TE Vfgh Erkenntnis 1981/6/20 B660/78

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Veröffentlicht am 20.06.1981
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Index

L8 Boden- und Verkehrsrecht
L8000 Raumordnung

Norm

B-VG Art83 Abs2
B-VG Art119 Abs3
Krnt GemeindeplanungsG 1970 §5
Krnt GemeindeplanungsG 1970 §9 Abs1, §9 Abs2
Krnt GemeindeO 1966 §58 Abs2
Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde Krumpendorf vom 26.08.75, betreffend die Widmung und Umwidmung von Grundstücken "vom Bauland-Kurgebiet in Grünflächen und Sonderwidmung Bad"

Leitsatz

Flächenwidmungsplan Krumpendorf; keine Bedenken gegen die Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde Krumpendorf vom 26. August 1975, betreffend die Widmung und Umwidmung von Grundstücken "vom derzeitigen Bauland-Kurgebiet in Grünfläche und Sonderwidmung Bad"; kein Widerspruch zu §5 Ktn. Gemeindeplanungsgesetz; kein Entzug des gesetzlichen Richters; keine denkunmögliche Gesetzesanwendung; keine Gleichheitsverletzung

Spruch

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

1. Die Beschwerdeführerin ist Alleineigentümerin der Grundparzellen 58/1 und 342/29 der Liegenschaft EZ 95 KG Krumpendorf. Beim Grundstück 342/29 handelt es sich um eine Parzelle am Ufer des Wörthersees, die Parzelle 58/1 schließt westlich davon landeinwärts an. Das Seegrundstück hat ein Ausmaß von 350 Quadratmeter, die Parzelle 58/1 ein solches von 1.477 Quadratmeter.

2.1. Mit Schreiben vom 28. Mai 1975 teilte der Bürgermeister der Beschwerdeführerin über deren Anfrage mit, daß die Parzelle 58/1 im Flächenwidmungsplan der Gemeinde Krumpendorf - vom Gemeinderat am 18. Juni 1964 beschlossen, von der Landesregierung mit Bescheid vom 12. Oktober 1964 genehmigt und im Amtsblatt der Ktn. Landeszeitung am 23. Oktober 1964 verlautbart - als Bauland-Kurgebiet ausgewiesen sei; die Parzelle 342/29 sei im Flächenwidmungsplan nicht erfaßt und demnach ohne Widmung. Der Planungsausschuß beabsichtige jedoch, beide Grundstücke mit der Sonderwidmung Grünfläche-Bad zu belegen.

Am 2. Juli 1975 erfolgte eine Kundmachung, daß die Gemeinde Krumpendorf beabsichtige, Abänderungen des Flächenwidmungsplanes durchzuführen und ua. die Parzelle 58/1 von Bauland-Kurgebiet in Grünfläche, Sonderwidmung Bad, umzuwidmen und die Parzelle 342/29 als Grünfläche, Sonderwidmung Bad zu widmen. Gleichzeitig erging die Aufforderung an jedermann, Einwendungen innerhalb von vier Wochen einzubringen. In den von der Beschwerdeführerin fristgerecht - am 21. Juli 1975 - erhobenen Einwendungen brachte sie gegen die beabsichtigte Änderung des Flächenwidmungsplanes vor, daß sie ihr ursprünglich sehr versumpftes Grundstück im Vertrauen auf die Widmung Bauland mit erheblichen Aufwendungen saniert habe und sich seit Jahren mit der Absicht getragen habe, ein Einfamilienhaus auf dem Grundstück zu errichten, was ihr in früherer Zeit jedoch im Hinblick auf die finanziellen Belastungen durch die Sanierung nicht möglich gewesen sei. In den Einwendungen heißt es weiters:

