TE Vfgh Erkenntnis 2006/6/6 V6/06

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Veröffentlicht am 06.06.2006
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Index

90 Straßenverkehrsrecht, Kraftfahrrecht
90/01 Straßenverkehrsordnung 1960

Norm

B-VG Art18 Abs2
B-VG Art139 Abs1 / Präjudizialität
GeschwindigkeitsbeschränkungsV der Stadt Wiener Neustadt vom 22.10.03. Zl 4/VA/-602-03, betr Erklärung bestimmter Gebiete zu 30 km/h-Zonen
StVO 1960 §43 Abs1 litb Z1

Leitsatz

Keine Gesetzwidrigkeit der Erlassung einer 30 km/h-Zone in Wiener Neustadt; ausreichendes Ermittlungsverfahren sowie Interessenabwägung; Erforderlichkeit der Verkehrsbeschränkung für die Sicherheit von Personen, keine Verkehrsbeeinträchtigung

Spruch

I. Der Antrag wird, soweit er sich nicht auf Punkt 4. der Verordnung bezieht, zurückgewiesen.

II. Soweit sich der Antrag auf Punkt 4. bezieht, wird er abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Der Magistrat der Stadt Wiener Neustadt hat am 22. Oktober 2003 eine Verordnung, Zl. 4/VA-602-03, mit folgendem Inhalt erlassen:

"Verordnung

Gemäß den Bestimmungen des §43 Abs1 litb Z. 1 der Straßenverkehrsordnung 1960 werden folgende Gebiete zu 30 km/h-Zonen erklärt:

1. Josefstadt:

Die innerhalb der Fischauer Gasse, Pottendorferlinie, Badener Straße, Platz der Menschenrechte und Wiener Straße gelegenen Straßenzüge. Ausgenommen hievon wird die Pernerstorferstraße im Abschnitt Bauergasse - Äußere Bahnzeile.

2. Flugfeld:

Die innerhalb des Flugfeldgürtels, Südbahnlinie, Fischauer Gasse gelegenen Straßenzüge. Ausgenommen hievon werden die Dr. Eckener-Gasse im Abschnitt Fischauer Gasse - Fliegergasse und Fliegergasse im Abschnitt Dr. Eckener-Gasse - Wöllersdorfer Straße.

3. Breitenauersiedlung:

Die innerhalb der Günser Straße, Aspanger Zeile, Neunkirchener Straße, Waldschulgasse und Molkereistraße gelegenen Straßenzüge. Ausgenommen hievon wird die Grandlgasse im Abschnitt Günser Straße - Erlacher Gasse und die Hardlgasse im Abschnitt Aspanger Zeile - Franz Kober-Gasse.

4. Zehnerviertel:

Die innerhalb der Fischauer Gasse, Zehnergürtel, Puchberger Straße, Südbahnlinie gelegenen Straßenzüge. Ausgenommen hievon wird die Muthmannsdorfer Gasse, Willendorfer Gasse im Abschnitt Muthmannsdorfer Gasse - westl. Einfahrt der Liegenschaft Willendorfer Gasse 34, Zehnergasse und Wohlfahrtgasse im Abschnitt Fischauer Gasse bis 100,00 m südl. der Obstgasse.

5. Fischelkolonie:

Die innerhalb der Puchberger Straße, Südbahnlinie, Schneebergbahn und Ortsgrenze (Westen) gelegenen Straßenzüge. Ausgenommen hievon wird die Haidbrunngasse im Abschnitt Südbahngasse - Zulingergasse und Südbahngasse im Abschnitt Eisenbahnkreuzung Schneebergbahn bis 60,00 m westlich der Haidbrunngasse.

6. Musikantenviertel:

Die innerhalb der W.A. Mozart-Gasse, An der hohen Brücke, Lorenzgasse, Kehrbach und Wiener Neustädter Kanal gelegenen Straßenzüge. Ausgenommen hievon wird die Lazarettgasse im Abschnitt

An der hohen Brücke - Johann Wilhelm Ganglberger-Gasse.

7. Innenstadt:

Die innerhalb der Grazer Straße, Südtiroler Platz, Maria Theresien-Ring, Ferd. Porsche-Ring, Babenbergerring, Baumkirchnerring und Eyerspergring gelegenen Straßenzüge.

