dem VfGH zukommenden - beschränkten - Prüfungs- und Entscheidungsbefugnis (im vorliegenden Fall also unter dem Gesichtspunkt der Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte) im verfassungsgerichtlichen Verfahren eine der Partei günstigere Entscheidung möglich erscheinen läßt (s. dazu VfSlg. 6469/1971 S 405 f.).

2. Der Antragsteller stützt seinen Wiederaufnahmeantrag darauf, daß er nunmehr imstande sei, Beweismittel zu benützen, deren Vorbringen und Benützung im früheren Verfahren eine ihm günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde.

a) Dazu führt er das Geschäftsstück des Bundesministeriums für Landesverteidigung Z 201.744/2-2.2/77 (gemeint ist ein Amtsbericht dieser Zahl vom 6. Juli 1977) an und bemerkt dazu (in seiner Gegenäußerung): "Beweismittel ist die Tatsachenfeststellung" in diesem Geschäftsstück.

Mit diesem Vorbringen kann das Vorliegen eines Wiederaufnahmegrundes nicht dargetan werden.

In dem Geschäftsstück heißt es: "Auf Grund des Ergebnisses des von DisB unter Zahl 1652-Geh-DisB/77 durchgeführten Ermittlungsverfahrens, ergänzt durch die von PersB angestellten Ermittlungen (siehe insbesondere die inliegenden Niederschriften) kann folgender Sachverhalt als feststehend angenommen werden: ...". Es folgt sodann eine in 26 Punkte aufgegliederte Sachverhaltsdarstellung. Es ist dies wörtlich die Sachverhaltsdarstellung, die dem Antragsteller im Verwaltungsverfahren mit Erlaß vom 3. August 1977 als Ergebnis des Ermittlungsverfahrens mit der Einladung zur Stellungnahme zur Kenntnis gebracht worden ist und wozu er auch am 5. September 1977 eine Stellungnahme abgegeben hat (vgl. VfSlg. 8450/1978 S 407).

Das vom Antragsteller bezogene Geschäftsstück Z 201.744/2-2.2/77 befand sich in den Akten, die der Bundesminister dem VfGH im Verfahren zu B462/77 vorgelegt hat. Es trägt den Vermerk: "Verbleibt im Akt Zl. 201.744/8-2.2/77". Dieser Akt ist in dem Verzeichnis der vorgelegten Akten ausdrücklich angeführt und stand dem Antragsteller bei der Akteneinsicht, die er im verfassungsgerichtlichen Verfahren im Dezember 1978 genommen hat, zur Verfügung. Der Antragsteller war daher schon damals in die Lage versetzt, Einsicht in die in dem Geschäftsstück erwähnten "inliegenden Niederschriften" zu begehren.

Die im Geschäftsstück Z 201.744/2-2.2/77 enthaltene Tatsachenfeststellung und dieses Geschäftsstück selbst stellen somit keine Tatsachen oder Beweismittel iS des §530 Abs1 Z7 ZPO dar, die der Antragsteller erst nach Abschluß des verfassungsgerichtlichen Verfahrens zu B462/77 zu benützen in den Stand gesetzt wurde und deren Vorbringen und Benützung in diesem früheren Verfahren eine dem Antragsteller günstigere Entscheidung herbeigeführt hätte.

b) Auch die dem VfGH vorgelegte Ablichtung der im Disziplinarverfahren mit dem Bundesminister a.D. Lütgendorf aufgenommene Niederschrift vom 8. März 1979 stellt keine neue Tatsache und kein Beweismittel iS des §530 Abs1 Z7 ZPO dar.

Der Antragsteller meint (im Antrag und in der Gegenäußerung), da der Bundesminister laut dieser Niederschrift ausdrücklich den vom Antragsteller dargestellten Sachverhalt bestätigt, hätte die Behörde bei einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren (wenn nämlich der Bundesminister von ihr einvernommen worden wäre) den als Grund für die Versetzung behaupteten Tatbestand (der schweren Erschütterung des dem Antragsteller entgegengebrachten Vertrauens) von vornherein nicht den "wichtigen dienstlichen Interessen" (damit ist auf §67 Abs2 der Dienstpragmatik Bezug genommen) subsumieren können.

Der VfGH hat in dem Erk. VfSlg. 8450/1978 S 415 f. unter Hinweis auf seine bisherige Rechtsprechung, wonach die Unterlassung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens das Gleichheitsgebot verletzen kann, ausgeführt, daß ein solcher in die Verfassungssphäre eingreifender Verfahrensmangel der belangten Behörde bei Erlassung des Bescheides vom 30. September 1977 nicht anzulasten ist.