"Die Anregung, das Grundstück auf Grund der Bestimmung des §5 des Gemeindeplanungsgesetzes 1970, LGBl. 1/1970 bzw. des §9 des gleichen Gesetzes einer Sonderwidmung zuzuführen, kommt offenbar daher, daß nach dem Abbruch des früheren Terrassenhotels der Eigentümer des Nachbargrundstückes, Herr A. der Gemeinde angedeutet hat, daß er die Errichtung eines öffentlichen Strandbades auf seinem Grundstück beabsichtige, daß sein Grundstück jedoch für ein solches Vorhaben eine zu geringe Fläche und eine zu geringe Uferlänge aufweist, sodaß das Nachbargrundstück von Frau Dr. H.B., die sozusagen ohnedies keine Kärntnerin und keine Gemeindeinsassin sei, im Wege einer kalten Enteignung billig von ihm in Anspruch genommen werden müßte."

Bei dem genannten Grundstück (künftig: Nachbarliegenschaft) handelt es sich um die EZ 111 KG Krumpendorf (das sogenannte "Terrassenhotel-Bad"), welches im Alleineigentum der G.A. steht; diesem kommt laut einem von der Beschwerdeführerin vorgelegten Plan die Widmung "Grünland-Sonderwidmung Bad" zu.

Die Beschwerdeführerin verwies in den Einwendungen zusätzlich darauf, daß in Krumpendorf ein ausreichend großes Gemeindebad bestehe und es mindestens zwei weitere private Badeanstalten gebe.

Am 26. August 1975 beschloß der Gemeinderat der Gemeinde Krumpendorf die Widmung und Umwidmung der Grundstücke 342/29 und 58/1 "vom derzeitigen Bauland-Kurgebiet in Grünfläche und Sonderwidmung Bad".

Mit Schreiben vom 27. November 1975 beantragte die Gemeinde die Genehmigung dieses Beschlusses durch die Ktn. Landesregierung; diese wurde mit Bescheid der Ktn. Landesregierung vom 20. August 1976, Z RO-56/4/1976, gemäß §7 Abs3 in Verbindung mit §9 Abs3 des Gemeindeplanungsgesetzes 1970, LGBl. 1/1970, idF LGBl. 57/1972 (im folgenden: Gemeindeplanungsgesetz), erteilt. Die Verlautbarung der Genehmigung erfolgte im Amtsblatt der Ktn. Landeszeitung vom 26. August 1976.

2.2. Mit einer ebenfalls am 21. Juli 1975 (also gleichzeitig mit ihren Einwendungen gegen die Umwidmung) im Gemeindeamt eingelangten Eingabe (datiert mit 10. Juli 1975) stellte die Beschwerdeführerin das Ansuchen um Erteilung der Baubewilligung zur Errichtung eines Einfamilienhauses auf dem Grundstück 58/1.

Da über das Ansuchen der Beschwerdeführerin um Erteilung einer Baubewilligung bis dahin nicht entschieden worden war, richtete sie am 21. September 1977 an das Gemeindeamt Krumpendorf die Aufforderung, über ihr Ansuchen bis 31. Oktober 1977 bescheidmäßig zu entscheiden, widrigenfalls sie von der Möglichkeit der Stellung eines Devolutionsantrages gemäß §73 Abs2 AVG Gebrauch machen würde. Mit Bescheid vom 12. Oktober 1977 wurde hierauf der Antrag auf Erteilung der Baubewilligung vom Bürgermeister gemäß §11 Abs1 der Ktn. Bauordnung, LGBl. 48/1969 idF 56/1972, abgewiesen, da die Errichtung eines Wohnhauses auf der Parzelle 58/1 im Widerspruch zur Widmung "Grünland-Bad" und damit zum Flächenwidmungsplan stehe. Die Erteilung der Baubewilligung sei ein konstitutiver Verwaltungsakt, sodaß die Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung maßgeblich sei.

Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung wurde mit Bescheid des Gemeindevorstandes vom 18. Jänner 1978 abgewiesen. Die von der Beschwerdeführerin gegen diesen Bescheid erhobene Vorstellung wurde mit Bescheid der Ktn. Landesregierung vom 30. Oktober 1978, Z 8 BauR 1-56/4/1978, als unbegründet abgewiesen.