8. Badenersiedlung:

Die innerhalb der Badener Straße, Ortsgrenze (Norden) und Sübahnlinie gelegenen Straßenzüge.

9. Fischabachsiedlung:

Die innerhalb der Fischauer Gasse im Abschnitt Ortsgrenze (Westen) - Zehnergürtel, Zehnergürtel und Brunner Straße gelegenen Straßenzüge.

10. Viertel unmittelbar westlich der Neunkirchner Straße:

Die innerhalb westl. der Neunkirchner Straße, südl. des Maria Theresien-Ringes; östl. der Südbahnlinie und nordöstl. der Südbahngasse gelegenen Straßenzüge.

11. Viertel unmittelbar südlich der Brunner Straße:

Die innerhalb der Anemonenseestraße, Ortsgrenze (Westen), Puchberger Straße (B 26), Schneebergbahn gelegenen Straßenzüge. Ausgenommen hievon wird der Zehnergürtel im Abschnitt Puchberger Straße (B 26) - Schneebergbahn.

12. Viertel unmittelbar südlich der Pottendorfer Straße bzw. nördlich der Ungargasse:

Die innerhalb der Pottendorfer Straße (B 60), Stadionstraße, Lorenzgasse, An der hohen Brücke, Wiener Neustädter Kanal, Am Triangl bis zur nordöstl. Ortsgrenze, Ortsgrenze (Osten), Neudörfler Straße (B 53), Ungargasse und Grazer Straße gelegenen Straßenzüge. Ausgenommen wird die Salzermühlgasse (Sackgasse) nächst der Pottendorfer Straße, Anna Rieger Gasse, Lokomotivstraße (Sackgasse) nächst der Stadionstraße, Giltschwertgasse im Abschnitt Grazer Straße - Stadionstraße; Kaiserbrunngasse im Abschnitt Grazer Straße - Blumengasse, Zemendorfer Gasse im Abschnitt Blumengasse - Franz Brodinger-Gasse, Corvinusring im Abschnitt Ungargasse - Am Kanal, Salzermühlgasse (Sackgasse) nächst Giltschwertgasse und Altabachgasse, Nestroystraße, Gartengasse, Schwimmbadgasse und Schelmergasse im Abschnitt Neudörfler Straße - Nestroystraße.

13. Döttelbachsiedlung:

Die innerhalb südöstl. des Wiener Neustädter Kanals, Am Schafflerhof, Ortsgrenze (Osten), Haderäckerweg, Am Triangl bis nördl. des Wiener Neustädter Kanals und nordöstl. der Schelmergasse im Abschnitt Am Triangl - Nestroystraße gelegenen Straßenzüge. Ausgenommen hievon wird die Pottendorfer Straße (B 60), Sandgasse, Schottergasse, Zwerggasse, Möhringgasse sowie die im o.a. Gebiet gelegenen unbenannten Verkehrsflächen.

14. Viertel unmittelbar südlich der Neudörfler Straße:

Die innerhalb der Neudörfler Straße, Ortsgrenze (Osten und Süden) und Hinter der Zeiselmauer gelegenen Straßenzüge. Ausgenommen hievon wird die Leithakoloniestraße im Abschnitt 40,00 m südlich der Leithamühlgasse bis zur Ortsgrenze (Süden) sowie die im o.a. Gebiet gelegenen unbenannten Verkehrsflächen.

15. Heideansiedlung:

Die innerhalb der Gutensteiner Straße, Blätterstraße und südwestliche Ortsgrenze sowie südöstlich der Blätterstraße gelegenen benannten Straßenzüge im Ortsgebiet.

16. Porscheviertel:

Die innerhalb der Stadionstraße, Pottendorfer Straße (B 60), Wiener Neustädter Kanal und Kehrbach gelegenen Straßenzüge.

17. Viertel unmittelbar nördlich der Pottendorfer Straße:

Die innerhalb der Stadionstraße, Wiener Straße (B 17), Pottendorferlinie, Wiener Neustädter Kanal gelegenen Straßenzüge. Ausgenommen hievon wird die Lagergasse im Abschnitt Stadionstraße - Volksbadgasse.

