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32 SteuerrechtNorm
B-VG Art7 Abs1 / AllgLeitsatz
GewStG 1953; keine Bedenken gegen §7 Z8 und §12 Abs2 Z2; keine Gleichheitsverletzung; keine denkunmögliche AnwendungSpruch
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I.1.a) Die beschwerdeführende Gesellschaft hat in den Jahren 1967 bis 1971 von den Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) Kesselwagen gemietet und an in- und ausländische Kunden weitervermietet. Die beschwerdeführende Gesellschaft hatte den ÖBB einen bestimmten Jahresmietzins zu entrichten und während der Mietdauer die Reparaturaufwendungen für die Waggons zu tragen.
Die von der beschwerdeführenden Gesellschaft in den genannten Jahren aufgewendeten Mietbeträge und Instandhaltungskosten wurden bei der Gewinnermittlung als Betriebsausgaben berücksichtigt, jedoch nicht bei der Ermittlung des Gewerbeertrages wieder hinzugerechnet; ebensowenig wurden die Teilwerte für die jeweils gemieteten Waggons bei der Ermittlung des Gewerbekapitals dem Einheitswert des Betriebsvermögens hinzugerechnet.
Das Finanzamt für Körperschaften hat - nach Wiederaufnahme des Verfahrens - in den ua. die Gewerbesteuer für die Jahre 1967 bis 1971 betreffenden Bescheiden - einem Betriebsprüfungsbericht folgend - die Ansicht vertreten, daß die Mietzinse und Instandhaltungskosten für die gemieteten Kesselwagen sowie deren Teilwerte gemäß §7 Z8 und §12 Abs2 Z2 des Gewerbesteuergesetzes 1953, BGBl. 2/1954 (GewStG), bei der Ermittlung der Gewerbesteuer nach dem Gewerbeertrag und nach dem Gewerbekapital hinzuzurechnen seien.
Die Finanzlandesdirektion für Wien, NÖ und Bgld. gab mit Bescheid vom 14. Juni 1977 der gegen diese Bescheide von der beschwerdeführenden Gesellschaft erhobenen Berufung teilweise (nämlich der Höhe nach) Folge, bestätigte aber die erwähnten Hinzurechnungsverpflichtungen dem Grunde nach.
b) Die beschwerdeführende Gesellschaft hat den zitierten Berufungsbescheid vom 14. Juni 1977 beim VwGH mit der Begründung bekämpft, daß die Hinzurechnung schon deswegen zu unterbleiben gehabt habe, weil die ÖBB bloß "persönlich" von der Gewerbesteuer befreit seien (§2 Z1 GewStG); außerdem habe die belangte Behörde zu Unrecht auch die Reparaturkosten als Mietzinse behandelt.
Der VwGH hat mit Erk. vom 15. März 1978, Z 615/77, 2129/77, diese Beschwerde als unbegründet abgewiesen und dies - zusammengefaßt - wie folgt begründet:
Zum ersten Vorbringen genüge es, daraufhinzuweisen, daß die Hinzurechnung wegen Gewerbesteuerpflicht des Empfängers nur dann unterbleibe, wenn die fraglichen Beträge beim Empfänger tatsächlich der Gewerbesteuer unterliegen.
Der Begriff der Miete und der Pacht iS des §7 Z8 GewStG gehe über die vergleichbaren Rechtsfiguren des bürgerlichen Rechtes hinaus. Dieser Grundsatz müsse auch für die Begriffe Miet- und Pachtzins gelten. Die Hinzurechnungsvorschrift verfolge den Gesetzeszweck, den Unternehmer - dem Charakter der Gewerbesteuer als Objektsteuer entsprechend - gewerbesteuerlich gleich zu behandeln, ob er in seinem Betrieb Eigen- oder Fremdmittel einsetzt. Dem entspreche es bei der gegenständlichen Hinzurechnungsvorschrift, daß nur die Hälfte der Miet- bzw. Pachtzinse hinzugerechnet wird. Dies geschehe aus der Annahme, daß ein Unternehmer, der eigene statt gemietete Wirtschaftsgüter einsetzen würde, zwar keine Miete erfolgsmindernd absetzen könnte, dafür aber Absetzung für Abnutzung, Instandhaltungskosten und sonstige Aufwendungen zu Lasten des steuerlichen Gewinnes verrechnen würde. Von dieser Warte aus betrachtet, sei die Überlegung der belangten Behörde gerechtfertigt. Denn es unterliege keinem Zweifel, daß Vermieterin und Mieterin im Beschwerdefall den Mietzins entsprechend höher bemessen hätten, wäre nicht die Vermieterin durch den Vertrag von ihrer gesetzlichen Pflicht, das "Bestandstück auf eigene Kosten in brauchbarem Zustand zu ... erhalten" (§1096 ABGB), entbunden worden. Da dies jedoch geschehen sei, zeige sich, daß die Aufwendungen der beschwerdeführenden Partei für die laufenden Instandhaltungskosten wirtschaftlich ersparten Mietzins darstellt. Unter diesen Umständen sei es in wirtschaftlicher Betrachtungsweise (§21 Abs1 BAO) und auch zur Vermeidung sachlich nicht gerechtfertigter Differenzierungen geboten, diesen Instandhaltungsaufwand den an die Vermieterin gezahlten Mietzinsen bei der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung gleichzusetzen.