3.1. Gegen diesen Bescheid richtet sich die auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter, auf Gleichheit und auf Unverletzlichkeit des Eigentums, insbesondere wegen Anwendung einer gesetzwidrigen generellen Norm, geltend gemacht und die Aufhebung des Bescheides begehrt wird. Für den Fall der Abweisung wird die Abtretung der Beschwerde an den VwGH beantragt.

3.2. Die Ktn. Landesregierung hat eine Gegenschrift erstattet und die Abweisung der Beschwerde begehrt.

4. Der VfGH hat erwogen:

4.1. Von der Beschwerdeführerin werden vorerst Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit der ihre Grundstücke betreffende Verordnung vom 26. August 1975 geltend gemacht.

Vor Eingehen auf die Ausführungen der Beschwerdeführerin ist zu bemerken, daß sich der VfGH mit diesen nur hinsichtlich der Umwidmung der Parzelle 58/1 zu befassen hatte, da im strittigen Bauverfahren nur der Widmung dieses Grundstückes rechtliche Bedeutung zukommt.

4.1.1.1. In formeller Hinsicht bestreitet die Beschwerdeführerin die Einhaltung der für die Änderung von Flächenwidmungsplänen vorgeschriebenen verfahrensmäßigen Vorschriften, insbesondere, daß die Kundmachung den gesetzlichen Vorschriften entsprechend erfolgt sei, daß der Entwurf für die Abänderung des Flächenwidmungsplanes durch vier Wochen zur allgemeinen Einsicht aufgelegt worden sei und daß die Einwendungen der Beschwerdeführerin gegen die Widmungsänderung des Grundstückes 58/1 dem Gemeinderat vor der Beschlußfassung vorgetragen worden sei.

4.1.1.2. Gemäß §9 Abs3 des Gemeindeplanungsgesetzes sind die Bestimmungen über das Verfahren und die Kundmachung bei Erlassung von Flächenwidmungsplänen bei Änderungen sinngemäß anzuwenden. Diese Bestimmungen finden sich insbesondere in den Abs1 bis 3 des §7 des Gemeindeplanungsgesetzes; sie lauten:

"(1) Der Entwurf des Flächenwidmungsplanes ist durch vier Wochen im Gemeindeamt (Magistrat) zur allgemeinen Einsicht aufzulegen. Die Auflage ist durch Kundmachung bekanntzugeben und den Nachbargemeinden, sowie der Landesregierung mitzuteilen.

(2) Die während der Auflagefrist beim Gemeindeamt (Magistrat) gegen den Entwurf schriftlich eingebrachten Einwendungen sind vom Gemeinderat bei der Beratung über den Flächenwidmungsplan in Erwägung zu ziehen. In der Kundmachung nach Abs1 ist auf diesen Umstand hinzuweisen.

(3) Der Flächenwidmungsplan bedarf zu seiner Rechtswirksamkeit der Genehmigung der Landesregierung. Der Bürgermeister hat den vom Gemeinderat beschlossenen Flächenwidmungsplan mit Erläuterungen, aus denen hervorgeht, inwieweit auf die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Erfordernisse der Gemeinde Bedacht genommen wurde, unter Anschluß der vorgebrachten Einwendungen und der Niederschrift über die Beschlußfassung des Gemeinderates in dreifacher Ausfertigung der Landesregierung vorzulegen."