18. Viertel unmittelbar südlich der Fischauer Gasse:

Die innerhalb der Fischauer Gasse (B 21), Grazer Straße, Eyerspergring, Baumkirchnerring, Babenbergerring, Kollonitschgasse und Südbahnlinie gelegenen Straßenzüge. Ausgenommen hievon wird die Raugasse.

19. Viertel unmittelbar östl. der Neunkirchner Straße:

Die innerhalb der Neunkirchner Straße, Günser Straße und Aspanger Zeile gelegenen Straßenzüge. Ausgenommen hievon wird die Marktgasse und Gymelsdorfer Gasse im Abschnitt Marktgasse - Aspanger Zeile.

Die Kundmachung dieser Verordnung hat durch Aufstellung von Vorschriftszeichen gem. §42 Z. 11 a und 11 b StVO 1960 (Zonenbeschränkung und Ende der Zonenbeschränkung) zu erfolgen."

2. Beim Unabhängigen Verwaltungssenat im Land Niederösterreich, Außenstelle Wiener Neustadt, (im Folgenden: UVS) ist eine Berufung gegen ein Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wiener Neustadt vom 15. November 2004 anhängig. Die Berufungswerberin wurde schuldig erkannt, am 20. Dezember 2003 um 10.44 Uhr in Wiener Neustadt, Brunner Straße 94, als Lenkerin eines PKW die Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h überschritten und dadurch die Verwaltungsübertretung des §52 lita Z11a StVO 1960 begangen zu haben.

3. Aus Anlass dieses Berufungsverfahrens entstanden beim UVS Zweifel ob der Gesetzmäßigkeit der vorliegenden Verordnung, weshalb er gemäß Art129a Abs3 iVm. Art89 Abs2 B-VG den beim Verfassungsgerichtshof zu V6/06 protokollierten Antrag stellte. Begründend wird ausgeführt, dass einer Stellungnahme des Magistrats der Stadt Wiener Neustadt zu entnehmen sei, dass das Verkehrskonzept lediglich auf politischen Entscheidungen beruhe und ein Ermittlungsverfahren vor Erlassung der Verordnung nicht durchgeführt worden sei. Auch habe eine nochmalige telefonische Nachfrage ergeben, dass ein Verordnungsakt hinsichtlich eines Ermittlungsverfahrens beim Magistrat der Stadt Wiener Neustadt nicht existiere. Darüber hinaus sei die gebotene Interessenabwägung nicht erfolgt.

4. Der Magistrat der Stadt Wiener Neustadt legte die Verordnungsakten vor und erstattete eine Äußerung, in der er den Ausführungen des UVS entgegentritt.

5. Die Niederösterreichische Landesregierung erstattete keine Äußerung.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat zur Zulässigkeit erwogen:

1. Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung den antragstellenden UVS an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieser Behörde in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag iSd. Art139 B-VG nur dann wegen mangelnder Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die - angefochtene - generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden UVS im Anlassfall bildet (vgl. etwa VfSlg. 14.464/1996, 15.293/1998, 16.632/2002, 16.925/2003).

2. Der UVS begehrt in seinem Antrag, die gesamte Verordnung des Magistrats der Stadt Wiener Neustadt vom 22. Oktober 2003 aufzuheben. Aus dem Antragsvorbringen geht jedoch hinreichend deutlich hervor, dass er bei der Entscheidung über die Berufung gegen das angefochtene Straferkenntnis nicht die gesamte Verordnung, sondern lediglich deren Punkt 4. anzuwenden hat. Da sohin nur dieser Teil der angefochtenen Verordnung für seine Entscheidung präjudiziell ist, ist der Antrag, soweit er sich gegen die gesamte Verordnung richtet, iSd. Art139 Abs1 B-VG unzulässig. Er ist somit insoweit zurückzuweisen.

3. Da hinsichtlich des Punktes 4. der angefochtenen Verordnung die übrigen Prozessvoraussetzungen vorliegen, ist das Verordnungsprüfungsverfahren diesbezüglich gemäß Art139 Abs1 B-VG und Art129a Abs3 iVm. Art89 Abs2 und 3 B-VG zulässig.

