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62 ArbeitsmarktverwaltungNorm
B-VG Art7 Abs1 / VerwaltungsaktBeachte
Anlaßfall zu VfSlg. 9071/1981Leitsatz
Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz; Gleichheitsverletzung nach Aufhebung einiger Worte in §1 Abs3 Z2 idF BGBl. 324/1977 wegen Verstoßes gegen den GleichheitssatzSpruch
Die Bescheide werden aufgehoben.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. Die Beschwerdeführer waren seit 1974 Angestellte eines Unternehmens, über das 1976 der Konkurs eröffnet wurde. Sie wurden vom Masseverwalter gekündigt und beantragten im Herbst 1977 beim Arbeitsamt die Zahlung von Insolvenz-Ausfallgeld nach dem Insolvenz-EntgeltsicherungsG (IESG). Ihren Anträgen wurde nur teilweise stattgegeben: Für Ansprüche auf Abfertigung wurde ihnen kein Ausfallgeld zuerkannt, weil nach §23 AngG eine Abfertigung erst nach dreijähriger Dauer des Dienstverhältnisses gebührt. Berufungen gegen die Bescheide des Arbeitsamtes gab das Landesarbeitsamt Wien keine Folge. Es verwies auf §1 Abs3 Z2 IESG, wonach für einen Anspruch auf Abfertigung kein Anspruch auf Ausfallgeld besteht, soweit er über den durch Gesetz, Kollektivvertrag oder Betriebsvereinbarung zustehenden Anspruch hinausgeht.
Die gegen die Berufungsbescheide erhobenen Beschwerden rügen die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz, allenfalls eine Verletzung dieses Rechtes durch Anwendung einer verfassungswidrigen Bestimmung. Die Beschwerdeführer hätten beim Eintritt in das Unternehmen mit ihrem Arbeitgeber die Anrechnung von Vordienstzeiten vereinbart, sodaß ihnen Abfertigungsansprüche zustünden. §1 Abs3 Z2 IESG dürfe nicht so verstanden werden, daß er Ansprüche auf einzelvertraglicher Grundlage ausschließe, weil ein solcher Ausschluß angesichts der unbeschränkten Sicherung anderer vertraglicher Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis unsachlich und daher wegen Verstoßes gegen den Gleichheitssatz verfassungswidrig wäre.
II. Aus Anlaß der vorliegenden Beschwerdefälle hat der VfGH die Verfassungsmäßigkeit der Worte "auf Abfertigung oder" in §1 Abs3 Z2 des Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetzes in der Stammfassung des BGBl. 324/1977 von Amts wegen geprüft. Mit Erk. VfSlg. 9071/1981 hat er diese Worte wegen Verstoßes gegen den auch den Gesetzgeber bindenden Gleichheitssatz als verfassungswidrig aufgehoben und ausgesprochen, daß frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Kraft treten.
III. Gemäß Art140 Abs7 B-VG ist ein vom VfGH aufgehobenes Gesetz im Anlaßfall nicht mehr anzuwenden. Da die angefochtenen Bescheide die Zahlung von Insolvenz-Ausfallgeld hinsichtlich der Ansprüche auf Abfertigung unter Anwendung der als gleichheitswidrig aufgehobenen Worte ablehnen, verletzen sie die Beschwerdeführer im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz.
Die Bescheide sind daher aufzuheben.
Schlagworte
VfGH / AnlaßfallEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1981:B601.1978Dokumentnummer
JFT_10189374_78B00601_00