Aus dem Verordnungsakt geht hervor, daß die Kundmachung der beabsichtigten Umwidmung der Parzelle 58/1 und der Widmung der Parzelle 342/29 am 2. Juli 1975 im Gemeindeamt angeschlagen und am 1. August 1975 abgenommen wurde. Die Kundmachung enthält den Hinweis, daß jedermann berechtigt ist, innerhalb von vier Wochen ab dem Anschlag der Kundmachung schriftliche Einwendungen einzubringen und daß eingebrachte Einwendungen vom Gemeinderat bei der Beratung in Erwägung gezogen werden. Die Kundmachung enthält wohl keinen Hinweis über die Möglichkeit der Einsichtnahme in einen Entwurf; der VfGH ist jedoch der Ansicht, daß bei der gebotenen sinngemäßen Anwendung dem §7 durch die in Frage stehende Kundmachung entsprochen ist, da die beabsichtigte Widmung in der Kundmachung selbst so umschrieben ist, daß es der zusätzlichen Auflegung eines Entwurfes nicht bedurfte. Im Hinblick auf die Situierung der Grundstücke der Beschwerdeführerin mitten im Gemeindegebiet war auch eine Verständigung der Nachbargemeinden - §7 Gemeindeplanungsgesetz ist nur "sinngemäß" anzuwenden - nicht erforderlich.

Die Einwendungen der Beschwerdeführerin wurden im Gemeinderat vor der Beschlußfassung auch verlesen. In der Niederschrift über die Gemeinderatssitzung heißt es weiters, daß nach einer Debatte und einer kurzen Unterbrechung der Sitzung Vizebürgermeister J. die Stellungnahme abgab, daß die ÖVP ein waches Interesse an einem öffentlich zugängigen Bad im Bereich der Grundstücke der Beschwerdeführerin und der Nachbarliegenschaft habe. Vom Vorsitzenden wurde bekanntgegeben, daß mit der Beschwerdeführerin Kontakte gepflogen werden und diese grundsätzlich bereit wäre zu verkaufen, daß allerdings bereits ein Bauansuchen von ihr vorliege, dessen Realisierung gegen die Interessen der Gemeinde wäre. Um dem zuvorzukommen und einen eventuellen Kauf als Bauland durch rechtzeitige Umwidmung zu verhindern, beantrage seine Fraktion die Umwidmung der Parzellen der Beschwerdeführerin in Grünland-Sonderwidmung Bad.

Die Niederschrift über die Beschlußfassung wurde auch unter Anschluß der von der Beschwerdeführerin erstatteten Einwendungen mit Schreiben vom 27. November 1975 der Landesregierung mit dem Ersuchen um Genehmigung der gefaßten Beschlüsse vorgelegt, diese hat wie unter

2.1. dargelegt, die begehrte Genehmigung erteilt und hierüber eine Verlautbarung im Amtsblatt der Ktn. Landeszeitung vorgenommen. Hiemit war den formellen Erfordernissen des Gemeindeplanungsgesetzes entsprochen.

4.1.2.1. Die Beschwerdeführerin brachte weiters vor, nach §9 Abs1 des Gemeindeplanungsgesetzes dürfe ein Flächenwidmungsplan nur aus wichtigen Gründen geändert werden. Nach §9 Abs2 leg. cit. setze die Änderung des Flächenwidmungsplanes voraus, daß sich die für die örtliche Planung maßgebenden wirtschaftlichen, sozialen oder kulturellen Bedürfnisse wesentlich geändert hätten. Eine Sonderwidmung sei nach §5 überhaupt nur zulässig, wenn wirtschaftliche, soziale oder kulturelle Bedürfnisse der Bevölkerung dies erfordern. Dies alles sei nicht der Fall.

4.1.2.2. Der VfGH hat auch keine Bedenken, daß die Verordnung vom 26. August 1975 inhaltlich gesetzwidrig wäre.

Gemäß §9 Abs1 Gemeindeplanungsgesetz darf ein Flächenwidmungsplan nur aus wichtigen Gründen abgeändert werden. Gemäß §5 Abs1 leg. cit. dürfen nach §§2 oder 3 festgelegte Flächen für besondere Verwendungszwecke vorbehalten werden, wenn wirtschaftliche, soziale oder kulturelle Bedürfnisse der Bevölkerung dies erfordern.