III. Der Verfassungsgerichtshof hat in der Sache erwogen:

1. Nach der ständigen Rechtsprechung ist der Verfassungsgerichtshof in einem auf Antrag eingeleiteten Normprüfungsverfahren an die im Antrag aufgeworfenen Bedenken gebunden, sodass er ausschließlich beurteilt, ob die angefochtenen Bestimmungen aus den in der Begründung des Antrags dargelegten Gründen gesetz- bzw. verfassungswidrig sind (vgl. zB VfSlg. 12.691/1991, 12.947/1991, 13.471/1993, 13.704/1994, 14.050/1995, 14.466/1996).

2. Wenn der UVS vorbringt, es habe nach den ihm vom Magistrat der Stadt Wiener Neustadt erteilten Informationen kein Ermittlungsverfahren stattgefunden bzw. es existiere kein Verordnungsakt hinsichtlich eines Ermittlungsverfahrens, ist darauf hinzuweisen, dass der Magistrat der Stadt Wiener Neustadt auf Aufforderung durch den Verfassungsgerichtshof den Verordnungsakt, aus dem sich eindeutig die Durchführung eines Ermittlungsverfahrens ergibt, vorgelegt hat.

Die Geschwindigkeitsbeschränkung in der Brunner Straße beruht auf dem "Gesamtverkehrskonzept Wiener Neustadt". Bereits vor Erlassung der Verordnung wurde eine Verkehrsuntersuchung des Planungsbüros Straße-Verkehr-Umwelt in Auftrag gegeben, dem Gesamtverkehrskonzept liegt ein verkehrstechnisches Gutachten zugrunde.

Unter Beiziehung der Vertreter aller politischen Parteien in Wiener Neustadt, den zuständigen Verwaltungsbeamten und Vertretern der Bundespolizeidirektion Wiener Neustadt, des Roten Kreuzes, der Freiwilligen Feuerwehr, Autofahrerclubs, dem Radfahrerclub, Verkehrsunternehmen, der Handelskammer und der Arbeiterkammer wurde ein begleitender Verkehrsbeirat eingerichtet, dessen Aufgabe darin bestand, die einzelnen Planungsmaßnahmen und ihre Auswirkungen sowie die berührten Interessen einzelner Gruppen zu diskutieren bzw. zu bewerten. Daneben wurden in drei Projektgruppen (öffentlicher Verkehr, nicht motorisierter Verkehr, motorisierter Verkehr) diverse Verkehrsberuhigungsmaßnahmen diskutiert.

Der Verfassungsgerichtshof kann daher nicht erkennen, inwiefern der Magistrat der Stadt Wiener Neustadt die Durchführung eines Ermittlungsverfahrens unterlassen haben soll.

3. Auch das Bedenken, es sei keine Interessenabwägung iSd.

§43 StVO 1960 vorgenommen worden, trifft nicht zu:

3.1. §43 Abs1 litb Z1 StVO 1960 sieht die Erlassung dauernder oder vorübergehender Verkehrsbeschränkungen oder Verkehrsverbote für bestimmte Straßen oder Straßenstrecken oder für Straßen innerhalb eines bestimmten Gebietes durch Verordnung vor, wenn und insoweit es die Sicherheit, Leichtigkeit oder Flüssigkeit des sich bewegenden oder die Ordnung des ruhenden Verkehrs, die Lage, Widmung, Pflege, Reinigung oder Beschaffenheit eines an der Straße gelegenen Gebäudes oder Gebietes oder wenn und insoweit es die Sicherheit eines Gebäudes oder Gebietes und/oder der Personen, die sich dort aufhalten, erfordert.