2. Gegen den erwähnten Berufungsbescheid vom 14. Juni 1977 wendet sich auch die vorliegende, an den VfGH gerichtete, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde. Darin wird die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Gleichheitsgrundsatzes behauptet. Die beschwerdeführende Gesellschaft wendet sich nicht gegen die Höhe der Hinzurechnungsbeträge, sondern nur gegen die Hinzurechnungen gemäß §7 Z8 und §12 Abs2 Z2 GewStG dem Grunde nach. Die die Hinzurechnung bewirkende Bestimmung des §2 Z1 GewStG sei gleichheitswidrig.
Die beschwerdeführende Gesellschaft beantragt, den angefochtenen Bescheid kostenpflichtig aufzuheben.
II. Der VfGH hat erwogen:
1. a) Der Gleichheitssatz ist grundsätzlich auch juristischen Personen gegenüber, die den Sitz im Inland haben, zu beachten (vgl. zB VfSlg. 7380/1974 und 8233/1978, S 18).
Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Gleichheitsrechtes kann nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH (zB VfSlg. 8823/1980) nur vorliegen, wenn der angefochtene Bescheid auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn die Behörde der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie bei Erlassung des Bescheides Willkür geübt hat.
b) Gemäß §1 Abs1 GewStG unterliegt der Gewerbesteuer jeder stehende Gewerbebetrieb, soweit er im Inland betrieben wird.
Dem §2 Z1 leg. cit. zufolge sind von der Gewerbesteuer unter anderem die ÖBB befreit.
Gemäß §5 Abs1 sind Besteuerungsgrundlagen für die Gewerbesteuer der Gewerbeertrag und das Gewerbekapital. Die Höhe des Gewerbeertrages bestimmt sich nach den §§6 bis 10; das Gewerbekapital ist nach den Vorschriften der §§12 und 13 zu ermitteln.
Gemäß §6 Abs1 ist Gewerbeertrag der Gewinn aus dem Gewerbebetrieb, der nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes oder des Körperschaftsteuergesetzes zu ermitteln ist, vermehrt und vermindert um die in den §§7 bis 9 bezeichneten Beträge.
§7 lautet auszugsweise:
"Dem Gewinn aus Gewerbebetrieb (§6) werden folgende Beträge wieder hinzugerechnet, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinnes abgesetzt sind:
1. ...
8. die Hälfte der Miet- und Pachtzinse für die Benutzung der nicht in Grundbesitz bestehenden Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die im Eigentum eines anderen stehen. Das gilt nicht, soweit die Miet- oder Pachtzinse beim Empfänger zur Steuer nach dem Gewerbeertrag heranzuziehen sind;
9. ..."
Der mit "Begriff des Gewerbekapitals" überschriebene §12 GewStG hat folgenden Wortlaut:
"(1) Als Gewerbekapital gilt der Einheitswert des gewerblichen Betriebes iS des Bewertungsgesetzes mit den aus den Abs2 bis 4 sich ergebenden Änderungen.
(2) Dem Einheitswert des gewerblichen Betriebes werden folgende Beträge wieder hinzugerechnet, soweit sie bei der Feststellung des Einheitswertes abgezogen sind:
1. ...
2. die Werte (Teilwerte) der nicht in Grundbesitz bestehenden Wirtschaftsgüter, die dem Betrieb dienen, aber im Eigentum eines Mitunternehmers oder eines Dritten stehen, es sei denn, daß sie zum Gewerbekapital des Überlassenden gehören.
(3) ..."
c) Die beschwerdeführende Gesellschaft trägt folgende Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des §7 Z8 und des §12 Abs2 Z2, jeweils iVm §2 Z1 GewStG vor und regt an, von Amts wegen ein Gesetzesprüfungsverfahren einzuleiten.
Die persönliche Befreiung der ÖBB von der Gewerbesteuer könne nicht dazu führen, daß ein Dritter, welcher mit dem Befreiten in Rechtsbeziehungen tritt, anders behandelt und einer besonderen Besteuerung unterworfen wird, als wenn er in Rechtsbeziehung zu einem anderen träte, welcher nicht persönlich befreit ist. Die persönliche Befreiung der ÖBB von der Gewerbesteuer verstoße zumindest insoweit gegen den Gleichheitsgrundsatz, als die ÖBB außerhalb ihres eigentlichen Geschäftsbetriebes als Monopolunternehmen sich auch - wie im gegenständlichen Fall - in Geschäftszweigen betätigt, in welchen sie in Konkurrenz zu anderen tritt. Kesselwagen würden nicht bloß durch die ÖBB, sondern auch durch eine Reihe anderer Unternehmungen vermietet. Die ÖBB genössen sohin durch den Umstand, daß sie in Ansehung der zur Vermietung gelangenden Kesselwagen von der Gewerbesteuer befreit sind, einen aus §2 Z1 GewStG resultierenden Wettbewerbsvorteil.