In der Gemeinderatssitzung vom 26. August 1975 wurde die Notwendigkeit der Umwidmung der Parzelle 58/1, bzw. der Widmung der Parzelle 342/29 für Grünland, Sonderwidmung-Bad damit begründet, daß diese neben dem A.-Bad lägen, die Errichtung eines öffentlichen Bades jedoch nur dann zweckmäßig sei, wenn das Areal entsprechend groß sei, was voraussetze, daß auch die Grundstücke der Beschwerdeführerin miteinbezogen würden. Vizebürgermeister H. stellte fest, daß die Krumpendorfer Fremdenverkehrswirtschaft an der Errichtung eines Bades im dortigen Bereich interessiert sei, und ersuchte den Gemeinderat um Sicherung der erforderlichen Grundflächen für die Errichtung desselben. Zu diesem Antrage beschloß der Gemeinderat einstimmig die Aussage, daß die Errichtung eines öffentlichen Bades in diesem Bereich im Interesse der Gemeinde liege.

Nach weiterer Berichterstattung über bisher negative Schritte, eine finanzielle Förderung zum Ankauf der Grundstücke der Beschwerdeführerin zu erzielen, und nach einem Ersuchen um Unterstützung der Bemühungen beim Fremdenverkehrsreferenten der Ktn. Landesregierung, die erforderlichen Mittel freizubekommen, wurde vom Vorsitzenden nochmals festgestellt, daß es gelte, die Grundflächen der Beschwerdeführerin im Interesse der Gemeinde für die Errichtung eines öffentlichen Bades in diesem Bereich zu sichern. Hiezu erfolgte der Hinweis, daß der Planungsausschuß sich einstimmig für die Umwidmung ausgesprochen habe.

In einer im Akt über die Erlassung der Verordnung vom 26. August 1975 erliegenden Untersuchung durch das Geographische Institut der Universität Wien aus dem Jahre 1972 wird die Notwendigkeit der Erhaltung und Vermehrung der öffentlichen Zugänge zum See und der bestehenden Bademöglichkeiten, insbesondere im östlichen Teil des Gemeindegebietes, dh. also im Bereiche der Grundstücke der Beschwerdeführerin, als vordringlich bezeichnet. Als Ergebnis der durchgeführten Studie wurden zusammenfassend mehrere Vorschläge zur Verbesserung der Bademöglichkeiten erstattet, darunter an erster Stelle die Erweiterung der Flächen in den öffentlichen Bädern und Einrichtung des "Terrassenhotelbades" - es handelt sich hiebei um die Nachbarliegenschaft - zu einem öffentlichen Betrieb. Der Studie lagen Umfrageergebnisse zugrunde, welche die Zielvorstellung ergaben, daß die Verbesserung des Zuganges zum See als vorrangig zu betrachten sei.

Zu bemerken ist schließlich, daß - wie aus den Akten hervorgeht - die an das "Terrassenhotel-Bad" anschließenden "Terrassenhotelgründe" im Ausmaß von ca. 23.000 Quadratmeter von der Gemeinde Krumpendorf bereits gekauft wurden.

Es gibt keine Anhaltspunkte, daß die Situation, wie sie in der Untersuchung des Geographischen Instituts aus dem Jahre 1972 dargelegt wurde, sich bis zum Zeitpunkt der Beschlußfassung vom 26. August 1975 geändert hätte. Vielmehr ergibt sich aus einer Äußerung der Abteilung Landesplanung vom 13. Juli 1976, welche im Hinblick auf die beantragte Genehmigung des Beschlusses vom 26. August 1975 seitens des Amtes der Ktn. Landesregierung befaßt worden war, daß für die in Rede stehende Sonderwidmung ein öffentliches und wirtschaftliches Interesse gegeben sei. In dieser Stellungnahme wird dargelegt, daß im Bereich des Ortsgebietes von Krumpendorf nur drei als Grünland-Bad gewidmete Flächen aufscheinen, die ein Gesamtausmaß von ca. 30.000 Quadratmeter aufweisen. Eine Erweiterung der als Grünland-Bad gewidmeten Flächen sei daher im öffentlichen Interesse gelegen, da bei einem Bestand von ca. 5.500 Fremdenbetten etwa 35.000 Quadratmeter Badefläche notwendig wären, dies ohne Berücksichtigung der einpendelnden Badegäste und der einheimischen Bevölkerung. In der Äußerung wird abschließend angeregt, dem Beschluß die Genehmigung zu erteilen.