Wie in den Erkenntnissen des Verfassungsgerichtshofes VfSlg. 8984/1980 und 9721/1983 ausgeführt wurde, sind bei Prüfung der Erforderlichkeit einer Verordnung nach §43 StVO 1960 die bei der bestimmten Straße oder Straßenstrecke, für welche die Verordnung erlassen werden soll, anzutreffenden, für den spezifischen Inhalt der betreffenden Verordnung relevanten Umstände, mit jenen Umständen zu vergleichen, die für eine nicht unbedeutende Anzahl anderer Straßen zutreffen (vgl. auch VfSlg. 13.371/1993, 14.051/1995, 15.643/1999, 16.016/2000, 16.805/2003). Der Verfassungsgerichtshof geht sohin davon aus, dass die Behörde bei Anwendung der vom Gesetzgeber mit unbestimmten Begriffen umschriebenen Voraussetzungen für die Erlassung von Verkehrsbeschränkungen oder -verboten durch Verordnung einen Vergleich der Verkehrs- und Umweltverhältnisse anzustellen hat:

Die betreffenden Verhältnisse an den Straßenstrecken, für welche eine Geschwindigkeitsbeschränkung in Betracht gezogen wird, müssen derart beschaffen sein, dass sie gegenüber anderen Straßen eine solche gebieten.

Die Behörde hat daher vor Erlassung einer Verordnung gemäß §43 StVO 1960 die im Einzelnen umschriebenen Interessen an der Verkehrsbeschränkung mit dem Interesse an der ungehinderten Benützung der Straße abzuwägen und dabei die (tatsächliche) Bedeutung des Straßenzuges zu berücksichtigen (vgl. VfSlg. 9089/1981, 12.944/1991, 13.449/1993, 13.482/1993). Diese Interessenabwägung erfordert sowohl die nähere sachverhaltsmäßige Klärung der Gefahren oder Belästigungen für Bevölkerung und Umwelt, vor denen die Verkehrsbeschränkung schützen soll, als auch eine Untersuchung der Verkehrsbeziehungen und der Verkehrserfordernisse durch ein entsprechendes Anhörungs- und Ermittlungsverfahren (vgl. VfSlg. 12.485/1990, 16.805/2003).

3.2. Nach der Aktenlage handelt es sich bei der Brunner Straße um eine Nebenstraße mit einer Verkehrsbelastung von rund 4500 Kfz/Tag. Entlang der Straße befinden sich Wohnhäuser, eine Kirche und zwei Betriebe. In den Jahren 1995 bis 1999 - vor Erlassung der 30 km/h-Geschwindigkeitsbeschränkung - wurden von der Bundespolizeidirektion Wiener Neustadt auf dieser Strecke 33 Unfälle registriert. Nach Umsetzung der 30 km/h-Beschränkung verringerte sich das Unfallgeschehen laut Verordnungsakt in den Jahren 2004 und 2005 auf 6 Unfälle. Die Verordnung wurde ua. zur Fernhaltung von Belästigungen der Bevölkerung erlassen, zumal von Anrainern sowie von Gewerbetreibenden der Brunner Straße gefordert wurde, entsprechende verkehrsbeschränkende Maßnahmen zu verordnen.

Die Geschwindigkeitsbeschränkung betreffend die Brunner Straße wurde aufgrund der Studie "Mobilitätsuntersuchung Zehnerviertel" als geeignet und erforderlich angesehen, um die Sicherheit der Personen, die sich dort aufhalten, zu gewährleisten. Im Rahmen von zwei Bürgerversammlungen am 18. Mai 1999 und am 25. Februar 2000 wurden die Ergebnisse dieser Studie mit den Anrainern und einem Vertreter der Wirtschaftskammer diskutiert. Als Ergebnis wurde festgehalten, dass die Beeinträchtigung als geringfügig zu erachten sei, zumal die

30 km/h-Geschwindigkeitsbeschränkung für einen Straßenabschnitt von lediglich 500m erlassen wurde und Fahrzeitverluste weniger als 30 Sekunden betragen. Eine Beeinträchtigung der Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs war nicht zu erwarten.

Nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes hat der Magistrat der Stadt Wiener Neustadt somit auch eine hinreichende Interessensabwägung iSd. §43 Abs1 litb Z1 StVO 1960 vorgenommen.

4. Der Antrag war daher hinsichtlich des Punktes 4. der angefochtenen Verordnung abzuweisen.

5. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Schlagworte

Straßenpolizei, Geschwindigkeitsbeschränkung, Verordnungserlassung, Verfahren, VfGH / Präjudizialität, VfGH / Prüfungsumfang

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2006:V6.2006

Dokumentnummer

JFT_09939394_06V00006_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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