Dem Antragsteller ist beizupflichten, daß die Frage, ob die Erschütterung des Vertrauens eines Vorgesetzten eine Versetzung aus wichtigen dienstlichen Interessen iS des §67 Abs2 der Dienstpragmatik (jetzt §38 Abs2 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, BGBl. 333/1979) rechtfertigt, in der Regel nicht ohne Vorliegen einer Äußerung des Vorgesetzten beantwortet werden kann. Im vorliegenden Fall ist jedoch zu berücksichtigen, daß sich die in dem angefochtenen Bescheid als Versetzungsgrund angeführte Erschütterung des Vertrauens des Bundesministers auf diesen als Dienstbehörde und nicht als Person bezieht.

Aus den vorgelegten Akten stellt sich das der Erlassung des angefochtenen Bescheides vom 30. September 1977 vorangegangene Verwaltungsgeschehen wie folgt dar:

Der (in einem Dienstrechtsverfahren) verfügten Versetzung des Antragstellers gingen zwei Maßnahmen des früheren Bundesministers Lütgendorf voran: Mit Verfügung vom 24. November 1976 wurde der Antragsteller vorläufig vom Dienst enthoben, weil er im Verdacht stand, Pflichtverletzungen begangen zu haben; am 12. Jänner 1977 wurde gegen den Antragsteller die Disziplinaranzeige an die Disziplinarkommission für höhere Berufsoffiziere erstattet, weil er im Verdacht stand, seine Dienstpflichten verletzt zu haben (vgl. VfSlg. 8450/1978 S 405 f.). Sowohl die Verfügung der Dienstenthebung wie auch die Disziplinaranzeige sind vom früheren Bundesminister Lütgendorf unterfertigt.

Die Einladung des Antragstellers vom 3. August 1977, in Angelegenheit seiner "in Aussicht genommenen Versetzung" zu dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens Stellung zu nehmen, ist nach dem Rücktritt von Bundesminister Lütgendorf ergangen; sie ist von einem Beamten unterfertigt und vor Abfertigung von dem im Amt nachfolgenden Bundesminister Rösch abgezeichnet worden. Auch der angefochtene Bescheid vom 30. September 1977 ist in gleicher Weise unterfertigt und vor Abfertigung vom amtierenden Bundesminister abgezeichnet worden.

Die in Abschnitt VI der Begründung des angefochtenen Bescheides enthaltenen Ausführungen, daß die Versetzung des Antragstellers auf einen anderen Dienstposten aus wichtigen dienstlichen Interessen auch aus dem Grunde notwendig gewesen sei, weil er durch sein Verhalten das Vertrauen des Bundesministers schwer erschüttert habe (vgl. VfSlg. 8450/1978 S 410), bezieht sich zwar auf ein Verhalten des Antragstellers in der Zeit, als noch der frühere Bundesminister im Amte war, in dieser Frage ist jedoch der das Dienstrechtsverfahren fortsetzende und die Versetzung mit dem angefochtenen Bescheid verfügende im Amte nachfolgende Bundesminister von der Beurteilung des Verhaltens des Antragstellers durch seinen Vorgänger ausgegangen.

Die vom Antragsteller nunmehr beigebrachte Niederschrift über die Einvernahme des Bundesministers a.D. Lütgendorf am 8. März 1979 durch den Untersuchungskommissär in der Disziplinaruntersuchung gegen den Antragsteller als Beschuldigten ist nicht geeignet, die im früheren verfassungsgerichtlichen Verfahren (B462/77) vom VfGH vorgenommene Beurteilung des angefochtenen Bescheides vom 30. September 1977 zu beeinflussen. Sie enthält Antworten des Bundesministers a.D. auf Sachfragen des Untersuchungskommissärs, welche, soweit sie sich auf den Antragsteller beziehen, die ihm erteilten Aufträge und deren Befolgung betreffen.

Diese (in einem Disziplinarverfahren aufgenommene) Niederschrift stellt kein Beweismittel dar, das in einem solchen Zusammenhang mit dem (in einem Dienstrechtsverfahren ergangenen) angefochtenen Bescheid steht, daß es möglich erscheint, der VfGH könne nunmehr in der Unterlassung der Einvernahme des früheren Bundesministers einen in die Verfassungssphäre reichenden Verfahrensmangel bei Erlassung des angefochtenen Bescheides erblicken.

3. Der Antrag auf Wiederaufnahme des mit Erk. vom 11. Dezember 1978, B294/77, B462/77 (VfSlg. 8450/1978) bezüglich des Bescheides des Bundesministers für Landesverteidigung vom 30. September 1977, Z 201.744/13-2.2/77, abgeschlossenen Verfahrens konnte somit wegen Fehlens geeigneter Wiederaufnahmegründe nicht bewilligt werden.

Diese Entscheidung war gemäß §34 VerfGG 1953 in nichtöffentlicher Sitzung zu treffen.

Schlagworte

VfGH / Wiederaufnahme

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1981:B462.1977

Dokumentnummer

JFT_10189385_77B00462_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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