Der VfGH ist aufgrund dieser Unterlagen der Überzeugung, daß die Behörde das Vorliegen wichtiger Gründe iS des §9 Abs1 Gemeindeplanungsgesetz annehmen konnte. Aufgrund der Aktenlage hat der Gerichtshof auch keine Bedenken, daß die Verordnung im Widerspruch zu §5 des Gemeindeplanungsgesetzes stünde; er nimmt vielmehr an, daß die Behörde das Vorliegen der Voraussetzungen nach dieser Bestimmung als gegeben erachten konnte. Es wird erst künftig Sache der Gemeinde sein, der aus dem zweiten Satz des §5 Abs6 Gemeindeplanungsgesetz idF LGBl. 8/1977 erfließenden Verpflichtung zu entsprechen; diese ist jedenfalls nicht die Voraussetzung, sondern die Folge des Widmungsaktes.

4.2. Der VfGH sieht sich aus all diesen Gründen nicht veranlaßt, ein amtswegiges Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit der Verordnung vom 26. August 1975 einzuleiten.

4.3.1. Die Beschwerdeführerin behauptet weiters, im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden zu sein, da der Bescheid erster Instanz nicht vom Bürgermeister, sondern vom Vizebürgermeister mit der Klausel: "in Vertretung: H. m.p." unterfertigt sei, welchem wohl mit Schreiben vom 26. Juni 1973 die baurechtlichen Angelegenheiten vom Bürgermeister übertragen worden seien; da in der Zwischenzeit jedoch der Bürgermeister zurückgetreten sei, habe das Übertragungsschreiben seine Wirksamkeit verloren. Der baubehördliche Bescheid vom 12. Oktober 1977 sei demnach nicht vom zuständigen Organ der Gemeindeverwaltung erlassen worden.

4.3.2. Das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter wird auch dann verletzt, wenn zwar in letzter Instanz die zuständige Behörde, in unterer Instanz jedoch eine sachlich unzuständige Behörde entschieden hat (VfSlg. 8573/79). Dies wäre der Fall, wenn der Baubescheid erster Instanz vom Vizebürgermeister erlassen worden wäre, obwohl seine Betrauung mit den baurechtlichen Angelegenheiten nicht im Einklang mit dem Gesetz stattgefunden oder nicht mehr gegolten hätte. Wie der VfGH bereits in VfSlg. 158/1922 ausgesprochen hat, bedarf es stets einer ausdrücklichen Vorschrift des Gesetzes, um die Übertragung einer behördlichen Kompetenz als statthaft erscheinen zu lassen. Gemäß §58 Abs2 der Allgemeinen Gemeindeordnung-AGO, LGBl. für Ktn. 1/1966, obliegen dem Bürgermeister alle Aufgaben des eigenen Wirkungsbereiches, die ihm durch Gesetz übertragen sind. Bauangelegenheiten sind solche Aufgaben. Gemäß §51 Abs4 AGO idF der Nov. vom 7. November 1972, LGBl. für Ktn. 3/1973, konnte der Bürgermeister den Mitgliedern des Gemeindevorstandes einzelne Gruppen von Aufgaben - unbeschadet seiner Verantwortlichkeit - zur Erledigung in seinem Namen übertragen, wenn es der Umfang der Aufgaben erforderte. Die Übertragung hatte schriftlich zu erfolgen, gemäß §58 Abs5 leg. cit. bedurfte ihre Rechtswirksamkeit der Genehmigung der Landesregierung. Eine Übertragung der Aufgaben des Bauwesens durch den Bürgermeister an den Vizebürgermeister O.H. hat mit Schreiben vom 26. Juni 1973 stattgefunden, die Übertragung ist durch den Genehmigungsbescheid der Ktn. Landesregierung vom 12. September 1973, Z 3-Gem-1263/4/73, auch rechtswirksam geworden. Die Beschwerdeführerin vermeint jedoch, daß diese Übertragung ihre Rechtswirksamkeit verloren hätte, da der Bürgermeister schon vor Erlassung des Bescheides vom 12. Oktober 1977 zurückgetreten sei. Entgegen der Rechtsansicht der Beschwerdeführerin kommt dem jedoch nicht die Bedeutung zu, daß damit die Übertragung der Angelegenheiten des Bauwesens an den Vizebürgermeister erloschen wäre. Bei der Betrauung anderer Mitglieder des Gemeindevorstandes durch den Bürgermeister mit bestimmten Aufgaben gemäß §51 Abs4 AGO ist Übertragender das Organ, sodaß durch eine Änderung in der Person des Organwalters hinsichtlich des Übertragungsaktes keine Änderung eintritt.

