TE Vfgh Erkenntnis 1981/10/2 B44/79, B45/79

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Veröffentlicht am 02.10.1981
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Index

L7 Wirtschaftsrecht
L7060 Film, Kino, Lichtspiel

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art18 Abs2
Oö BildvorführerV 1955
Oö KinoG §3
Oö KinoG §4

Leitsatz

Oö. Kinogesetz; keine Bedenken gegen §§3 und 4

Spruch

Die Beschwerden werden abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Beschwerdeführer haben am 9. Jänner 1978 bei der Oö. Landesregierung beantragt, ihnen gemäß §1 Abs1 des Oö. Kinogesetzes, LGBl. 34/1954 idF der Nov. LGBl. 53/1961 (Oö. KinoG), "im Standort Linz, H-straße 6, die Bewilligung zur erwerbsmäßigen Vorführung von Laufbildern (Schmalfilmen) zu erteilen, welche pornographische Darstellungen enthalten, die nicht zur harten Pornographie gehören, die also iS der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 6. 6. 1977, 13 Os 39/77, nicht gegen §1 PornG verstoßen".

Die Oö. Landesregierung hat mit Bescheiden vom 6. Dezember 1978 diesen Anträgen keine Folge gegeben, und zwar dem Antrag des Beschwerdeführers E. A. wegen des Fehlens der persönlichen Voraussetzungen gemäß §3 Abs1 litb (Verläßlichkeit) und litc (Befähigung) leg. cit., dem Antrag der Beschwerdeführerin M. A. nur wegen des Fehlens der persönlichen Voraussetzungen gemäß §3 Abs1 litc.

2. Gegen diese Bescheide wenden sich die vorliegenden, auf Art144 B-VG gestützten Beschwerden, in denen ausschließlich behauptet wird, die Beschwerdeführer seien durch die angefochtenen Bescheide in ihren Rechten verletzt, weil die Bescheide einerseits auf einem verfassungswidrigen Gesetz (Oö. KinoG) und andererseits auf einer gesetzwidrigen Verordnung (der Oö. Bildvorführerverordnung, LGBl. 29/1955) beruhten.

Die Beschwerdeführer regen an, von Amts wegen ein Gesetzes- und Verordnungsprüfungsverfahren durchzuführen, und beantragen, die angefochtenen Bescheide kostenpflichtig aufzuheben, hilfsweise die Beschwerden dem VwGH abzutreten.

II. Der VfGH hat erwogen:

1. Gemäß §1 Abs1 Oö. KinoG ist zur erwerbsmäßigen Vorführung von Laufbildern (Filmprojektionen und Fernsehbildprojektionen) eine bescheidmäßige Bewilligung der Landesregierung erforderlich. Diese Bestimmung schreibt sodann vor, welche Stellen vor Erteilung der Bewilligung zu hören sind, und daß die Bewilligung zu erteilen ist, wenn - neben der Erfüllung der sonstigen Vorschriften dieses Gesetzes - ein Lokalbedarf gegeben ist und wenn die Wettbewerbsverhältnisse durch die Erteilung nicht in untragbarer Weise beeinflußt werden.

§3 Oö. KinoG lautet:

"(1) Persönliche Voraussetzung für die Erteilung der Bewilligung (§1 Abs1) ist a) die Eigenberechtigung, b) die Verläßlichkeit, c) die Befähigung, d) die österreichische Staatsbürgerschaft des Bewerbers.

(2) Die Befähigung (Abs1 litc) ist gegeben, wenn der Bewerber die zur Bedienung von Bildwerferanlagen a) erforderliche körperliche Eignung durch Beibringung eines amtsärztlichen Zeugnisses nachweist, b) erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten besitzt.

(3) Die Feststellung, ob der Bewerber die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten besitzt (Abs2 litb), erfolgt durch eine Prüfung, der sich der Bewerber vor der in §4 näher bezeichneten Bildvorführerprüfungskommission zu unterziehen hat. Den Prüfungen vor dieser Kommission werden Prüfungen gleichgehalten, die vor auf gesetzlicher Grundlage gebildeten gleichartigen Kommissionen in anderen Bundesländern abgelegt worden sind. Den Prüfungen vor dieser Kommission werden außerdem solche Prüfungen gleichgehalten, die in der Zeit vom 13. März 1938 bis 27. April 1945 nach den damals geltenden Vorschriften in ihrem Wirkungsbereich abgelegt worden sind.

