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41 Innere AngelegenheitenNorm
B-VG Art7 Abs1 / StaatsangehörigkeitLeitsatz
Fremdenpolizeigesetz; keine Bedenken gegen §3 Abs1 und 2 litb iVm §4; keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter RechteSpruch
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I.1.a) Mit dem Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 12. Oktober 1977 wurde gegen den Beschwerdeführer - er ist jugoslawischer Staatsangehöriger - gemäß §3 Abs1 und 2 litb iVm §4 des Fremdenpolizeigesetzes, BGBl. 75/1954, ein bis zum 12. Oktober 1987 befristetes Aufenthaltsverbot für das ganze Bundesgebiet erlassen.
Der Bescheid ist damit begründet, daß der Beschwerdeführer am 15. September 1977 vom Landesgericht für Strafsachen Wien "wegen §§127/1, 129/1 und 15 StGB zu 6 Monaten Freiheitsstrafe, bedingt auf 3 Jahre Probezeit rechtskräftig verurteilt" worden war. Außerdem sei er am 1. Oktober 1976 vom Strafbezirksgericht Wien "wegen §127 StGB zu einer Geldstrafe zu 30 Tagessätzen a S 70,- im Nef. 15 Tage Freiheitsstrafe, rechtskräftig verurteilt" worden.
Da ein weiterer Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich demnach öffentlichen Interessen zuwiderlaufe und auch die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährde, habe die Behörde von ihrem Recht Gebrauch gemacht, das gegenständliche Aufenthaltsverbot zu erlassen.
b) Der gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien erhobenen Berufung hat die Sicherheitsdirektion für Wien mit Bescheid vom 15. Juni 1978 gemäß §66 Abs4 AVG 1950 keine Folge gegeben. In der Begründung des Bescheides wird ausgeführt, daß im wesentlichen für die Entscheidung die Gründe des erstinstanzlichen Bescheides maßgebend gewesen seien.
2. Gegen den Berufungsbescheid der Sicherheitsdirektion für Wien richtet sich die "wegen Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Freizügigkeit der Person, Freiheit des Aufenthaltes und des Erwerbs sowie freie Wahl des Wohnsitzes und des Aufenthaltes" erhobene Beschwerde an den VfGH.
Es wird die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides, für den Fall der Abweisung die Abtretung der Beschwerde an den VwGH beantragt.
II. Der VfGH hat erwogen:
1. a) Der angefochtene Bescheid stützt sich auf §3 Abs1 und 2 litb iVm §4 des Fremdenpolizeigesetzes.
Diese Bestimmungen lauten:
"§3 (1) Gegen Fremde, deren Aufenthalt im Bundesgebiet die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen öffentlichen Interessen zuwiderläuft, kann ein Aufenthaltsverbot erlassen werden.
(2) Insbesondere kann ein Aufenthaltsverbot gegen Fremde erlassen werden,
a) ...
b) die aus anderen Gründen von einem in- oder ausländischen Gericht rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten verurteilt worden oder sonst von einem inländischen Gericht oder einer inländischen Verwaltungsbehörde mehr als einmal aus Gewinnsucht oder aus anderen unehrenhaften Motiven begangener Handlungen wegen bestraft worden sind;
...
§4 Das Aufenthaltsverbot erstreckt sich auf das ganze Bundesgebiet und kann auf bestimmte oder auf unbestimmte Zeit erlassen werden ...".
b) Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der bei Erlassung des angefochtenen Bescheides angewendeten Rechtsvorschriften - solche sind in der Beschwerde auch nicht vorgebracht worden - sind beim VfGH unter dem Gesichtspunkt des vorliegenden Beschwerdefalles nicht entstanden (vgl. VfSlg. 8607/1979, 8611/1979, 8792/1980, 9029/1981).
2. In der Beschwerde wird ausgeführt, daß das Vorliegen der in §3 Abs2 litb Fremdenpolizeigesetz genannten Voraussetzungen allein für die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes nicht ausreiche; ein Aufenthaltsverbot dürfe vielmehr nur bei Vorliegen der in §3 Abs1 leg. cit. genannten Voraussetzungen verhängt werden.