Läge die subjektive Gewerbesteuerbefreiung der ÖBB nicht vor, so wäre die beschwerdeführende Gesellschaft nicht zur Hinzurechnung gemäß §7 Z8 und §12 Abs2 Z2 GewStG verpflichtet worden.
d) Wie der VfGH in dem in einem Gesetzesprüfungsverfahren ergangenen Erk. VfSlg. 5749/1968 dargetan hat, sind die Hinzurechnungsvorschriften des §7 Z8 und §12 Abs2 Z2 GewStG im Hinblick auf den Objektsteuercharakter der Gewerbesteuer sachlich gerechtfertigt. In diesem Erk. wird ferner festgehalten, die im zweiten Satz des §7 Z8 liegende Ausnahme von der Hinzurechnungsvorschrift sei damit sachlich zu rechtfertigen, daß die Miet- und Pachtzinse nur einmal - nicht zweimal - als für die Höhe der Gewerbesteuer maßgeblicher Ertrag in Rechnung gestellt werden sollen.
In dem das damalige Gesetzesprüfungsverfahren von Amts wegen einleitenden Beschluß hatte der VfGH auch ausgeführt, es scheine mit dem Gleichheitsgebot nicht vereinbar zu sein, wenn die Gewerbesteuer nach dem Ertrag von außerhalb der Einflußsphäre des Steuerpflichtigen gelegenen Umständen abhängig gemacht wird. Der VfGH hat aber mit dem zitierten Erk. festgestellt, daß auch diese Bedenken nicht zutreffen.
In diesem Erk. wird dargetan, daß die im Einleitungsbeschluß geäußerten, gleichartigen Bedenken gegen §12 Abs2 Z2 GewStG ebenfalls nicht aufrechtzuhalten sind.
Die von der beschwerdeführenden Gesellschaft gegen §7 Z8 und §12 Abs2 Z2 GewStG vorgebrachten Bedenken hat der VfGH sohin bereits mit Erk. VfSlg. 5749/1968 als nicht zutreffend festgestellt. An diese, in einem Gesetzesprüfungsverfahren ausgesprochene Ansicht ist der Gerichtshof infolge Eintrittes der Rechtskraft gebunden. Eine neuerliche Auseinandersetzung mit denselben Bedenken ist daher ausgeschlossen (vgl. VfSlg. 5872/1968).
Andere Bedenken gegen die beiden Rechtsvorschriften sind aus Anlaß dieses Beschwerdefalles beim VfGH nicht entstanden.
Im Hinblick darauf, daß diese Bestimmungen dem Gleichheitsgebot entsprechen, erübrigt es sich, auf das Vorbringen der beschwerdeführenden Gesellschaft zu §2 GewStG einzugehen.
e) Der VfGH hat sohin nicht das Bedenken, daß die den angefochtenen Bescheid tragenden Rechtsvorschriften dem Gleichheitsgebot widersprechen.
Anhaltspunkte dafür, daß die belangte Behörde Willkür geübt hat, hat das Verfahren nicht ergeben. Derartiges behauptet im übrigen die beschwerdeführende Gesellschaft selbst nicht.
Sie ist sohin im Gleichheitsrecht nicht verletzt worden.
2. Der bekämpfte Bescheid betrifft die Festsetzung von Steuern. Er greift daher in das Eigentumsrecht der beschwerdeführenden Gesellschaft ein. Dieser Eingriff wäre - bei der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der Rechtsgrundlagen des angefochtenen Bescheides - nur dann verfassungswidrig, wenn die Behörde das Gesetz in denkunmöglicher Weise angewendet hätte, ein Fall, der nur dann vorläge, wenn die Behörde einen so schweren Fehler begangen hätte, daß dieser mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen wäre (vgl. zB VfSlg. 8266/1978).
Derartiges hat das Verfahren aber nicht ergeben.
Im besonderen ist festzuhalten, daß der VwGH mit Erk. vom 15. März 1978, Z 615/77 und 2129/1977 (s.o. I.1.b), die erfolgten Hinzurechnungen wegen der fehlenden Gewerbesteuerpflicht der ÖBB und die Wertung der von der beschwerdeführenden Gesellschaft übernommenen Reparaturkosten als Mietzinse als gesetzmäßig beurteilt hat. Der VfGH geht von dieser Auffassung des VwGH aus. Es ist offenkundig ausgeschlossen, daß der in dieser Hinsicht vom VwGH als gesetzmäßige beurteilte, im übrigen aber jedenfalls denkmögliche Vollzug eines verfassungsrechtlich unbedenklichen Gesetzes die beschwerdeführende Gesellschaft im Eigentumsrecht verletzt hat (vgl. VfSlg. 8702/1979).
3. Das Verfahren hat auch nicht ergeben, daß die beschwerdeführende Gesellschaft in anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in einem Recht verletzt wurde (s.o. II.1.d).
Die Beschwerde war daher abzuweisen.
Schlagworte
GewerbesteuerEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1981:B355.1977Dokumentnummer
JFT_10189297_77B00355_00