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74 Kirchen, ReligionsgemeinschaftenNorm
B-VG Art144 Abs1 / BescheidLeitsatz
Art144 Abs1 B-VG; Zurückweisung eines Einspruches gegen die Vorschreibung von Kirchenbeiträgen durch die Finanzkammer der Erzdiözese Wien - kein Bescheid einer Verwaltungsbehörde iS dieses ArtikelsSpruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
I.1. Die Finanzkammer der Erzdiözese Wien, Abteilung Kirchenbeitrag, richtete folgendes, mit 15. Mai 1981 datiertes Schreiben an den Erstbeschwerdeführer:
"Sehr geehrter Herr Doktor!
Die Kirchenbeitragstelle Floridsdorf hat uns Ihren Einspruch vom 2. Februar 1981 gegen den Kirchenbeitragsbescheid vom 19. Jänner 1981 übergeben.
Wir entschuldigen uns für die späte Erledigung und teilen Ihnen folgendes mit:
Wie aus der amtlichen Haushaltsliste vom 10. Oktober 1979 hervorgeht, sind Sie und Ihre Gattin in 1210 Wien, F-platz 6/1/27, ordnungsgemäß eingetragen. Aufgrund dieser Tatsache ist die Beitragstelle Floridsdorf für Ihre Kirchenbeitragsangelegenheit zuständig.
Laut §7 der geltenden Kirchenbeitragsordnung sind ohne Rücksicht auf die Staatszugehörigkeit die Angehörigen der katholischen Kirche in ihren verschiedenen Riten, die im Bereich der Diözese einen Wohnsitz oder mangels eines solchen ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, kirchenbeitragspflichtig.
Die Kirchenbeitragsordnung wurde durch das Bundesministerium für Unterricht mit Bescheid vom 27. April 1972, Zl. 600.841-Ka/71, zur Kenntnis genommen. Die Beitragsordnung ist daher auch im staatlichen Bereich rechtswirksam.
Da Sie, verehrter Herr Doktor, iS der Beitragsordnung §18 Abs2 die nötigen Einkommensunterlagen zur Beitragsneufestsetzung nicht übermittelt haben, müssen wir Ihren Einspruch gegen den Kirchenbeitragsbescheid zurückweisen.
Wir bitten Sie, Ihrer zuständigen Kirchenbeitragstelle bis spätestens 30. Mai 1981 folgende Unterlagen in Kopie zu übermitteln:
Steuerbescheid 1979 für Beitragsbemessung 1980.
Von Ihrer Gattin: Je einen Gehaltsnachweis von 1979 und 1980.
Aus formalen Gründen müssen wir darauf hinweisen, daß bei Nichtvorlage der genannten Belege Ihr Einspruch als zurückgenommen gilt. Der Beitragsakt müßte in diesem Fall zur weiteren Betreibung an die Abteilung für Mahnwesen weitergeleitet werden.
Abschließend danken wir Ihnen für Ihre Bemühungen im Zusammenhang mit der Regelung Ihres Kirchenbeitrages und verbleiben
mit freundlichen Grüßen ..."
2. Gegen dieses von den Beschwerdeführern als Bescheid gewertete Schreiben wendet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde wegen Verletzung näher bezeichneter verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte. Die Beschwerdeführer beantragen die kostenpflichtige Aufhebung der angefochtenen Erledigung, allenfalls die Abtretung der Beschwerde an den VwGH.
II. Der VfGH hat erwogen:
1. Gemäß Art144 Abs1 B-VG erkennt der VfGH über Beschwerden gegen Bescheide der Verwaltungsbehörden, soweit der Beschwerdeführer durch den Bescheid in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet.
2. Nach dem Gesetz über die Erhebung von Kirchenbeiträgen im Lande Österreich vom 28. April 1939, GBlÖ 543/1939, und der zur Durchführung und Ergänzung dieses Gesetzes erlassenen Verordnung GBlÖ 718/1939 (die gemäß dem Rechts-Überleitungsgesetz StGBl. 6/1945 als österreichische Rechtsvorschriften in Geltung gesetzt worden sind und gemäß ArtII Abs4 des Vermögensvertrages zwischen dem Heiligen Stuhl und der Republik Österreich zur Regelung von vermögensrechtlichen Beziehungen BGBl. 195/1960 weiterhin geltendes Recht sind: vgl. VfSlg. 5007/1965, S 332 f.) werden die Kirchenbeiträge von näher bezeichneten Stellen der katholischen Kirche, der evangelischen Kirche A. und H. B. und der altkatholischen Kirche festgesetzt und erhoben. Gemäß §3 Abs1 des Gesetzes ist für die Geltendmachung des Anspruches auf Kirchenbeiträge der Rechtsweg zulässig. Der VfGH hat schon im Erk. VfSlg. 3039/1956 S 304 ausgeführt, den die Kirchenbeiträge vorschreibenden Organen stehe kein Imperium zu, es sei den kirchlichen Organen verwehrt, über die Beitragspflicht in einer der Rechtskraft fähigen Weise zu entscheiden; die Kirchenbeitragsschuldigkeiten seien vielmehr dadurch als zivilrechtliche Verpflichtungen qualifiziert, daß das Gesetz die Entscheidung über Kirchenbeitragsstreitigkeiten den Gerichten zuweise. Auch der OGH vertritt unter Hinweis auf diese Entscheidung des VfGH die Rechtsauffassung, daß die Kirchenbeitragsschulden zivilrechtliche Verpflichtungen seien (vgl. OGH 27. 2. 1964 6 Ob 302/63, EvBl. 379/1964).
Bei der angefochtenen Erledigung handelt es sich somit nicht um den Bescheid einer Verwaltungsbehörde iS des Art144 B-VG.
3. Die gegen die angefochtene Erledigung gerichtete Beschwerde war daher wegen Nichtzuständigkeit des VfGH zurückzuweisen.
4. Der Antrag auf Abtretung der Beschwerde an den VwGH war abzuweisen, da eine solche Abtretung der Beschwerde gemäß Art144 Abs3 B-VG idF BGBl. 350/1981 nur für den Fall vorgesehen ist, daß der VfGH in der Sache selbst ein abweisendes Erk. fällt, nicht aber für den Fall der Zurückweisung der Beschwerde aus einem formalrechtlichen Grund.
Schlagworte
Bescheidbegriff, Privatwirtschaftsakt, Kultusrecht, KirchenbeiträgeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1981:B265.1981Dokumentnummer
JFT_10188999_81B00265_00