Sodann heißt es:
"Nach ständiger Judikatur des VwGH (Slg.N.F. 7722/A; Zl. 1169, 1170/73) hat die Behörde bei ihrer Ermessensentscheidung zu begründen, warum zum Nachteil des Betroffenen diese Ermessensentscheidung ausgeübt und das Aufenthaltsverbot erlassen wird, somit anzuführen, welche konkreten Gründe im konkreten Fall, die öffentlichen Interessen verletzen. Die belangte Behörde hat im gegenständlichen Beschwerdefall ohne konkrete Gründe zu meinem Nachteil, die Ermessensentscheidung gefällt, wodurch ich in meinen, bereits zitierten verfassungsgesetzlich geschützten Rechten verletzt wurde.
Ohne, daß ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren eingeleitet bzw. durchgeführt worden wäre und ohne mir das zustehende Recht der Stellungnahme zu gewähren, hat die belangte Behörde das Aufenthaltsverbot erlassen. Sie hat insbesondere außer Acht gelassen, daß ich mit dem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien wegen einer an und für sich geringfügigen und unbedachten Handlung verurteilt wurde, nämlich des Diebstahles eines an und für sich wertlosen Kindersitzes aus einem PKW. Weiters wurde außer Acht gelassen, daß die verhängte Strafe bedingt ausgesprochen wurde unter anderem deshalb, da die Tat beim Versuch geblieben ist. Auch ist das Landesgericht für Strafsachen Wien davon ausgegangen, daß die bloße Androhung der Vollziehung genügen werde, um mich von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten. Aus dem Umstande, daß ich seit 1972 ständig in Österreich aufhältig bin, ich und meine Gattin nach abgeschlossener fundierter Schulbildung fixe Anstellungsposten haben, mein Kind im Mai 1975 in Österreich geboren und hier seither ständig wohnt, eine Hauptmietwohnung angeschafft wurde, ich somit meinen ständigen und regelmäßigen Wohnsitz in Wien habe, kann nur den Schluß rechtfertigen, daß keine öffentlichen Interessen gegen meinen Aufenthalt in Österreich sprechen. Die Anführung der Gerichtsverurteilung alleine, kann die Ermessensentscheidung der belangten Behörde, nicht rechtfertigen. Die Erlassung des Aufenthaltsverbotes ist vielmehr für mich und meine Familie existenz- und familienzerstörend."
3. a) Mit dem Vorbringen, daß der angefochtene Bescheid ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens erlassen worden sei, wird der Behörde allenfalls ein willkürliches Vorgehen zum Vorwurf und damit eine Verletzung des Gleichheitsrechtes (das das Willkürverbot in sich schließt) geltend gemacht. Da das Gleichheitsrecht aber nur österreichischen Staatsbürgern gewährleistet ist, kann der Beschwerdeführer als jugoslawischer Staatsangehöriger in diesem Recht nicht verletzt worden sein (vgl. VfSlg. 9028/1981).
b) Nach Art6 StGG ist das Recht auf unbeschränkten Aufenthalt im Bundesgebiet nur österreichischen Staatsbürgern gewährleistet (vgl. VfSlg. 8607/1979 und 8611/1979). Das gleiche gilt für das in dieser Vorschrift verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Freiheit der Erwerbsausübung.
c) Zur Behauptung des Beschwerdeführers, in dem durch Art4 StGG verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Freizügigkeit der Person verletzt worden zu sein, ist ebenfalls auf die Erk. 8607/1979 und 8611/1979 zu verweisen, in denen dargetan ist, daß Fremde gegen eine Einzelausweisung aus dem Bundesgebiet verfassungsgesetzlich nicht geschützt sind.
Schon aus diesem Grund kann der Beschwerdeführer durch die bekämpfte Einzelausweisung nicht in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Freizügigkeit der Person verletzt worden sein.
Der Beschwerdeführer ist in dem durch Art4 StGG verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Freizügigkeit der Person nicht verletzt worden.
Der VfGH hat nicht zu prüfen, ob die Vorschriften, auf die sich die Verhängung des Aufenthaltsverbotes gegen den Beschwerdeführer stützt, auch richtig angewendet worden sind.
4. Der Beschwerdeführer ist sohin in den von ihm geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten nicht verletzt worden.
Das Verfahren hat auch nicht ergeben, daß er in einem anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt worden wäre.
Da er auch nicht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden ist (siehe Punkt II.1.b), war die Beschwerde abzuweisen.
Schlagworte
Fremdenpolizei, AufenthaltsverbotEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1981:B451.1978Dokumentnummer
JFT_10189370_78B00451_00