Hieraus resultiert, daß die Übertragung der Aufgaben des Bauwesens an Vizebürgermeister H. im Hinblick darauf, daß der Bürgermeister gemäß §55 Abs4 AGO aus seinem Amt ausgeschieden war, nicht erlosch. Die Beschwerdeführerin ist somit dadurch, daß der Bescheid vom 12. Oktober 1977 von Vizebürgermeister H. erlassen wurde, nicht im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden.

4.4. Die behauptete Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums wurde von der Beschwerdeführerin ausschließlich darauf gestützt, daß der Bescheid aufgrund einer gesetzwidrigen Verordnung erlassen worden sei. Bei der Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsvorschriften - Bedenken wurden nur gegen die Verordnung erhoben, jedoch vom VfGH nicht geteilt, sonstige Bedenken werden weder geltend gemacht noch sind solche hervorgekommen - könnte eine Verletzung des Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums nur bei einer denkunmöglichen Gesetzesanwendung vorliegen. Eine solche Behauptung wurde von der Beschwerdeführerin gar nicht erhoben, auch der VfGH findet hiefür keinen Anhaltspunkt.

4.5. Die behauptete Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz wird von der Beschwerdeführerin auf den Vorwurf gestützt, daß die Behörde absichtlich über das von ihr gestellte Bauansuchen so lange nicht entschieden habe, bis die Verordnung rechtswirksam geworden sei. Hiezu genügt es, auf die ständige Rechtsprechung des VfGH zu verweisen. Die Rechtswidrigkeit des kritisierten Verhaltens der Behörde läge nämlich in ihrer zeitweiligen Untätigkeit, die ausschließlich mit den von der Rechtsordnung zur Verfügung gestellten besonderen Rechtsbehelfen gegen die Säumigkeit von Verwaltungsbehörden bekämpft werden kann, nicht aber im Inhalt ihrer späteren Entscheidung; durch deren Fällung wird nämlich das in einer absichtlichen Verzögerung liegende rechtswidrige Verhalten der Behörde insofern beendet, als sie dem Anspruch der Partei auf Bescheiderlassung entspricht (vgl. VfSlg. 7597/1975, 8481/1979). Insofern kann somit von einem willkürlichen Verhalten der Behörde keine Rede sein.

Das Verfahren hat aber auch sonst nichts ergeben, was darauf hindeuten würde, daß die Behörde den angewendeten Normen einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder daß sie Willkür geübt hätte. Bei der Unbedenklichkeit der angewendeten Normen trifft somit auch der Vorwurf einer Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit nicht zu.

4.6. Das Verfahren hat auch nicht ergeben, daß die Beschwerdeführerin in sonstigen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt worden wäre.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

Schlagworte

Raumordnung, Flächenwidmungsplan, Widmungsbewilligung, Organwalter, Behördenzuständigkeit, Gemeinderecht, Wirkungsbereich eigener

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1981:B660.1978

Dokumentnummer

JFT_10189380_78B00660_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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