(4) Vom Erfordernis gemäß Abs1 litc kann ganz oder teilweise abgesehen werden, wenn überwiegende soziale Gründe vorliegen und die Sicherheit im Betrieb dadurch nicht beeinträchtigt wird. Vom Erfordernis gemäß Abs1 litd kann abgesehen werden, wenn überwiegende Gründe vorliegen."

§4 leg. cit. bestimmt:

"Die Bildvorführerprüfungskommission (§3 Abs3) wird beim Amt der Landesregierung errichtet. Sie besteht aus einem Vorsitzenden und zwei weiteren Mitgliedern, die von der Landesregierung bestellt werden. Bezüglich der Form und des Inhaltes der Tätigkeit der Bildvorführerprüfungskommission erläßt die Landesregierung nähere Vorschriften durch Verordnung."

2. a) Die Beschwerdeführer vermeinen, das Oö. KinoG verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz, der auch dem Gesetzgeber verbiete, Ungleiches gleich zu behandeln. Das Gesetz verlange nämlich für jede erwerbsmäßige Vorführung von Laufbildern eine behördliche Bewilligung, gleichgültig mit welchen Betriebsmitteln diese Vorführung erfolgt. So hätten etwa die Beschwerdeführer beabsichtigt, ausschließlich Schmalfilme des Formates "Super 8" zu verwenden, "die mit jedem herkömmlichen, fast in jeder Familie verwendeten Schmalfilmprojektor vorgeführt werden, zu dessen Bedienung keinerlei besondere Kenntnisse - abgesehen vom Studium der jeweiligen Betriebsanleitung - erforderlich seien". Eine derartige Vorführung sei vollkommen gefahrlos. Dennoch unterscheide das Gesetz nicht zwischen der erwerbsmäßigen Vorführung von Filmen mit Apparaten, mit deren Betrieb bestimmte Gefahren verbunden sind und für deren Bedienung bestimmte Kenntnisse erforderlich sind, und Geräten, bei denen dies nicht der Fall ist.

Das Oö. KinoG verstoße daher - und zwar zumindest in der Bestimmung des §3 Abs1 litc - gegen den Gleichheitsgrundsatz.

b) Zum anderen widerspreche - wie die Beschwerdeführer weiter ausführen - der letzte Satz des §4 Oö. KinoG gegen Art18 B-VG, da er eine unzulässige formalgesetzliche Delegation enthalte. Aus dem Gesetz sei nicht zu erkennen, nach welchen Gesichtspunkten der Verordnungsgeber die Form und den Inhalt der Tätigkeit der Bildvorführerprüfungskommission zu regeln habe.

c) Die behauptete Gesetzwidrigkeit der Oö. BildvorführerV begründen die Beschwerdeführer damit, daß sie ua. auf eine verfassungswidrige Gesetzesbestimmung, nämlich auf §4 Oö. KinoG, gestützt werde.

Zudem gründe sich die Verordnung aber auch auf §3 und §12 Abs1 leg. cit., wobei der dort gesteckte Rahmen nicht in gesetzmäßiger Weise ausgefüllt werde:

"Während nämlich §3 Abs3 Oö. Kinogesetz nur davon spricht, daß die Feststellung, ob der Bewerber die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten besitzt, durch eine Prüfung erfolgt, der sich der Bewerber vor der in §4 näher bezeichneten Bildvorführerprüfungskommission zu unterziehen hat, ordnet §1 Abs3 lite der zitierten Verordnung an, daß das Gesuch um Feststellung der Befähigung als Bildvorführer, falls die Bildvorführerprüfung nicht in Oberösterreich abgelegt worden ist, das Bildvorführerprüfungszeugnis (Filmvorführerprüfungszeugnis) enthalten muß. Das bedeutet also, daß - obwohl das vom Gesetz nicht angeordnet wird - nach der zitierten Verordnung der Feststellung der Befähigung als Bildvorführer eine Bildvorführerprüfung vorauszugehen hat, was vom Gesetz nicht vorgesehen ist. Die Verordnung ist daher ebenfalls gesetzwidrig."

3. All diese vorgetragenen Bedenken teilt der VfGH nicht:

a) Die Beschwerdeführer sind zwar damit im Recht, daß das Gleichheitsgebot auch den Gesetzgeber bindet und daß dem Gleichheitsgrundsatz das Gebot einer differenzierten Regelung wesentlich unterschiedlicher Sachverhalte immanent ist (vgl. zB VfSlg. 8435/1978). Ungleiches darf nicht unsachlicherweise gleich behandelt werden (vgl. zB VfSlg. 6410/1971).

Die Beschwerdeführer vergleichen aber Unvergleichbares. Eine gewerbsmäßig ausgeübte Tätigkeit kann nämlich von vornherein nicht einer im privaten Bereich ausgeübten Tätigkeit gegenübergestellt werden.

Bei der gewerbsmäßigen Vorführung von Filmen finden sich in der Regel zahlreiche Personen zusammen. Diese meist größere Ansammlung von Menschen birgt Gefahren, etwa bei einem Brand, in sich, die bei der Vorführung von Filmen im Familienkreis nicht gegeben sind. Es ist daher durchaus sachlich gerechtfertigt, zur Vermeidung dieser Gefahren, die gewerbsmäßige Vorführung von Filmen an eine behördliche Genehmigung zu binden, die ua. von einem Befähigungsnachweis abhängig gemacht wird. Allerdings erfordert es das Gleichheitsgebot, den Nachweis der Befähigung dann auf eine dem angestrebten Ziel der Gefahrenverhinderung adäquate Weise zu erleichtern, wenn die Filmvorführung ausschließlich mit sehr leicht bedienbaren und besonders sicheren Apparaten erfolgen soll. Die §§3 und 4 Oö. KinoG lassen eine derartige - verfassungskonforme - Auslegung zu und erlauben insbesondere, die Bildvorführerverordnung in diesem Sinne zu gestalten.

Im übrigen enthält §3 Abs2 der Oö. BildvorführerV tatsächlich eine derartige differenzierte Regelung.

b) Nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH (zB VfSlg. 7945/1976) gebietet Art18 Abs2 B-VG, daß das Gesetz nicht bloß eine formalgesetzliche Delegation, sondern eine hinreichende materiellrechtliche Determinierung der auf das Gesetz zu gründenden Verordnung enthält.

Aus §4 letzter Satz Oö. KinoG ist im Zusammenhalt mit dem Wortlaut der übrigen Bestimmungen des Gesetzes (insbesondere des §3 und des ersten und zweiten Satzes des §4) sowie bei Beachtung des Sinnes des Gesetzes der Inhalt der Bildvorführerverordnung ausreichend klar zu entnehmen.

Bei diesem Ergebnis kann es der VfGH dahingestellt sein lassen, ob §4 Oö. KinoG hier überhaupt präjudiziell ist.

c) Die Oö. BildvorführerV ist sohin nicht - wie die Beschwerdeführer meinen - auf eine verfassungswidrige Gesetzesbestimmung gegründet.

Der letzte, von den Beschwerdeführern gegen die zitierte Verordnung erhobene Vorwurf ist unverständlich. §1 Abs3 lite der Verordnung legt in Übereinstimmung mit §3 Abs3 zweiter Satz Oö. KinoG fest, daß die Befähigung als Bildvorführer auch durch ein Zeugnis erbracht werden kann, das auf Grund einer in einem anderen Bundesland abgelegten Prüfung ausgestellt wurde.

Bei diesem Ergebnis kann dahingestellt bleiben, ob die Oö. BildvorführerV überhaupt präjudiziell ist.

d) Der VfGH hat gegen die bei Erlassung der angefochtenen Bescheide angewendeten Rechtsvorschriften unter dem Gesichtspunkt der vorliegenden Beschwerdefälle auch keine sonstigen - von den Beschwerdeführern nicht vorgebrachten - Bedenken.

Die Beschwerdeführer wurden somit durch die angefochtenen Bescheide wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten nicht verletzt.

Die Beschwerden waren daher als unbegründet abzuweisen.

Dabei war nicht zu prüfen, ob die Beschwerdeführer durch die bekämpften Bescheide in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt wurden, weil sie eine derartige Rechtsverletzung nicht behauptet hatten (vgl. VfSlg. 9144/1981 und die dort zitierte Vorjudikatur).

Schlagworte

Veranstaltungswesen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1981:B44.1979

Dokumentnummer

JFT_10188998_79B00044_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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